Im Urteil 6B_1168/2023 vom 12. September 2025 aus dem Kanton Zürich behandelte das Bundesgericht die Landesverweisung eines des unrechtmässigen Bezugs von Leistungen einer Sozialversicherung oder der Sozialhilfe mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen verurteilten nigerianischen Staatsbürgers, der seit 2002 in der Schweiz mit zwei erwachsenen Kindern in der Schweiz wohnte und über eine mässige Integration und mangelhafte Deutschkenntnisse verfügte. Das Bundesgericht zeigte zunächst lehrbuchartig die Grundsätze zur Landesverweisung auf (E.1.3). Danach bestätigte es die Landesverweisung u.a. wie folgt: «[…] stuft die Vorinstanz die Integration des Beschwerdeführers in die hiesige Gesellschaft zu Recht als mangelhaft ein. Dabei ist nicht zu beanstanden, dass sie bei ihrer Beurteilung auch seine viele Jahre zurückliegende Vorstrafe mitberücksichtigt. Mit ihr ist in Anbetracht des Umstands, dass der Beschwerdeführer abgesehen von seinen beiden erwachsenen Kindern, die bei der Mutter in U. leben, keine persönlichen Bindungen zur Schweiz aufweist, in Nigeria aufgewachsen ist, seine ebenfalls nigerianische Ehefrau bis vor Kurzem in dem Land gelebt hat, eines seiner erwachsenen Kinder sowie seine beiden Brüder dort leben, die Familie dort ein Haus besitzt und die Ehe ohne Weiteres in der Heimat weitergeführt werden kann, nicht von einem schweren persönlichen Härtefall i.S.v. Art. 66a Abs. 2 StGB auszugehen.» (E.1.5.1). «Soweit sich der Beschwerdeführer dagegen auf Art. 8 EMRK bzw. den Umstand beruft, seit über 20 Jahren in der Schweiz zu leben und hier zwei Kinder zu haben, kann ihm nicht gefolgt werden. Das Bundesgericht hat es wiederholt abgelehnt, schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer von einer Verwurzelung in der Schweiz auszugehen. Nach ständiger Rechtsprechung tangiert die Landesverweisung eines Ausländers nur dann dessen Recht auf Privatleben nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK, wenn er besonders intensive soziale und berufliche Verbindungen zur Schweiz aufweist, die über jene einer gewöhnlichen Integration hinausgehen […], woran es vorliegend fehlt […]. Auch mit Blick auf die Beziehung des Beschwerdeführers zu seinen beiden volljährigen Kindern kommt Art. 8 EMRK in Ermangelung eines besonderen Abhängigkeitsverhältnisses […] nicht zum Tragen.» (E.1.5.2).
Im Urteil 6B_388/2024 vom 25. August 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit der nicht obligatorischen (fakultativen) Landesverweisung eines Nordmazedoniers, der zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt wurde. Das Bundesgericht bestätige die Landesverweisung, u.a. wie folgt: «Wie jeder staatliche Entscheid hat die Anordnung einer nicht obligatorischen Landesverweisung unter Berücksichtigung des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 5 Abs. 2 und Art. 36 Abs. 2 und 3 BV) zu erfolgen. Das Gericht hat die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegen die privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz abzuwägen. Die erforderliche Interessenabwägung entspricht den Anforderungen von Art. 8 Ziff. 2 EMRK an einen Eingriff in das Privat- und Familienleben […].» (E.2.2.3). «Art. 66a bis StGB setzt keine Mindeststrafhöhe voraus […]. Demnach ist die nicht obligatorische Landesverweisung einer aufenthaltsberechtigten Person bei einer Verurteilung bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe nicht grundsätzlich als unverhältnismässig zu betrachten, sondern anhand einer Verhältnismässigkeitsprüfung zu beurteilen […]. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die nicht obligatorische Landesverweisung gerade in Fällen zur Anwendung gelangen, bei denen es um Gesetzesverstösse von geringerer Schwere, aber dafür um wiederholte Delinquenz geht […].» (E.2.2.5). Das Bundesgericht betonte dabei die Relevanz von älteren Vortaten bzw. dem gesamten prognoserelevanten strafrechtlichem Vorleben: «Andererseits bestehen gewichtige Interessen der Öffentlichkeit an der Landesverweisung. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers erweist sich für diese Einschätzung nicht primär die neuste Tat (resp. deren Verschulden) als massgeblich. Ebenso wenig kann dem Beschwerdeführer gefolgt werden, wenn er älteren Vorstrafen die Relevanz abspricht. Im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung bei der Landesverweisung ist vielmehr dem gesamten prognoserelevanten strafrechtlichen Vorleben Rechnung zu tragen […]. Ausschlaggebend ist - wie in der migrationsrechtlichen Interessenabwägung - eine Gesamtbetrachtung des deliktischen Verhaltens bis zum angefochtenen Urteil; entsprechend haben auch die früheren Verurteilungen in die Gesamtwürdigung einzufliessen.» (2.3.2).
