Urteile
Februar 18, 2023 6:25 am

Im Urteil 6B_424/2021 vom 26. Januar 2023 aus dem Kanton Aargau befasste sich das Bundesgericht mit dem Anklagegrundsatz (E.1.2 und E.1.3). Dabei erwähnte es u.a. Folgendes: «Die Anklageschrift hat den angeklagten Sachverhalt nur zu behaupten, nicht aber zu beweisen. Demnach gehören in die Anklageschrift weder die Nennung von Beweisen noch Aktenverweise.» (E.1.3 a.E.).

Februar 17, 2023 6:41 am

Im Urteil 1B_209/2022 vom 22. Dezember 2022 aus dem Kanton Bern befasste sich das Bundesgericht mit dem Ausstand von Gerichtspersonen (Art. 56 ff. StPO). Dabei zeigte das Bundesgericht allgemein auf, in welcher Frist nach Art. 58 Abs. 1 StPO ein Gesuch um Ausstand «ohne Verzug» gestellt werden muss (E.2.1) und wie (hoch) die Anforderungen an die Ausstandsgründe, namentlich Art. 56 lit. f StPO, sind (E.3.1). Hier ist eine Schlüsselstelle aus dem Urteil: «Verbale Anfeindungen, Unterstellungen oder auch das Erheben einer Strafanzeige durch eine Partei vermögen für sich allein keinen Ausstandsgrund im Sinne von Art. 56 lit. f StPO zu begründen. Andernfalls hätte es die betreffende Partei in der Hand, einen Richter oder eine Richterin auf diesem Weg in den Ausstand zu versetzen und so die Zusammensetzung des Gerichts zu beeinflussen. Massgeblich ist in derartigen Fällen die Reaktion der betroffenen Gerichtsperson. Antwortet diese etwa mit einer Strafanzeige wegen Ehrverletzung und Zivilforderungen, so erhält der Konflikt dadurch eine persönliche Dimension, welche ihre Unbefangenheit tangiert. Auch andere Formen der Reaktion, welche nicht mehr sachgerecht sind, können zu einem Ausstandsgrund führen.» (E.3.1. a.E.).

Februar 16, 2023 5:20 am

Im Urteil des Bundesgerichts 6B_1261/2022 vom 23. Januar 2023 geht es um eine versuchte Befreiung von Gefangenen im Sinne von Art. 310 Ziff. 1 StGB, u.a. mit einer Bombendrohung gegen das Gefängnis. Das Bundesgericht macht in diesem Urteil lehrbuchartige Ausführungen zum Tatbestand von Art. 310 Ziff. 1 StGB (E.2.2).

Februar 14, 2023 5:47 am

Im Urteil 1B_508/2022 vom 16. Dezember 2022 aus dem Kanton Aargau ging es um den Verdacht von Delikten eines Mannes gegenüber seiner ehemaligen Partnerin. Das Bundesgericht nahm in diesem Entscheid umfassend zum Thema DNA-Profile sowie Art. 197 Abs. 1 StPO Stellung (E.2). Betreffend der Abnahme von DNA zur Aufklärung und Verhütung künftiger Straftaten äusserte sich das Bundesgericht wie folgt: «Dient die DNA-Analyse nicht der Aufklärung bereits begangener, sondern der Aufklärung und Verhütung künftiger Straftaten, müssen vor dem Hintergrund des Verhältnismässigkeitsgebots allerdings erhebliche und konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr derartiger künftiger Straftaten bestehen. Diese haben zudem von einer gewissen Schwere zu sein. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung auch, ob der Beschuldigte vorbestraft ist. Trifft dies nicht zu, schliesst das allein die DNA-Analyse jedoch nicht aus» (E.2.6). Im vorliegenden Fall sprach sich das Bundesgericht gegen die Abnahme der DNA aus, weil nur künftige Delikte gegen eine bestimmte Person zur Diskussion stehen konnten (E.2.8).

