Würdigung von Indizien bei Vergewaltigung

Im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit einer mutmasslichen Vergewaltigung. Das Obergericht des Kantons Zürich hatte den Beschwerdegegner diesbezüglich freigesprochen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Willkürrüge) gut und befasst sich in diesem Urteil im Detail mit dem Beweisrecht. Hier sind einige Auszüge:  «Würdigt das Gericht einzelne belastende Indizien willkürlich oder lässt es entlastende Umstände willkürlich ausser Acht, führt dies nicht zwingend zur Aufhebung des angefochtenen Urteils durch das Bundesgericht. Die Beschwerde ist nur gutzuheissen, wenn der Entscheid auch bei objektiver Würdigung des gesamten Beweisergebnisses offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich ist. Die beschwerdeführende Partei, die vor Bundesgericht eine willkürliche Beweiswürdigung rügt, darf sich daher nicht darauf beschränken aufzuzeigen, wie einzelne Indizien willkürfrei zu würdigen gewesen wären. Sie muss sich vielmehr mit der gesamten Beweislage befassen und darlegen, inwiefern aus ihrer Sicht auch der aus der Gesamtheit der verschiedenen Indizien gezogene Schluss geradezu willkürlich ist […]» (E.3.2). «Gemäss Art. 389 Abs. 1 StPO beruht das Rechtsmittelverfahren auf den im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhobenen Beweisen. […]. Erweisen sich Beweiserhebungen indes als rechtsfehlerhaft (lit. a), unvollständig (lit. b) oder unzuverlässig (lit. c) im Sinne von Art. 389 Abs. 2 StPO, sind sie von der Rechtsmittelinstanz erneut vorzunehmen. Beweise sind notwendig, wenn sie den Ausgang des Verfahrens beeinflussen […]. Nach Art. 389 Abs. 3 StPO erhebt die Rechtsmittelinstanz die erforderlichen zusätzlichen Beweise von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei. Sie ist mithin verpflichtet, auch von Amtes wegen für eine rechtskonforme Beweiserhebung und damit aus eigener Initiative für die nötigen Ergänzungen besorgt zu sein […].» (E.3.5). Fallbezogen urteilte das Bundesgericht alsdann: «Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz aktenwidrig davon ausgeht, der Analabstrich von B. weise keine Spermaspuren des Beschwerdegegners auf. Daraus schliesst sie zu Unrecht, auf die Aussagen von B. betreffend Analverkehr könne nicht abgestellt werden. Zudem misst sie der nicht direkt den strittigen Kernsachverhalt (Nötigung zum Geschlechtsverkehr) betreffenden Aussage von B. hinsichtlich Blutanhaftungen an ihrer Unterhose angesichts der zahlreichen Beweise und Indizien, welche für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen hinsichtlich des strittigen Kernsachverhalts sprechen, ein zu hohes Gewicht bei, ohne den diesbezüglichen Widersprüchen durch eine Befragung von B. nachzugehen. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es könne hinsichtlich des umstrittenen Kernsachverhalts nicht auf die Aussagen von B. abgestellt werden, erweist sich daher im Ergebnis als willkürlich. Die Beschwerde ist damit begründet.» (E.5).

Sachverhalt

Mit Anklageschrift vom 29. März 2022 wirft die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland A. Vergewaltigung, mehrfache sexuelle Nötigung, mehrfache sexuelle Belästigung, mehrfache harte Pornografie und Gewaltdarstellungen vor. Gemäss Hauptanklagepunkt soll A. am frühen Morgen des 27. September 2020 der ihm unbekannten B. angeboten haben, sie mit dem Auto zu ihrer Hotelunterkunft zu fahren. B. habe zugestimmt, worauf er mit ihr jedoch anstatt zum Hotel auf einen Kiesplatz gefahren sei. Während der Fahrt habe er sie gegen ihren Willen am Knie, Oberschenkel und mehrfach im Schritt berührt. Am Kiesplatz angekommen, habe er sie aus dem Auto gezerrt und unter Kraftaufwand gegen ihren Willen vaginal den Geschlechtsverkehr an ihr vollzogen. Anschliessend sei er mit seinen Fingern vaginal in sie eingedrungen und habe sie auch anal penetriert. A. bestreitet den Analverkehr und macht geltend, der Vaginalverkehr sei einvernehmlich gewesen.

