Juni 18, 2025 11:00 am

Im Urteil 7B_1042/2023 vom 30. April 2025 befasste sich das Bundesgericht mit der Frage des Härtefalls bei der strafrechtlichen Landesverweisung eines Niederländers mit einer chinesischen Freundin (keine Kinder). Das im Kontext eines Schuldspruchs wegen mehrfacher Pornografie i.S.v. Art. 197 Abs. 4 (Satz 1 und Satz 2) StGB. Es ging um ca. 758'800 Dateien (ca. 15'100 Filme und ca. 743'700 Bilder) mit sexuellen Handlungen mit Kindern und ca. 920 Dateien (ca. 9 Filme und ca. 901 Bilder) mit virtuellen sexuellen Handlungen mit Kindern. Das Bundesgericht schützte die strafrechtliche Landesverweisung u.a. wie folgt: «Die Vorinstanz hält fest, die obligatorische Landesverweisung stelle für den Beschwerdeführer keine besondere persönliche Härte dar. Zwar treffe sie seine Freundin möglicherweise hart, zumal sie Chinesin sei und nicht gesagt werden könne, ob sie andernorts, beispielsweise im Herkunftsland des Beschwerdeführers (Niederlande), ohne Weiteres eine Arbeits- bzw. Aufenthaltsbewilligung erhalten würde. Dies sei jedoch kein gewichtiges Argument für ein Absehen von einer Landesverweisung. Der Beschwerdeführer und seine Freundin hätten keine gemeinsamen Kinder. Selbst wenn sie ihre Beziehung nicht gemeinsam in einem anderen (europäischen) Land weiterführen könnten, erscheine es zumutbar, dass er sich beispielsweise während fünf Jahren im grenznahen Ausland niederlasse und sie so einen Modus fänden, ihre Beziehung weiterzuführen. lm Übrigen überwögen die öffentlichen lnteressen an einer Landesverweisung aufgrund der erstellten Delinquenz und des damit einhergehenden Gefährdungs- und Missbrauchspotenzials für Kinder die privaten lnteressen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in der Schweiz klar.  […]» (E.5.2). «[…] Die Würdigung der Vorinstanz, es liege kein Härtefall vor, hält vor Bundesrecht stand. Dass sie massgebende Kriterien unberücksichtigt gelassen oder falsch gewürdigt hätte, trifft nicht zu. Im Übrigen legt der Beschwerdeführer nicht in einer den Begründungsanforderungen genügenden Weise dar, inwiefern der Schutzbereich von Art. 8 EMRK beziehungsweise Art. 13 BV betroffen sein sollte. Dementsprechend erübrigt sich eine Interessenabwägung im Sinne von Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB. Auf seine Rüge, wonach die privaten Interessen an einem Verbleib in der Schweiz die öffentlichen Interessen an einer Landesverweisung überwiegen würden, braucht unter diesen Umständen nicht eingegangen zu werden. Die Landesverweisung erweist sich als rechtskonform.» (E.5.3).  

