Januar 23, 2025 11:55 am

Die seit 2023 geltende Regelung, wonach ein Raserdelikt mit einer Geldstrafe sanktioniert werden kann, sofern der Täter in den letzten zehn Jahren kein schweres Verkehrsdelikt begangen hat, gilt unabhängig vom Zeitpunkt der Erlangung des Führerausweises. Das Bundesgericht bestätigt im Urteil 6B_1372/2023 vom 13. November 2024 (zur amtl. Publ. bestimmt) einen Entscheid des Genfer Kantonsgerichts.

Januar 16, 2025 12:41 pm

Im Urteil 6B_696/2023 vom 21. November 2024 (ergangen in öffentlicher Beratung, zur amtl. Publ. bestimmt) aus dem Kanton Vaud ging es um die Beschwerdelegitimation der Staatsanwaltschaft vor Bundesgericht, in einem Fall, wo die Vorinstanz urteilte, dass keine rechtsgültigen Strafanträge vorlagen. Das Bundesgericht erklärte, dass sich die Beschwerdelegitimation sich nach dem BGG richte und verneinte im vorliegenden Fall die Legitimation der Staatsanwaltschaft: «En l'espèce, quand bien même l'appel était ouvert au ministère public […], il incombait à la lésée de faire appel contre le jugement de première instance libérant les intimés des chefs d'accusation de dommages à la propriété et de violation de domicile au motif que la plainte pénale qu'elle avait déposée n'était pas valable, puis de recourir auprès du Tribunal fédéral pour contester le jugement d'appel confirmant l'invalidité de la plainte pénale. Le ministère public n'a pas un intérêt juridiquement protégé à recourir au Tribunal fédéral contre la décision sur appel confirmant l'invalidité de la plainte, car cela revient à se substituer à la lésée et à agir pour le compte de celle-ci» (E.1.2.5). [Im vorliegenden Fall, auch wenn die Berufung der Staatsanwaltschaft offen stand, war es Aufgabe der Geschädigten, gegen das erstinstanzliche Urteil, das die Angeklagten von den Anklagepunkten der Sachbeschädigung und des Hausfriedensbruchs freisprach, Berufung einzulegen, weil der von ihr eingereichte Strafantrag ungültig war, und anschliessend beim Bundesgericht gegen das Berufungsurteil, das die Ungültigkeit des Strafantrags bestätigte, Beschwerde zu erheben. Die Staatsanwaltschaft hat kein rechtlich geschütztes Interesse daran, beim Bundesgericht gegen das Berufungsurteil, das die Ungültigkeit des Strafantrags bestätigt, Beschwerde einzulegen, da dies darauf hinauslaufen würde, dass sie an die Stelle der Geschädigten tritt und für diese handelt. (E.1.2.5), Übersetzung durch deepl.pro].

Januar 16, 2025 7:34 am

Im Urteil 7B_173/2024 vom 4. Dezember 2024 mit Haupthandlungsort Schweizer Botschaft in Athen befasste sich das sonst gegenüber Laienbeschwerden sehr offene und grosszügige Bundesgericht mit verschiedenen Eingaben des Beschwerdeführers bei der Schweizer Botschaft in Athen. Es äussertes sich wie folgt: «Ferner ist hervorzuheben, dass querulatorische Beschwerden unzulässig sind und das Bundesgericht nicht auf solche eintritt (Art. 42 Abs. 7, Art. 108 Abs. 1 lit. c BGG). Dies wird für künftige Eingaben des Beschwerdeführers, namentlich in dieser Angelegenheit, vorbehalten.» (E.5).

