November 28, 2023 4:24 am

Im Urteil 6B_224/2023 vom 26. Oktober 2023 aus dem Kanton Zürich befasst sich das Bundesgericht mit Beweisfragen bei einem Tötungsdelikt. Die Kernausführungen betreffen erstens die Einvernahme von Zeugen auf dem Rechtshilfeweg im Ausland, u.a. wie folgt: «Das in Art. 147 StPO verankerte Recht auf persönliche Teilnahme gilt nur für Einvernahmen in der Schweiz […]. Werden Beweise im Rahmen eines Rechtshilfegesuchs im Ausland erhoben, ist nach Art. 148 Abs. 1 StPO dem Teilnahmerecht der Parteien Genüge getan, wenn diese zuhanden der ersuchten ausländischen Behörde Fragen formulieren können (lit. a), nach Eingang des erledigten Rechtshilfegesuchs Einsicht in das Protokoll erhalten (lit. b) und schriftliche Ergänzungsfragen stellen können (lit. c). Dieses Verfahren entspricht auch der Sache nach einer als konventionskonform anerkannten Einvernahme von Belastungszeugen im Sinne von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK […]» (E.3.4.4). Zweitens geht das Bundesgericht im Detail auf das Beweisverfahren vor dem Berufungsgericht ein, u.a. wie folgt: «Das Berufungsverfahren stellt keine Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens dar, sondern knüpft an dieses an und baut darauf auf. […] Eine unmittelbare Beweisabnahme im Rechtsmittelverfahren hat damit zu erfolgen, wenn eine solche im erstinstanzlichen Verfahren unterblieb oder unvollständig war, obwohl die unmittelbare Kenntnis des Beweismittels für die Urteilsfällung im Sinne von Art. 343 Abs. 3 StPO notwendig erscheint. Weiter kann eine unmittelbare Beweisabnahme durch das Berufungsgericht in den Fällen von Art. 343 Abs. 3 StPO erforderlich sein, wenn dieses von den erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen abweichen will. Zudem gilt auch im Rechtsmittelverfahren der Wahrheits- und Untersuchungsgrundsatz.» E.4.2.2).

November 27, 2023 1:45 pm

Im Urteil 6B_25/2022 vom 18. Oktober 2023 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit der Frage des Vorliegens eines Härtefalls bei der Landesverweisung aus gesundheitlichen Gründen. Dazu erklärte das Bundesgericht u.a. Folgendes: «Ferner kann die Landesverweisung aus der Schweiz für den Betroffenen im Hinblick auf seinen Gesundheitszustand oder die Behandlungsmöglichkeiten im Herkunftsland einen schweren persönlichen Härtefall gemäss Art. 66a Abs. 2 StGB darstellen oder unverhältnismässig im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK sein. Dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (nachfolgend: EGMR) zufolge, müssen Elemente medizinischer Art im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK Berücksichtigung finden. […] ). Die Rückweisung einer gesundheitlich beeinträchtigten Person ist dabei grundsätzlich mit Art. 3 EMRK vereinbar. Die Rückführung in ein Land mit schlechteren Behandlungsmöglichkeiten, als sie im Konventionsstaat bestehen, begründet nur in sehr aussergewöhnlichen Fällen ("cas très exceptionnels") eine Verletzung besagter Norm. Dies ist der Fall, wenn überzeugende humanitäre Gründe gegen die Ausweisung sprechen.» (E.3.2.3).

November 22, 2023 3:39 pm

Im Urteil 7B_15/2021, 7B_16/2021 vom 19. September 2023 aus dem Kanton Basel-Stadt heisst das Bundesgericht die Beschwerde der Staatsanwaltschaft betreffend der Strafzumessung bei in Mittäterschaft begangenen Sexualdelikten teilweise gut (E.6.2). Der Fall, auch als Fall «Elsässerstrasse» bekannt, löste auch wegen der mündlichen Begründung des erstinstanzlichen Gerichts ein grosses Medienecho aus.

November 21, 2023 4:28 am

Im Urteil 6B_452/2023 vom 20. Oktober 2023 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit der zweiten Person im «Seefeld-Mord» (Beschwerde gegen Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 26. August 2022 (SB200132)). Da die Mittäterschaft vom Bundesgericht verneint wurde (E.3.7.2 und E.3.10) muss eine Mitwirkung im Sinne der Anstiftung nun vom Obergericht des Kantons Zürich geprüft werden (E.3.10). Dazu das Bundesgericht: «Die Anstiftung im Sinne von Art. 24 Abs. 1 StGB verlangt, dass die psychisch-geistige Beeinflussung des Anstifters kausal für den Tatentschluss des Angestifteten war und es ohne die Beeinflussung folglich nicht zur Tat gekommen wäre […]. Kann dem Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Mord vom 30. Juni 2016 kein mittäterschaftlicher Tatbeitrag nachgewiesen werden, hat die Vorinstanz daher zu prüfen, ob sich dieser der Anstiftung zu Mord im Sinne von Art. 24 Abs. 1 i.V.m. Art. 112 StGB strafbar gemacht hat. » (E.3.8). Das Urteil ist insbesondere ist sehr interessant wegen der generell-abstrakten Ausführungen des Bundesgerichts zur Mittäterschaft (E.3.2) und zur Anstiftung (E.3.3).