Juni 16, 2025 11:48 am

Im Urteil 7B_120/2025 vom 19. Mai 2025 aus dem Kanton Fribourg befasste sich das Bundesgericht mit der Frage der Verwertbarkeit eines psychiatischen Gutachtens, wohl eines Aktengutachens. Der Beschwerdeführer begründet die angebliche Unverwertbarkeit des psychiatrischen Gutachtens vor Bundesgericht mit der Fernwirkung von Beweisverwertungsverboten gemäss Art. 141 Abs. 4 StPO. Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde nicht ein, machte aber sehr interessante Ausführungen, wie u.a.: «[Es] kann festgehalten werden, dass Unterlagen, die nach Art. 265 StPO gestützt auf ein Editionsbegehren unter Verletzung eines Berufsgeheimnisses an die Strafbehörden übergeben wurden, nicht in Verletzung von Art. 140 StPO erhoben wurden.» (E.1.5.1). «Ebensowenig gehören sie zu den Beweismitteln, welche die StPO im Sinne von Art. 141 Abs. 1 Satz 2 StPO ausdrücklich als unverwertbar bezeichnet […]: Der Beschwerdeführer beruft sich in diesem Zusammenhang auf Art. 271 Abs. 3 StPO. […]. Der Beschwerdeführer verkennt jedoch, dass Art. 271 StPO auf geheime Überwachungsmassnahmen gemäss Art. 269 ff. StPO zugeschnitten ist. Diese zeichnen sich dadurch aus, dass sie heimlich angeordnet und durchgeführt werden und die betroffenen Berufsgeheimnisträgerinnen und -träger entsprechend nicht wissen, dass es zu einer Offenbarung von Berufsgeheimnissen kommen könnte, was den von Art. 271 Abs. 3 (und Abs. 1) StPO garantierten Schutz rechtfertigt. Vorliegend geht es um die freiwillige Herausgabe von medizinischen Unterlagen gestützt auf Art. 265 StPO, wobei die betroffenen medizinischen Fachpersonen von kantonalen Behörden vom Berufsgeheimnis entbunden wurden. Streitig ist einzig die Gültigkeit dieser Entbindung. In dieser Konstellation kommt Art. 271 StPO nicht zur Anwendung. Weitere Bestimmungen, die ein absolutes Verwertbarkeitshindernis begründen könnten, werden nicht vorgebracht und sind auch nicht ersichtlich.» (E.1.5.2). «Ein Ausnahmefall, in dem ausnahmsweise bereits im Untersuchungsverfahren über die Beweisverwertung entschieden werden müsste, liegt demzufolge nicht vor. Entsprechend erwächst dem Beschwerdeführer durch den angefochtenen Entscheid kein nicht wiedergutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG. Soweit er geltend macht, die Staatsanwaltschaft stütze ihre Haftverlängerungsgesuche auf das umstrittene Gutachten, kann er seine Einwände betreffend Verwertbarkeit im Haftprüfungsverfahren vorbringen.» (E.1.5.4).

Juni 12, 2025 7:59 am

Im Urteil 7B_1050/2023 vom 27. Mai 2025 aus dem Kanton Freiburg befasste sich das Bundesgericht mit dem Anklageprinzip, in diesen Fall war ein Vorsatzdelikt angeklagt, die Verurteilung erfolgte aber zum Fahrlässigkeitsdelikt. Das Bundesgericht schützte die Beschwerde und äusserte sich u.a. wie folgt: «Nach dem in Art. 9 Abs. 1 StPO festgeschriebenen Anklagegrundsatz bestimmt die Anklageschrift den Gegenstand des Gerichtsverfahrens (Umgrenzungsfunktion). Die Anklage hat die der beschuldigten Person zur Last gelegten Delikte in ihrem Sachverhalt so präzise zu umschreiben, dass die Vorwürfe in objektiver und subjektiver Hinsicht genügend konkretisiert sind. Zugleich bezweckt der Anklagegrundsatz den Schutz der Verteidigungsrechte der beschuldigten Person und garantiert den Anspruch auf rechtliches Gehör […]. Die beschuldigte Person muss unter dem Gesichtspunkt der Informationsfunktion aus der Anklage ersehen können, was ihr konkret vorgeworfen wird. Dies bedingt eine zureichende, das heisst möglichst kurze, aber genaue (Art. 325 Abs. 1 lit. f StPO) Umschreibung der Sachverhaltselemente, die für eine Subsumtion unter die anwendbaren Straftatbestände erforderlich sind. Entscheidend ist, dass die betroffene Person genau weiss, welcher konkreter Handlungen sie beschuldigt und wie ihr Verhalten rechtlich qualifiziert wird, damit sie sich in ihrer Verteidigung richtig vorbereiten kann […]. Die nähere Begründung der Anklage erfolgt an Schranken. Es ist Aufgabe des Gerichts, den Sachverhalt verbindlich festzustellen und darüber zu befinden, ob der angeklagte Sachverhalt erstellt ist oder nicht […]. Dieses ist an den in der Anklage umschriebenen Sachverhalt, nicht aber an die darin vorgenommene rechtliche Würdigung gebunden (Art. 350 Abs. 1 StPO). Der Anklagegrundsatz ist verletzt, wenn die angeklagte Person für Taten verurteilt wird, bezüglich welcher die Anklageschrift den inhaltlichen Anforderungen nicht genügt, oder wenn das Gericht mit seinem Schuldspruch über den angeklagten Sachverhalt hinausgeht […].» (E.2.3.1). «Hinsichtlich der Schuldform muss immer völlig klar sein, ob der beschuldigten Person Fahrlässigkeit oder vorsätzliche Begehung vorgeworfen wird, denn die beiden Varianten verlangen durchaus ein unterschiedliches Vorgehen der Verteidigung […]. Handelt es sich um ein Fahrlässigkeitsdelikt, hat die Anklageschrift insbesondere die gesamten Umstände anzugeben, nach welchen das Verhalten der beschuldigten Person als pflichtwidrige Unvorsichtigkeit erscheint und inwieweit der Eintritt des tatbestandsmässigen Erfolgs für die beschuldigte Person voraussehbar und vermeidbar war […]» (E.2.3.2).