Instanzenzug

Am 20. September 2022 verurteilte das Bezirksgericht Bülach A. wegen Vergewaltigung, Gewaltdarstellungen sowie mehrfacher harter Pornografie zu einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten und einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 90.–. Es schob den Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 21 Monaten und den Vollzug der Geldstrafe mit einer Probezeit von zwei Jahren auf. Des Weiteren verwies das Bezirksgericht Bülach A. für sieben Jahre des Landes, ordnete die Ausschreibung der Landesverweisung im Schengener Informationssystem an und auferlegte ihm ein Tätigkeitsverbot. Schliesslich verpflichtete es A., B. eine Genugtuung von Fr. 15’000.– und einen Schadenersatz von Fr. 507.70 zu bezahlen. Hinsichtlich des weiteren Schadens aus dem Ereignis vom 27. September 2020 erklärte es ihn gegenüber B. dem Grundsatz nach für schadenersatzpflichtig.

Auf Berufung von A. sprach das Obergericht des Kantons Zürich diesen am 17. Mai 2024 von den Vorwürfen der Vergewaltigung, der harten Pornografie und der Gewaltdarstellungen frei. Es verurteilte ihn wegen mehrfacher harter Pornografie zu einer bedingt vollziehbaren Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu Fr. 90.– und legte die Probezeit auf zwei Jahre fest. Die Zivilansprüche von B. verwies es auf den Zivilweg.

Weiterzug ans Bundesgericht

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich erhebt Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. Mai 2024 sei hinsichtlich der Dispositivziff. 1, 3, 8, 9 sowie 11 aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter beantragt sie zusammengefasst, A. sei unter Aufhebung der vorgenannten Dispositivziffern zusätzlich der Vergewaltigung schuldig zu sprechen und mit einer Freiheitsstrafe von 33 Monaten (wovon zwölf Monate zu vollziehen seien) sowie einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu Fr. 90.– zu bestrafen. Zudem sei eine Landesverweisung von sieben Jahren mit Ausschreibung im Schengener Informationssystem und ein Tätigkeitsverbot anzuordnen. Ebenso sei die Abnahme einer DNA-Probe bei A. zur Erstellung eines DNA-Profils anzuordnen und die Kantonspolizei Zürich hierzu mit der erkennungsdienstlichen Behandlung zu beauftragen. Schliesslich seien A. die Kosten des kantonalen Verfahrens aufzuerlegen.

Zur Vernehmlassung eingeladen, teilte das Obergericht des Kantons Zürich am 5. November 2024 mit, auf eine Stellungnahme zu verzichten. A. liess sich am 21. November 2024 zur Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich vernehmen und beantragte deren Abweisung, soweit darauf einzutreten sei, unter Kosten- und Entschädigungsfolge zu Lasten des Staates.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025  

