Grenzen des Grundsatzes «ne bis in idem»
Im Urteil 6B_1068/2023 vom 18. Juli 2024 aus dem Kanton Fribourg befasste sich das Bundesgericht mit dem Grundsatz «ne bis in idem». Das Bundesgericht äusserte sich in diesem sehr lesenswerten Urteil zunächst ausführlich über den Grundsatz «ne bis in idem», seine Rechtsprechung hierzu und die Praxis des EGMR (E.1.1 ff.). Das Bundesgericht äusserte sich u.a. wie folgt: «Der ausgesprochene Freispruch geht nicht mit der Entscheidbegründung einher, sondern es wurde ein prozessual unnötiger Freispruch ausgesprochen, für den kein Raum bestand. Es lag ein widersprüchliches Dispositiv vor, das allenfalls von der zuständigen Instanz unter dem Titel von Art. 83 Abs. 1 StGB zu prüfen wäre […]. Zentral ist, dass der Beschwerdeführer in der vorliegenden Konstellation weder mehrfach den Belastungen eines Strafverfahrens ausgesetzt war noch die Strafverfolgungsbehörden durch eine Mehrfachverfolgung in ihrer Effizienz tangiert waren. Die Anwendung des Doppelverfolgungsverbots in der vorliegenden Konstellation entspricht nicht dem von Art. 11 Abs. 1 StPO verfolgten Zweck. Im Einklang mit der dargelegten Rechtsprechung des EGMR, wonach die Rechtskraft einer Entscheidung in Bezug auf den Grundsatz "ne bis in idem" nicht entscheidend ist, wenn kein erneutes Strafverfahren im Sinne des Doppelverfolgungsverbots durchgeführt wurde, steht im vorliegenden Fall die Sperrwirkung des rechtskräftigen Freispruchs vom Vorwurf der Hinderung einer Amtshandlung der ausgesprochenen Verurteilung wegen einer Übertretung nach Art. 64 Abs. 1 lit. f LMG nicht entgegen.» (E.1.5.3). Das Bundesgericht wies die Beschwerde wie folgt ab: «Zusammengefasst steht die Sperrwirkung eines in Rechtskraft erwachsenen Freispruchs einem Schuldspruch hinsichtlich desselben Sachverhaltes nicht entgegen, sofern aus dem Urteil hervorgeht, dass der Freispruch lediglich in Bezug auf eine rechtliche Norm ausgesprochen wurde und der Schuldspruch nicht in einem weiteren, unabhängigen Strafverfahren erging. Die vom Beschwerdeführer erhobene Rüge der Verletzung des Grundsatzes "ne bis in idem" erweist sich demnach als unbegründet und die geltend gemachte Rechtsverletzung ist zu verneinen.» (E.1.6).