November 20, 2023 5:45 am

Im Urteil 7B_141/2022 vom 2. November 2023 aus dem Kanton Zürich ging es zum den Wechsel der amtlichen Verteidigung. Das Bundesgericht äussert sich allgemein u.a. wie folgt: «Dahinter steht die Idee, dass eine amtliche Verteidigung in jenen Fällen auszuwechseln ist, in denen auch eine privat verteidigte beschuldigte Person einen Wechsel der Verteidigung vornehmen würde. Wird die subjektive Sichtweise der beschuldigten Person in den Vordergrund gestellt, bedeutet dies aber nicht, dass allein deren Empfinden für einen Wechsel der Rechtsvertretung ausreicht. Vielmehr muss die Störung des Vertrauensverhältnisses mit konkreten Hinweisen belegt und objektiviert […].» (E.2)

November 17, 2023 12:04 pm

Hassrede stellt eine ernsthafte Herausforderung für demokratische Gesellschaften dar. Der Bundesrat will aktuell mit verschiedenen regulatorischen Projekten den rechtlichen Schutz gegen Hassrede verbessern. Diese sollen insbesondere die Rechte von Nutzerinnen und Nutzern digitaler Plattformen stärken. Das zeigt ein Postulatsbericht, den der Bundesrat an seiner Sitzung vom 15. November 2023 verabschiedet hat.

November 16, 2023 2:15 pm

Sieben Klima-Aktivistinnen und -Aktivisten haben sich mit der Blockade der Eingangshalle eines Einkaufszentrums in Freiburg nicht der Nötigung schuldig gemacht. Der bei der friedlichen Aktion ausgeübte Druck auf Dritte erreichte nicht die dazu erforderliche Intensität, zumal die Kundschaft das Gebäude über andere Zugänge betreten und verlassen konnte. Das Bundesgericht weist im Urteil 6B_138/2023 vom 18. November 2023 die Beschwerde der Freiburger Staatsanwaltschaft ab.

November 16, 2023 4:23 am

Im Urteil 6B_682/2023 vom 18. Oktober 2023 aus dem Kanton Basel-Stadt hiess das Bundesgericht zwei der Rügen des Beschwerdeführers gut. Die Strafreduktion wegen der Verletzung des Beschleunigungsgebots war für das Bundesgericht unhaltbar: Zwar handelt es sich bei Art. 84 Abs. 4 StPO, der die Ausfertigung des Berufungsurteils grundsätzlich innert 60, höchstens 90 Tagen verlangt, um eine Ordnungsvorschrift. Gleichwohl ist das Überschreiten dieser Fristen im vorliegenden Fall nur schwer nachvollziehbar, zumal die Vorinstanz im Rahmen der Beweiswürdigung weitgehend auf die erste Instanz verweist. Ihr kann daher insoweit keine besonders aufwendige oder umfangreiche Urteilsbegründung zugutegehalten werden. Unter den gegebenen Umständen ist die gewährte Strafreduktion von 6 Monaten nicht mehr vom vorinstanzlichen Ermessen gedeckt. Die Beschwerde ist insoweit gutzuheissen.» (E.3.2.2). Weiter enthielt das Urteil in Sachen Landesverweisung und SIS-Ausschreibung unlösbare Wiedersprüche, wie u.a.: «Der Beschwerdeführer rügt zu Recht, dass sich die Vorinstanz in einen unlösbaren Widerspruch begibt, wenn sie erwägt, die erstinstanzlich ausgesprochene Landesverweisung von 12 Jahren sei angemessen, sie den Beschwerdeführer im Dispositiv aber für 15 Jahre des Landes verweist.» (E.4.2).

November 15, 2023 1:14 pm

Drei Ausführungserlasse des Bundesgesetzes über die Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (BÜPF) werden an technologische Entwicklungen, unter anderem die 5G-Technologie, angepasst. Die entsprechenden Verordnungen treten per 1. Januar 2024 in Kraft. Ziel ist, Lücken in der Fernmeldeüberwachung zu vermeiden, präzisere Positionsbestimmungen zu ermöglichen und weiterhin eine wirksame Strafverfolgung zu gewährleisten.

November 15, 2023 1:08 pm

Die Verordnung über die Finanzierung der Überwachung des Post- und Fernmeldeverkehrs (FV-ÜPF) tritt am 1. Januar 2024 in Kraft. Das hat der Bundesrat an seiner Sitzung vom 15. November 2023 beschlossen. Die neue Verordnung sieht Pauschalen vor, was den administrativen Aufwand für alle Beteiligten senkt.