Sachverhalt
Mit Entscheid vom 11./13. Juni 2018 sprach das Kreisgericht Wil A. im Anklagepunkt „Täusschungssystem Merrill Lynch September-Fonds“ vom Vorwurf der mehrfachen Veruntreuung und im Zusammenhang mit den SWIFT-Überweisungsbestätigungen vom Vorwurf der Urkundenfälschung frei. Es erkannte ihn des gewerbsmässigen Betrugs, der mehrfachen Urkundenfälschung, der qualifizierten Geldwäscherei sowie der mehrfachen unbefugten Entgegennahme von Publikumseinlagen schuldig und bestrafte ihn unter Anrechnung der erstandenen Untersuchungshaft von 23 Tagen zu einer Freiheitsstrafe von 4 1/2 Jahren sowie zu einer (unbedingten) Geldstrafe von 20 Tagessätzen à Fr. 100.–. Zudem erteilte es A. für die Dauer von fünf Jahren nach Entlassung aus dem Strafvollzug für jegliche selbständige und unselbständige Tätigkeit in der Finanz-, Versicherungs- und Treuhandbranche ein Berufsverbot; es untersagte ihm insbesondere jegliche Vermögensverwaltung für Drittpersonen, und sich von Dritten Vollmachten für Bankkonten ausstellen zu lassen oder Gelder und andere Vermögenswerte Dritter treuhänderisch entgegenzunehmen, zu verwalten, weiterzuleiten oder sonst wie darüber zu verfügen. Auf die Zivilforderungen der Privatkläger trat das Gericht nicht ein. Es zog die beschlagnahmten Fr. 38’561.– ein und sah von einer Ersatzforderung im Sinne von Art. 71 StGB ab.
Instanzenzug
Auf Berufung des A. und Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft hin hob das Kantonsgericht St. Gallen mit Entscheid vom 19. August 2020 (ST.2018.106-SK3 Proz. Nr. ST.2011.18849) das erstinstanzliche Urteil auf und sprach A. des gewerbsmässigen Betrugs, der mehrfachen Urkundenfälschung, der qualifizierten Geldwäscherei und der unbefugten Entgegennahme von Publikumseinlagen schuldig. Es verurteilte ihn zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten (unter Anrechnung der Untersuchungshaft von 23 Tagen) und zu einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu je Fr. 30.–. Ausserdem bestätigte es das erstinstanzlich erteilte Berufsverbot, das Nichteintreten auf die Zivilklagen der Privatkläger, die Einziehung der beschlagnahmten Fr. 38’561.– wie auch das Absehen von einer Ersatzforderung.
Weiterzug an das Bundesgericht
Der A. lässt mit Beschwerde in Strafsachen beantragen, unter entsprechender Aufhebung des Entscheids vom 19. August 2020 sei er von den Vorwürfen des gewerbsmässigen Betrugs, der mehrfachen Veruntreuung, der qualifizierten Geldwäscherei und der mehrfachen unbefugten Entgegennahme von Publikumseinlagen freizusprechen und (lediglich) der mehrfachen Urkundenfälschung schuldig zu erklären. Er sei mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe von maximal drei Jahren (unter Anrechnung der Untersuchungshaft) zu bestrafen; dabei sei der unbedingt zu vollziehende Teil der Strafe möglichst tief und eine Probezeit von zwei Jahren anzusetzen. Auf die Anordnung von Massnahmen (Berufsverbot etc.) sei zu verzichten. Eventualiter sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Ausserdem ersucht er darum, seinen Rechtsvertreter zum amtlichen/notwendigen Verteidiger zu bestellen.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_78/2021 vom 23. Dezember 2022
Die Beschwerde wurde vom Bundesgericht im vorliegenden Fall abgewiesen. Im Urteil des Bundesgerichts kamen einige interessante Aspekte zur Sprache.
Wir schauen uns hier lediglich die praktisch sehr bedeutsamen Ausführungen des Bundesgerichts zur echten Konkurrenz zwischen Art. 46 Abs. 1 lit. a BankG und Art. 146 StGB an.
Das Bundesgericht beginnt seine Ausführungen mit dem BankG: «Natürliche und juristische Personen, die nicht dem BankG unterstehen, dürfen grundsätzlich keine Publikumseinlagen gewerbsmässig entgegennehmen. Der Bundesrat kann Ausnahmen vorsehen, sofern der Schutz der Einleger gewährleistet ist (Art. 1 Abs. 2 BankG). Wer unbefugterweise Publikums- oder Spareinlagen entgegennimmt, macht sich strafbar (Art. 46 Abs. 1 lit. a BankG in der seit dem 1. Januar 2009 geltenden Fassung; Art. 46 Abs. 1 lit. f BankG in der bis Ende 2008 geltenden Fassung). Gewerbsmässig im Sinne des BankG handelt insbesondere, wer dauernd mehr als 20 Publikumseinlagen entgegennimmt (Art. 6 Abs. 1 lit. a der Verordnung vom 30. April 2014 über die Banken und Sparkassen [Bankenverordnung, BankV; SR 952.02] in der aktuellen und in der bis zum 31. August 2017 geltenden Fassung; Art. 3a Abs. 2 der auf den 31. Dezember 2014 aufgehobenen BankV vom 17. Mai 1972 [AS 1972 821]). Die Entgegennahme von Publikumseinlagen, das bankenmässige Passivgeschäft, besteht darin, dass ein Unternehmen für eigene Rechnung gewerbsmässig Verpflichtungen gegenüber Dritten eingeht, d.h. selber zum Rückzahlungsschuldner der entsprechenden Leistung wird (BGE 136 II 43 E. 4.2; 132 II 382 E. 6.3.1; Urteil 6B_1355/2020 vom 14. Januar 2022 E. 5.3.2.1).» (E.6.3).
«Die Hauptzwecke der finanzmarktrechtlichen Gesetzgebung sind der Schutz der Gläubiger bzw. Anleger einerseits und der Lauterkeit des Kapitalmarkts andererseits. Ausserdem bezweckt das BankG insbesondere den Schutz der Funktionsfähigkeit des Finanzmarktes als Ganzem sowie des Ansehens und der Stabilität des Finanzplatzes Schweiz (BGE 144 IV 52 E. 7.5; Urteil 2C_345/2015 vom 24. November 2015 E. 4.3). Diese Schutzzwecke stehen auch bei der Strafbestimmung von Art. 46 Abs. 1 lit. a BankG im Vordergrund. Hingegen schützt Art. 146 StGB den Wert des Vermögens als Ganzes (1B_554/2021 vom 6. Juni 2022 E. 4.2). Die beiden Normen schützen unterschiedliche Rechtsgüter und erfüllen verschiedene Zwecke, weshalb ein Fall von echter Konkurrenz (im Sinne von Art. 49 Abs. 1 StGB) vorliegt (vgl. BGE 146 IV 153 E. 3.5.2; Urteile 6B_415/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 5.4.2; 1B_96/2018 vom 24. Mai 2018 E. 2.3.2; vgl. auch Urteil 6B_453/2017 vom 16. März 2018 E. 1.3, nicht publ. in: BGE 144 IV 172).» (E.6.4).
Von einer unechten Konkurrenz zwischen den hier im Fokus stehenden Bestimmungen und einer „Doppelbestrafung“ in diesem Zusammenhang kann gemäss dem Bundesgericht in diesem Fall nicht gesprochen werden. Damit ist auch der Schuldspruch wegen unbefugter Entgegennahme von Publikumseinlagen rechtmässig. (E.6.4 a.E.).