Hohe Anforderungen an Strafbegründung

Im Urteil 6B_1349/2022, 6B_1366/2022 vom 24. Januar 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit einem Tötungsdelikt aus dem Jahr 2016. Es hiess die Beschwerde des Beschwerdeführers in einem Punkt, nämlich Begründung der Strafe, gut. Hier eine Schlüsselstelle: «Daran ändert auch die (sinngemässe) Alternativbegründung der Vorinstanz nichts, gemäss der sie „selbst unter Anwendung des Asperationsprinzips“ auf eine lebenslängliche Freiheitsstrafe, jedenfalls aber auf eine „deutlich höhere Strafe“ als die erste Instanz erkannt hätte, es indes wegen des Verschlechterungsverbotes bei der erstinstanzlich ausgefällten Gesamtfreiheitsstrafe von 19 Jahren zu bleiben habe. Insofern sie damit alternativ von der Festsetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe für den Mord ausgeht, übersieht sie einerseits, dass keine Konstellation vorliegt, in der mehrere mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten begangen worden sind. Die Ausfällung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe infolge Asperation fällt damit ausser Betracht […]. Andererseits entzieht sie sich mit ihren blossen Hinweisen auf eine (zeitige) Gesamtfreiheitsstrafe, die „deutlich höher“ ausgefallen wäre, und das Verschlechterungsverbot der Vornahme einer eigenen Strafzumessung. Zwar legt sie anhand einer jeweils „isolierten Betrachtung“ die Strafen für weitere Delikte fest. Indem sie aber (alternativ) weder eine zeitige Einsatzstrafe für den Mord festsetzt respektive nicht rechtsgenüglich begründet, weshalb diese (allenfalls) deutlich über der von der Vorinstanz ausgefällten Einsatzstrafe zu liegen hätte, noch aufzeigt, wie sie diese anhand des Asperationsprinzips für die weiteren Delikte (allenfalls) konkret erhöht hätte, unterlässt sie es, eine methodisch korrekte Strafzumessung vorzunehmen. Damit liegt keine nachvollziehbare und überprüfbare Strafzumessung und folglich keine Begründung vor, anhand derer der Beschwerdeführer den Entscheid in voller Kenntnis der Sach- und Rechtslage an die höhere Instanz weiterziehen könnte.  Die Beschwerde erweist sich damit in diesem Punkt als begründet. Das vorinstanzliche Urteil ist insoweit aufzuheben und zur neuen Vornahme und Begründung der Strafzumessung zurückzuweisen. Damit erübrigt es sich, auf die weiteren Rügen betreffend die Strafzumessung einzugehen.» (E.5.5.3).

Sachverhalt

Mit ergänzter Anklageschrift vom 3. Juni 2020 erhob die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich Anklage gegen A., B., C. und D., u.a. wegen Mordes. E., die Mutter von B., war am Sonntag, den 21. August 2016, um ca. 10.15 Uhr von ihrem Sohn leblos auf ihrem Bett in ihrer Liegenschaft „U.“ in V. /ZH aufgefunden worden. Gemäss Anklage sei sie in den frühen Morgenstunden des 20. August 2016 Opfer eines Gewaltverbrechens geworden. B. habe A. angestiftet, ihre Mutter zu ermorden, worauf dieser die Tat zusammen mit C. begangen habe. Für die Tötung habe B. A. und C. einen Barbetrag von Fr. 300’000.– in Aussicht gestellt. A. und C. hätten E. erstickt, indem sie ihr ein Stück Klarsichtfolie oder aber ein Kissen gewaltsam gegen den Mund und die Nase drückten, so dass sie bis zum qualvoll eingetretenen Tod nicht mehr habe atmen können. Vor oder nach der Tötung hätten A. und C._ die Liegenschaft nach Wertgegenständen, Geld, Kreditkarten etc. durchsucht und dabei nicht näher bekannte Gegenstände wie Uhren, eine Summe Geld, das Mobiltelefon des Opfers und dessen Portemonnaie mit Bankkarten entwendet. Die versprochene Summe von Fr. 300’000.– habe B. infolge Verhaftung und Sperrung der Konten der Verstorbenen nicht mehr auszahlen können.

Instanzenzug

Am 24. September 2020 erging das erstinstanzliche Urteil des Bezirksgerichts Meilen.

