November 14, 2024 7:23 am

Lea Bachmann ist Referentin an der 2. Neujahrestagung Strafrecht und Strafprozessrecht vom 22. Januar 2025 von LAWSTYLE EDUCATION im Widder Hotel. In der neuen Folge unterhält sich der LAWSTYLE YOUNG Podcast mit MLaw Lea Bachmann (r.). Sie arbeitet zurzeit an ihrem Schweizerischer-Nationalfonds-Dissertationsprojekt «Grenzen strafrechtlicher Haftung für KI-Systeme». Gleichzeitig macht Lea Bachmann Stabhochsprung auf Leistungssportniveau. Unsere Moderatorin Helin D. Altun (l.) spricht mit Lea Bachmann über KI, Strafrecht, Leistungssport und Karrierelaufbahn im Allgemeinen. 

November 13, 2024 2:09 pm

Europol wird einem Schengen-Staat künftig Ausschreibungen von Drittstaatsangehörigen im Schengener Informationssystem (SIS) vorschlagen können; dies bei einem Verdacht auf Terrorismus oder schwere Kriminalität. Diese Schengen-Weiterentwicklung erfordert auch in der Schweiz gesetzliche Anpassungen. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 13. November 2024 die entsprechende Botschaft verabschiedet.

November 12, 2024 3:09 pm

Im Urteil 7B_891/2024 vom 22. Oktober 2024 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit «Romance Scam». Auch wenn es die Beschwerde abwies, machte das Bundesgericht wertvoll Aussagen zur Strafbarkeit von «Romance Scam» als Betrug i.S.v. Art. 146 StGB: «Definiert wird "Romance Scam" gemeinhin als Form des Betrugs, bei welcher auf Social-Media-Plattformen oder Online-Partnerbörsen gefälschte Profile erstellt werden, um anderen Personen Verliebtheit vorzuspielen und schliesslich bereichert zu werden […]. Aus materiellrechtlicher Sicht ist der "Romance Scam" grundsätzlich ein klassischer Betrug gemäss Art. 146 StGB. Besonders ausgeprägt ist bei dieser Form des Betrugs jedoch die perfide Art der Täuschung durch die Täterschaft als Bestandteil des Arglisterfordernisses. Das Schrifttum hält dafür, dass im Kontext des "Romance Scam" eher von einem "Lügenhochhaus" als von einem "Lügengebäude" gesprochen werden müsse. Denn auf der Grundlage vielfältiger aufeinander abgestimmter Lügen und gefälschter Informationen werde über einen längeren Zeitraum eine emotionale Bindung aufgebaut, um letztlich das Opfer in seinem Vermögen zu schädigen […]» (E.2.4.2).