Februar 13, 2023 10:53 am

Im Urteil 6B_1364/2022 vom 18. Januar 2023 ging es um die Verurteilung eines Mannes aus dem Kanton Bern wegen mehrfacher einfacher Körperverletzung zum Nachteil seines damals sieben Wochen alten Sohnes. In diesem Urteil setzt sich das Bundesgericht, auch wenn es dem Beschwerdeführer appellatorische Kritik vorwirft und betont, dass dem Grundsatz «in dubio pro reo» als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zukomme (E.2.4.3), eingehend mit der wörtlich «sorgfältigen Beweiswürdigung» durch die Vorinstanz und der hierbei verwendeten Beweismittel auseinander (E.2.2). Das Bundesgericht scheint dabei, zumindest implizit, einen grossen Wert auf den Umfang und die Art der vor der Vorinstanz herbeigezogenen Beweise zu legen.

Februar 10, 2023 2:36 pm

Im Urteil 1B_563/2022 vom 19. Januar 2023 befasste sich das Bundesgericht der Frage der Substanziierungspflicht im Entsiegelungsverfahren. Im konkreten Fall wurde die Aussonderung von Anwaltskorrespondenz verlangt, unter Angabe der beiden relevanten Anwaltskanzlei-E-Mail-Adressen. Das Bundesgericht erklärte hierzu: «Die prozessuale Obliegenheit, angerufene Geheimhaltungsinteressen ausreichend zu substanziieren, ist kein Selbstzweck, sondern soll dem Zwangsmassnahmengericht eine sachgerechte und gezielte Triage ermöglichen […]. Praxisgemäss ist es hierfür ausreichend, wenn der Speicherort der geschützten Anwaltskorrespondenz und die Namen der Anwältinnen und Anwälte bekannt sind, da so ohne Weiteres mittels Suchfunktion nach der geschützten Anwaltskorrespondenz gesucht werden kann und eine Aussonderung ohne grossen Aufwand bzw. aufwändige Nachforschungen möglich ist.» (E.3.3.1). Das Gesagte ist indessen insoweit zu präzisieren, als auf eine Nennung des exakten Speicherorts nur dann verzichtet werden darf, wenn offensichtlich ist, wo diejenigen Daten abgelegt sind, die dem angerufenen Geheimnisschutz unterliegen sollen.» (E.3.3.2). Diese Ausführungen sind selbstverständlich nicht auf Anwaltskorrespondenz beschränkt.

Februar 10, 2023 6:08 am

Im Urteil 6B_1136/2022 vom 12. Januar 2023 befasste sich das Bundesgericht mit einer ungewöhnlichen Konstellation der bedingten Entlassung von Art. 86 Abs. 1 StGB im Kanton Aargau. Die zuständige Behörde AJV entliess den Beschwerdeführer einen Tag vor der Vollverbüssung seiner Strafe bedingt mit Auflagen aus dem Strafvollzug. Das Bundesgericht macht in diesem Urteil einerseits wertvolle generell-abstrakte Ausführungen zur bedingten Entlassung nach Art. 86 Abs. 1 StGB (E.2.2). Andererseits entscheidet es gegen den «ungewöhnlichen» Entlassungsentscheid des AJV (E.2.4.1 und E.2.4.2).

Februar 8, 2023 7:48 am

Im Urteil 6B_1332/2021 vom 10. Januar 2023 ging es um einen Betäubungsmittelfall aus dem Kanton Zürich. Das Bundesgericht gab ihn diesem Entscheid eine schöne allgemeine Übersicht über den geltenden Stand der Grundsätze zur strafrechtlichen Landesverweisung und des Vorliegens eines Härtefalls (E.4.3.1 und E.4.3.2).

Februar 6, 2023 7:01 am

Im Urteil 6B_78/2021 vom 23. Dezember 2022 befasste sich das Bundesgericht mit einem Wirtschaftsstraffall aus dem Kanton St. Gallen. Wir betrachten hier lediglich die Ausführungen zur echten Konkurrenz im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB von Art. 46 Abs. 1 lit. a BankG und Art. 146 StGB (E.6.4).

Februar 3, 2023 3:17 pm

Urteil 1B_210/2022 vom 13. Dezember 2022 befasste sich das Bundesgericht in einem Fall aus Basel-Landschaft mit den Voraussetzungen an die Erstellung von DNA-Profilen. Nach ausführlichen allgemeinen Ausführungen zum DNA-Profil (E.2) sowie zum Verhältnismässigkeitsprinzip (E.4.1) verneinte das Bundesgericht im zu beurteilenden Fall die Verhältnismässigkeit (E.4.4) und hiess die Beschwerde gut (E.5).