Der A. wurde des Mordes, des Raubes, des mehrfachen, teilweise versuchten betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, der Sachbeschädigung, des mehrfachen, teilweise versuchten Fahrens ohne Berechtigung, der mehrfachen, teilweise versuchten Entwendung eines Fahrzeuges zum Gebrauch, des mehrfachen, teilweise versuchten Fahrens in fahrunfähigem Zustand und des Missbrauchs von Ausweisen und Schildern schuldig gesprochen. Unter Anrechnung von 1464 Tagen erstandener Untersuchungs- und Sicherheitshaft bestrafte die erste Instanz ihn mit einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren und ordnete eine vollzugsbegleitende ambulante Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB an.

Mit Beschluss desselben Datums trat das Bezirksgericht Meilen auf die gegen B. wegen Gehilfenschaft zu mehrfachem betrügerischem Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage erhobene Anklage nicht ein. Von den Vorwürfen der Anstiftung zu Mord und der Gehilfenschaft zu Raub sprach es sie frei und sprach ihr eine Genugtuung von Fr. 200’000.–, zzgl. Zins von 5 % seit dem 3. August 2018 zu.

Der A. wurde von den Vorwürfen des Mordes und des Raubes frei- und der Hinderung einer Amtshandlung schuldig gesprochen und mit einer durch Anrechnung von Untersuchungshaft von 10 Tagen bereits verbüssten Geldstrafe von 10 Tagessätzen bestraft. Es wurde ihm eine Genugtuung von Fr. 42’000.–, zzgl. Zins von 5 % seit dem 2. September 2018 zugesprochen.

Der B. wurde freigesprochen von den Vorwürfen der Entwendung eines Fahrzeuges zum Gebrauch und des Missbrauchs von Ausweisen und Schildern.

Sowohl A. als auch die Staatsanwaltschaft I erhoben Berufung gegen das Urteil des Bezirksgerichts Meilen vom 24. September 2020. Letztere focht u.a. die zugunsten von B. und C. ergangenen Freisprüche und die diesen zugesprochenen Genugtuungen, A. die gegen ihn wegen Mordes, Raubes und Fahrens ohne Berechtigung ergangenen Schuldsprüche an.

Mit Beschluss vom 24. Juni 2022 stellte das Obergericht des Kantons Zürich die teilweise Rechtskraft des erstinstanzlichen Urteils fest. Mit Urteil desselben Datums sprach es A. des Mordes, des Raubes und des Fahrens ohne Berechtigung schuldig, bestrafte ihn unter Anrechnung der bereits erstandenen Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 2102 Tagen mit einer Freiheitsstrafe von 19 Jahren und ordnete eine vollzugsbegleitende ambulante Massnahme an. Die in Bezug auf B. ergangenen Freisprüche wurden bestätigt; ebenso die ihr zugesprochene Genugtuung. Auch die in Bezug auf C. ergangenen Schuldsprüche, das gegen diesen (wegen Hinderung einer Amtshandlung) ausgefällte Strafmass und die ihm zugesprochene Genugtuung wurden bestätigt.

Weiterzug ans Bundesgericht

Sowohl A. (6B_1349/2022) als auch die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (6B_1366/2022) erheben Beschwerde in Strafsachen.

Der A. (nachfolgend: Beschwerdeführer) beantragt, er sei von den Vorwürfen des Mordes, des Raubes sowie des Fahrens ohne Berechtigung freizusprechen. Eventualiter sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 24. Juni 2022 aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Alles unter entsprechenden Kosten- und Entschädigungsfolgen zulasten der Staatskasse. Er ersucht um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung.

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (nachfolgend: Beschwerdeführerin) beantragt die Aufhebung des Urteils des Obergerichts des Kantons Zürich vom 24. Juni 2022 in Bezug auf die Dispositivziffern 2.1 und 2.2 (zugunsten von B. ergangene Freisprüche und Genugtuung). B. sei der Anstiftung zu Mord schuldig zu sprechen. Die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft See/Oberland vom 8. August 2016 bedingt ausgefällte Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu Fr. 130.– sei zu widerrufen, B. mit einer Freiheitsstrafe von 18 ½ Jahren zu bestrafen und eine vollzugsbegleitende, ambulante Massnahme im Sinne von Art. 63 StGB anzuordnen. Eventualiter sei das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich vom 24. Juni 2022 hinsichtlich der Dispositivziffern 2.1 und 2.2 aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung und Bestrafung von B. im Sinne der Anklageschrift an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Mit Verfügung vom 11. September 2023 wurden dem Obergericht des Kantons Zürich und der Oberstaatsanwaltschaft das rechtliche Gehör betreffend die Strafzumessung im Verfahren 6B_1349/2022 gewährt. Das Obergericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Oberstaatsanwaltschaft beantragt die kostenfällige Abweisung der Beschwerde.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_1349/2022, 6B_1366/2022 vom 24. Januar 2025  

