Im Urteil 6B_381/2024 vom 13. Januar 2025 aus dem Kanton Bern ging es um die Wiederaufnahme eines Verfahrens im Jahr 2014 nach einer Einstellung im Jahr 2026 aufgrund von Zufallsfunden im Rahmen von Zwangsmassnahmen (SVG-Delikte). Das Bundesgericht befasste sich in diesem äusserst lesenswerten Urteil mit der Abgrenzung von Zufallsfund und «fishing expedition» (E.1.3) sowie mit den Voraussetzungen für die Wiederaufnahme eines eingestellten Verfahrens (E.1.4 ff.). Hier sind einige Ausführungen des Bundesgerichts: «Zusammenfassend ist festzuhalten, dass im vorliegenden Fall die Durchsuchung nicht bewusst der Verdachtssteuerung entzogen werden sollte und die Beweismassnahmen nicht ausserhalb einer abzuklärenden Straftat getätigt wurden. Vor diesem Hintergrund ist entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers nicht festzuhalten, dass von einer Verletzung des Kerngehalts von Art. 32 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 3 EMRK auszugehen wäre. Das Vorliegen einer "Fishing-Expedition" ist zu verneinen und es ist von einem Zufallsfund auszugehen.» (E.1.8). «Die Vorinstanz hat ausführlich begründet, weshalb die Beweismittel im Zusammenhang mit den Gegenstand des Berufungsverfahrens bildenden Vorwürfen nach Art. 141 Abs. 2 StPO verwertbar sind […]. Mit diesen Erwägungen setzt sich der Beschwerdeführer nicht auseinander. Er begnügt sich stattdessen mit einem pauschalen Verweis auf einen Teil der Lehre, wonach nur bei Delikten der Schwerkriminalität in jedem Fall eine Verwertung entsprechender Beweise gerechtfertigt erscheine. In casu falle keines der fraglichen SVG-Delikte in diesen Bereich, da es sich letztlich nur um Gefährdungsdelikte gehandelt habe. Der vom Beschwerdeführer zitierten Lehrmeinung folgt das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung zu Art. 141 Abs. 2 StPO nicht (vgl. Urteil 6B_821/2021 vom 6. September 2023 E. 1.5.3 f., nicht publ. in BGE 149 IV 369). Es besteht keine Veranlassung, diese Rechtsprechung zu ändern. Insbesondere kann im vorliegenden Fall hinsichtlich der groben Verkehrsregelverletzungen nicht gesagt werden, dass diese ohne besondere Vorkommnisse verliefen (vgl. Urteil 6B_821/2021 vom 6. September 2023 E. 1.5.4.3, nicht publ. in BGE 149 IV 369; je mit Hinweisen). Im Ergebnis sind daher sämtliche von der Vorinstanz zur Stützung ihrer Schuldsprüche berücksichtigten Beweismittel im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO verwertbar.» (E.2.4).
Im Urteil 6B_78/2024, 6B_107/2024, 6B_130/2024 vom 10. Januar 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit der Frage der ordnungsgemässen Besetzung des Obergerichts des Kantons Zürich als Berufungsinstanz. Es äusserte sich u.a. wie folgt: «Will eine Partei einen Ablehnungsgrund im Zusammenhang mit der nicht ordnungsgemässen Zusammensetzung einer richterlichen Behörde geltend machen, muss sie diesen gemäss der Rechtsprechung zur Ablehnung geltend machen, sobald sie davon Kenntnis hat, ansonsten verfällt das Recht, sich später auf diesen Grund zu berufen […]. Sind allerdings die Umstände, die den Anschein der Befangenheit bewirken, derart offensichtlich, dass der Richter von sich aus hätte in den Ausstand treten müssen, ist dies stärker zu gewichten als eine verspätete Geltendmachung […].» (E.3.4.3). Das Bundesgericht heisst die Beschwerde wie folgt gut: «Aus dem soeben Ausgeführten ergibt sich, dass die Vorinstanz [Obergericht des Kantons Zürich] nicht ordentlich zusammengesetzt war, als sie das angefochtene Urteil vom 8. September 2023 fällte. Dasselbe gilt für den Nachtragsbeschluss vom 8. Januar 2024. Durch die in Widerspruch zur einschlägigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung und zudem gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstossende Gerichtsbesetzung mit der Leitenden Gerichtsschreiberin […] als Ersatzrichterin hat die Vorinstanz den verfassungsmässigen Anspruch des Beschwerdeführers 1 auf ein unabhängiges und unparteiisches Gericht nach Art. 6 Ziff. 1 EMRK und Art. 30 Abs. 1 BV verletzt, weshalb die Beschwerden des Beschwerdeführers 1 in den Verfahren 6B_78/2024 und 6B_130/2024 gutzuheissen und das vorinstanzliche Urteil vom 8. September 2023 sowie der Nachtragsbeschluss vom 8. Januar 2024 aufzuheben sind. Die Sache ist zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen.» (E.4.4.).
