Verletzung des Konfrontationsanspruchs

Im Urteil 6B_1067/2023 vom 2. April 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit der Verletzung des Konfrontationsanspruchs nach Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK. Es hiess die Beschwerde bei dieser Rüge gut und äusserte sich u.a. wie folgt: «Das Bundesgericht hat sich wiederholt zur Tragweite der Teilnahmerechte nach nationalem Recht und dem konventionsrechtlichen Konfrontationsanspruch geäussert. Diese sind nicht deckungsgleich und zu unterscheiden […].» (E.3.1). «Der in Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK garantierte Anspruch der beschuldigten Person, den Belastungszeugen Fragen zu stellen, ist ein besonderer Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren. Er wird als Konkretisierung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) auch durch Art. 32 Abs. 2 BV gewährleistet. Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn die beschuldigte Person wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen […]. Der Konfrontationsanspruch kann namentlich aktuell werden, wenn ein Gericht auf Aussagen abstellen will, die ein Belastungszeuge im Sinn von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ausschliesslich gegenüber den Strafuntersuchungsbehörden tätigte […]. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erstreckt sich der Konfrontationsanspruch sodann auch auf die Einvernahme von Auskunftspersonen […]. Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, muss die beschuldigte Person namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe stellen zu können […]. Dies setzt in aller Regel voraus, dass sich die einvernommene Person in Anwesenheit der beschuldigten Person (nochmals) zur Sache äussert […]. Beschränkt sich die Einvernahme im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der früheren Aussagen, wird es dem Beschuldigten verunmöglicht, seine Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen […]. Gleiches gilt, wenn eine (Auskunfts-) Person in einer späteren Konfrontationseinvernahme von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht […].» (E.3.1.2). «Indessen handelt es sich bei Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK um eine relative Garantie […]. Ausnahmsweise kann auf Aussagen eines nicht entsprechend den Vorgaben der EMRK konfrontierten Belastungszeugen abgestellt werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Der Gerichtshof prüft in einem ersten Schritt, ob ein sachlicher Grund für die unterbliebene Konfrontation vorliegt. Diese erste Voraussetzung gilt nicht absolut, sondern beeinflusst, wie streng die nachfolgenden Prüfschritte ausfallen […]. Weiter verlangt der EGMR hinreichende kompensatorische Elemente innerhalb des Verfahrens, die es der beschuldigten Person trotz der unterbliebenen Konfrontation erlauben, die Belastbarkeit der strittigen Aussagen auf die Probe zu stellen. In einem letzten Schritt untersucht er, ob das Verfahren in seiner Gesamtheit fair ausgestaltet war […]» (E.3.1.3).

Sachverhalt

Mit Urteil vom 15. September 2021 sprach das Bezirksgericht Zürich A. der Gehilfenschaft zu Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, der ungetreuen Geschäftsbesorgung zum Nachteil der B. AG und der Geldwäscherei schuldig. Es bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 30 Monaten sowie mit einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je Fr. 140.–, wobei die Freiheitsstrafe im Umfang von 12 Monaten für vollziehbar erklärt wurde. Weiter verpflichtete das Bezirksgericht Zürich A., dem Staat eine Ersatzforderung von Fr. 224’000.– zu bezahlen.

Instanzenzug

Das von A. angerufene Obergericht des Kantons Zürich bestätigte mit Urteil vom 19. April 2023 die Schuldsprüche der Gehilfenschaft zu Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz, der ungetreuen Geschäftsbesorgung und der Geldwäscherei. Es verhängte eine Freiheitsstrafe von 30 Monaten und eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 140.–, wobei die Freiheitsstrafe im Umfang von sechs Monaten für vollziehbar erklärt wurde. Das Obergericht verpflichtete A., dem Staat eine Ersatzforderung von Fr. 150’000.– zu bezahlen.