Erfolgreiche Rechtsverweigerungsbeschwerde eines abgewiesenen Zuschauers bei einer Berufungsverhandlung
Im Urteil 7B_1275/2024 vom 18. September 2025 aus dem Kanton Bern befasste sich das Bundesgericht mit einer weitergeleiteten Laienbeschwerde eines Mannes, dem der Besuch einer Berufungsverhandlung als Zuschauer verweigert wurde und der Auslagenersatz verlangte. Das Bundesgericht erklärte zur Rechtsverweigerungsbeschwerde folgendes und hiess diese dann auch gut: «Eine formelle Rechtsverweigerung liegt vor, wenn eine Behörde auf eine ihr frist- und formgerecht unterbreitete Sache nicht eintritt, obschon sie darüber befinden müsste (BGE 135 I 6 E. 2.1), oder wenn sie eine Eingabe nicht an die Hand nimmt und behandelt (BGE 149 II 209 E. 4.2; 144 II 184 E. 3.1; Urteile 2C_293/2023 vom 11. Juni 2025 E. 3.1; 6B_1408/2022 vom 17. Februar 2023 E. 4.5.2). Ob eine formelle Rechtsverweigerung vorliegt, prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (BGE 149 II 209 E. 4.2 in fine; 144 II 184 E. 3.1; 135 I 6 E. 2.1).» (E.2.2).
Im Urteil 6B_522/2025 vom 28. August 2025 aus dem Kanton Bern befasste sich das Bundesgericht mit der Annahme einer Rückzugsfiktion durch das Berufungsgericht. Zunächst erläuterte das Bundesgericht das Berufungsverfahren (E.2). Danach entschied es dann Fall zugunsten des Beschwerdeführers und Berufungsklägers wie folgt: «[…]. Die Berufungserklärung hat damit den Anforderungen der Rechtsmittelbegründung nach Art. 385 Abs. 1 StPO ohne Weiteres entsprochen. Die Vorinstanz wäre bei dieser Sachlage in der Lage gewesen, das Berufungsverfahren durchzuführen. Dabei schadet nicht, dass der Beschwerdeführer nicht innert Frist in einer (weiteren) schriftlichen Eingabe seine bereits mit der Berufungserklärung eingereichte Begründung wiederholt oder unter Verzicht auf eine Wiederholung auf seine begründete Berufungserklärung verwiesen hat. Das Bundesgericht hat wiederholt darauf hingewiesen, dass die Annahme der Rückzugsfiktion gemäss Art. 407 Abs. 1 lit. b StPO gestützt auf diese Säumnis einem überspitzten Formalismus gleichkommt. Diese prozessuale Formstrenge sei sachlich nicht gerechtfertigt, verkomme zum blossen Selbstzweck und erschwere die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise […]. Die Vorinstanz war nach dem Gesagten gehalten, das eingelegte Rechtsmittel materiell zu prüfen und sich mit den vom Beschwerdeführer in seiner Berufungserklärung vom 3. Februar 2025 thematisierten Punkten auseinanderzusetzen und ein Urteil zu fällen. Dass die Vorinstanz das Verfahren als durch Rückzug der Berufung erledigt abgeschrieben hat, verletzt damit Bundesrecht. […]. Damit brachte er klar zum Ausdruck, dass er weiterhin - trotz abgewiesener Beweisanträge - an seiner Berufung festhält. Bei dieser Ausgangslage verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, wenn sie gestützt auf Art. 407 Abs. 1 lit. b StPO vom Rückzug der Berufung ausgeht.» (E.3).