Strafart und Strafbegründung
Im Urteil 6B_681/2024 vom 15. Januar 2025 aus dem Kanton Aargau behandelte das Bundesgericht die Frage der Strafzumessung, insbesondere das Ausfällen einer Freiheitsstrafe und einer Geldstrafe anstatt einer Gesamtfreiheitsstrafe. Das Bundesgericht äusserte sich u.a.: «Hat der Täter durch eine oder mehrere Handlungen die Voraussetzungen für mehrere gleichartige Strafen erfüllt, so verurteilt ihn das Gericht gemäss Art. 49 Abs. 1 StGB zu der Strafe der schwersten Straftat und erhöht sie angemessen. Dabei hat es zunächst für jede der mehreren Straftaten die Art der Strafe zu bestimmen. Art. 49 Abs. 1 StGB ist nur anwendbar, wenn diese Strafen gleichartig sind. Geldstrafe und Freiheitsstrafe sind keine gleichartigen Strafen. Dass die anzuwendenden Strafbestimmungen abstrakt gleichartige Strafen vorsehen, genügt nicht. Eine Gesamtfreiheitsstrafe ist nur zulässig, wenn für jede einzelne Straftat die Freiheitsstrafe erforderlich ist (sog. konkrete Methode […]). Gemäss der Rechtsprechung beurteilt sich die Frage, ob im Einzelfall eine Geld- oder Freiheitsstrafe auszusprechen ist, gemäss Art. 47 StGB nach dem Ausmass des (Einzeltat-) Verschuldens […], wobei die Geldstrafe gegenüber der Freiheitsstrafe als mildere Sanktion gilt. Das Gericht trägt bei der Wahl der Strafart neben dem Verschulden des Täters, der Zweckmässigkeit der Strafe, ihren Auswirkungen auf die Täterschaft und auf ihr soziales Umfeld sowie ihrer Wirksamkeit unter dem Gesichtswinkel der Prävention Rechnung […]. Dabei berücksichtigt es, dass bei alternativ zur Verfügung stehenden und hinsichtlich des Schuldausgleichs äquivalenten Sanktionen im Regelfall jene gewählt werden soll, die weniger stark in die persönliche Freiheit des Betroffenen eingreift bzw. die ihn am wenigsten hart trifft […]. Dies gilt auch im Rahmen der Gesamtstrafenbildung. Der Täter soll und kann aufgrund des Umstandes, dass mehrere Delikte gleichzeitig zur Beurteilung stehen, für die einzelnen Taten nicht schwerer bestraft werden als bei separater Beurteilung […]. In die Wahl der Strafart einzubeziehen sind auch die Kriterien von Art. 41 Abs. 1 StGB […]. Demnach kann das Gericht statt auf eine Geldstrafe auf eine Freiheitsstrafe erkennen wenn (lit. a) eine solche geboten erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen oder Vergehen abzuhalten oder (lit. b) eine Geldstrafe voraussichtlich nicht vollzogen werden kann. Die Wahl der Freiheitsstrafe ist zu begründen (Art. 41 Abs. 2 StGB).» (E.2.1.1). Im vorliegenden Fall hiess das Bundesgericht die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft gut und wies, nach gewissen Kritikpunkten, den Fall zurück an die Vorinstanz (E.2.3.2, E.3).