In tatsächlicher Hinsicht legte das Obergericht seinem Urteil vom 19. April 2023 folgenden Sachverhalt zugrunde: A. habe zwischen 2014 und 2018 eine Halle in einem alten Fabrikgebäude im Eigentum der B. AG an C. vermietet. Er sei damals innerhalb der B. AG für die Vermietung von Räumlichkeiten zuständig gewesen. C. habe in der gemieteten Halle eine Indoor-Hanfanlage betrieben und in grossen Mengen Marihuana angebaut, geerntet und verkauft. Das sei A. bewusst gewesen. Zwischen ihm und C. habe folgende Abmachung bestanden: Die Indoor-Hanfanlage sei mit einer Gipswand im hinteren Teil der grossen Lagerhalle verdeckt worden. A. habe C. bis Ende 2014 einen reduzierten Mietzins von Fr. 2’750.– gewährt. Ab dem 1. Januar 2015 – als die erste Ernte angestanden habe – sei ein Mietzins von Fr. 4’200.– vereinbart worden. Im Jahr 2015 habe A. zudem C. zum Schein bei der B. AG angestellt. Damit sei zum einen sichergestellt worden, dass C. dank einer „legalen“ Tätigkeit Beiträge für die Arbeitslosenversicherung, die AHV/IV sowie für die Pensionskasse entrichten könne. Zum anderen habe die Absicht bestanden, das „dreckige“ Geld aus dem Verkauf des in den Räumlichkeiten der B. AG geernteten Marihuanas „reinzuwaschen“. Als Gegenleistung für diese Vorteile habe A. von C. ein monatliches Entgelt von Fr. 7’000.– erhalten. Insgesamt habe die B. AG im Rahmen der Scheinanstellung einen Betrag von Fr. 222’500.– unter dem Titel „Lohn“ an C. ausbezahlt, während der Beschwerdeführer von C. (und einem weiteren Mitbeschuldigten) Barzahlungen von insgesamt Fr. 224’000.– entgegengenommen habe.

Die Strafverfahren gegen A. und C. (und einen weiteren Mitbeschuldigten) wurden getrennt geführt.

Weiterzug ans Bundesgericht

Der A. erhebt Beschwerde in Strafsachen gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. April 2023. Im Wesentlichen beantragt er dessen Aufhebung. Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_1067/2023 vom 2. April 2025  

Auf verschiedene Rügen des Beschwerdeführers wird hier nicht eigegangen (E.1, E.2).

Die kantonalen Gerichte sprachen den Beschwerdeführer unter anderem der Gehilfenschaft zu Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz und der Geldwäscherei schuldig. Sie stützten diese Schuldsprüche auch auf Aussagen von C., den sie in Bezug auf das Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz als den Haupttäter qualifizierten. Die Strafverfahren gegen C. und den Beschwerdeführer wurden formell getrennt geführt. Letzterer macht vor Bundesgericht eine Verletzung seines Konfrontationsanspruchs nach Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK geltend (E.3.1).

Das Bundesgericht heisst im Urteil 6B_1067/2023 vom 2. April 2025 die Beschwerde bei dieser Rüge gut und erklärt:

«Das Bundesgericht hat sich wiederholt zur Tragweite der Teilnahmerechte nach nationalem Recht und dem konventionsrechtlichen Konfrontationsanspruch geäussert. Diese sind nicht deckungsgleich und zu unterscheiden (zum Ganzen BGE 150 IV 345 E. 1.6).» (E.3.1).

«Gemäss Art. 147 Abs. 1 StPO haben die Parteien das Recht, bei Beweiserhebungen durch die Staatsanwaltschaft und die Gerichte anwesend zu sein und einvernommenen Personen Fragen zu stellen. Dieses Teilnahmerecht besteht jedoch nur in demjenigen Verfahren, in welchem die Person, die das Teilnahmerecht beansprucht, Partei ist. Führt die Staatsanwaltschaft gegen mehrere Personen getrennte Verfahren, haben die beschuldigten Personen im jeweils anderen Verfahren keine Parteistellung. Daher können sie sich nicht auf das in Art. 147 Abs. 1 StPO verankerte Teilnahmerecht berufen (BGE 141 IV 220 E. 4.5; 140 IV 172 E. 1.2.2 f.).» (E.3.1.1).