Im Urteil 6B_1263/2023 vom 28. August 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit Diebstählen von Paketen durch einen Paketboten, der diese zu sich nahm und (bis auf wenigen Ausnahmen) «nur» bei sich originalverpackt aufbewahrte (bzw. nicht verkaufte oder verbrauchte). Strittig war vor Bundesgericht lediglich, ob Gewerbsmässigkeit vorlag, was u.a. wie folgt bejaht wurde: «Nach der Rechtsprechung liegt der Ansatzpunkt für die Definition der Gewerbsmässigkeit im berufsmässigen Handeln. […]. Gemäss ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichts ist das Element der auf Erlangung eines "Erwerbseinkommens" gerichteten Absicht jedoch nicht dahin zu verstehen, dass gewerbsmässig nur handeln würde, wer unmittelbar Geld erbeutet oder Diebesgut in der Absicht behändigt, die Beute zu Geld zu machen. Ein Erwerbseinkommen im Sinne dieser Praxis kann vielmehr im Erwirken irgendwelcher Vermögensvorteile bestehen. Dabei ist ohne Belang, ob der Täter oder die Täterin sich diese unmittelbar zur Fristung seines Lebens, zur Bezahlung von Vergnügen, zum Zweck gewinnbringender Anlage oder zur Hortung verschafft. Die Absichten, aus denen der Täter oder die Täterin handelt, sind mithin unerheblich […].» (E.1.3.2). «Die Vorinstanz hält fest, der Beschwerdegegner habe die Ware (bis auf wenige Ausnahmen) nicht gebraucht und - trotz finanzieller Probleme - auch nicht verkauft, sondern diese vielfach originalverpackt in seiner Wohnung aufbewahrt. Wie die Beschwerdeführerin - insbesondere mit Verweis auf den vergleichbaren Sachverhalt in Urteil 6B_1153/2014 vom 16. März 2015 - aber richtig vorbringt, erweist sich der täterschaftlich angestrebte Verwendungszweck der Beute bei der Prüfung von Gewerbsmässigkeit als unerheblich. Fest steht, dass der Beschwerdegegner die fraglichen Gegenstände an sich nahm und sich mithin die Kosten für deren (legale) Anschaffung ersparte. Wie er das betreffende Diebesgut letztlich gebrauchte (resp. was er damit anzustellen gedachte) - ob er dieses verschenken, verkaufen, benutzen oder, wie von der Vorinstanz im Rahmen der einschlägigen rechtlichen Ausführungen selber zitiert, bloss horten wollte - ist unwesentlich. Entsprechend […] verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, wenn sie gewerbsmässiges Handeln mit der Begründung verneint, der Beschwerdegegner habe - mangels Veräusserungswille und da er den Grossteil der Ware ungeöffnet lagerte - keine Absicht gehabt, durch seine Diebstähle Einkünfte (allenfalls im Umfang eines namhaften Betrags an die Finanzierung seiner Lebensgestaltung) zu erzielen. Die Beschwerde erweist sich insofern als begründet. […].» (E.1.3.3).