November 8, 2024 11:33 am

Das Bundesgericht heisst im Urteil 1C_63/2023 17. Oktober 2024 (zur amtl. Publ. vorgesehen) eine Beschwerde gegen die 2022 vom Luzerner Kantonsrat beschlossenen Änderungen des kantonalen Polizeigesetzes teilweise gut. Es hebt die Regelung zur automatischen Fahrzeugfahndung und Verkehrsüberwachung sowie zum polizeilichen Informationssystem-Verbund des Bundes und der Kantone auf. Ausgangsbasis sind die zwei bereits vom Bundesgericht publizierten Urteile zur Fahrzeugfahndung (BGE 146 I 11 und BGE 149 I 218). Das Bundesgericht macht dabei u.a. die folgenden Ausführungen: «Abs. 2 lässt ausdrücklich die Erstellung von Bewegungsprofilen zu. Dabei handelt es sich um einen Anwendungsfall des datenschutzrechtlich besonders heiklen "Profiling" (vgl. § 2 Abs. 4bis und § 7a des kantonalen Gesetzes über den Schutz von Personendaten vom 2. Juli 1990 [KDSG/LU; SRL Nr. 38] i.V.m. § 6c Abs. 2 der kantonalen Datenschutzverordnung vom 26. Februar 1991 [KDSV/LU; SRL Nr. 38b]). Die Nutzung der AFV-Daten zu diesem Zweck wird jedoch in Abs. 2 generell zugelassen, ohne weitergehende Voraussetzungen oder verfahrensrechtliche Garantien vorzusehen.» (E.3.6.2). «Das Bundesgericht ging bisher davon aus, dass AFV-Daten, deren Abgleich keinen Treffer ergeben hat, unverzüglich und spurlos zu löschen sind (BGE 146 I 11 E. 3.3.2; vgl. auch BGE 149 I 77 E. 8.9.1 zu "unechten Treffern"). § 4quinquies Abs. 5 lit. a PolG/LU sieht dagegen vor, dass alle AFV-Daten (auch Nicht-Treffer, einschliesslich Personenaufnahmen) bis zu 100 Tagen gespeichert und für gewisse Zwecke nachträglich ausgewertet werden können. Inwiefern eine derartige Speicherung von Daten auf Vorrat für die vorliegend einzig noch zu prüfende Fahndung nach vermissten oder entwichenen Personen (gemäss Abs. 4 lit. b) notwendig und nach Umfang und Dauer verhältnismässig ist, ist nicht ersichtlich.» (E.3.6.3).

November 8, 2024 10:16 am

Die Beschwerdekammer des Obergerichts des Kantons Zürich weist die Ausstandsgesuche gegen die fallführenden Staatsanwälte und gegen den damaligen Leitenden Staatsanwalt der Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich im Verfahren gegen Pierin Vincenz und weitere Beschuldigte ab. Eine Befangenheit der involvierten Staatsanwälte hinsichtlich des Beizugs einer externen Fachperson konnte das Obergericht gemäss Beschluss vom 31. Oktober 2024 (Geschäfts-Nr. UA240018) nicht feststellen. Interessant ist der letzte Satz der Medienmitteilung des Obergerichts: «Im Ausstandsverfahren war allein über den Vorwurf der Voreingenommenheit der involvierten Staatsanwälte zu entscheiden, weshalb nicht abschliessend beurteilt werden musste, ob das bemängelte Vorgehen in keiner Weise beanstandet werden kann.»

November 8, 2024 10:04 am

Urteil 7B_727/2024 vom 11. Oktober 2024 aus dem Kanton Zürich (amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht mit der Frage der Zulassung der Öffentlichkeit und der Medienöffentlichkeit im Jugendstrafrecht. Das Bundesgericht äusserte sich hierbei u.a. wie folgt: «Der Grundsatz der Nichtöffentlichkeit der Hauptverhandlung ist eines der zentralen Merkmale der Jugendgerichtsbarkeit. Das im Strafverfahren gegen Erwachsene geltende Öffentlichkeitsprinzip (vgl. Art. 69 ff. StPO) wird durchbrochen, um das Privatleben der oder des betroffenen Jugendlichen zu schützen. Das auf Jugendliche anwendbare Verfahrensrecht strebt die Vertraulichkeit und den Schutz der Privatsphäre der Jugendlichen und ihrer Familien an und will hauptsächlich die Zukunft der Beschuldigten beschützen. Im Bereich der Öffentlichkeit der Hauptverhandlung ist das Interesse der oder des Jugendlichen massgebend und muss die straffällig gewordene jugendliche Person der Neugier des Publikums entzogen werden […]. Um Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtöffentlichkeit möglichst weitgehend auszuschliessen, ermöglicht die Bestimmung von Art. 14 JStPO in Abs. 1 Satz 2 dem Jugendgericht, insbesondere am Ende des Verfahrens eine schriftliche Information zu veröffentlichen […]. Eine Verhandlung vor Jugendgericht oder vor der Berufungsinstanz kann aber wie erwähnt ausnahmsweise öffentlich sein, namentlich wenn sie wegen des öffentlichen Interesses als notwendig erachtet wird (Art. 14 Abs. 2 lit. a JStPO). Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn die Straftat des Jugendlichen in der Öffentlichkeit grosses Aufsehen erregt und die Öffentlichkeit stark bewegt hat […]. Die gerichtliche Behörde muss sich jedoch stets vergewissern, dass die Öffentlichkeit der Verhandlung den Interessen des beschuldigten Jugendlichen nicht zuwiderläuft (Art. 14 Abs. 2 lit. b JStPO). Das Alter des Beschuldigten kann zwar in die Abwägung miteinbezogen werden, doch gilt Art. 14 JStPO für alle jugendstrafrechtlichen Verfahren, auch wenn es sich beim Beschuldigten um einen sogenannten "Übergangstäter" im Sinne von Art. 3 Abs. 2 JStG handelt […]. Je nach Interessenlage kann auch eine Teilöffentlichkeit zugelassen werden, eingeschränkt etwa auf akkreditierte Medienschaffende oder auf einen von der oder dem jugendlichen Beschuldigten vorgeschlagenen Personenkreis […].» (E.2.3.1). Im vorliegenden Fall wies das Bundesgericht die Beschwerde ab und erlaubte, als Ausnahme, die (Medien-)Öffentlichkeit an der Berufungsverhandlung (E.2.4).