Die Beschwerdeführerin (Oberstaatsanwaltschaft) rügt vor Bundesgericht eine offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung gemäss Art. 97 BGG und die Verletzung von Bundesrecht im Sinne von Art. 95 lit. a BGG, insbesondere von Art. 9 BV (Willkür) sowie Art. 389 Abs. 3 StPO. Im Wesentlichen macht sie geltend, die Vorinstanz erachte in willkürlicher Beweiswürdigung die Aussagen von B. betreffend Verletzungen und Analverkehr als widersprüchlich. Zu Unrecht folgere sie aus deren Aussage, ihre Unterhose sei voller Blut gewesen, der Beschwerdegegner habe erhebliche Gewalt anwenden und ihr feststellbare Verletzungen zufügen müssen. Ebenso unhaltbar sei die Schlussfolgerung der Vorinstanz, auf der sichergestellten Unterhose von B. hätten sich keine Blutspuren befunden, denn aus den Berichten des Forensischen Instituts Zürich (nachfolgend FOR) ergebe sich nicht, dass die sichergestellte Unterhose von B. untersucht worden sei. Aktenwidrig sei die Feststellung der Vorinstanz, im Analabstrich von B. seien keine DNA-Spuren des Beschwerdegegners gefunden worden, ergebe sich doch aus dem Kurzbericht des FOR vom 8. Dezember 2020 das Gegenteil. Die Vorinstanz messe im Weiteren den vermeintlichen Widersprüchen in den Aussagen von B. zu den erlittenen Verletzungen resp. Blutanhaftungen an der Unterhose ein zu hohes G ewicht bei. Zum einen betreffe die Aussage, die Unterhose sei voller Blut gewesen, nicht das Kerngeschehen, sondern lediglich dessen Folgen. Zum anderen beurteile die Vorinstanz ansonsten die Aussagen von B. als glaubhaft, jene des Beschwerdegegners dagegen ausnahmslos als unstimmig, unrealistisch sowie widersprüchlich und halte fest, die Zeugen hätten den schlimmen psychischen Zustand von B. nach dem Vorfall bestätigt. Schliesslich habe es die Vorinstanz unterlassen, B. zu allfälligen Blutspuren auf ihrer Unterhose zu befragen oder diesbezüglich weitere Abklärungen zu treffen. Es erweise sich daher als willkürlich und bundesrechtswidrig, dass die Vorinstanz in Bezug auf den Kernsachverhalt nicht auf die Aussagen von B. abstelle (E.1).

Betreffend den Feststellungen der Vorinstanz äussert sich das Bundesgericht im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 wie folgt:

«Die Vorinstanz erwägt, es sei bei B. weder ein Motiv für eine Falschbezichtigung erkennbar, noch seien Umstände ersichtlich, die auf eine unbewusste Falschaussage hindeuten würden. Bei ihr hätten wenige Stunden nach dem Geschlechtsverkehr im Genital- und Analbereich keine Verletzungen und auffällige Sekretantragungen festgestellt werden können. Gestützt auf das Gutachten zur körperlichen Untersuchung des Instituts für Rechtsmedizin vom 10. November 2020 müsse jedoch das von ihr geschilderte Geschehen einer erzwungenen Penetration nicht zwingend zu Verletzungen führen. B. habe die Geschehnisse zurückhaltend und detailliert geschildert. Sie habe zwischen direkten Wahrnehmungen und Vermutungen unterschieden und ihre Schilderungen hätten sich nicht auf die strafbaren Handlungen beschränkt. Dabei habe sie nicht aufgesetzt, sondern nachvollziehbar sowie situationsgerecht beschrieben, was sie beim Geschehen gedacht und sowohl seelisch als auch körperlich empfunden habe. Auch ihre Schilderungen zur Schockstarre während des Ereignisses seien nachvollziehbar. Ob es sich dabei um ein „Freezing“ im eigentlichen Sinne handle, sei unerheblich. Angesichts des dynamischen Geschehens und der damaligen Ausnahmesituation sei auch nachvollziehbar, dass sie nicht exakt habe berichten können, wer zu welchem Zeitpunkt was gesagt habe. Dies spreche für einen authentischen und gerade nicht auswendig memorierten Bericht. Hinsichtlich eines allfälligen analen Eindringens habe B. ihre Unsicherheit von Beginn an offen kommuniziert, weshalb die diesbezüglich unterschiedlichen Angaben nicht per se gegen ihre Glaubhaftigkeit sprächen. Die Aussagen von B. würden indirekt auch durch die glaubhaften Aussagen der nicht tatbeteiligten Zeugen bestätigt, die übereinstimmend berichtet hätten, dass sich B. nach dem Vorfall in einem schlimmen Zustand befunden und auf dem Boden gelegen habe bzw. dort zusammengebrochen sei sowie geweint habe. Im Weiteren kommt die Vorinstanz zum Schluss, es falle auf, dass der Beschwerdegegner bei der Polizei sehr unspezifisch ausgesagt und die Handlung gerafft und allgemein wiedergegeben habe. Sodann seien seine Aussagen in Bezug auf das Kerngeschehen nicht plausibel. Ebenso wenig sei gestützt auf seine Schilderungen nachvollziehbar, weshalb er zu Beginn überhaupt angehalten und B. angeboten habe, sie in seinem Auto mitzunehmen. Überdies würden seine Angaben diverse Unstimmigkeiten aufweisen. Unglaubhaft sei im Weiteren seine Aussage, er sei nicht zum Samenerguss gekommen, da gemäss Kurzbericht des IRM Zürich seine Spermaspuren so gut wie sicher im Vaginalbereich von B. hätten festgestellt werden können. Sonderbar erschienen ferner seine (unterschiedlichen) Angaben zur Frage, ob er ein Kondom benutzt habe. Insgesamt lasse sich seinen Aussagen kein lebensnahes und plausibles Geschehen entnehmen. Diese seien daher mit grosser Zurückhaltung in die Gesamtwürdigung einzubeziehen. 