Vollmacht bei Beschwerde an das Bundesgericht zwingend notwendig
Im Urteil 7B_609/2025 vom 11. September 2025 aus dem Kanton Luzern ging es um einen amtlichen Verteidiger, der bei der Beschwerde vor Bundesgericht, trotz mehrmaligen Nachfristansetzungen, keine Vollmacht einreichte. Das Bundesgericht erklärte u.a.: «Die Parteivertreter haben sich durch eine Vollmacht auszuweisen ([Art. 40 BGG] Abs. 2). Fehlt bei Beizug eines Vertreters die Vollmacht oder ist die Vertretung nicht zugelassen, so wird eine angemessene Frist zur Behebung des Mangels mit der Androhung angesetzt, dass die Rechtsschrift sonst unbeachtet bleibt (Art. 42 Abs. 5 BGG).» (E.1.1). «Das Institut der notwendigen Verteidigung, wie es die Strafprozessordnung vorsieht, ist dem bundesgerichtlichen Beschwerdeverfahren indes unbekannt. Insbesondere erstreckt sich eine im kantonalen Strafverfahren eingesetzte amtliche Verteidigung nicht auf das Verfahren vor Bundesgericht und ist dort unbeachtlich […].» (E.2.1). «Aus Art. 42 Abs. 5 BGG ergibt sich, dass die Vollmacht der Beschwerde schriftlich im Sinne von Art. 13 - Art. 15 OR oder in elektronischer Form gemäss Art. 42 Abs. 4 BGG beizulegen ist. Andere Beweismittel zum Nachweis der Vollmacht genügen nicht. Art. 40 Abs. 2 BGG und Art. 42 Abs. 5 BGG machen insoweit die Gültigkeit der Vertretungsmacht selbst von der Vorlage einer schriftlichen oder elektronischen Vollmacht abhängig […]. Eine solche liegt nicht vor. Der von Rechtsanwalt B. innert erstreckter Frist vorgelegte annotierte Entwurf seiner am 3. Juli 2025 eingereichten Bundesgerichtsbeschwerde vermag mit Blick auf die vorhergehenden Ausführungen keine gültige Bevollmächtigung zu begründen, zumal es diesem bereits an einer eigenhändigen Unterschrift des Beschwerdeführers fehlt. Darüber hinaus ist darauf handschriftlich vermerkt, dass Rechtsanwalt B. die Beschwerde überarbeiten, eine Verlängerung der Frist beantragen und bezüglich der Beschwerde gegebenenfalls nochmals persönlich vorbeikommen müsse. Insofern erscheint es als fraglich, ob daraus tatsächlich der Wille hervorgeht, mit der auf den 3. Juli 2025 datierten Beschwerde an das Bundesgericht zu gelangen. In seiner persönlich verfassten Eingabe an das Bundesgericht (act. 9) wies der Beschwerdeführer jedenfalls darauf hin, dass die Rechtsschrift vom 3. Juli 2025 ignoriert werden könne und er den Inhalt der Rechtsschrift nicht kenne. Nach dem oben Gesagten ist die auf den 3. Juli 2025 datierte, fristgerecht eingereichte Beschwerde von Rechtsanwalt B. daher von keiner gültigen Vollmacht getragen. […]» (E.2.3).
Rückfallprognose und Verhältnismässigkeit bei stationären therapeutischen Massnahmen
Im Urteil 7B_408/2025 vom 4. September 2025 aus dem Kanton Basel-Stadt befasste sich das Bundesgericht mit dem Massnahmenrecht. Genauer ging es um das Rückfallrisiko (E.2.3) sowie dem Verhältnismässigkeitsprinzip bei stationären therapeutischen Massnahmen (E.2.4). Nach zahlreichen generell-abstrakten Ausführungen hiess das Bundesgericht die Beschwerde wie folgt gut: «Die Beschwerde ist gutzuheissen und die Sache zu neuem Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese sich nochmals zur Rückfallprognose und zur Verhältnismässigkeit einer stationären therapeutischen Massnahme äussert.» (E.3).
