Oktober 10, 2022 6:08 am

Der Haftgrund der Wiederholungsgefahr wird bei Vermögensdelikten nur mit grösster Zurückhaltung angenommen. Im Urteil des Bundesgerichts 1B_445/2022 vom 22. September 2022 stand dieses Thema wieder einmal zur Diskussion. Das Bundesgericht bestätigte seine Praxis, dass der Haftgrund der Wiederholungsgefahr primär dem Schutz der Allgemeinheit vor Gewalt- oder Sexualdelikten dient und nur ausnahmsweise bei Vermögensdelikten anwendbar ist. Die Bejahung der erheblichen Sicherheitsgefährdung bei Vermögensdelikten setzt für das Bundesgericht voraus, dass die Geschädigten besonders hart bzw. ähnlich betroffen sind wie bei einem Gewaltdelikt. Ob ein solch besonders schweres Vermögensdelikt droht, kann nicht abstrakt gesagt werden, sondern ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu beurteilen (E.3.5.1).

Oktober 5, 2022 5:22 am

Im Sommer dieses Jahres wurde das Polizei- und Justizzentrum Zürich PJZ eröffnet. Es schafft im Kanton Zürich ein Kompetenzzentrum für die Bekämpfung der Kriminalität. Das PJZ erlaubte auch die Zusammenführung der vorher auf über 30 Standorte verteilten Kantonspolizei mit den Strafverfolgungsbehörden sowie dem Polizei- und Justizgefängnis. Schauen wir uns das PJZ aus der (subjektiven) Sicht des Strafverteidigers an.

Oktober 4, 2022 3:13 pm

Im Rahmen einer international koordinierten Aktion gegen eine Ransomware-Gruppierung führt die Zürcher Staatsanwaltschaft ein Strafverfahren gegen eine beschuldigte Person, wie die Staatsanwaltschaft und Polizei am 16. September 2022 mitteilten. Gleichzeitig werteten Cyberermittlerinnen und -ermittler der Kantonspolizei Zürich in den letzten Monaten intensiv die bei dieser Person sichergestellten Datenträger aus. Diese Auswertung brachte zahlreiche Private Keys zum Vorschein. Mit diesen haben geschädigte Unternehmen die Möglichkeit, ihre verschlüsselten Daten wiederherzustellen.

Oktober 4, 2022 3:10 pm

Im Urteil 1B_420/2022 vom 9. September 2022 befasste sich das Bundesgericht mit einem Haftentscheid durch das Obergericht Zürich, wo eine Gerichtsschreiberin sowie ein Gerichtsschreiber der III. Abteilung des Obergerichts Zürich im Fall als Ersatzrichterin bzw. Ersatzrichter amtete. Die Einsetzung einer Gerichtsschreiberin und eines Gerichtsschreibers der entscheidenden Kammer als Ersatzrichterin und Ersatzrichter (in ebendieser Kammer) verletzt gemäss dem Bundesgericht den Anspruch des Beschwerdeführers auf ein unabhängiges Gericht gemäss Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Dieser Anspruch ist formeller Natur, womit seine Verletzung ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheides führt (E.5.4).

September 25, 2022 11:45 am

Die Verwahrung eines Täters fällt gemäss Urteil des Bundesgerichts 6B_57/2022 vom 19. August 2022 nicht in Betracht, wenn ihm einzig die Beteiligung an einer terroristischen Organisation im Sinne des Al-Qaïda/IS-Gesetzes nachgewiesen werden kann. Das Bundesgericht weist die Beschwerde der Bundesanwaltschaft gegen ein Urteil der Berufungskammer des Bundesstrafgerichts ab. Hier ist die Schlüsselausführung: «Kann dem Täter lediglich die Beteiligung an einer terroristischen Organisation im Sinne von Art. 2 Abs. 1 Al-Qaïda/IS-Gesetz nachgewiesen werden, ist nach dem Gesagten das Vorliegen einer Anlasstat für die Anordnung einer Verwahrung nach Art. 64 Abs. 1 StGB zu verneinen.» (E.4.8.3.5).

September 22, 2022 3:34 pm

Nur tatsächliche Ersttäter im Strassenverkehr können gemäss den Schlussfolgerungen des Bundesgerichts im Urteil 1C_653/2021 vom 24. August 2022 von der Regelung profitieren, dass die im Ausland verfügte Dauer eines Führerausweisentzugs von den Schweizer Behörden nicht überschritten werden darf. Das Bundesgericht bestätigt den gegen eine Autolenkerin in der Schweiz verhängten dreimonatigen Führerausweisentzug für ihre Tempoüberschreitung in Österreich.

Notwendige Verteidigung

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September 16, 2022 3:37 pm

Eine Beschuldigte Person ist gemäss Art. 129 Abs. 1 StPO grundsätzlich berechtigt, sich selber im Strafverfahren zu verteidigen, und zwar über alle Instanzen. Ratsam dürfte dies aber kaum sein. Eine Ausnahme bilden Fällen von notwendiger Verteidigung gemäss Art. 130 StPO, wo ein Beschuldigter zwingend eine Strafverteidigung bedarf. Wir schauen uns hier das Thema der notwendigen Verteidigung genauer an.

August 30, 2022 3:29 pm

Im Grundsatzurteil 6B_684/2021 vom 22. Juni 2022 äusserte sich das Bundesgericht zu formellen Anforderungen an den Strafbefehl. Der Strafbefehl muss nach Art. 353 Abs. 1 lit. k StPO die eigenhändige Unterschrift der ausstellenden Staatsanwältin bzw. Staatsanwalts enthalten. Faksimile-Unterschriften genügen diesem Erfordernis nicht. Es ist aber nicht notwendigerweise von einer Nichtigkeit auszugehen.