In den Aussagen von B. zu den Verletzungen nach dem Geschlechtsverkehr ortet die Vorinstanz erhebliche Abweichungen, die auch zu den objektiven Beweismitteln im Widerspruch stünden. Nach körperlichen Verletzungen gefragt, habe sie anlässlich der polizeilichen Einvernahme drei Tage nach dem Vorfall angegeben, keine solchen erlitten zu haben, sie habe einfach eine Beule am Kopf und das Schienbein schmerze. Auf dieselbe Frage habe sie rund ein Jahr später in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme ausgeführt, im Spital Schmerzen im Unterleib verspürt zu haben. Sie habe ihre Unterhose dort lassen müssen, diese sei voller Blut gewesen. Letzteres erwähne der Spurenbericht des FOR jedoch nicht. Im Unterschied zu den Vorbringen ihrer Vertreterin habe B. selbst nie erwähnt, sich im Hotel umgezogen zu haben. Obschon das Fehlen von Verletzungen im Genital- und Analbereich nicht gegen eine Vergewaltigung spreche, hätte der Beschwerdegegner in Anbetracht der von B. geschilderten blutgetränkten Unterhose erhebliche Gewalt anwenden müssen, die wiederum zu feststellbaren Verletzungen hätte führen müssen. B. habe zwar ausgeführt, er sei sehr grob gewesen und habe ihr Schmerzen bereitet, sie habe jedoch während des gesamten Verfahrens keine derart rohe Gewaltanwendung des Beschwerdegegners während des Geschlechtsverkehrs geschildert und auch angegeben, an diesem Tag ihre Periode nicht gehabt zu haben. In ihrer Gesamtwürdigung kommt die Vorinstanz zum Schluss, die Aussagen von B. seien nicht per se unglaubhaft, es lägen keine Hinweise auf eine Falschbezichtigung vor und die wenig glaubhaften Aussagen des Beschwerdegegners vermöchten diese Einschätzung nicht umzustossen. Trotzdem könne hinsichtlich des Kerngeschehens nicht auf ihre Angaben abgestellt werden. Da in ihrem Analabstich keine DNA-Spuren des Beschwerdegegners festgestellt worden seien, lasse sich das von ihr berichtete anale Eindringen mit Fingern und/oder dem Penis nicht erstellen. Ausschlaggebend sei, dass ihre Aussagen betreffend Schmerzen und Verletzungen aufgrund des Geschlechtsverkehrs unterschiedlich ausgefallen seien und in einem evidenten Widerspruch zur objektiven Beweislage stünden. „In dubio pro reo“ sei der Beschwerdegegner daher vom Vorhalt der Vergewaltigung freizusprechen.» (E.2).

Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 weiter generell-abstrakt wie folgt:

«Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGGBGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Willkür liegt nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist, d.h. wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen. Dass eine andere Lösung ebenfalls möglich erscheint, genügt nicht (vgl. BGE 148 IV 356E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73E. 4.1.2; je mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass der Entscheid nicht nur in der Begründung, sondern auch im Ergebnis willkürlich ist (BGE 148 IV 409E. 2.2; 146 IV 88E. 1.3.1; 145 IV 154E. 1.1; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen oder allgemeine appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1, 205 E. 2.6; 146 IV 88 E. 1.3.1, je mit Hinweisen).» (E.3.1).

