Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft | des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen A. wegen versuchter Tötung. Am 30. April 2023 stellten die Strafverfolgungsbehörden bei einer Hausdurchsuchung an seinem Wohnort sein Mobiltelefon sicher. A. beantragte am 2. Mai 2023 dessen Siegelung mit der Begründung, dass sich darauf Anwaltskorrespondenz und „Arztakten“ befinden würden. In der Folge wurde das Mobiltelefon gesiegelt. Die Staatsanwaltschaft beantragte am 4. Mai 2023 die Entsiegelung des Mobiltelefons.
Instanzenzug
Das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht verfügte mit Verfügung vom 7. Juni 2023, es werde festgestellt, dass kein gültiges Siegelungsgesuch vorliege, weshalb keine gültige Siegelung stattgefunden habe. Auf den Antrag der Staatsanwaltschaft vom 4. Mai 2023 auf Entsiegelung und Durchsuchung werde nicht eingetreten. Demzufolge werde das sichergestellte Mobiltelefon nach Eintritt der Rechtskraft der Staatsanwaltschaft zur Durchsuchung und weiteren Verwendung in der laufenden Strafuntersuchung freigegeben.
Weiterzug ans Bundesgericht
Der A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht, die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 7. Juni 2023 sei aufzuheben und der Entsiegelungsantrag der Staatsanwaltschaft sei „in Bezug auf sämtliche Daten mit Zeitstempel vor dem 29. April 2023 abzuweisen“. Die Vorinstanz sei anzuweisen, der Staatsanwaltschaft „nur Daten mit Zeitstempel ab 29. April 2023 zur Durchsuchung und Verwendung in der laufenden Strafuntersuchung freizugeben“. Ausserdem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz haben auf Vernehmlassung verzichtet.
Der Präsident der II. strafrechtlichen Abteilung des Bundesgerichts hat der Beschwerde mit Verfügung vom 3. August 2023 die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_297/2023 vom 4. April 2024
Die per 1. Januar 2024 in Kraft getretene Gesetzesänderung betreffend Siegelungs- bzw. Entsiegelungsverfahren hat keine Auswirkungen auf das vorliegende Urteil bemerkt das Bundesgericht einleitend. Das Bundesgericht prüft im Rahmen der strafrechtlichen Beschwerde, wie es weiter ausführt, nämlich nur, ob die kantonale Instanz das Bundesrecht richtig angewendet hat, mithin jenes Recht, welches die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid anwenden musste (Urteil 7B_152/2024 vom 19. Februar 2024 E. 1.2 mit Hinweisen). Massgebend für die Beurteilung der bundesgerichtlichen Beschwerde sind damit weiterhin die Siegelungs- bzw. Entsiegelungsbestimmungen, wie sie bis zum 31. Dezember 2023 galten, erklärt das Bundesgericht (E.1.2).
Das Bundesgericht äussert sich alsdann im Urteil 7B_297/2023 vom 4. April 2024 wie folgt:
«Gemäss aArt. 248 StPO sind Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, zu versiegeln und dürfen von den Strafbehörden weder eingesehen noch verwendet werden (Abs. 1). Stellt die Strafbehörde nicht innert 20 Tagen ein Entsiegelungsgesuch, so werden die versiegelten Aufzeichnungen und Gegenstände der berechtigten Person zurückgegeben (Abs. 2). Stellt sie ein Entsiegelungsgesuch, so entscheidet im Vorverfahren darüber innerhalb eines Monats endgültig das Zwangsmassnahmengericht (Abs. 3 lit. a).» (E.2).
Die Vorinstanz erwägt, zusammengefasst durch das Bundesgericht, dass der Beschwerdeführer in seinem Siegelungsgesuch die angerufenen Siegelungsgründe nicht genügend substanziiert habe. Er habe ausgeführt, dass sich auf dem gesiegelten Mobiltelefon Anwaltskorrespondenz oder medizinische Akten befänden, und er habe den Namen eines Rechtsanwalts genannt; er habe jedoch keinerlei Ausführungen zur Natur des Mandatsverhältnisses gemacht, so die Ansicht der Vorinstanz. Auch habe der Beschwerdeführer nach Ansicht der Vorinstanz weder ausgeführt, von welchen Ärzten oder medizinischen Institutionen die angeblichen medizinischen Akten stammen sollen, noch wo auf dem Mobiltelefon diese gespeichert sein sollen. Auch mit Bezug auf seine persönlichen Daten habe er nur pauschale Ausführungen gemacht, die den Anforderungen seiner Substanziierungsobliegenheit nicht genügten, war die Ansicht des Vorinstanz (E.3.1).
Das Bundesgericht äussert sich dann im Urteil 7B_297/2023 vom 4. April 2024 wie folgt zur Begründungspflicht eines Siegelungsgesuchs:
«Nach der bundesgerichtlichen Praxis zu aArt. 248 StPO trifft die siegelungsberechtigte Person im Entsiegelungsverfahren die prozessuale Obliegenheit, allfällige Geheimhaltungsinteressen bzw. Entsiegelungshindernisse im Sinne von aArt. 248 Abs. 1 StPO und aArt. 264 StPO ausreichend zu substanziieren. Dagegen wird nicht verlangt, dass die betroffene Person die Siegelungsgründe bereits im Rahmen ihres Siegelungsantrags im Detail begründet (Urteile 7B_48/2023 vom 29. Januar 2024 E. 3.2.4; 7B_318/2023 vom 27. Dezember 2023 E. 3.2; je mit Hinweisen). Eine übertriebene prozessuale Strenge bei der Handhabung formeller Anforderungen für die Siegelung (etwa betreffend rechtzeitige Erhebung oder „Begründung“ von Siegelungsbegehren) würde den im Gesetz vorgesehenen Rechtsschutz von betroffenen Personen gegenüber strafprozessualen Zwangsmassnahmen aushöhlen (Urteile 1B_172/2023 vom 9. Mai 2023 E. 2.1; 1B_303/2022 vom 19. Dezember 2022 E. 2.4; je mit Hinweisen). Damit eine Siegelung durch die Strafverfolgungsbehörde erfolgt, muss die betroffene Person aber immerhin einen spezifischen Siegelungsgrund sinngemäss anrufen bzw. glaubhaft machen (Urteile 1B_172/2023 vom 9. Mai 2023 E. 2.1; 1B_273/2021 vom 2. März 2022 E. 3.3 mit Hinweisen).» (E.3.2).
«Die Beschwerde ist begründet: Wie der Beschwerdeführer zutreffend geltend macht, war er nach der zitierten Rechtsprechung nicht gehalten, die Siegelungsgründe bereits beim Siegelungsantrag zu substanziieren. Nach der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz machte er am 2. Mai 2023 geltend, dass sich auf dem sichergestellten Mobiltelefon vom Anwalts- und Arztgeheimnis geschützte Daten befänden. Damit hat er die Siegelung, entgegen der Auffassung der Vorinstanz, rechtzeitig und gültig beantragt. Indem die Vorinstanz trotz gültigem Siegelungsantrag nicht auf das Entsiegelungsgesuch eingetreten ist, hat sie Bundesrecht verletzt.» (E.3.3).
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut (E.4).