Konkrete Anhaltspunkte für Kollusionsgefahr auch bei «Aussage-gegen-Aussage-Konstellationen» notwendig
Im Urteil 7B_12/2025 vom 22. Januar 2025 aus dem Kanton Zürich heisst das Bundesgericht eine Haftbeschwerde wegen des Haftgrunds der Kollusionsgefahr gut, und zwar im Rahmen einer «Aussage-gegen-Aussage-Konstellation». (vgl. zu allgemeinen Ausführungen E.2.2). Das Bundesgericht äusserte sie u.a. wie folgt: «Zwar handelt es sich vorliegend um eine "Aussage gegen Aussage"-Konstellation. […]. Konkrete Anhaltspunkte, welche für eine hohe Wahrscheinlichkeit von Kollusionshandlungen seitens des Beschwerdeführers sprechen, sind vorliegend indessen nicht ersichtlich. Solche lassen sich, entgegen der Auffassung der Vorinstanz, insbesondere auch nicht daraus ableiten, dass der Beschwerdeführer mit dem Geschädigten via Briefe Kontakt aufgenommen und diesen um Rückzug der Strafanzeige gebeten haben soll. Wie erwähnt, hat eine Konfrontationseinvernahme stattgefunden und der Geschädigte hat an seinem Strafantrag festgehalten. Nachdem das Sachgericht die Beweise und damit auch die Aussagen der Tatbeteiligten frei würdigt (Art. 10 Abs. 2 StPO), ist es unter diesen Umständen zumindest fraglich, ob im vorliegenden Fall eine allfällige Einflussnahme des Beschwerdeführers auf das Aussageverhalten des Geschädigten überhaupt noch zielführend wäre. Jedenfalls ist nicht ersichtlich und von der Vorinstanz auch nicht dargetan, inwiefern der Beschwerdeführer bei seiner Freilassung vorliegend die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhalts noch vereiteln oder gefährden könnte bzw. inwiefern noch eine massgebliche Beeinträchtigung des Strafverfahrens wegen Verdunkelung drohen könnte. Nicht zielführend ist jedenfalls die Erwägung der Vorinstanz, die Kontaktaufnahmen des Beschwerdeführers "deute auf einen mangelnden Respekt gegenüber dem Geschädigten und dessen Entschluss, an seinem Strafbedürfnis festzuhalten hin". Daraus lässt sich, wenn überhaupt, einzig die theoretische Möglichkeit ableiten, dass der Beschuldigte kolludieren könnte. Nicht ableiten lassen sich daraus aber konkrete Anhaltspunkte hierfür. Die rein theoretische Möglichkeit genügt gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung jedoch nicht, um Haft unter diesem Titel zu rechtfertigen […]. (E.2.3).
Im Urteil 6B_676/2024 vom 13. Januar 2025 aus dem Kanton Bern befasste sich das Bundesgericht mit der Höhe der Haftentschädigung (Genugtuung). Es äusserte sich dabei wie folgt: «Sind gegenüber der beschuldigten Person rechtswidrig Zwangsmassnahmen angewandt worden, so spricht ihr die Strafbehörde eine angemessene Entschädigung und Genugtuung zu (Art. 431 Abs. 1 StPO). […]. Im Fall einer ungerechtfertigten Inhaftierung erachtet die Rechtsprechung grundsätzlich einen Betrag von Fr. 200.-- pro Tag als angemessen, soweit keine besonderen Umstände einen geringeren oder höheren Betrag rechtfertigen. Bei längerer Untersuchungshaft (von mehreren Monaten Dauer) ist der Tagessatz in der Regel zu senken, da die erste Haftzeit besonders schwer ins Gewicht fällt. Der Tagessatz ist indes nur ein Kriterium für die Ermittlung der Grössenordnung der Entschädigung. In einem zweiten Schritt sind auch die Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen wie die Dauer des Freiheitsentzugs, die Auswirkungen des Strafverfahrens auf die betroffene Person und die Schwere der ihr vorgeworfenen Taten etc […]. Zum Schaden gehört nach konstanter Rechtsprechung der Zins von dem Zeitpunkt an, in dem sich das schädigende Ereignis ausgewirkt hat. Der Zins bildet Teil der Genugtuung. Dessen Höhe beträgt gemäss Art. 73 OR 5 % (zum Ganzen: Urteil 6B_34/2018 vom 13. Mai 2024 E. 2.3.2 f. mit Hinweisen).» (E.3.1.1). «Die Festlegung der Genugtuungssumme beruht auf der Würdigung sämtlicher Umstände und richterlichem Ermessen (Art. 4 ZGB). In dieses greift das Bundesgericht nur mit Zurückhaltung ein. Es schreitet nur ein, wenn das Sachgericht grundlos von den in bewährter Lehre und Rechtsprechung anerkannten Bemessungsgrundsätzen abweicht, oder wenn Tatsachen berücksichtigt worden sind, die für den Entscheid im Einzelfall keine Rolle spielen oder umgekehrt Umstände ausser Betracht gelassen worden sind, die in den Entscheid hätten einbezogen werden müssen. Ausserdem greift das Bundesgericht in Ermessensentscheide ein, wenn sich diese als offensichtlich unbillig bzw. als in stossender Weise ungerecht erweisen […]. Das Bundesrecht setzt keinen Mindestbetrag fest […].» (E.3.1.2). Im vorliegenden Fall wies das Bundesgericht die Beschwerde ab.
