Verwaltungs­strafrecht
August 18, 2023 1:19 pm

Im Urteil 6B_1186/2022, 6B_1193/2022 des Bundesgerichts vom 12. Juli 2023 aus dem Kanton Zürich (zur amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht ausführlich mit der Strafzumessung bei MWST-Delikten. Darin äussert sich das Bundesgericht u.a. wie folgt: «Dem Gesetzgeber war es ein Anliegen, unter neuem Recht bei der Berechnung der Mehrwertsteuerbusse vermehrt auch den finanziellen Verhältnissen der beschuldigten Person Rechnung zu tragen. Damit wollte er insbesondere sicherstellen, dass ohne Abklärung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse, des Grundbedarfs sowie allfälliger Familien- und Unterstützungspflichten keine die wirtschaftliche Existenzgrundlage bedrohende Mehrwertsteuerbusse ausgesprochen wird bzw. die Mehrwertsteuerbusse auch in dieser Hinsicht verhältnismässig ist, was er mit dem Verweis in Art. 97 Abs. 1 MWSTG auf Art. 34 Abs. 2 StGB zum Ausdruck brachte. Gesetzgeberisches Ziel war es demgegenüber nicht, dass die Bussen neurechtlich automatisch tiefer auszufallen haben (BISCHOF, a.a.O., S. 495) und finanziell leistungsstarke Straftäter künftig milder zu bestrafen sind.» (E.10.3.2).

Juli 5, 2023 8:26 am

Die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts spricht den 2020 des qualifizierten Waschens von rund 194 Mio. Euro angeklagten ehemaligen CEO A. der Schweizer Bank B. mangels genügender Beweise für das Bestehen der angeblichen Vortat (Veräusserung der vom arabischen Geschäftsmann X. und zugleich Verwaltungsrat bzw. Verwaltungsratspräsident des arabischen Finanzinstituts C. privat gehaltenen Y-Aktien und «Certain Rights» an dieselbe C. zu einem überhöhten Preis im Sinne einer ungetreuen Geschäftsbesorgung) in dubio pro reo frei. Zufolge des Fehlens einer Geldwäscherei-Vortat und damit einer Anlasstat gemäss Art. 102 StGB erfolgt zweitinstanzlich auch für die Schweizer Bank B., der vorgeworfen wurde, die angeklagten Geldwäschereihandlungen wegen Desorganisation ermöglicht bzw. nicht verhindert zu haben, ein Freispruch.

Januar 31, 2023 12:01 pm

Das Urteil 6B_444/2021 vom 9. Dezember 2022 behandelte einen Zuger Fall aus dem Verwaltungsstrafrecht (VStrR). Es ging dabei um Widerhandlungen gegen das UWG. Im Vordergrund stehen Ausführungen des Bundesgerichts zum VStrR, namentlich zu Art. 6 Abs. 2 VStrR: «Nach Art. 6 Abs. 2 VStrR ist für die Strafbarkeit des Geschäftsherrn allein entscheidend, ob eine Widerhandlung, mithin objektiv eine Straftat vorliegt […]. Die Bestrafung des Geschäftsherrn tritt neben eine allfällige Bestrafung der Person, die die Widerhandlung selbst verübt hat […].» (E.5.2).

Januar 6, 2023 7:34 am

Im Urteil 6B_144/2021 vom 9. Dezember 2022 aus dem Gebiet des Glücksspiels bzw. des Verwaltungsstrafrechts befasste sich das Bundesgericht mit diversen Spielen, welche in einem Lokal im Bezirk Dietikon angeboten wurden. Zum Thema «lex mitior» bestätigte das Bundesgericht hier seine Praxis wie folgt: «Habe der Gesetzgeber bei einer Gesetzesänderung jedoch gezielt eine Strafschärfung vorgesehen und altrechtliche Übertretungen bewusst zu Vergehen oder gar Verbrechen hochgestuft, wie dies bei der Einführung des Geldspielgesetzes der Fall gewesen sei, stelle die altrechtliche Busse, mit welcher eine Übertretung sanktioniert werde, unabhängig von der Strafvollzugsmodalität und der Höhe des Betrags stets die mildere Strafe als die neurechtliche Geldstrafe dar.» (E.2.4.3). Weiter äusserte sich das Bundesgericht zur, im Einzelfall kniffligen, Frage, ob ein bestimmtes Gerät als Glücksspielautomat im Sinne des Spielbankengesetzes zu qualifizieren sei, was von verschiedenen Umständen und deren Gewichtung abhänge. Der Entscheid könne unter Umständen schwierig sein. (E.3.3.2). Dazu kamen noch Ausführungen zum Legalitätsprinzip sowie zur Strafmessung. Das Bundesgericht wies die Beschwerde der ESBK vollumfänglich ab (E.5), sie wurde der Beschwerdegegnerin nicht einmal zur Vernehmlassung zugestellt.

Dezember 18, 2022 12:09 pm

Im Urteil 1B_604/2021 vom 23. November 2022 zum Verwaltungsstrafrecht (VStR), im Zentrum steht die Bestimmung von Art. 50 Abs. 3 VStrR, befasste sich das Bundesgericht mit der Legitimation zur Stellung eines Siegelungsbegehrens und den dabei von potentiell Siegelungsberechtigten zu erfüllenden (formellen) Voraussetzungen. Das sehr lesenswerte Urteil geht dabei im Detail auf die materiellen und formellen Voraussetzungen des Siegelungsrechts sowie den notwendigen Zeitpunkt und die formellen Anforderungen zur Geltendmachung des Siegelungsrechts ein (E.5.3, E.5.4, E.5.5).

Dezember 16, 2022 2:25 pm

Der Bundesrat hat heute dem Parlament die Botschaft zur Änderung des Umweltschutzgesetzes (USG) überwiesen. Er will damit die Sanierung von belasteten Standorten vorantreiben. Weitere Gesetzesanpassungen betreffen die bessere Abstimmung von Lärmschutz und Siedlungsentwicklung sowie die Verschärfung des Umweltstrafrechts bei organisierter Kriminalität. Die Umweltkriminalität hat sich gemäss dem Bundesrat im letzten Jahrzehnt zu einem Milliardengeschäft und einem der grössten Tätigkeitsbereiche der organisierten Kriminalität entwickelt. Deshalb sollen die Strafbestimmungen des USG verschärft werden. Vorgesehen ist, das Strafmass für schwere Delikte anzuheben. Zudem soll mit einer neuen Bestimmung über den Informationsaustausch die Zusammenarbeit zwischen den zuständigen Strafverfolgungs- und Umweltbehörden gefördert werden. Das Umweltstrafrecht ist ein immer wichtiger werdender Teil des Verwaltungsstrafrechts.