Sachverhalt und Instanzenzug
Das Bezirksgericht Dielsdorf verurteilte A. am 4. März 2022 wegen mengenmässig und bandenmässig qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121), Widerhandlung gegen das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (Ausländer- und Integrationsgesetz, AIG; SR 142.20), mehrfacher Pornografie (Art. 197 Abs. 4 StGB) und mehrfacher Gewaltdarstellung (Art. 135 Abs. 1bis aStGB) zu einer Freiheitsstrafe von 5 Jahren und einer bedingten Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu Fr. 30.–. Zudem sprach es eine Landesverweisung von 10 Jahren aus, wobei es auf eine Ausschreibung im Schengener Informationssystem verzichtete.
Dagegen ging A. in Berufung und beantragte, dass von der Landesverweisung abzusehen oder deren Dauer auf 5 Jahre herabzusetzen sei. Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Berufung am 9. Mai 2023 ab.
Weiterzug ans Bundesgericht
Der A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils und erneuert die erwähnten Berufungsanträge. Eventualiter beantragt er die Rückweisung der Sache an das Obergericht zur Neubeurteilung. Er ersucht um aufschiebende Wirkung und unentgeltliche Rechtspflege.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_728/2023 vom 30. Januar 2024
Der Beschwerdeführer wendet sich vor Bundesgericht gegen die Landesverweisung.
Das Bundesgericht macht hierzu im Urteil 7B_728/2023 vom 30. Januar 2024 die folgenden generell-abstrakten Ausführungen:
«Gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB verweist das Gericht den Ausländer, der wegen Widerhandlung gegen Art. 19 Abs. 2 oder Art. 20 Abs. 2 des Betäubungsmittelgesetzes verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz. Von der Landesverweisung kann nur ausnahmsweise abgesehen werden, wenn sie (1.) einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 StGB). Die Härtefallklausel ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.1). Nach der Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den „schwerwiegenden persönlichen Härtefall“ in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.2). Ein Härtefall lässt sich erst bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK gewährleistete Privat- und Familienleben annehmen (Urteil 6B_378/2018 vom 22. Mai 2019 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 145 IV 364). Soweit ein Anspruch aus Art. 8 EMRK in Betracht fällt, ist die Rechtsprechung des EGMR zu beachten. Die Staaten sind nach dieser Rechtsprechung berechtigt, Delinquenten auszuweisen; berührt die Ausweisung indes Gewährleistungen von Art. 8 Ziff. 1 EMRK, ist der Eingriff nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu rechtfertigen (Urteil des EGMR in Sachen I.M. gegen Schweiz vom 9. April 2019, Req. 23887/16, § 68). Nach diesem Urteil haben sich die nationalen Instanzen von den im Urteil Üner gegen Niederlande vom 18. Oktober 2006 (Req. 46410/99, Recueil CourEDH 2006-XII S. 159) resümierten Kriterien leiten zu lassen (zum Ganzen: Urteil 6B_841/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 1.2 mit Hinweisen).» (E.3.1).
Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Dominikanischen Republik. Seine erstinstanzliche Verurteilung wegen mengenmässig und bandenmässig qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz ist in Rechtskraft erwachsen, bemerkt das Bundesgericht. Damit hat er eine Katalogtat begangen, die gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. o StGB grundsätzlich die Landesverweisung nach sich zieht (E.3.2).
Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht, dass die Vorinstanz einen schweren persönlichen Härtefall verneint. Allerdings begründet die Vorinstanz ausführlich und überzeugend, weshalb sie zu diesem Schluss gelangt, erklärt das Bundesgericht (E.3.3). Nähere Ausführungen der Vorinstanz können E.3.3.1 ff. entnommen werden.
Die Vorinstanz fasst zusammen, wie das Bundesgericht darstellt, dass eine Landesverweisung die Beziehung des Beschwerdeführers zu seiner in der Schweiz lebenden Frau und zum Sohn zwar beschneide. Ein darüber hinausgehendes Interesse am Verbleib in der Schweiz sei allerdings nicht gegeben, da er hier keine beruflichen oder gesellschaftlichen Beziehungen habe und nicht verwurzelt sei, ist die Ansicht der Vorinstanz (E.3.5).