Potentielle Informationen für sachverständige Begutachtung als Deliktskonnex für Entsiegelung
Im Urteil 7B_741/2024 vom 22. August 2025 aus dem Kanton Aargau befasste sich das Bundesgericht mit dem Antrag auf Entsiegelung von drei Geräten eines Lehres, dem sexueller Missbrauch eines Schülers vorgeworfen wird. Auch wenn es keine Hinweise (und entsprechenden Behauptungen der Staatsanwaltschaft) gab, dass sich auf dem Gerät Nachrichten des Beschuldigten an Eltern oder Schüler befanden, wurde im Entsiegelungsbegehren von der Staatsanwaltschaft geltend gemacht, von der Auswertung der gesiegelten Geräte erwarte sie sich «Hinweise (Videos, Fotos, etc.) betreffend pädosexuelle Neigungen des Beschuldigten». Das Bundesgericht hiess die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft gut und sprach sich unter Bejahung vom Deliktskonnex für die Entsiegelung aus: «[Der Oberstaatsanwaltschaft] ist dagegen zuzustimmen, dass die gesiegelten Daten Aufschluss darüber geben könnten, ob der Beschwerdegegner an einer pädophilen Störung leidet, und dass diese Frage im hier zu beurteilenden Fall "deliktsrelevant" ist, beziehungsweise einen hinreichenden Konnex zur untersuchten Straftat aufweist: Dem Beschwerdegegner wird eine sexuelle Handlung mit einem Kind (Art. 187 StGB) vorgeworfen, die er als Klassenlehrer nach einer Schulstunde begangen haben soll. Im Falle einer Verurteilung steht bei dieser Sachlage nebst der Anordnung einer therapeutischen Massnahme im Sinne von Art. 56 ff. StGB auch die Anordnung eines Tätigkeitsverbots in Frage. […]. Das Sachgericht wird demnach im Falle einer Verurteilung des Beschwerdegegners abklären müssen, ob dieser pädophil und/oder massnahmebedürftig ist. Dabei wird es sich zwar in erster Linie auf eine sachverständige Begutachtung stützen, die eine zwingende Entscheidgrundlage für das Sachgericht bildet […]; die sachverständige Person benötigt jedoch ihrerseits für die Erstellung des Gutachtens gewisse Akten und Informationen, die sie - mit Ausnahme fachspezifischer Erhebungen - nicht selbst erheben oder beiziehen darf […]. Vielmehr obliegt es der Verfahrensleitung, die notwendigen Unterlagen und Informationen zu beschaffen, zu triagieren und an die sachverständige Person zu übermitteln […]. Die Staatsanwaltschaft und die Oberstaatsanwaltschaft gehen davon aus, in den Daten der gesiegelten Geräte könnten sich Hinweise dafür befinden, dass der Beschwerdegegner pädophil ist, wobei die Staatsanwaltschaft angibt, dabei könne es sich um "Videos, Fotos, etc." handeln, die eine entsprechende sexuelle Präferenz offenbaren könnten. Ihr ist zuzustimmen, dass die Existenz - oder die Abwesenheit - solcher Hinweise, bei denen es sich im Übrigen nicht zwingend um strafbare Kinderpornografie handeln muss, einer sachverständigen Person im Falle einer Verurteilung die für ihre psychiatrische Begutachtung nötigen Grundlagen liefern könnte und insbesondere Aufschluss darüber geben können, ob der Beschwerdegegner an einer pädophilen Störung leidet und therapeutisch zu behandeln ist. Der Deliktskonnex ist daher - entgegen der Vorinstanz - zu bejahen.» (E.3.4.3).