Das Bundesgericht weist im Urteil 7B_60/2022 vom 21. Januar 2025 die Beschwerde der Gesellschaft Hermitage Capital Management Ltd im Zusammenhang mit dem Entzug der Stellung als Privatklägerin in dem von der Bundesanwaltschaft 2021 eingestellten Verfahren wegen Geldwäscherei ab. Das Bundesstrafgericht hat kein Bundesrecht verletzt, wenn es davon ausgegangen ist, dass die Gesellschaft von den geltend gemachten Delikten selber nicht direkt berührt ist.
Würdigung von Indizien bei Vergewaltigung
Im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit einer mutmasslichen Vergewaltigung. Das Obergericht des Kantons Zürich hatte den Beschwerdegegner diesbezüglich freigesprochen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Willkürrüge) gut und befasst sich in diesem Urteil im Detail mit dem Beweisrecht. Hier sind einige Auszüge: «Würdigt das Gericht einzelne belastende Indizien willkürlich oder lässt es entlastende Umstände willkürlich ausser Acht, führt dies nicht zwingend zur Aufhebung des angefochtenen Urteils durch das Bundesgericht. Die Beschwerde ist nur gutzuheissen, wenn der Entscheid auch bei objektiver Würdigung des gesamten Beweisergebnisses offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich ist. Die beschwerdeführende Partei, die vor Bundesgericht eine willkürliche Beweiswürdigung rügt, darf sich daher nicht darauf beschränken aufzuzeigen, wie einzelne Indizien willkürfrei zu würdigen gewesen wären. Sie muss sich vielmehr mit der gesamten Beweislage befassen und darlegen, inwiefern aus ihrer Sicht auch der aus der Gesamtheit der verschiedenen Indizien gezogene Schluss geradezu willkürlich ist […]» (E.3.2). «Gemäss Art. 389 Abs. 1 StPO beruht das Rechtsmittelverfahren auf den im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhobenen Beweisen. […]. Erweisen sich Beweiserhebungen indes als rechtsfehlerhaft (lit. a), unvollständig (lit. b) oder unzuverlässig (lit. c) im Sinne von Art. 389 Abs. 2 StPO, sind sie von der Rechtsmittelinstanz erneut vorzunehmen. Beweise sind notwendig, wenn sie den Ausgang des Verfahrens beeinflussen […]. Nach Art. 389 Abs. 3 StPO erhebt die Rechtsmittelinstanz die erforderlichen zusätzlichen Beweise von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei. Sie ist mithin verpflichtet, auch von Amtes wegen für eine rechtskonforme Beweiserhebung und damit aus eigener Initiative für die nötigen Ergänzungen besorgt zu sein […].» (E.3.5). Fallbezogen urteilte das Bundesgericht alsdann: «Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz aktenwidrig davon ausgeht, der Analabstrich von B. weise keine Spermaspuren des Beschwerdegegners auf. Daraus schliesst sie zu Unrecht, auf die Aussagen von B. betreffend Analverkehr könne nicht abgestellt werden. Zudem misst sie der nicht direkt den strittigen Kernsachverhalt (Nötigung zum Geschlechtsverkehr) betreffenden Aussage von B. hinsichtlich Blutanhaftungen an ihrer Unterhose angesichts der zahlreichen Beweise und Indizien, welche für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen hinsichtlich des strittigen Kernsachverhalts sprechen, ein zu hohes Gewicht bei, ohne den diesbezüglichen Widersprüchen durch eine Befragung von B. nachzugehen. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es könne hinsichtlich des umstrittenen Kernsachverhalts nicht auf die Aussagen von B. abgestellt werden, erweist sich daher im Ergebnis als willkürlich. Die Beschwerde ist damit begründet.» (E.5).
Lenker von Jaguar-Oldtimer mit Doppelsieg vor Bundesgericht
Im Urteil 6B_1261/2023 vom 8. Januar 2025 aus dem Kanton St. Gallen behandelte das Bundesgericht einen SVG-Fall mit einem Jaguar-Oldtimer, der erst vor vier Monaten in der Schweiz zugelassen wurde. Das Bundesgericht schützte die Beschwerde (bei einer Übertretung) wie folgt: «Zusammengefasst hat die Vorinstanz mithin zu Unrecht eine willkürliche Sachverhaltsfeststellung durch die Erstinstanz verneint sowie in Überschreitung ihrer Kognition den Sachverhalt neu gewürdigt und damit Bundesrecht verletzt.» (E.2.5). Ein Urteil nicht nur für Oldtimer-Enthusiasten.
Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft vor Bundesgericht im Bereich des Strafvollzugs
Im Urteil 7B_948/2023 vom 16. Dezember 2024 aus dem Kanton Luzern ging es um die Beschwerdelegitimation der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern vor dem Bundesgericht in einem Fall, wo ein Beschuldigter eine Restgeldstrafe basierend auf einem Strafbefehl durch gemeinnützige Arbeit erbringen konnte. Das Bundesgericht verneinte die Beschwerdelegitimation der Oberstaatsanwaltschaft mangels genügend dargelegten rechtlichen Interesse und machte wertvolle allgemeine Ausführungen: «Der Staatsanwaltschaft steht das Beschwerderecht in Strafsachen nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG grundsätzlich ohne Einschränkung zu […]. Die Bestimmung von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG verleiht aber nicht selbst das rechtlich geschützte Interesse, sondern setzt dieses voraus […].» (E.1.2). «Das rechtlich geschützte Interesse der Staatsanwaltschaft leitet sich aus dem staatlichen Strafanspruch ab, den sie zu vertreten hat bzw. für dessen gleichmässige Durchsetzung sie verantwortlich ist (Art. 16 Abs. 1 StPO). Mithin ist die Staatsanwaltschaft im Verfahren vor Bundesgericht beschwerdebefugt, wenn es um die Durchsetzung des Strafanspruchs als solchen oder um damit zusammenhängende materiell- und prozessrechtliche Belange geht […]. Zwar sind diese Voraussetzungen und damit die materielle Beschwer der Staatsanwaltschaft in der Regel gegeben. Das rechtlich geschützte Interesse kann jedoch nicht pauschal bejaht, sondern muss im Einzelfall durch die beschwerdeführende Staatsanwaltschaft begründet werden (Art. 42 Abs. 1 BGG), sofern es nicht offensichtlich gegeben ist […]» (E.1.2.1). «Die Staatsanwaltschaft nimmt in einem bestimmten und von der Strafprozessordnung umschriebenen Bereich öffentliche Sicherheitsinteressen wahr […]. Der Strafvollzug im Allgemeinen fällt nicht in ihre Verantwortung. Die kantonalen Vollzugsbehörden sind ihrerseits von der Beschwerde in Strafsachen ausgeschlossen […]. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind die Interessen "tangierter Behörden" in gewissen - die öffentliche Sicherheit betreffenden - vollzugsrechtlichen Fragen von der Staatsanwaltschaft zu wahren […]. Geht es beispielhaft um Vollzugsöffnungen bei gemeingefährlichen Tätern, betrifft dies die öffentliche Sicherheit. In diesem Rahmen anerkennt das Bundesgericht die Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 78 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG […] Entsprechend gesteht das Bundesgericht auch in Fällen der Urlaubsgewährung im Strafvollzug […] oder der bedingten Entlassung aus einer stationären Massnahme […] der Staatsanwaltschaft die Beschwerdelegitimation im bundesgerichtlichen Verfahren zu.» (E.1.2.2).
Ausnahmen vom Konfrontationsanspruch
Im Urteil 7B_230/2022 vom 6. Januar 2025 aus dem Kanton Basel-Stadt ging es u.a. um eine versuchte vorsätzliche Tötung. Das Bundesgericht machte dabei interessante generell-abstrakte Ausführungen zum Konfrontationsanspruch (E.2) sowie zum Thema Notwehr (E.4). Es äusserte sich u.a. wie folgt: «Von einer Konfrontation kann nur unter besonderen Umständen abgesehen werden. In solchen Fällen ist gestützt auf Art. 6 Ziff. 1 und Ziff. 3 lit. d EMRK erforderlich, dass der Beschuldigte zum streitigen Zeugnis hinreichend Stellung nehmen kann, die Aussagen sorgfältig geprüft werden und der Schuldspruch nicht alleine darauf abgestützt wird, d.h. der belastenden Aussage nicht ausschlaggebende Bedeutung zukommt bzw. sie nicht den einzigen oder einen wesentlichen Beweis darstellt. Ausserdem darf der Umstand, dass die beschuldigte Person ihre Rechte nicht (rechtzeitig) wahrnehmen konnte, nicht in der Verantwortung der Behörde liegen (BGE 131 I 476 E. 2.2 und 2.3.4). Ausnahmsweise kann ein streitiges Zeugnis von ausschlaggebender Bedeutung ohne Konfrontation mit Belastungszeugen verwertbar sein (vgl. Urteil 6B_1137/2020 vom 17. April 2023 E. 1.4.2.1 ff.; zum Ganzen: BGE 148 I 295 E. 2 mit Hinweisen).» (E.2.2).