«Der in Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK garantierte Anspruch der beschuldigten Person, den Belastungszeugen Fragen zu stellen, ist ein besonderer Aspekt des Rechts auf ein faires Verfahren. Er wird als Konkretisierung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) auch durch Art. 32 Abs. 2 BV gewährleistet. Eine belastende Zeugenaussage ist grundsätzlich nur verwertbar, wenn die beschuldigte Person wenigstens einmal während des Verfahrens angemessene und hinreichende Gelegenheit hatte, das Zeugnis in Zweifel zu ziehen und Fragen an den Belastungszeugen zu stellen (BGE 148 I 295 E. 2.1; 140 IV 172 E. 1.3; 133 I 33 E. 3.1; 131 I 476 E. 2.2; je mit Hinweisen). Der Konfrontationsanspruch kann namentlich aktuell werden, wenn ein Gericht auf Aussagen abstellen will, die ein Belastungszeuge im Sinn von Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK ausschliesslich gegenüber den Strafuntersuchungsbehörden tätigte (Urteil des EGMR Trofimov gegen Russland vom 4. Dezember 2008 [Nr. 1111/02] § 33). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts erstreckt sich der Konfrontationsanspruch sodann auch auf die Einvernahme von Auskunftspersonen (BGE 150 IV 345 E. 1.6.3.2; Urteile 6B_426/2023 vom 16. August 2023 E. 2.1.2; 6B_1092/2022 vom 9. Januar 2023 E. 2.3.3; 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; je mit Hinweisen). Damit die Verteidigungsrechte gewahrt sind, muss die beschuldigte Person namentlich in der Lage sein, die Glaubhaftigkeit einer Aussage prüfen und den Beweiswert in kontradiktorischer Weise auf die Probe stellen zu können (BGE 133 I 33 E. 3.1; 131 I 476 E. 2.2; 129 I 151 E. 4.2; je mit Hinweisen). Dies setzt in aller Regel voraus, dass sich die einvernommene Person in Anwesenheit der beschuldigten Person (nochmals) zur Sache äussert (BGE 150 IV 345 E. 1.6.3.2; Urteile 6B_920/2023 vom 22. August 2024 E. 2.1.2; 6B_426/2023 vom 16. August 2023 E. 2.1.2; 6B_999/2022 vom 15. Mai 2023 E. 3.1.1). Beschränkt sich die Einvernahme im Wesentlichen auf eine formale Bestätigung der früheren Aussagen, wird es dem Beschuldigten verunmöglicht, seine Verteidigungsrechte wirksam wahrzunehmen (BGE 150 IV 345 E. 1.6.3.2). Gleiches gilt, wenn eine (Auskunfts-) Person in einer späteren Konfrontationseinvernahme von ihrem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch macht (vgl. Urteil des EGMR Vidgen gegen die Niederlande vom 10. Juli 2012 [Nr. 29353/06] § 47; Urteile 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; 6B_839/2013 vom 28. Oktober 2014 E. 1.4.2).» (E.3.1.2).

