Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen führt ein Strafverfahren gegen A. wegen qualifizierter Widerhandlung gegen das Betäubungsmittelgesetz (BetmG; SR 812.121), Raufhandels, Diebstahls, Hausfriedensbruchs, Ungehorsams im Betreibungsverfahren, Übertretung des Personenbeförderungsgesetzes (PBG; SR 745.1) und des Tierschutzgesetzes (TSchG; SR 455). Er wurde am 13. März 2023 verhaftet und am folgenden Tag zum Vorwurf des Raufhandels in Anwesenheit von Rechtsanwalt Urs Späti einvernommen. Am 21. März 2023 bestellte die Staatsanwaltschaft Rechtsanwalt Späti als seine amtliche Verteidigung. A. wurde am 7. Juni 2023 wieder aus der Haft entlassen. Am 30. September 2023 erweiterte die Staatsanwaltschaft die Strafuntersuchung gegen A. wegen Verdachts auf vorsätzliche Tötung und versuchte vorsätzliche Tötung. A. wurde erneut verhaftet und in Untersuchungshaft versetzt. Die Staatsanwaltschaft vernahm ihn am 1. Oktober 2023 im Beisein von Rechtsanwalt Späti zu den neuen Vorwürfen. Am 5. Dezember 2023 ersuchte A. formell um Einsetzung von Rechtsanwältin Orly Ben-Attia als amtliche Verteidigerin anstelle von Rechtsanwalt Späti. Die Staatsanwaltschaft wies das Gesuch mit Verfügung vom 12. Dezember 2023 ab.
Instanzenzug
Dagegen erhob A. Beschwerde an das Obergericht des Kantons Schaffhausen. Dieses wies die Beschwerde und wegen Aussichtslosigkeit auch das Gesuch von A. um unentgeltliche Rechtspflege mit Entscheid vom 31. Mai 2024 ab und erlegte ihm die Kosten von Fr. 800.– auf.
Weiterzug ans Bundesgericht
Der A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen vor Bundesgericht, der Entscheid vom 31. Mai 2024 sei vollumfänglich aufzuheben, Rechtsanwalt Späti sei aus seinem Mandat als amtlicher Verteidiger zu entlassen und Rechtsanwältin Ben-Attia sei rückwirkend ab 29. November 2023 als amtliche Verteidigerin einzusetzen. Zudem sei „die Rechtsverweigerung der Vorinstanz festzustellen“. Es sei ihm für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren die amtliche Verteidigung in Person von Rechtsanwältin Ben-Attia zu gewähren. Eventualiter sei ihm für das vorinstanzliche Beschwerdeverfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren. Zudem sei ihm auch im bundesgerichtlichen Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung von Rechtsanwältin Ben-Attia zu gewähren. Rechtsanwalt Späti bringt in seiner Vernehmlassung vor, aus seiner Sicht sei der angefochtene Entscheid korrekt und es gebe keinen Anlass, diesen aufzuheben. A. hält mit Eingabe vom 31. Januar 2025 an seiner Beschwerde fest. Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde sei vollumfänglich abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_743/2024 vom 26. Februar 2025
Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht eine Verletzung von Art. 133 Abs. 2 und Art. 134 Abs. 2 StPO. Er macht zusammengefasst geltend, er habe nicht gewusst, dass er einen Anwalt „hätte wählen können“. Sowohl bei seiner ersten Verhaftung (vom 13. März 2023) als auch bei der zweiten (vom 30. September 2023) sei ihm Rechtsanwalt Späti „quasi vorgesetzt“ worden. Er habe bei keiner der beiden Verhaftungen die Möglichkeit erhalten, auf einer Anwaltsliste selbst eine Verteidigung zu benennen, und habe als juristischer Laie ohne Kenntnis über das Anwaltswesen in Schaffhausen zum Zeitpunkt seiner Verhaftungen gar keine Möglichkeit gehabt, eine andere Vertretung zu benennen. Er werfe Rechtsanwalt Späti keine Pflichtverletzungen vor; das Vertrauensverhältnis sei jedoch erheblich gestört, denn dessen Verhalten gebe ihm (dem Beschwerdeführer) das Gefühl, dass er Rechtsanwalt Späti nicht vertrauen könne, dass Rechtsanwalt Späti denke, er sei schuldig und dass er der Staatsanwaltschaft bei der Verurteilung helfen werde. Nachdem er deswegen formell um Einsetzung von Rechtsanwältin Ben-Attia anstelle von Rechtsanwalt Späti als amtliche Verteidigung ersucht habe, sei ihm eine Liste mit Anwälten des Kantons Schaffhausen von April 2017 ausgehändigt worden, auf der mehrere Anwälte nicht mehr als solche tätig seien und Rechtsanwältin Ben-Attia nicht aufgeführt gewesen sei, da sie im Jahr 2017 noch nicht praktiziert habe (E.2.1).
Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 7B_743/2024 vom 26. Februar 2025 wie folgt:
«Die amtliche Verteidigung wird von der im jeweiligen Verfahrensstadium zuständigen Verfahrensleitung bestellt (Art. 133 Abs. 1 StPO). Bund und Kantone können die Auswahl der amtlichen Verteidigung an eine andere Behörde oder an Dritte übertragen (Abs. 1bis). Bei der Auswahl der amtlichen Verteidigung sind deren Eignung sowie nach Möglichkeit die Wünsche der beschuldigten Person zu berücksichtigen (Abs. 2). Ist das Vertrauensverhältnis zwischen der beschuldigten Person und ihrer amtlichen Verteidigung erheblich gestört oder eine wirksame Verteidigung aus andern Gründen nicht mehr gewährleistet, so überträgt die Verfahrensleitung die amtliche Verteidigung einer anderen Person (Art. 134 Abs. 2 StPO). Das Vorschlagsrecht der beschuldigten Person nach Art. 133 Abs. 2 StPO begründet zwar keine strikte Befolgungs- bzw. Ernennungspflicht zulasten der Verfahrensleitung, für ein Abweichen vom Vorschlag der beschuldigten Person bedarf es jedoch zureichender sachlicher Gründe, wie Interessenskollisionen der erbetenen amtlichen Verteidigung, Überlastung, fehlende fachliche Qualifikation oder andere sachliche Hindernisse (BGE 139 IV 113 E. 4.3 mit Hinweisen; Urteil 1B_533/2020 vom 3. Februar 2021 E. 2.2). Die Verfahrensleitung hat die beschuldigte Person auf das Vorschlagsrecht nach Art. 133 Abs. 2 StPO hinzuweisen, damit diese ihre Verfahrensrechte effektiv wahrnehmen kann. Tut sie dies nicht, führt der Umstand, dass die beschuldigte Person keine Einwände gegen die Mandatierung eines bestimmten Rechtsanwalts oder einer bestimmten Rechtsanwältin als amtliche Verteidigung erhebt, nicht zum Verlust ihres gesetzlich gewährleisteten Vorschlagsrechts (Urteil 6B_500/2012 vom 4. April 2013 E. 1.2.3; vgl. NIKLAUS RUCKSTUHL, in: Basler Kommentar, Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 4a zu Art. 133 StPO; HARARI/JAKOB/SANTAMARIA, in: Commentaire Romand, Code de procédure pénale suisse, 2. Aufl. 2019, N. 21 zu Art. 133 StPO).» (E.2.2).
«Aus dem angefochtenen Entscheid und den Vorakten geht hervor, dass die Schaffhauser Polizei dem Beschwerdeführer am Tag nach seiner ersten Verhaftung in der Einvernahme vom 14. März 2023 mitteilte: „Sie sind berechtigt, jederzeit auf eigenes Kostenrisiko eine Verteidigung zu bestellen oder Sie können gegebenenfalls eine amtliche Verteidigung beantragen.“ Bei seiner Einvernahme am nachfolgenden Tag fragte ihn die Staatsanwaltschaft: „Ich habe Ihnen für die heutige Einvernahme wie bereits für die gestrige Einvernahme Herrn Rechtsanwalt lic. iur. U. Späti aufgeboten. Möchten Sie, dass ich ihn zum amtlichen Verteidiger von Ihnen ernenne?“, was der Beschwerdeführer bejahte. Nach der zweiten Verhaftung teilte sie dem Beschwerdeführer am 1. Oktober 2023 mit: „Ich habe Ihnen für die heutige Einvernahme Ihren amtlichen Verteidiger Anwalt Späti aufgeboten. Möchten Sie sich dazu äussern?“ Aus dem Einvernahmeprotokoll geht hervor, dass der Beschwerdeführer hierauf mit „Ja“ geantwortet hat; nach der Staatsanwaltschaft handelt es sich dabei aber um einen Protokollierungsfehler. Sie machte im vorinstanzlichen Verfahren geltend, aus der Videoaufzeichnung der Einvernahme gehe hervor, dass der Beschwerdeführer in Wirklichkeit den Kopf geschüttelt und „isch gut“ gesagt habe.» (E.2.3).
«Die Rüge des Beschwerdeführers ist begründet: Aus der Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz geht zwar hervor, dass er im Nachgang seiner Verhaftungen vom 13. März und 30. September 2023 mit der Bestellung von Rechtsanwalt Späti als sein amtlicher Verteidiger einverstanden war. Er wurde jedoch weder nach seiner ersten noch nach seiner zweiten Festnahme über sein Vorschlagsrecht gemäss Art. 133 Abs. 2 StPO aufgeklärt. Zudem wiegen die am 30. September 2023 neu erhobenen Vorwürfe der vorsätzlich und versuchten vorsätzlichen Tötung viel schwerer als die dem Beschwerdeführer davor zur Last gelegten Delikte. Der vorliegende Fall kann daher nicht verglichen werden mit beispielsweise demjenigen einer Person, der mehrere Einbruchsdiebstähle vorgeworfen werden und die Strafuntersuchung im Laufe der Zeit um weitere, gleichartige Delikte erweitert wird und sich eine bereits bestellte amtliche Verteidigung ohne Weiteres auf die neuen Delikte erweitern kann. Angesichts der Schwere der neuen Vorwürfe hätte der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall spätestens nach seiner zweiten Verhaftung (erneut) umfassend über seine Rechte betreffend Bestellung der amtlichen Verteidigung aufgeklärt werden müssen. Indem die Strafbehörden dies unterliessen, haben sie das Vorschlagsrecht des Beschwerdeführers verletzt. Ob das Vertrauensverhältnis zwischen dem Beschwerdeführer und Rechtsanwalt Späti erheblich gestört ist, braucht bei dieser Sachlage nicht weiter geprüft zu werden.» (E.2.4).
«Da der Beschwerdeführer das Vorschlagsrecht nicht wirksam ausüben konnte, ist die Beschwerde gutzuheissen, soweit darauf einzutreten ist (vgl. E. 1.2 hiervor), der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zu neuer Beurteilung zurück an die Vorinstanz zu weisen.» (E.3).