Das Bundesgericht vereinigte die Verfahren und wies die Beschwerde der Beschwerdeführerin (Oberstaatsanwaltschaft) vollständig sowie die Beschwerde des Beschwerdeführers teilweise ab.

Wir schauen uns hier nur den Punkt an (Begründung der Strafe), in welchem der Beschwerdeführer vor Bundesgericht obsiegt hat:

Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 6B_1349/2022, 6B_1366/2022 vom 24. Januar 2025 wie folgt:

«Das Bundesgericht hat die Grundsätze der Strafzumessung nach Art. 47 ff. StGB und die an die Zumessung der Strafe gestellten Begründungsanforderungen wiederholt dargelegt (BGE 144 IV 313 E. 1.2; 141 IV 61 E. 6.1.1; 136 IV 55 E. 5.4 ff.; je mit Hinweisen). Darauf kann verwiesen werden. Entsprechendes gilt für die Bildung der Einsatz- und der Gesamtstrafe nach Art. 49 Abs. 1 StGB in Anwendung des Asperationsprinzips (BGE 144 IV 313 E. 1.1, 217 E. 2 f.; 141 IV 61 E. 6.1.2; je mit Hinweisen). Es liegt im Ermessen des Sachgerichts, in welchem Umfang es die verschiedenen Strafzumessungsfaktoren berücksichtigt. Das Bundesgericht greift auf Beschwerde hin in die Strafzumessung nur ein, wenn das Sachgericht den gesetzlichen Strafrahmen über- oder unterschritten hat, wenn es von rechtlich nicht massgebenden Kriterien ausgegangen ist oder wesentliche Gesichtspunkte ausser Acht gelassen bzw. in Überschreitung oder Missbrauch ihres Ermessens falsch gewichtet hat (BGE 144 IV 313 E. 1.2 S. 319; 136 IV 55 E. 5.6 S. 61; je mit Hinweis).» (E.5.3.1).

«Gemäss Art. 50 StGB hat das Gericht, sofern es sein Urteil zu begründen hat, die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung festzuhalten. Es hat seine Überlegungen in den Grundzügen wiederzugeben, sodass die Strafzumessung nachvollziehbar ist (BGE 149 IV 217 E. 1.1; 144 IV 313 E. 1.2; je mit Hinweisen). Nicht erforderlich ist, dass das Sachgericht die Gewichtung der einzelnen Strafzumessungsfaktoren in Zahlen oder in Prozenten wiedergibt (BGE 136 IV 55 E. 5.6; 127 IV 101 E. 2c). Die für die Zumessung der Strafe erheblichen Umstände und deren Gewichtung müssen jedoch im Hinblick auf eine transparente, in den Grundzügen nachvollziehbare und überprüfbare Strafzumessung aus dem Urteil hervorgehen (Urteile 6B_1273/2021 vom 14. März 2023 E. 5.2.2; 6B_619/2019 vom 11. März 2020 E. 3.3; 6B_521/2019 vom 23. Oktober 2019 E. 1.2; je mit Hinweisen).» (E.5.3.2).