November 6, 2024 4:54 pm

Im Urteil 6B_385/2024, 6B_390/2024 vom 30. September 2024 aus dem Kanton Aargau (zur amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht, neben der Vielzahl von haltlosen Rügen, mit der Frage der Verwertbarkeit von zwei Videoaufnahmen, von einer Privatliegenschaft und von einer Tankstelle bei einem Raub. Das Ergebnis, nämlich, dass die Aufnahmen verwertbar sind, überrascht die geneigten Leser dieser Publikation wohl nicht. Hier eine Schlüsselpassage aus dem Urteil: «Im Rahmen der Hypothese der rechtmässigen staatlichen Erlangbarkeit illegaler privater Beweise muss nach dem Ausgeführten ein abstrakter Massstab Anwendung finden. Die Rechtsprechung ist zu bestätigen, wonach in die Hypothesenbildung nur solche gesetzlichen Erfordernisse einzubeziehen sind, die sich abstrakt anwenden lassen und keine Würdigung konkreter Umstände der Beweiserlangung erfordern. Zu prüfen ist demzufolge stets, ob der private Beweis im zu beurteilenden Fall aufgrund der abstrakten Gesetzeslage hätte beschafft werden können, d.h. ob er vom gesetzlich vorgesehenen Beweisdispositiv umfasst und von keinen Einschränkungen (wie etwa Beschlagnahmeverboten nach Art. 264 StPO oder dem Erfordernis der Katalogtat nach Art. 269 Abs. 2 StPO) betroffen ist. Das Vorliegen eines Tatverdachts sowie Verhältnismässigkeitsgesichtspunkte, die eine Würdigung der konkreten Umstände der Beweiserlangung im Einzelfall bedingen, sind hingegen nicht zu beurteilen.» (E.2.6.2.4). 

November 6, 2024 11:55 am

Ab dem 1. Januar 2025 ist es an öffentlich zugänglichen Orten in der ganzen Schweiz verboten, das Gesicht zu verhüllen. An seiner Sitzung vom 6. November 2024 hat der Bundesrat die neuen Gesetzes- und Verordnungsbestimmungen auf diesen Zeitpunkt in Kraft gesetzt. Wer unrechtmässig das Gesicht verhüllt, wird mit einer Busse von maximal 1'000 Franken bestraft.