«Indessen handelt es sich bei Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK um eine relative Garantie (STEFAN TRECHSEL, Human Rights in Criminal Proceedings, Oxford 2005, S. 294). Ausnahmsweise kann auf Aussagen eines nicht entsprechend den Vorgaben der EMRK konfrontierten Belastungszeugen abgestellt werden, wenn drei Voraussetzungen erfüllt sind. Der Gerichtshof prüft in einem ersten Schritt, ob ein sachlicher Grund für die unterbliebene Konfrontation vorliegt. Diese erste Voraussetzung gilt nicht absolut, sondern beeinflusst, wie streng die nachfolgenden Prüfschritte ausfallen (vgl. Urteile des EGMR Schatschaschwili gegen Deutschland vom 15. Dezember 2015, Recueil CourEDH 2015-VIII S. 485 § 113 i.V.m. § 119; Al-Khawaja und Tahery gegen Vereinigtes Königreich vom 15. Dezember 2011, Recueil CourEDH 2011-VI S. 275 § 120-125; Faysal Pamuk gegen Türkei vom 18. Januar 2022 [Nr. 430/13] § 58 i.V.m. § 66; Rastoder gegen Slowenien vom 28. November 2017 [Nr. 50142/13] § 56; zum Ganzen: GRABENWARTER/PABEL, Europäische Menschenrechtskonvention, 7. Aufl. 2021, § 24 N. 132 f.; YANNICK ENGEL, Ausschluss der beschuldigten Person von Einvernahmen im Vorverfahren, 2023, S. 167 ff.). Weiter verlangt der EGMR hinreichende kompensatorische Elemente innerhalb des Verfahrens, die es der beschuldigten Person trotz der unterbliebenen Konfrontation erlauben, die Belastbarkeit der strittigen Aussagen auf die Probe zu stellen. In einem letzten Schritt untersucht er, ob das Verfahren in seiner Gesamtheit fair ausgestaltet war (Urteile Schatschaschwili, a.a.O., § 111-131; Al-Khawaja und Tahery, a.a.O., § 120-147; Rastoder, a.a.O., § 55 f.; vgl. BGE 148 I 295 E. 2.2).» (E.3.1.3).

«Mit Blick auf die erforderlichen kompensatorischen Elemente unterscheidet der Gerichtshof im Wesentlichen zwei Prüfmassstäbe. Eine qualifizierte Kompensation hat zu erfolgen, wenn kein zureichender Grund ausgewiesen ist, wieso die Konfrontation zwischen der beschuldigten Person und dem Belastungszeugen nicht (wirksam) stattfand oder wenn es sich um das alleinige oder entscheidende Beweismittel handelt bzw. wenn es von erheblichem Gewicht ist (Urteile Al-Khawaja und Tahery, a.a.O., § 147; Faysal Pamuk, a.a.O., § 66). Lag hingegen ein zureichender Grund für die unterbliebene Konfrontation vor, richtet sich der Prüfmassstab nach dem Gewicht der strittigen Aussage. Je wichtiger das Belastungszeugnis ist, desto mehr Gewicht müssen die ausgleichenden Umstände aufweisen (Urteile Schatschaschwili, a.a.O., § 116; Rastoder, a.a.O., § 56; Faysal Pamuk, a.a.O., § 63).» (E.3.1.3).

«Der Beschwerdeführer rügt zu Recht eine Verletzung des Konfrontationsanspruchs nach Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK.» (E.3.4).

«Der Beschwerdeführer hatte bis zur Konfrontationseinvernahme vom 27. Januar 2020 keine Gelegenheit, die ihn belastenden Aussagen von C. auf die Probe zu stellen. Anlässlich der Konfrontationseinvernahme und erneut vor dem Bezirksgericht Zürich beantwortete C. alsdann keine Fragen. Der Konfrontationsanspruch war damit zwar formal, nicht aber in der Sache gewahrt, denn eine wirksame Konfrontation hätte vorausgesetzt, dass sich C. auf die Befragung einlässt und sich erneut äussert. Somit wurde der Konfrontationsanspruch des Beschwerdeführers durch die Aussageverweigerung von C. verletzt (vgl. Urteile 6B_14/2021 vom 28. Juli 2021 E. 1.3.4; 6B_839/2013 vom 28. Oktober 2014 E. 1.4.2).» (E.3.4.1).