Januar 13, 2025 12:22 pm

Im Urteil 6B_576/2024 vom 11. Dezember 2024 aus dem Kanton Zürich ging es um die Anordnung einer stationären therapeutischen Massnahme i.S.v. Art. 59 Abs. 1 StGB. Das Urteil enthält zahlreiche interessante Ausführungen zum Massnahmenrecht (E.5). Dabei nimmt es u.a. wie folgt zum Aktengutachten Stellung: «Die persönliche Untersuchung gehört zum Standard einer forensisch-psychiatrischen Begutachtung. Nach der Rechtsprechung ist es in erster Linie Aufgabe des angefragten Sachverständigen zu beurteilen, ob sich ein Aktengutachten ausnahmsweise verantworten lässt […]. Ob und wie sich die fehlende Unmittelbarkeit der sachverständigen Einschätzung auf den Beweiswert eines Aktengutachtens auswirkt, ist nach dem konkreten Gegenstand der Gutachterfrage differenziert zu beurteilen. Der Gutachter soll sich (gegebenenfalls je nach Fragestellung gesondert) dazu äussern, ob eine Frage ohne Untersuchung gar nicht, nur in allgemeiner Form oder ohne Einschränkungen beantwortbar ist. Die Verweigerung der persönlichen Untersuchung durch die zu begutachtende Person gilt als Verzicht auf eine Mitwirkung bei der Beweisaufnahme. Dies gilt auch dann, wenn die Weigerung Ausdruck einer krankheitswertigen Persönlichkeit ist. Hat sich der Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben, dass eine persönliche Untersuchung unterblieben ist, verhält er sich widersprüchlich, wenn er im späteren Verlauf des Verfahrens rügt, das Aktengutachten sei unverwertbar […]. Da er sich weigerte, an der Begutachtung teilzunehmen, trägt er trotz des im Gesetz verankerten Begutachtungsobligatoriums letztlich die Konsequenzen seiner fehlenden Mitwirkung, zumal er gegen seinen Willen nicht zur Teilnahme an der Begutachtung gezwungen werden kann […].» (E.5.4.2). Beim Vorliegen von zwei sich widersprechenden Gutachten besteht gemäss Bundesgericht auch nicht immer die Notwendigkeit der Einholung eines Obergutachtens: «[…] bestand auch keinerlei Veranlassung zur Einholung eines Obergutachtens. Widersprechen sich zwei Gutachten, führt dies nicht zwingend zur Notwendigkeit eines Obergutachtens, vielmehr hat das Gericht zu entscheiden, welches Gutachten mehr überzeugt […]» (E.6.1.4).

Januar 8, 2025 11:13 am

Letzte Gelegenheit zur Anmeldung: Starten Sie in das wenige Tage alte neue Jahr 2025 mit viel aktuellem Know-how zum Strafrecht und Strafprozessrecht. Unsere Referierenden präsentieren im Zürcher Widder Hotel praxisorientiert und aktuell wichtige strafrechtliche Themen, von KI, über das Bundesstrafgericht und Wirtschaftsstrafrecht bis zu Tötungsdelikten und Gewaltkriminalität sowie einem Rückblick auf die strafrechtlichen Urteile des Bundesgerichts 2024.

Januar 7, 2025 1:00 pm

Mit dem Urteil 7B_792/2023 vom 16. Dezember 2024 des Bundesgerichts aus dem Kanton Zürich starten wir das Strafrechts- und Strafprozessjahr 2025. In diesem sehr ausführlichen und dichten Urteil ging es um verschiedene Fragen strafprozessualer Art nach einer grösseren Überwachungsaktion im Betäubungsmitteldeliktsbereich. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde teilweise gut, wie folgt: «Die Beschwerde ist teilweise gutzuheissen. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Angelegenheit zur Vervollständigung der Akten, zur Vornahme der nötigen Abklärungen hinsichtlich der auf gewissen Abhörprotokollen erwähnten Schlagwörter und zu neuem Entscheid über die Anonymisierung der Übersetzerinnen und Übersetzer an die Vorinstanz zurückzuweisen. Zwar wird das angefochtene Urteil hiermit gesamthaft aufgehoben, der Beschwerdeführer dringt jedoch nicht mit sämtlichen Rügen durch. […]» (E.6). 

