Sachverhalt/Instanzenzug
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland führte eine Strafuntersuchung gegen A. wegen Betrugs etc. und erhob diesbezüglich Anklage beim Bezirksgericht Zürich. Gegen das Urteil des Bezirksgerichts liess A. beim Obergericht des Kantons Zürich Berufung erklären. Am 29. November 2022 ersuchte sie bei der Il. Strafkammer des Obergerichts um Zustellung eines Datenträgers mit der Tonaufnahme der erstinstanzlichen Hauptverhandlung vom 21. September 2021. Die Berufungskammer überwies das Ersuchen mit einem Übermittlungsbrief an das Bezirksgericht mit dem Vermerk „zu Ihren Akten DG200222“ und „erledigen“. Mit Verfügung vom 6. Dezember 2022 wies die Verfahrensleitung des Bezirksgerichts das Begehren um Herausgabe der Tonaufnahme ab. Die hiergegen von A. erhobene Beschwerde wies die Ill. Strafkammer des Obergerichts mit Beschluss vom 10. März 2023 ab (Geschäfts-Nr. UH220412).
Mit Eingabe vom 18. April 2023 ersuchte A. die II. Strafkammer des Obergerichts erneut um Zustellung der gesamten Audio-Aufnahme der erstinstanzlichen Verhandlung, eventualiter um Zustellung der Audio-Aufnahme betreffend ihre beiden Einvernahmen sowie die Urteilseröffnung. Die Berufungskammer liess das Gesuch „zuständigkeitshalber“ dem Bezirksgericht zukommen. Mit Verfügung vom 2. Mai 2023 wies die Verfahrensleitung des Bezirksgerichts das Gesuch um Herausgabe der Tonaufnahme ab. Die hiergegen von A. erhobene Beschwerde wies die Ill. Strafkammer des Obergerichts am 1. Juni 2023 erneut ab.
Weiterzug ans Bundesgericht
Der A. gelangt mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt, der Beschluss der III. Strafkammer des Obergerichts vom 1. Juni 2023 sei aufzuheben und ihr sei die Akteneinsicht gemäss den Anträgen des Akteneinsichtsgesuchs vom 18. April 2023 an die II. Strafkammer des Obergerichts zu gewähren. Demnach sei ihr die gesamte Audio-Aufnahme der erstinstanzlichen Verhandlung zuzustellen, eventualiter seien ihr mindestens die Audio-Aufnahmen ihrer beiden Einvernahmen sowie der Urteilseröffnung zuzustellen. Das Bezirksgericht und die III. Strafkammer des Obergerichts haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_184/2023 vom 16. Mai 2024
Zur Anfechtbarkeit äusserte sich das Bundesgericht im Urteil 7B_184/2023 vom 16. Mai 2024 wie folgt:
«Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Herausgabe der Tonaufnahme der Hauptverhandlung in einer Strafsache (vgl. Art. 78 Abs. 1 und Art. 80 BGG). Dieser schliesst das Strafverfahren nicht ab. Folglich handelt es sich nicht um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG, sondern um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid.» (E.1.1).
«Gemäss Art. 92 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde zulässig gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren. Diese Entscheide können später nicht mehr angefochten werden (Art. 92 Abs. 2 BGG). Im Rahmen von Art. 92 Abs. 1 BGG sind unter dem Blickwinkel der Zuständigkeit Entscheide anfechtbar, die sich auf die örtliche, sachliche oder auch auf die funktionelle Zuständigkeit beziehen (BGE 138 III 558 E. 1.3 mit Hinweis; Urteile 1B_593/2022 vom 16. Februar 2023 E. 2; 6B_1049/2020 vom 8. Oktober 2020 E. 1.1). Ein selbstständig eröffneter Entscheid über die Zuständigkeit kann nur dann unmittelbar angefochten werden, wenn damit endgültig und für die Instanz verbindlich über die Zuständigkeitsfrage entschieden wurde (BGE 144 III 475 E. 1.1.2 mit Hinweisen; vgl. BGE 133 IV 288 E. 2.2).» (E.1.2).
«Gegen andere selbstständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig, wenn sie einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken können (lit. a) oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b); wobei letztere Variante vorliegend nicht in Betracht fällt (vgl. BGE 144 IV 127 E. 1.3; 141 IV 284 E. 2). Nach ständiger Praxis zu Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss der nicht wieder gutzumachende Nachteil rechtlicher Natur sein. Nicht wieder gutzumachend bedeutet, dass der Nachteil auch mit einem für die beschwerdeführende Person günstigen Endentscheid nicht oder nicht vollständig behoben werden kann (BGE 147 IV 188 E. 1.3.2; 141 IV 289 E. 1.2 mit Hinweis). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verteuerung oder Verlängerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 148 IV 155 E. 1.1; 144 IV 321 E. 2.3; je mit Hinweisen). Woraus sich der nicht wieder gutzumachende Nachteil ergeben soll, ist in der Beschwerdeschrift darzulegen, sofern dies nicht offensichtlich ist (BGE 141 IV 284 E. 2.3, 289 E. 1.3; je mit Hinweisen).» (E.1.3).
Fallbezogen äusserte sich das Bundesgericht im Urteil 7B_184/2023 vom 16. Mai 2024 dann wie folgt:
«Das Bezirksgericht hat das Gesuch der Beschwerdeführerin in der Sache und abschliessend behandelt, ebenso wie später die Vorinstanz die dagegen erhobene Beschwerde. Es handelt sich damit nicht um einen Vor- oder Zwischenentscheid über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 92 BGG, sondern um einen anderen selbständig eröffneten Zwischenentscheid im Sinne von Art. 93 BGG.
Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung bewirkt eine Beschränkung bzw. Verweigerung der Akteneinsicht grundsätzlich keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil, da sie – wie die Ablehnung eines Beweisantrags oder jede andere Verweigerung des rechtlichen Gehörs – bei der Anfechtung des Endentscheids wirksam gerügt werden kann (siehe zuletzt Urteil 7B_578/2023 vom 23. Oktober 2023 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Beschwerdeführerin verlangt die Herausgabe der Tonaufnahme der bezirksgerichtlichen Hauptverhandlung. Sie behauptet, sie habe begründeten Zweifel an der korrekten Protokollierung der Verhandlung. Insbesondere bei der Antwort zur Frage 27 stimme die Kontonummer nicht: Das Konto 1105 sei falsch, es müsste Konto 1205 heissen. Darüber hinaus führt die Beschwerdeführerin bloss – und im Allgemeinen – aus, die Tonaufnahmen seien „für den strafrechtlichen Vorwurf ihr gegenüber in verschiedener Hinsicht relevant“. Damit vermag sie keinen nicht wieder gutzumachenden Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG zu begründen. Der Zwischenentscheid wird durch Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar sein, soweit er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG).» (E.1.4).
Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde nicht ein (E.2).