Juni 11, 2025 1:16 pm

Im Urteil 7B_358/2025 vom 28. Mai 2025 aus dem Kanton Basel-Stadt (amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht mit den Modalitäten der Haftverlängerung (E.2) sowie mit dem rechtlichen Gehör (E.3). Das Bundesgericht entschied erstens, dass die Haftverlängerung weder eines Haftverlängerungsantrags bedarf noch die Anordnung der Sicherheitshaft befristet sein muss: «Sobald das Verfahren bei ihr hängig ist, hat die Berufungsinstanz demnach ex officio darüber zu befinden, ob eine vorbestehende, jedoch auslaufende Sicherheitshaft zu verlängern ist oder nicht. Dies folgt auch aus Art. 388 Abs. 1 lit. b StPO. Der Auffassung des Beschwerdeführers, wonach die Vorinstanz ohne Haftverlängerungsantrag keine Haftanordnung hätte treffen dürfen, kann demnach nicht gefolgt werden. Art. 227 Abs. 1 und 2 StPO gelangen bei Haftverlängerungen des Berufungsgerichts somit nicht zur Anwendung. Hingegen liefert Art. 227 Abs. 4 StPO zusätzlich zu Art. 388 Abs. 1 lit. b StPO die Grundlage für die provisorische Fortdauer der Haft bis zum Entscheid. Gestützt auf diese Bestimmungen war die Verfahrensleitung der Vorinstanz (Art. 364b Abs. 2 StPO) befugt, mit Verfügung vom 14. März 2025 bis zum angefochtenen Entscheid über die Sicherheitshaft vom 24. März 2025 deren provisorische Verlängerung anzuordnen […], sodass stets ein Hafttitel vorlag.» (E.2.4.1). «Nicht durchzudringen vermag im Weiteren der Einwand, dass die Sicherheitshaft zu befristen gewesen wäre.  Gemäss Art. 227 Abs. 7 StPO wird die Verlängerung der Untersuchungshaft jeweils für längstens drei Monate, in Ausnahmefällen für längstens sechs Monate bewilligt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erfolgt indes mangels Verweises in den Art. 231 f. StPO auf diese Bestimmung keine periodische Überprüfung der Sicherheitshaft, sobald das Berufungsgericht mit der Sache befasst ist. Dieses kann Sicherheitshaft bis zum Berufungsurteil anordnen. Geschützt wird die inhaftierte Person über Art. 233 StPO, wonach sie jederzeit ein Haftentlassungsgesuch stellen kann […]. Per 1. März 2021 hat der Gesetzgeber mit Art. 364a f. StPO eine explizite gesetzliche Grundlage für die Anordnung von Sicherheitshaft im Verfahren auf Erlass eines selbstständigen nachträglichen Entscheids nach Art. 363 ff. StPO geschaffen. Wie vorstehend erläutert, enthält der für Haftverlängerungen vor dem Berufungsgericht einschlägige Art. 364b Abs. 4 StPO keinen Verweis auf Art. 227 Abs. 7 StPO. Aus dem Gesetz ergibt sich somit nicht explizit, dass im Berufungsverfahren betreffend einen selbstständigen nachträglichen Entscheid eine Befristung der Sicherheitshaft vorzunehmen wäre. Solches ist auch der Botschaft nicht zu entnehmen […]. Entsprechend kann die zu Art. 231 f. StPO entwickelte Rechtsprechung, wonach das Berufungsgericht die Sicherheitshaft nicht zu befristen hat […] (neu) auch im Verfahren auf Erlass eines selbstständigen nachträglichen Entscheids Geltung beanspruchen. Gründe, das gewöhnliche Berufungsverfahren und jenes auf Erlass eines selbstständigen nachträglichen Entscheids in der Frage der Sicherheitshaft anders zu behandeln, sind nicht ersichtlich.» (E.2.4.2). Zweitens bejahte das Bundesgericht die Verletzung des rechtlichen Gehörs: «Der Beschwerdeführer hatte somit vor Erlass der angefochtenen Verfügung keine (vollständige) Einsicht in das der Vorinstanz vorliegende Aktenfundament und entsprechend keine Möglichkeit, sich dazu zu äussern. Dies verletzt sein Recht auf Replik und damit seinen Anspruch auf rechtliches Gehör.» (E.3.3.1).