Dezember 31, 2024 11:50 pm

Im Urteil 6B_480/2024 vom 20. November 2024 hatte sich das Bundesgericht mit rauen Sitten am Kantonsgericht Schaffhausen zu befassen bzw. dem Tatbestand der Beschimpfung. Aufgrund einer verbalen Retorsion der beschimpften Person verurteilte die Vorinstanz zwar die juristische Mitarbeiterin des Kantonsgerichts Schaffhausen wegen Beschimpfung, befreite sie aber von einer Strafe, weil die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung erwidert wurde. Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab und führte u.a. aus: «Wegen Beschimpfung wird auf Antrag namentlich bestraft, wer jemanden durch das Wort in seiner Ehre angreift (Art. 177 Abs. 1 StGB). Ist die Beschimpfung unmittelbar mit einer Beschimpfung oder Tätlichkeit erwidert worden, so kann das Gericht einen oder beide Täter von Strafe befreien (Art. 177 Abs. 3 StGB; Retorsion). Damit soll dem Gericht die Möglichkeit gegeben werden, von Strafe abzusehen, "wenn die streitenden Teile sich selber schon an Ort und Stelle Gerechtigkeit verschafft haben und der Streit zu unbedeutend ist, als dass das öffentliche Interesse nochmalige Sühne verlangen würde" (BGE 72 IV 20 E. 2; vgl. auch BGE 82 IV 177 E. 2).» (E.2.1). «Die Beschwerdeführerin [Staatsanwaltschaft] macht zu Recht geltend, dass die Beschwerdegegnerin den ehrenrührigen Ausdruck "N****" während ihrer Tätigkeit für das Kantonsgericht Schaffhausen äusserte. Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, dass ein offenkundiges Interesse an einer zuverlässigen und korrekten Amtsführung besteht. Das Vertrauen in die staatlichen Institutionen ist ein hohes Gut. In der Tat besteht ein eminentes Interesse, dass Beschimpfungen durch Staatsangestellte konsequent geahndet werden. Entsprechend verurteilte die Vorinstanz die Beschwerdegegnerin wegen Beschimpfung und auferlegte ihr Verfahrenskosten von insgesamt Fr. 8'985.--. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin ginge es aber nicht an, den Strafbefreiungsgrund der Retorsion nach Art. 177 Abs. 3 StGB anders anzuwenden, nur weil die Äusserung am Arbeitsplatz der Beschwerdegegnerin erfolgte. In diesem Zusammenhang macht die Beschwerdeführerin auch geltend, dass die Schaffhauser Nachrichten über die erstinstanzliche Hauptverhandlung berichteten. Dies hat freilich keinerlei Einfluss auf die Anwendung von Art. 177 Abs. 3 StGB.» (E.2.3.3).  