«Keine Rolle spielt – wie die Vorinstanz erwog -, dass der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter an der Konfrontationseinvernahme und vor der ersten Instanz keine Fragen an C. richteten. Der Konfrontationsanspruch wäre diesfalls nur gewahrt, wenn darin ein Verzicht liegen würde. Zwar kann nach der Rechtsprechung vorgängig oder auch im Nachhinein ausdrücklich oder stillschweigend auf das aus Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK fliessende Recht verzichtet werden (BGE 150 IV 345 E. 1.6.3.3; Urteile 6B_1320/2020 vom 12. Januar 2022 E. 4.2.3, nicht publ. in: BGE 148 IV 22; 7B_186/2022 vom 14. August 2023 E. 2.1; je mit Hinweisen). Jedoch muss der Verzicht nach der Rechtsprechung des EGMR freiwillig, in voller Kenntnis der Konsequenzen sowie in klarer Weise zum Ausdruck gebracht werden (Urteile Fariz Ahmadov gegen Aserbaidschan vom 14. Januar 2021 [Nr. 40321/07] § 52 f.; Murtazaliyeva gegen Russland vom 18. Dezember 2018 [Nr. 36658/05] § 117 f.). Für die Frage, ob ein Verzicht vorliegt, sind jeweils die Umstände des Einzelfalls gesamthaft zu würdigen (vgl. Urteil Murtazaliyeva, a.a.O., § 120 mit Hinweisen). In dieser Hinsicht fällt vorliegend ins Gewicht, dass eine konfrontativ angelegte Einvernahme durchgeführt wurde und die befragte Person von Anfang an unzweideutig zum Ausdruck brachte, keine Aussagen machen zu wollen. Dem Beschwerdeführer wurde im Anschluss an die insofern ergebnislos verlaufene Befragung die Möglichkeit eröffnet, selbst (Ergänzungs-) Fragen zu stellen. Aufgrund der vorangehenden Aussagesituation war der Beschwerdeführer nicht gehalten, selbst Fragen zu stellen. Denn aufgrund der manifesten Weigerungshaltung von C. war zu erwarten, dass dieser auch weiterhin die Aussage verweigern wird. Unter diesen Umständen kann in der Passivität des Beschwerdeführers bzw. dessen Rechtsvertreters kein (impliziter) Verzicht auf den Konfrontationsanspruch nach Art. 6 Ziff. 3 lit. d EMRK gesehen werden (so im Ergebnis auch – unter Hinweis auf das Verbot des überspitzten Formalismus – das Obergericht des Kantons Thurgau, RBOG 2022 Nr. 53 E. 3a/cc).» (E.3.4.2).

«Damit stellt sich die Frage nach den Konsequenzen der nicht wirksamen Konfrontation. Da C. im Verfahren gegen den Beschwerdeführer die prozessuale Rolle einer Auskunftsperson nach Art. 178 lit. f StPO hatte (vgl. BGE 141 IV 220 E. 4.5), war er nicht zur Aussage verpflichtet (Art. 180 Abs. 1 StPO). Seine Weigerung, sich erneut zu äussern, stellt daher einen sachlichen Grund für die unterbliebene Konfrontation dar (vgl. Urteile des EGMR Vidgen, a.a.O., § 47; Hümmer gegen Deutschland vom 19. Juli 2012 [Nr. 26171/07] § 41; Unterpertinger gegen Österreich vom 24. November 1986 [Nr. 9120/80] § 30). Zu prüfen bleibt, ob hinreichende Kompensationsfaktoren vorliegen und das Verfahren insgesamt als fair bezeichnet werden kann. Da das angefochtene Urteil zu Unrecht von einer wirksamen Konfrontation ausgeht, äussert es sich nicht zu diesen Aspekten. Des Weiteren ergibt sich aus dem angefochtenen Urteil nicht, ob das vorinstanzliche Beweisergebnis auch ohne Berücksichtigung der Aussagen von C. Bestand haben könnte. Das angefochtene Urteil entspricht aus diesen Gründen nicht den Vorgaben von Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG (vgl. Urteil 6B_397/2022 vom 19. April 2023 E. 2.6). Es ist aufzuheben. Die Sache ist an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese wird zu prüfen haben, wie sich die Unwirksamkeit der Konfrontation auf die tatsächlichen Grundlagen des angefochtenen Urteils auswirkt. Die Rückweisung erfolgt prozessualiter; der Entscheid in der Hauptsache wird damit nicht präjudiziert, sodass auf die Einholung von Vernehmlassungen verzichtet werden kann (Urteile 6B_506/2024 vom 11. September 2024 E. 2; 6B_387/2023 vom 21. Juni 2023 E. 5.1).» (E.3.4.3).

Das Bundesgericht heisst die Beschwerde gut (E.4).

 

 

 

 

 

 

 

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