Juni 10, 2025 2:13 pm

Im Urteil des Bundesgerichts 7B_556/2024 vom 12. Mai 2025 aus dem Verwaltungsstrafrecht ging es zum die Frage der rechtsgültigen Zustellung nach Art. 34 Abs. 3 VStrR an den Rechtsbeistand. Die ESBK nahm in diesem Fall, trotz Anwaltsvollmacht in den Akten, Zustellungen im Entsiegelungsverfahren nur an den Beschuldigten vor. Das Bundesgericht schützte die Beschwerde und äusserte sich wie folgt: «Gemäss Art. 34 Abs. 3 VStrR werden Mitteilungen an Parteien, die einen Rechtsbeistand bestellt haben, rechtsgültig an diesen zugestellt. Das Bundesgericht hat zum exakt gleichlautenden Art. 87 Abs. 3 StPO erwogen, diese Bestimmung sei zwingender Natur (Urteile 6B_1292/2023 vom 20. November 2024 E. 5.1; 6B_231/2024 vom 21. Juni 2024 E. 2.3; je mit Hinweis/en; vgl. Urteil 7B_737/2024, 7B_738/2024, 7B_739/2024 vom 10. Januar 2025 E. 4.4.2 f.). Eine Zustellung kann nach dieser Bestimmung nur an den Rechtsbeistand gültig erfolgen, sobald ein solcher bestellt ist. Einer Partei kann eine Mitteilung, die ihr, nicht jedoch dem von ihr bestellten Rechtsbeistand zugestellt wird, nicht entgegengehalten werden. Es liegt in der alleinigen Verantwortung der mitteilenden Straf-, beziehungsweise Verwaltungsstrafbehörde, eine korrekte, den gesetzlichen Formvorschriften entsprechende Zustellung an die Parteien sicherzustellen (vgl. Urteil 6B_231/2024 vom 21. Juni 2024 E. 2.3 und 2.4.2 zu Art. 87 Abs. 3 StPO, mit Hinweisen).» (E.2.4).