«Liegen keine direkten Beweise vor, ist nach der Rechtsprechung auch ein indirekter Beweis zulässig. Beim Indizienbeweis wird aus bestimmten Tatsachen, die nicht unmittelbar rechtserheblich, aber bewiesen sind (Indizien), auf die zu beweisende, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache geschlossen. Eine Mehrzahl von Indizien, welche für sich allein betrachtet nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Tatsache oder Täterschaft hindeuten und insofern Zweifel offenlassen, kann in der Gesamtheit ein Bild erzeugen, das den Schluss auf den vollen rechtsgenügenden Beweis von Tat oder Täter erlaubt (Urteile 6B_546/2023 vom 13. November 2023 E. 1.3.2; 6B_1149/2020 vom 17. April 2023 E. 2.3.2.2; 6B_926/2020 vom 20. Dezember 2022 E. 1.4.3; 6B_691/2022 vom 17. Oktober 2022 E. 3.2.2; je mit Hinweisen). Würdigt das Gericht einzelne belastende Indizien willkürlich oder lässt es entlastende Umstände willkürlich ausser Acht, führt dies nicht zwingend zur Aufhebung des angefochtenen Urteils durch das Bundesgericht. Die Beschwerde ist nur gutzuheissen, wenn der Entscheid auch bei objektiver Würdigung des gesamten Beweisergebnisses offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich ist. Die beschwerdeführende Partei, die vor Bundesgericht eine willkürliche Beweiswürdigung rügt, darf sich daher nicht darauf beschränken aufzuzeigen, wie einzelne Indizien willkürfrei zu würdigen gewesen wären. Sie muss sich vielmehr mit der gesamten Beweislage befassen und darlegen, inwiefern aus ihrer Sicht auch der aus der Gesamtheit der verschiedenen Indizien gezogene Schluss geradezu willkürlich ist (Urteile 6B_916/2023 vom 1. Oktober 2024 E. 2.2; 6B_1380/2023 vom 25. März 2024 E. 1.3.2; 6B_546/2023 vom 13. November 2023 E. 1.3.2; je mit Hinweisen).» (E.3.2).

Zur Beweisfeststellung und dem Grundsatz von «in dubio pro reo» äussert sich das Bundesgericht im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 wie folgt:

«Als Beweislastregel bedeutet der Grundsatz „in dubio pro reo“, dass es Sache der Anklagebehörde ist, die Schuld des Beschuldigten zu beweisen. Der Grundsatz ist verletzt, wenn das Gericht einen Beschuldigten (einzig) mit der Begründung verurteilt, er habe seine Unschuld nicht nachgewiesen. Dies prüft das Bundesgericht mit freier Kognition (vgl. BGE 144 IV 345E. 2.2.3.3; Urteile 6B_916/2023 vom 1. Oktober 2024 E. 2.4; 6B_1310/2023 vom 19. August 2024 E. 2.2.2; 6B_157/2024 vom 3. Juni 2024 E. 3.2; je mit Hinweisen).» (E.3.4).

