Korrektur von Zuweisung von Laieneingabe zu falschem Verfahren

Das Urteil 6B_1072/2023 vom 20. Oktober 2023 aus dem Kanton Zürich ist kaum als juristisch wegweisend zu betrachten, aber dennoch amüsant zu lesen. Es zeigt auch in die Freundlichkeit gegenüber Laienberufungen und Beschwerden sowie, dass auch mal an einem Gericht eine Eingabe falsch zugewiesen werden kann: «Dem besagten Aufhebungsbeschluss und den von der Vorinstanz dazu gemachten ergänzenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass die mit dem Fall befasste II. Strafkammer der Vorinstanz am 13. September 2023 von der III. Strafkammer informiert worden sei, es befinde sich in einem bei der III. Strafkammer hängigen, ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Beschwerdeverfahren eine mit „Berufung“ betitelte Eingabe des Beschwerdeführers, welche – da sie an die III. Strafkammer adressiert gewesen sei – versehentlich nicht dem damals noch pendenten Berufungsverfahren, sondern dem Beschwerdeverfahren zugewiesen worden sei. Nach Kenntnis von der entsprechenden, fristgerecht der Post übergebenen Berufungserklärung des Beschwerdeführers sei dieser durch die Vorinstanz umgehend über die Rechtzeitigkeit seiner Berufungserklärung orientiert, der erlassene Nichteintretensbeschluss vom 18. August 2023 aufgehoben und das Berufungsverfahren fortgesetzt worden.» (E.2)

Sachverhalt

Der A. meldete als Privatkläger am 13. März 2023 fristgerecht Berufung gegen ein Urteil des Bezirksgerichts Dietikon vom 3. März 2023 an. Das Obergericht des Kantons Zürich trat am 18. August 2023 auf die Berufung mangels Berufungserklärung nicht ein. Gegen diesen Nichteintretensbeschluss führt A. mit Eingabe vom 10. September 2023 Beschwerde in Strafsachen beim Bundesgericht.

Mit Eingabe vom 27. September 2023 teilte die Vorinstanz mit, dass sie ihren Nichteintretensbeschluss vom 18. August 2023 mit Beschluss vom 15. September 2023 aufgehoben habe. Dem besagten Aufhebungsbeschluss und den von der Vorinstanz dazu gemachten ergänzenden Ausführungen ist zu entnehmen, dass die mit dem Fall befasste II. Strafkammer der Vorinstanz am 13. September 2023 von der III. Strafkammer informiert worden sei, es befinde sich in einem bei der III. Strafkammer hängigen, ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden Beschwerdeverfahren eine mit „Berufung“ betitelte Eingabe des Beschwerdeführers, welche – da sie an die III. Strafkammer adressiert gewesen sei – versehentlich nicht dem damals noch pendenten Berufungsverfahren, sondern dem Beschwerdeverfahren zugewiesen worden sei. Nach Kenntnis von der entsprechenden, fristgerecht der Post übergebenen Berufungserklärung des Beschwerdeführers sei dieser durch die Vorinstanz umgehend über die Rechtzeitigkeit seiner Berufungserklärung orientiert, der erlassene Nichteintretensbeschluss vom 18. August 2023 aufgehoben und das Berufungsverfahren fortgesetzt worden. (E.2)

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_1072/2023 vom 20. Oktober 2023

Der Beschwerdeführer hielt vor Bundesgericht in seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2023 sinngemäss an seiner Beschwerde in Strafsachen fest und machte weitere Ausführungen zu von ihm beanstandeten Verfehlungen der kantonalen Behörden. (E.3)

Das Bundesgericht erklärte hierzu, wenig überraschend, Folgendes:

«Indem die Vorinstanz mit ihrem Beschluss vom 15. September 2023 die Berufungserklärung des Beschwerdeführers als rechtzeitig ergangen qualifiziert und ihren Nichteintretensbeschluss vom 18. August 2023 aufgehoben hat, ist sie auf ihren abschlägigen Prozessentscheid zugunsten des Beschwerdeführers zurückgekommen. Mit der Aufhebung des Nichteintretensbeschlusses ist der Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nachträglich weggefallen. Vor dem Hintergrund, dass die Strafprozessordnung eine Wiedererwägung grundsätzlich nicht vorsieht (vgl. dazu namentlich Urteil 1B_57/2022 vom 27. Dezember 2022 E. 2.3 mit Hinweis), mag das Vorgehen der Vorinstanz zwar als zumindest diskutabel erscheinen. Insbesondere unter Berücksichtigung, dass der Nichteintretensbeschluss nicht in Rechtskraft erwachsen, sondern vom Beschwerdeführer vor Bundesgericht angefochten worden ist, lässt sich fragen, ob nicht eine Stellungnahme der Vorinstanz im vorliegenden Beschwerdeverfahren mit dem Hinweis, die Berufungserklärung sei fälschlicherweise aufgrund eines organisatorischen Versehens unbeachtet geblieben, sie sei rechtzeitig eingereicht worden und die Beschwerde sei deshalb gutzuheissen und die Sache zur Fortsetzung des Berufungsverfahrens an die Vorinstanz zurückzuweisen, das prozessrechtlich korrekte Vorgehen gewesen wäre. Das braucht hier jedoch nicht vertieft zu werden, nachdem das Handeln der Vorinstanz jedenfalls keine Gründe erkennen lässt, die nachgerade eine Nichtigkeit des Aufhebungsbeschlusses vom 15. September 2023 nahelegten (zur Nichtigkeit von Entscheiden vgl. statt vieler BGE 147 IV 93 E. 1.4.4), und das Vorgehen der Vorinstanz ebenfalls zu dem richtigen Ergebnis führt, das Berufungsverfahren – wie vom Beschwerdeführer verlangt – fortzusetzen. Damit bleibt es dabei, dass mit der Aufhebung des angefochtenen Nichteintretensbeschlusses vom 18. August 2023 der Gegenstand des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nachträglich weggefallen ist. Dass sich im Übrigen der Beschwerdeführer mit seiner Stellungnahme vom 14. Oktober 2023 (auch) gegen den Aufhebungsbeschluss vom 15. September 2023 gewandt und diesen vor Bundesgericht angefochten hätte, ergibt sich aus seiner Eingabe nicht explizit und würde, selbst wenn hiervon auszugehen wäre, an der dargelegten Beurteilung schon deshalb nichts ändern, weil der Beschwerdeführer zu einer entsprechenden Beschwerde gegen den zu seinen Gunsten lautenden Aufhebungsbeschluss mangels Rechtsschutzinteresses nicht legitimiert wäre (vgl. Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG).» (E.4)

«Aufgrund des nachträglich weggefallenen Beschwerdegegenstands ist der Rechtsstreit im Sinne von Art. 71 BGG i.V.m. Art. 72 BZP gegenstandslos geworden bzw. mangels rechtlichen Interesses des Beschwerdeführers dahingefallen, weshalb das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren abzuschreiben ist.» (E.5)

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