Juni 8, 2025 10:56 am

Im Urteil 7B_1044/2023 vom 29. April 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit einem BetmG-Fall, dem eine Überwachungsaktion voraus ging. Das Bundesgericht äusserte sich bezüglich der Verwertbarkeit von Zufallsfunden wie folgt: Genehmigungsentscheide betreffend Telefonüberwachungen (Art. 272 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 274 StPO) und konnexe Entscheide über die Verwertbarkeit von Zufallsfunden (Art. 278 StPO) können mit der StPO-Beschwerde (Art. 279 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 393 ff. StPO) und danach mit Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht angefochten werden. Nach Eintritt der Rechtskraft dieser im StPO-Beschwerdeverfahren zu prüfenden Entscheide können die betreffenden Fragen vor dem Sachgericht nicht nochmals aufgeworfen werden […].» (E.2.3). Betreffend der rechtlichen Würdigung erklärte das Bundesgericht: «Das Bundesgericht befasste sich im Urteil 6B_17/2022 vom 18. März 2024 eingehend mit der Frage, in welchem Fall die Betäubungsmittelmengen zu addieren sind. Dabei setzte es sich auch mit verschiedenen kritischen Lehrmeinungen auseinander und nahm eine ausführliche Auslegung der relevanten Gesetzesbestimmung vor. Gemäss dem genannten Entscheid liegt nach dem geltenden Recht ein mengenmässig schwerer Fall gestützt auf Art. 19 Abs. 2 lit. a BetmG nicht nur dann vor, wenn eine einzelne Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz oder mehrere solche Widerhandlungen, die ein zusammengehörendes Geschehen und damit eine natürliche Handlungseinheit bilden, eine qualifizierte Betäubungsmittelmenge betreffen, sondern auch dann, wenn eine entsprechende Menge nur unter gesamthafter Betrachtung mehrerer, rechtlich selbständiger Widerhandlungen erreicht wird. Ob mehrere Widerhandlungen als ein zusammengehörendes Geschehen erscheinen oder ob sie voneinander unabhängige Einzelhandlungen darstellen, bleibt für die Frage des Vorliegens eines mengenmässig schweren Falls folglich ohne Belang. In der einen wie der anderen Konstellation sind die Gegenstand der einzelnen Handlungen bildenden Betäubungsmittelmengen zu addieren, um das Vorliegen eines mengenmässig schweren Falls zu bestimmen. Anlass, von dieser etablierten Rechtsprechung abzuweichen, besteht nicht […].» (E.4.4.2).

Juni 3, 2025 2:05 pm

Im Urteil 6B_42/2025 vom 12. Mai 2025 aus dem Kanton Schwyz befasste sich das Bundesgericht mit verschiedenen Fallstricken (insbesondere bezüglich Vollmacht) im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht. Den angeblich als Vertreter handelnden Rechtsanwalt anonymisierte das Bundesgericht dann auch noch. Das Bundesgericht äusserte sich u.a. wie folgt: «Parteivertreter und -vertreterinnen haben sich im Beschwerdeverfahren vor Bundesgericht durch eine Vollmacht auszuweisen (Art. 40 Abs. 2 BGG). Fehlt bei Beizug eines Vertreters die Vollmacht oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels mit der Androhung angesetzt, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt (Art. 42 Abs. 5 BGG). Die Einsetzung als notwendiger (amtlicher) Verteidiger im kantonalen Verfahren umfasst keine Vollmacht zur Beschwerdeführung an das Bundesgericht» (E.2). Das Urteil endet dann noch mit diesem kleinen Seitenhieb: «Eine weitere Fristerstreckung bzw. eine Sistierung des Verfahrens, wie vom Rechtsvertreter in einer im Übrigen elektronisch nicht rechtsgültig unterschriebenen und damit grundsätzlich ungültigen Eingabe beantragt, fällt ausser Betracht.» (E.7).