«Gemäss Art. 389 Abs. 1 StPO beruht das Rechtsmittelverfahren auf den im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhobenen Beweisen. Dieser Grundsatz gelangt indes nur zur Anwendung, soweit die Beweise, auf welche die Rechtsmittelinstanz ihren Entscheid stützen will, prozessrechtskonform erhoben worden sind (vgl. BGE 147 IV 127E. 2.1; 143 IV 408E. 6.2.1, 288 E. 1.4.1). Erweisen sich Beweiserhebungen indes als rechtsfehlerhaft (lit. a), unvollständig (lit. b) oder unzuverlässig (lit. c) im Sinne von Art. 389 Abs. 2 StPO, sind sie von der Rechtsmittelinstanz erneut vorzunehmen. Beweise sind notwendig, wenn sie den Ausgang des Verfahrens beeinflussen könnten (vgl. Urteile 6B_920/2023 vom 22. August 2024 E. 2.1.6 mit Hinweisen; 6B_992/2022 vom 17. Februar 2023 E. 2.3.2; 6B_541/2021 vom 3. Oktober 2022 E. 1.3.2). Nach Art. 389 Abs. 3 StPO erhebt die Rechtsmittelinstanz die erforderlichen zusätzlichen Beweise von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei. Sie ist mithin verpflichtet, auch von Amtes wegen für eine rechtskonforme Beweiserhebung und damit aus eigener Initiative für die nötigen Ergänzungen besorgt zu sein (BGE 147 IV 409E. 5.3.2; 143 IV 288E. 1.4.2; Urteile 6B_920/2023 vom 22. August 2024 E. 2.1.6; 6B_387/2023 vom 21. Juni 2023 E. 2.3.2; je mit Hinweisen).» (E.3.5).

Fallbezogen beanstandet das Bundesgericht im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 Folgendes:

«Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, erweist sich die Feststellung der Vorinstanz, DNA-Spuren des Beschwerdegegners hätten sich lediglich im Vaginal-, nicht jedoch im Analabstrich von B. befunden, als akentwidrig. Gemäss dem Bericht des FOR vom 8. Dezember 2020 (kantonale Akten, act. D1/13/4) wurden im Vaginalabstrich Spermaspuren gefunden. Ab dem spermahaltigen Vaginalabstrich, der die Spurenbezeichnung PCN xx-xxxxxx-88 trägt, liess sich ein DNA-Mischprofil erstellen, zu dem mindestens zwei Personen beigetragen haben, eine davon ist B.. Der Vergleich des DNA-Mischprofils mit dem DNA-Profil ihres Lebenspartners C. zeigt, dass Letzterer als Spurengeber ausgeschlossen werden kann. Im Analabstrich mit der Spurenbezeichnung PCN yy-yyyyyy-84 wurden vereinzelte Spermaköpfe gefunden. Der Bericht führt auf Seite 3 aus, ab dem Analabstrich habe ein inkomplettes DNA-Mischprofil erstellt werden können, welches in den vergleichbaren DNA-Systemen mit dem Mischprofil PCN xx-xxxxxx-88 (hier handelt es sich um den Vaginalabstrich) übereinstimme. Gemäss Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Zürich vom 18. Juni 2021 (kantonale Akten, act. D1/13/12) ist die im Vaginalabstrich PCN xx-xxxxxx-88 enthaltene DNA-Spur zweifelsfrei dem Beschwerdegegner zuzuordnen, worauf auch die Vorinstanz richtigerweise hinweist (E. IV.A.5.1 des vorinstanzlichen Urteils). Daraus folgt jedoch gemäss den soeben erwähnten Ausführungen im Bericht des FOR vom 8. Dezember 2020 zum Analabstrich, dass auch die darin gefundene übereinstimmende DNA-Spur dem Beschwerdegegner zuzuordnen ist. Zu dieser Schlussfolgerung kam zu Recht auch die erste Instanz (E. II.2.2.1 des erstinstanzlichen Urteils). Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, auf die Aussagen von B. hinsichtlich Analverkehr könne nicht abgestellt werden, erweist sich daher als unhaltbar. Daran ändert auch der Einwand des Beschwerdegegners in seiner Vernehmlassung, Spermaspuren im Analbereich von B. könnten auch ohne anales Eindringen dorthin gelangt sein, sei doch der Vaginalverkehr unbestritten, nichts. Dabei kann offenbleiben, ob diese Erklärung für die festgestellten Spermaspuren im Analbereich plausibel ist, äussert sich doch die Vorinstanz dazu nicht, da sie von fehlenden Spermaspuren im Analabstrich ausgeht.» (E.4.1).