Dezember 31, 2024 11:44 am

Im Urteil 7B_777/2023 vom 17. Dezember 2024 aus dem Kanton Basel-Landschaft ging es um ein Anwaltskorrespondenz betreffendes Entsiegelungsgesuch. Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut und äusserte sich u.a. wie folgt: «Das Anwaltsgeheimnis bezweckt den Schutz des Vertrauens des Mandanten in seine Rechtsanwältin respektive seinen Rechtsanwalt und stellt eine unverzichtbare Voraussetzung für eine umfassende und vorbehaltlose Information der Anwältin oder des Anwalts im Interesse einer wirksamen Mandatsführung dar. Es bildet einen notwendigen Bestandteil für eine ordnungsgemässe Ausübung des Anwaltsberufes und die Rechtsstaatlichkeit der […].  Durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind Geheimnisse, die einer Rechtsanwältin respektive einem Rechtsanwalt sowie ihren Hilfspersonen aufgrund ihres Berufes anvertraut worden sind oder die sie in dessen Ausübung wahrgenommen haben (vgl. Art. 171 Abs. 1 StPO). Nicht vom Schutz des Anwaltsgeheimnisses erfasst sind demgegenüber Informationen, die einer Anwältin oder einem Anwalt im Rahmen von Dienstleistungen zukommen, welche über die berufstypische Tätigkeit hinausgehen […]. Der Schutz des Anwaltsgeheimnisses beschränkt sich nicht auf den Monopolbereich der Anwaltstätigkeit, das heisst die (berufsmässige) Vertretung vor Gerichtsbehörden (vgl. Art. 2 Abs. 1 BGFA, Art. 68 Abs. 2 ZPO und Art. 127 Abs. 5 StPO), sondern umfasst sämtliche berufstypischen anwaltlichen Tätigkeiten […]. Zu diesen Tätigkeiten gehört insbesondere die rechtliche Beratung und das Verfassen von juristischen Dokumenten […]» (E.2.1). «[…] Die Annahme der Vorinstanz, nur die Korrespondenz zwischen der beschuldigten Person und ihren aktuellen oder früheren Strafverteidigern unterliege einem Beschlagnahmeverbot, trifft damit nicht zu, sondern sind mit Blick auf die dargelegten Grundsätze sämtliche Dokumente, die berufstypische Tätigkeiten des Anwaltsberufs betreffen, einer Entsiegelung nicht zugänglich (siehe vorne E. 2.1). Aus der angefochtenen Verfügung geht auch nicht hervor, dass die in Dispositivziffer 3 genannten Rechtsvertreter in der gegen die Beschwerdeführerin geführten Strafuntersuchung mitbeschuldigt wären und eine Entsiegelung und Durchsuchung der fraglichen Unterlagen unter diesem Aspekt zulässig wäre […]. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend vorbringt, liegen sodann auch keine Hinweise vor, dass die genannten Rechtsvertreter durch die Beschwerdeführerin von ihrer beruflichen Geheimhaltungspflicht entbunden worden wären (vgl. Art. 171 Abs. 2 lit. b und Abs. 3 StPO) und eine Entsiegelung der fraglichen Dokumente allenfalls unter diesem Gesichtspunkt zulässig wäre […]» (E.2.3).  

Dezember 30, 2024 4:20 pm

Im Urteil 6B_243/2024 vom 2. Dezember 2024 aus dem Kanton Thurgau befasste sich das Bundesgericht mit einer Laienbeschwerde bzw. mit «zahlreichen Eingaben» des Beschwerdeführers ans Bundesgericht. Der Laienbeschwerdeführer obsiegte bei der Landesverweisung, welche die Vorinstanz ausgesprochen hatte. Im Kern geht es in diesem wichtigen Urteil einerseits um Art. 8 EMRK und die Vater-Sohn-Beziehung und andererseits um die Notwendigkeit der Prüfung eines Härtefalls bei der strafrechtlichen Landesverweisung unabhängig vom Vorliegen einer migrationsrechtlichen Fernhaltemassnahme. Hier einige Schlüsselausführungen des Bundesgerichts: «[…] Insofern gibt die Vorinstanz die ausländerrechtlich angeordneten Entfernungs- und Fernhaltemassnahmen korrekt wieder. Indessen verletzt sie Bundesrecht, wenn sie gestützt darauf sowie unter Hinweis auf das sistierte Besuchsrecht davon ausgeht, eine zusätzliche Landesverweisung schaffe weder einen persönlichen Härtefall noch begründe sie eine unverhältnismässige Härte für den Beschwerdeführer oder für seinen Sohn. Damit geht sie letztlich davon aus, dass die ausländerrechtlichen Entfernungs- und Festhaltemassnahmen und das sistierte Besuchsrecht eine Härtefall- und Verhältnisnismässigkeitsprüfung im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB bzw. Art. 8 EMRK/Art. 13 BV entbehrlich machen.» (E.7.3.1).  «Nach dem Gesagten erweist sich die in der Beschwerde sinngemäss erhobene Kritik als berechtigt und das angefochtene Urteil ist in Bezug auf die Landesverweisung aufzuheben. Die Vorinstanz wird - für den Fall der Bejahung eines Härtefalls - im Rahmen der Neubeurteilung prüfen müssen, ob vom Beschwerdeführer eine konkrete Rückfallgefahr von Straftaten im Sinne von Art. 66a StGB ausgeht, die es rechtfertigt, ihm durch eine Landesverweisung zum Schutz des öffentlichen Interesses das Recht auf Besuchskontakte mit seinem Sohn in der Schweiz für weitere 5 Jahre - zusätzlich zur ausgesprochenen Einreisesperre von 3 Jahren - abzusprechen. Die Vorinstanz wird dabei - und vorliegend insbesondere mit Blick darauf, dass es sich bei den zwei Katalogtaten im Ergebnis um Bagatell-Straftaten handelt […]» (E.7.3.4). 