«Die Höchstdauer der Freiheitsstrafe beträgt 20 Jahre. Wo es das Gesetz ausdrücklich bestimmt, dauert die Freiheitsstrafe lebenslänglich (Art. 40 Abs. 2 StGB). Die lebenslängliche Freiheitsstrafe ist die härteste Freiheitsstrafe, welche das schweizerische Strafgesetzbuch vorsieht. Sie dauert grundsätzlich, wie es der Begriff bestimmt, bis zum Ableben des Inhaftierten (BENJAMIN F. BRÜGGER, in: Basler Kommentar StGB, 4. Aufl. 2019, N. 7 zu Art. 40 StGB). Schon aus diesem Grund muss eine besonders vollständige und genaue Begründung verlangt, respektive begründet werden, weshalb eine Strafe von bestimmter Dauer, selbst eine solche von 20 Jahren, als nicht ausreichend erscheint (BGE 141 IV 61 E. 6.1.3). Auf eine lebenslängliche Freiheitsstrafe kann bei Strafschärfung infolge Konkurrenz nur erkannt werden, wenn der Täter mehrere mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten begangen hat, nicht indes, wenn der Täter mehrere Straftaten begangen hat, von denen nur für eine lebenslängliche Freiheitsstrafe angedroht ist, es sei denn, wenn einer der zur Diskussion stehenden Straftaten für sich allein betrachtet eine solche Sanktion rechtfertigt (BGE 141 IV 61 E. 6.1.2 mit Hinweis auf BGE 132 IV 102 E. 9.1; Urteil 6B_734/2021 vom 23. Februar 2022 E. 4.1 mit Hinweis).» (E.5.3.3).

«In sachverhaltlicher Hinsicht (Art. 105 Abs. 1 BGG) hat als erstellt zu gelten, dass der Beschwerdeführer das Opfer unter Zuhilfenahme von Zellophanfolie und „mutmasslich“ eines Kissens erstickt hat. Seine DNA konnte sowohl am Pyjamaoberteil, an der Pyjamahose und am linken Handgelenk des Opfers als auch am Kopfkissen und am Bettbezug nachgewiesen werden. Inwiefern die Vorinstanz in Willkür verfällt, wenn sie anhand dieser Feststellungen davon ausgeht, dass das Opfer während des Erstickungvorganges festgehalten wurde, nach Luft rang und Angst hatte, erschliesst sich nicht. Ebenso wenig, wenn sie im Erstickungstod einen sehr qualvollen Tod erkennt. An alledem ändert nichts, dass unklar geblieben ist, wie lange der Todeskampf des Opfers (genau) dauerte, zumal keine Hinweise für einen massiven Schwächezustand vorliegen.» (E.5.4.1).

«Sodann trifft zwar zu, dass die Vorinstanz bei der Beurteilung der subjektiven Tatschwere und der Intensität der Skrupellosigkeit erwägt, dass dem Beschwerdeführer ein Anteil von Fr. 300’000.– aus dem Nachlass zugesichert worden sei (angefochtenes Urteil S. 118), während sie mit ihren Ausführungen zum Tatmotiv zum Schluss gelangt, dass sich solches nicht feststellen lässt (angefochtenes Urteil S. 71). Damit einhergehend geht sie indes (willkürfrei; vgl. unten E. 6.9) davon aus, dass der Beschwerdeführer auch ohne entsprechende vorherige Zusage seitens der Tochter und Erbin des Opfers damit rechnete, von der Erbschaft finanziell zu profitieren und (u.a.) deswegen zur Tat schritt (angefochtenes Urteil S. 83). Damit verfällt die Vorinstanz nicht in Willkür, wenn sie ihrer Strafzumessung das Tatmotiv eines aus der Erbschaft erhofften finanziellen Vorteils zu Grunde legt. Da sie sodann von verschieden gelagerten finanziellen Motiven für die Tötung ausgeht, mithin von einem angestrebten finanziellen Vorteil aus der Beziehung zur Erbin des Opfers als auch einem aus der Begehung von Vermögensdelikten (vgl. oben E. 2.2.2), ist ebenso wenig zu beanstanden, wenn sie in die Würdigung der subjektiven Tatschwere auch das Tatmotiv des Raubmordes miteinbezieht. Die vorinstanzliche Strafzumessung verstösst insoweit nicht gegen Bundesrecht.» (E.5.4.2).

«Indes rügt der Beschwerdeführer zu Recht, dass die Strafzumessung den Anforderungen an die Begründungspflicht gemäss Art. 50 BGG nicht zu genügen vermag.» (E.5.5).