«Soweit die Beschwerdeführerin beanstandet, die Vorinstanz komme – obschon B. ausgesagt habe, ihre Unterhose sei voller Blut gewesen – zum Schluss, dass sich auf dieser keine Blutspuren befunden hätten, vermag sie damit keine Willkür darzutun. Das vorgebrachte Alternativszenario, wonach B. ihre Unterhose im Hotel gewechselt habe, ist zwar möglich. Da sie selbst solches nie erwähnt hat, erweist es sich jedoch nicht als unhaltbar, dass die Vorinstanz diese Möglichkeit ausschliesst. Aus dem Bericht des FOR vom 1. Oktober 2020 (kantonale Akten, act. D1/13/1) ergibt sich zwar – wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt – nicht, dass die sichergestellte Unterhose auf Blutspuren untersucht worden ist. Wenn die Vorinstanz jedoch davon ausgeht, dass die Unterhose angesichts der offensichtlichen Relevanz allfälliger Blutspuren auch auf solche untersucht worden wäre und diese auch in den Polizeiberichten erwähnt worden wären, erweist sich dies ebenfalls nicht als unhaltbar. Indes hätte die Vorinstanz diesem offensichtlichen Widerspruch zu den Aussagen von B. weiter nachgehen müssen (auch ohne diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin), indem sie diese dazu hätte befragen müssen (Art. 389 Abs. 3 StPO).» (E.4.3).

«Als unhaltbar erweist sich jedoch, dass die Vorinstanz von einer nicht direkt den bestrittenen Kernsachverhalt (fehlende Einwilligung zum Geschlechtsverkehr) betreffenden Aussage von B._ hinsichtlich allfälliger Blutanhaftungen auf ihrer Unterhose auf eine fehlende Glaubhaftigkeit in Bezug auf die geschilderten Nötigungshandlungen schliesst. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht rügt, hätten Verletzungen von B. höchstens ein weiteres Indiz für einen erzwungenen Geschlechtsverkehr dargestellt. Bereits die übrigen Indizien (vorhandene Realkennzeichen in den Aussagen von B., Spermaspuren des Beschwerdegegners in deren Analbereich, übereinstimmende Zeugenaussagen zu deren Zustand nach dem Ereignis, realitätsferne und nicht plausible Aussagen des Beschwerdegegners) sprechen in starkem Ausmass für einen erzwungenen Geschlechtsverkehr. Es ist vor diesem Hintergrund auch im Ergebnis unhaltbar, der Aussage von B. hinsichtlich ihrer Unterhose ein derart hohes Gewicht beizumessen, wie es die Vorinstanz tut. Dies wäre selbst dann der Fall, wenn B. im Rahmen ihrer staatsanwaltlichen Einvernahme ein Jahr nach dem Vorfall tatsächlich – aus welchen Gründen auch immer – hinsichtlich ihrer Unterhose und der von ihr geschilderten Unterleibsschmerzen bewusst die Unwahrheit gesagt hätte. Abgesehen davon schliesst das Fehlen von Blutspuren die von B. berichteten Unterleibsschmerzen keineswegs aus.» (E.4.4).

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 wie folgt gut:

«Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz aktenwidrig davon ausgeht, der Analabstrich von B. weise keine Spermaspuren des Beschwerdegegners auf. Daraus schliesst sie zu Unrecht, auf die Aussagen von B. betreffend Analverkehr könne nicht abgestellt werden. Zudem misst sie der nicht direkt den strittigen Kernsachverhalt (Nötigung zum Geschlechtsverkehr) betreffenden Aussage von B. hinsichtlich Blutanhaftungen an ihrer Unterhose angesichts der zahlreichen Beweise und Indizien, welche für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen hinsichtlich des strittigen Kernsachverhalts sprechen, ein zu hohes Gewicht bei, ohne den diesbezüglichen Widersprüchen durch eine Befragung von B. nachzugehen. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es könne hinsichtlich des umstrittenen Kernsachverhalts nicht auf die Aussagen von B. abgestellt werden, erweist sich daher im Ergebnis als willkürlich. Die Beschwerde ist damit begründet.» (E.5).

«Die Beschwerde ist gemäss vorstehenden Erwägungen gutzuheissen, das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 17. Mai 2024 aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen» (E.6).

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