November 4, 2024 2:25 pm

Im Urteil 7B_286/2022 vom 22. Oktober 2024 aus dem Kanton Aargau befasste sich das Bundesgericht mit einer (glimpflich verlaufenen) Kollision zwischen einem Auto mit einem Zug und der entsprechenden SVG-Anklage gegen den Automobilisten (bzw. Beschwerdeführer). Einerseits äusserte sich das Bundesgericht dabei zum Anklagegrundsatz (E.2.1.1). Andererseits ging es im Detail auf Anklagen nach Art. 90 SVG ein (E.2.1.2), hier ein Auszug: «Nach der Rechtsprechung muss die Anklage wegen grober Verkehrsregelverletzung im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG eine hinreichende Darstellung des Tatbestandsmerkmals der "ernstlichen Gefahr für die Sicherheit anderer" enthalten […]. Nebst dem muss klar sein, ob der beschuldigten Person Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorgeworfen wird. Dies gilt grundsätzlich auch für die Anklage von Verkehrsregelverletzungen, die sowohl bei vorsätzlicher als auch bei fahrlässiger Begehung strafbar sind (vgl. Art. 90 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 100 Ziff. 1 SVG). Hinweise auf eine fehlende Aufmerksamkeit in der Anklage beinhalten in der Regel einen Vorwurf der Fahrlässigkeit, während die Formulierungen "mit Wissen und Willen" bzw. "in Kauf genommen" mit Blick auf Art. 12 Abs. 1 StGB auf Vorsatz bzw. Eventualvorsatz hindeuten. Bei einer Anklage wegen Verletzung der Verkehrsregeln ist daher von einer angeklagten fahrlässigen Tatbegehung auszugehen, es sei denn, die Anklage beinhalte einen darüber hinausgehenden Vorwurf eines vorsätzlichen Handelns. […] Schildert die Anklage kein bewusstes Verhalten, ist daher von einer fahrlässigen Verletzung der Verkehrsregeln auszugehen, dies insbesondere bei Verkehrsregelverletzungen, die unter den angeklagten Umständen typischerweise durch fehlende Aufmerksamkeit im Strassenverkehr begangen werden […]» (E.2.1.2). Weiter geht es auch um Anklageergänzungen im Berufungsverfahren (E.2.3).

November 4, 2024 1:37 pm

Im Urteil 7B_736/2024 vom 18. Oktober 2024 aus dem Kanton Zürich (es ging um ein Betäubungsmitteldelikt) befasste sich das Bundesgericht mit einem Antrag für die Erteilung einer Telefonbewilligung in Haft. Das Bundesgericht äusserte sich hierzu u.a. wie folgt: «Die inhaftierte Person darf in ihrer persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) nicht stärker eingeschränkt werden, als es der Haftzweck sowie die Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt erfordern (Art. 235 Abs. 1 StPO). Diese Bestimmung ist Ausdruck des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 36 BV) und verlangt, dass jeder Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit auf einer Interessenabwägung beruht, bei der die zuständige Behörde sämtliche massgeblichen Umstände berücksichtigt, insbesondere den Zweck der Haft (Flucht-, Kollusions- oder Wiederholungsgefahr), die Sicherheitserfordernisse der Anstalt, die Dauer der Inhaftierung sowie die persönliche Situation der beschuldigten Person […]» (E.2.2.1). «Art. 80 Abs. 2 StPO sieht vor, dass Entscheide schriftlich ergehen und begründet werden müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Behörde bereits von Verfassungs wegen, ihren Entscheid ausreichend und nachvollziehbar zu begründen (Art. 29 Abs. 2 BV; BGE 145 IV 99 E. 3.1 mit Hinweisen).  Gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG müssen Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art und insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen enthalten. Der vorinstanzliche Entscheid hat klar aufzuzeigen, auf welchem festgestellten Sachverhalt und auf welchen rechtlichen Überlegungen er beruht […]. Genügt ein Entscheid den Anforderungen gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht, so kann das Bundesgericht ihn in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben. Hingegen steht es ihm nicht zu, sich an die Stelle der Vorinstanz zu setzen, die ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist […].» (E.2.3). Im vorliegenden Fall entschied das Bundesgericht, dass die angefochtene Verfügung der Vorinstanz formell mangelhaft wahr und hiess die Beschwerde unter Rückweisung teilweise gut (E.2.4.3).