In einem weiteren Schritt prüft die Vorinstanz, ob sich die Landesverweisung unter dem Blickwinkel der EMRK rechtfertigen lässt, erklärt das Bundesgericht (E.3.5) und fährt im Urteil 7B_728/2023 vom 30. Januar 2024 fort:
«Dabei hält sie [Vorinstanz] zutreffend fest, dass deren Schutzbereich tangiert ist, wenn die Landesverweisung eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigen würde, ohne dass es dieser ohne weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (vgl. etwa Urteil 6B_1299/2019 vom 28. Januar 2020 E. 3.4.3). Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens gilt nicht absolut: Liegt eine Landesverweisung im Schutz- und Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK, erweist sie sich als zulässig, falls sie gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht (Schutz der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten etc.) und verhältnismässig ist (BGE 143 I 21 E. 5.1; 142 II 35 E. 6.1; je mit Hinweisen; Urteile 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 6.3.3; 6B_627/2018 vom 22. März 2019 E. 1.4; 2C_7/2018 vom 10. September 2018 E. 2.2). Bei der Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind folgende Elemente zu beachten: (1) die Art und Schwere der begangenen Straftat und ob sie als Jugendlicher oder Erwachsener verübt wurde; (2) die Aufenthaltsdauer des Betroffenen im Land; (3) die seit der Tatbegehung vergangene Zeit und das Verhalten des Ausländers während dieser; (4) die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmestaat und zum Herkunftsland; (5) der Gesundheitszustand sowie (6) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung (BGE 139 I 31 E. 2.3.3, 16 E. 2.2.2; zit. Urteil 6B_1070/2018 E. 6.3.3; je mit Hinweisen). Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall. Das Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK gilt in seiner verfahrensrechtlichen Tragweite als verletzt, wenn keine umfassende, faire Interessenabwägung vorgenommen wird (Urteil 2C_786/2018 vom 27. Mai 2019 E. 3.3.3). Weiter verweist die Vorinstanz auf die bundesgerichtliche Rechtsprechung, wonach unter dem Titel von Art. 8 EMRK selbst eine lange Anwesenheit und die damit verbundene normale Integration nicht genügt; erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (BGE 144 II 1 E. 6.1; zit. Urteil 6B_1299/2019 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Zudem fügt die Vorinstanz an, dass minderjährige Kinder schon aus familienrechtlichen Gründen regelmässig das ausländerrechtliche Schicksal der Eltern teilen würden und das Land gegebenenfalls mit diesen zu verlassen hätten; für Kinder im anpassungsfähigen Alter sei der Umzug in das Heimatland zumutbar (BGE 143 I 21 E. 5.4). Wenn die Ehefrau Schweizerin ist, dann stehe es ihr und den Kindern frei, in der Schweiz zu verbleiben und den Kontakt zum Beschwerdeführer durch Kommunikationsmittel oder Besuche aufrechtzuerhalten (zit. Urteil 6B_1299/2019 E. 3.4.5).» (E.3.5.1).
«Von den soeben zitierten Grundsätzen lässt sich die Vorinstanz richtig leiten. Sie verweist korrekterweise auf ihre vorstehenden Erwägungen zur Frage des Härtefalls und zur Interessenabwägung, „wobei letztere auch die Frage der Prüfung der Vereinbarkeit der Landesverweisung mit Art. 8 EMRK weitestgehend“ beantworte. Gemäss Vorinstanz sprächen die Art und Schwere der Straftat, nämlich des Verbrechens gegen das Betäubungsmittelgesetz, klar gegen den Beschwerdeführer. Gleiches gelte für die Tatsache, dass er bereits in der Vergangenheit Drogenhandel betrieben habe. Zu Gunsten des Beschwerdeführers spricht gemäss Vorinstanz einzig seine Bindung zur aktuellen Frau und zum Sohn. Die Vorinstanz erwägt, wie sie im Rahmen der Interessenabwägung bereits dargelegt habe, könne er die Kontakte zur aktuellen Frau und zum Sohn auch bei einem Vollzug der Landesverweisung leben. Seine Bindung zur Dominikanischen Republik sei enger als zur Schweiz. Jedenfalls sei er mit der dortigen Kultur und Sprache vertraut. Zudem sei seine Gesundheit neutral zu bewerten. Die Landesverweisung stelle für den Beschwerdeführer zwar einen Eingriff von einer gewissen Schwere dar. Im Rahmen einer Gesamtwürdigung überwiege angesichts der Schwere der Anlasstat das öffentliche Interesse an der Landesverweisung die privaten Interessen des Beschwerdeführers am Verbleib in der Schweiz.» (E.3.5.2).
Zur Dauer der Landesverweisung bemerkt das Bundesgericht im Urteil 7B_728/2023 vom 30. Januar 2024 als Schlussfolgerung:
«In Würdigung aller Umstände erscheint der Vorinstanz die bereits von der Erstinstanz ausgesprochene Dauer der Landesverweisung von 10 Jahren auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren neu geltend gemachten Gesichtspunkte als angemessen. Dies ist auch im bundesgerichtlichen Verfahren nicht zu beanstanden. Der Beschwerdeführer hat von vier Frauen insgesamt vier Kinder auf zwei Kontinenten. Selbst wenn man berücksichtigt, dass eines dieser Kinder mit der aktuellen Frau des Beschwerdeführers in der Schweiz lebt, erscheint die Dauer der Landesverweisung von 10 Jahren keineswegs als überlang.» (E.3.6.3).