Im Urteil 6B_230/2025 vom 18. August 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit Teilnahmerecht des Beschuldigten bzw. der fehlenden Parteiöffentlichkeit vor Eröffnung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft. Es äusserte sich wie folgt: «Gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Dieses spezifische Teilnahme- und Mitwirkungsrecht fliesst aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 107 Abs. 1 lit. b StPO). Es darf nur in den gesetzlich vorgesehenen Fällen eingeschränkt werden (Art. 108, Art. 146 Abs. 4 und Art. 149 Abs. 2 lit. b StPO; siehe auch Art. 101 Abs. 1 stopp; […]). Nach Art. 147 Abs. 4 StPO dürfen Beweise, die in Verletzung der Bestimmungen von Art. 147 StPO erhoben worden sind, nicht zulasten der Partei verwendet werden, die abwesend war […]. Vor Eröffnung einer Untersuchung durch die Staatsanwaltschaft besteht der Anspruch auf Parteiöffentlichkeit nicht. Bei Beweiserhebungen durch die Polizei, etwa bei polizeilichen Einvernahmen von Auskunftspersonen gestützt auf Art. 306 Abs. 2 lit. b StPO, sind die Parteien mit anderen Worten nicht zur Teilnahme berechtigt (Art. 147 Abs. 1 StPO e contrario; BGE 143 IV 397 E. 3.3.2; 139 IV 25 E. 5.4.3; Urteile 6B_426/2023 vom 16. August 2023 E. 2.1.1; 6B_1078/2020 vom 26. Oktober 2022 E. 2.4.2; 6B_780/2021 vom 16. Dezember 2021 E. 1.2, nicht publ. in: BGE 148 IV 145; je mit Hinweisen). Soweit die Polizei nach Eröffnung der Untersuchung Einvernahmen im Auftrag der Staatsanwaltschaft durchführt, stehen den Verfahrensbeteiligten die Verfahrensrechte zu, die ihnen bei Einvernahmen durch die Staatsanwaltschaft zukommen (Art. 312 Abs. 2 StPO). Daraus folgt, dass die Parteien das Recht haben, bei Einvernahmen, welche die Polizei im Auftrag der Staatsanwaltschaft während deren Untersuchung durchführt, anwesend zu sein und Fragen zu stellen […]. Eine Einvernahme, an der das Teilnahmerecht der beschuldigten Person gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO unzulässigerweise nicht gewährleistet wurde und die daher gemäss Art. 147 Abs. 4 StPO nicht zulasten der abwesenden beschuldigten Person verwertet werden darf, bleibt auch nach einer Wiederholung der Einvernahme unter Wahrung des Teilnahmerechts unverwertbar im Sinne von Art. 147 Abs. 4 StPO. Eine spätere Einräumung des Teilnahmerechts führt nicht zur Verwertbarkeit von nach Art. 147 Abs. 4 StPO unverwertbaren Einvernahmen […].» (E.2.1.2).
Glaubhaftigkeitsbegutachtung und Glaubwürdigkeitsbegutachtung von Opfern nur unter besonderen Umständen notwendig
Im Urteil 7B_766/2023 vom 14. August 2025 aus dem Kanton Solothurn befasste sich das Bundesgericht mit der Beweisführung bei Sexualdelikten (und anderen Delikten). Bezüglich der Beweiswürdigung und der (in casu fehlenden) Notwendigkeit eines Glaubwürdigkeitsgutachtens erklärte es: «Das Gericht würdigt die Beweise frei nach seiner aus dem gesamten Verfahren gewonnenen Überzeugung (Art. 10 Abs. 2 StPO). Die Aussagen des Opfers stellen ein Beweismittel dar […]. Die Prüfung der Glaubhaftigkeit von Aussagen ist primär Sache der Gerichte […]. Zu prüfen ist, ob die Aussagen verständlich, zusammenhängend und glaubhaft sind. Ebenso ist abzuklären, ob sie mit den weiteren Beweisen in Einklang stehen […]. Bei Auffälligkeiten in der Person kann ein Glaubhaftigkeits- bzw. Glaubwürdigkeitsgutachten als sachlich geboten erscheinen […]. Eine Glaubhaftigkeitsbegutachtung durch eine sachverständige Person gestützt auf Art. 182 StPO drängt sich nach der Rechtsprechung nur unter besonderen Umständen auf. Dies ist etwa der Fall, wenn bruchstückhafte oder schwer interpretierbare Äusserungen eines Kleinkinds zu beurteilen sind, bei ernsthaften Anzeichen geistiger Störungen, welche die Aussageehrlichkeit der Zeugin beeinträchtigen könnten, oder wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die Zeugin unter dem Einfluss von Drittpersonen steht […]. Das Gericht verfügt bei der Beantwortung der Frage, ob aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls ein Sachverständiger beigezogen werden muss, über einen Ermessensspielraum […]» (E.2.2.3).