Dezember 30, 2024 4:35 am

Im Urteil 7B_1156/2024 vom 16. Dezember 2024 aus dem Kanton Schaffhausen befasste sich das Bundesgericht mit dem Ausstandsgesuch des Beschwerdeführers gegen eine Oberrichterin. Das Bundesgericht äusserte sich u.a. wie folgt: «Nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK hat jede Person, deren Sache in einem gerichtlichen Verfahren beurteilt werden muss, Anspruch darauf, dass ihre Streitsache von einem unbefangenen, unvoreingenommenen und unparteiischen Richter beurteilt wird. […]. Art. 56 StPO konkretisiert diesen Grundsatz für das Strafverfahren […]. Gemäss dieser Bestimmung tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person unter anderem in den Ausstand, wenn sie in einer anderen Stellung, insbesondere als Mitglied einer Behörde, in der gleichen Sache tätig war (sog. Vorbefassung; lit. b), und generell, wenn sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (lit. f). Zu den Strafbehörden gehören auch die Gerichte (siehe Art. 13 StPO). Der Umstand, dass ein Richter eine beschuldigte Person verurteilt oder freigesprochen hat, genügt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtes grundsätzlich nicht, um ihn in einem späteren (getrennten) sachkonnexen Parallelverfahren gegen andere Beschuldigte wegen unzulässiger Vorbefassung abzulehnen. Andernfalls wären die Strafbehörden faktisch gezwungen, sämtliche Beschuldigten ausnahmslos (und insofern entgegen der Regelung von Art. 29-30 StPO) im selben Verfahren zu beurteilen. Ein Ausstandsgrund ist demgegenüber erfüllt, wenn der Erstrichter sich zur Frage der Strafbarkeit oder Straflosigkeit eines im Zweitverfahren separat zu beurteilenden Beschuldigten bereits präjudizierlich geäussert hat. Das ist der Fall, wenn er im früheren Verfahren den Beschuldigten A verurteilt hat in der Erwägung, es sei erwiesen, dass dieser mit dem im späteren Verfahren Beschuldigten B die Tat begangen habe, oder auch dort, wo er den Beschuldigten A mit der Begründung freigesprochen hat, nicht dieser, sondern der im späteren Prozess Beschuldigte B habe die Tat begangen […]. Will eine Partei den Ausstand einer in einer Strafbehörde tätigen Person verlangen, so hat sie der Verfahrensleitung ohne Verzug ein entsprechendes Gesuch zu stellen, sobald sie vom Ausstandsgrund Kenntnis hat (Art. 58 Abs. 1 StPO). […]. Massgebend ist in diesem Zusammenhang nicht, wann die Partei den Grund hätte erkennen können, sondern wann sie ihn bei pflichtgemässer Aufmerksamkeit hätte erkennen müssen […]. In der Regel gilt ein sechs bis sieben Tage nach Kenntnis des Ausstandsgrunds gestelltes Gesuch noch als rechtzeitig; ein zwei- bis dreiwöchiges Zuwarten führt dagegen bereits zu einer Verspätung […]. Bei ganz offensichtlichem Anschein der Befangenheit steht die allfällige Verspätung eines Ausstandsgesuchs der Ausstandspflicht unter Umständen nicht entgegen […]» (E.2.1). Das Bundesgericht hiess die Beschwerde gut und bejahte in einer «Bemerkung zur Sache» die Ausstandspflicht der Oberrichterin.