Juni 2, 2025 2:33 pm

Im Urteil 6B_929/2024 vom 10. April 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit der Strafzumessung bei SVG-Delikten, namentlich Art. 90 Abs. 3 SVG. Es erklärte u.a. auch, dass im vorliegenden Fall 90 Abs. 3ter SVG als milderes Recht (lex mitior) zur Anwendung gelangt (Art. 2 Abs. 2 StGB). Weiter erklärt das Bundesgericht:  «Gemäss Art. 90 Abs. 3ter SVG kann der Täter bei Widerhandlungen gemäss Abs. 3 mit Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren oder Geldstrafe bestraft werden, wenn er nicht innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Tat wegen eines Verbrechens oder Vergehens im Strassenverkehr mit ernstlicher Gefahr für die Sicherheit anderer, respektive mit Verletzung oder Tötung anderer verurteilt wurde. Diese Bestimmung räumt dem Gericht einen Ermessensspielraum ein. Es ist bei einem Ersttäter nicht an die in Art. 90 Abs. 3 SVG vorgeschriebene Mindestfreiheitsstrafe von einem Jahr gebunden […]. Bei der Beurteilung der letzten zehn Jahre vor der Tat kommt es nicht auf das Datum des Erwerbs des Führerscheins oder die Anzahl der Jahre der Fahrpraxis an (Urteil 6B_1372/2023 vom 13. November 2024 E. 2.6, zur Publikation vorgesehen).» (E.3.2.2).

Mai 30, 2025 12:21 pm

Im Urteil 7B_369/2025 vom 16. Mai 2025 aus dem Kanton Luzern bejahte das Bundesgericht bei einem 82 Jahre alten Beschuldigten die Weiterführung der Untersuchungshaft wegen qualifizierter Wiederholungsgefahr Art. 221 Abs. 1bis StPO wegen des Verdachts hinsichtlich schwerer Sexualdelikte zu Lasten von mehreren Frauen. Es lag eine forensisch-psychiatrische Vorabstellungnahme vor, welche über ein blosses Aktengutachten hinausging. Das Bundesgericht bestätigte seien bisherige Praxis zu diesem besonderen Haftgrund wie folgt: «Die Beschwerde erweist sich auch als unbegründet, soweit der Beschwerdeführer das Bestehen einer qualifizierten Wiederholungsgefahr gemäss Art. 221 Abs. 1bis StPO bestreitet. Das Bundesgericht hat sich in jüngster Vergangenheit mehrfach zu den Anordnungsvoraussetzungen des per 1. Januar 2024 gesetzlich neu eingeführten Haftgrundes der qualifizierten Wiederholungsgefahr nach Art. 221 Abs. 1bis StPO geäussert (siehe BGE 150 IV 360 E. 3.2.2 ff.; 150 IV 149 E. 3.2.; Urteil 7B_1124/2024 vom 29. November 2024 E. 4.4 und E. 4.6.1). Darauf kann vollumfänglich verwiesen werden und es besteht vorliegend kein Anlass für weitere Bemerkungen.» (E.4.1).

Mai 29, 2025 7:48 am

Im Urteil 7B_681/2024 vom 4. April 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundegericht mit der Einsicht der KESB in ein im strafrechtlichen Verfahren über den Beschuldigten erstelltes forensisch-psychiatrisches Gutachten. Das Bundesgericht schützte die Einsicht der KESB, u.a. mit den folgenden Ausführungen: «Gemäss Art. 101 Abs. 2 StPO können andere Behörden die Akten einsehen, wenn sie diese für die Bearbeitung hängiger Zivil-, Straf-, oder Verwaltungsverfahren benötigen und der Einsichtnahme keine überwiegenden öffentlichen oder privaten Interessen entgegenstehen.» (E.3.1).  «Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers hat die Vorinstanz eine umfassende Interessenabwägung der im vorliegenden Fall tangierten öffentlichen Interessen und seiner privaten Interessen vorgenommen. […].» (E.3.2).