«Die erste Instanz erachtete als Einsatzstrafe für den Mord eine Freiheitsstrafe von 17 Jahren als angemessen. Dabei ging sie in Würdigung des konkreten Tatvorgehens zusammengefasst von einer besonders verwerflichen Art, respektive einer solchen Tatausführung aus, die angesichts der Umstände „an sich“ als besonders grausam zu bezeichnen sei. Sie qualifizierte die objektive Tatschwere – auch innerhalb des Spektrums aller denkbaren Mordfälle – insgesamt als schwer. Unter dem Titel der subjektiven Tatschwere berücksichtigte sie, dass der Beschwerdeführer aus rein finanziellen Motiven und mit direktem Vorsatz handelte (erstinstanzliches Urteil S. 108).» (E.5.5.1).

«Aus den Erwägungen der Vorinstanz ergibt sich, dass sie der Festsetzung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe „als Einsatzstrafe“ für den Mord im Wesentlichen dieselben Überlegungen zu Grunde legt, indes zum Ergebnis eines insgesamt besonders schweren Tatverschuldens gelangt und für den Mord eine lebenslängliche Freiheitsstrafe ausgefällt hätte. Dabei trifft zu, dass eine lebenslängliche Freiheitsstrafe ausgefällt werden kann bzw. könnte, wenn ein Täter – wie vorliegend – mehrere Straftaten begangen hat, von denen nur für eine die lebenslängliche Freiheitsstrafe angedroht ist. Dies ist dann der Fall, wenn diese Straftat für sich alleine betrachtet eine solche Sanktion rechtfertigt (vgl. oben E. 5.3.3). Auch ist das Berufungsgericht explizit gehalten, ein neues Urteil zu fällen (Art. 408 StPO) und über die Strafe nach ihrem eigenen Ermessen zu befinden (Urteile 6B_1164/2023 vom 7. Oktober 2024 E. 5.3.4; 6B_485/2022 vom 12. September 2022 E. 8.4.1) und ist für die Frage, ob eine unzulässige reformatio in peius vorliegt, einzig das Urteilsdispositiv massgeblich (vgl. BGE 148 IV 89 E. 4.3; 147 IV 167 E. 1.5.2; 142 IV 129 E. 4.5; 139 IV 282 E. 2.6; je mit Hinweisen). Dementsprechend hindert (auch) dieser Grundsatz die Berufungsinstanz nicht daran, im Rahmen des von ihr pflichtgemäss auszuübenden Ermessens einzelne Strafzumessungsfaktoren anders als die erste Instanz zu gewichten oder aber eine höhere als die von der ersten Instanz ausgefällte (Gesamt) Strafe festzusetzen respektive als angemessen zu erachten, solange sich dies nicht in einer härteren Sanktion niederschlägt. In der vorliegenden Konstellation ist aber zu berücksichtigen, dass die Vorinstanz für den Mord die härteste der Sanktionen als angemessen erachtet, die das schweizerische Strafgesetzbuch kennt und an deren Begründung folgerichtig qualifizierte Anforderungen gestellt werden (vgl. oben E. 5.3.3). Aus den vorinstanzlichen Erwägungen ergibt sich indes weder ein Anlass noch liegt eine nachvollziehbare Begründung für die von der ersten Instanz offenbar abweichende Gewichtung einzelner Strafzumessungsfaktoren vor (angefochtenes Urteil S. 118 – 120). Zwar hat die Berufungsinstanz nicht ausdrücklich darzulegen, aus welchen Gründen sie von der erstinstanzlichen Strafzumessung abweicht (vgl. wiederum Urteil 6B_1164/2023 vom 7. Oktober 2024 E. 5.3.4). Aus den Erwägungen der Vorinstanz ergibt sich aber nicht, weshalb sie das Ausmass der Skrupellosigkeit grundsätzlich, aber auch im Gegensatz zur ersten Instanz nicht „nur“ im oberen, sondern im obersten Bereich ansiedelt. Solches vermag den erhöhten Anforderungen an die Festsetzung einer lebenslänglichen (aber auch jenen an die Ausfällung einer allfällig „deutlich höheren“ zeitigen Einsatzstrafe, dazu sogleich) nicht zu genügen. Es ist nicht nachvollziehbar, weshalb vorliegend die schwerste aller Sanktionen auszufällen ist respektive wäre.» (E.5.5.2).

«Daran ändert auch die (sinngemässe) Alternativbegründung der Vorinstanz nichts, gemäss der sie „selbst unter Anwendung des Asperationsprinzips“ auf eine lebenslängliche Freiheitsstrafe, jedenfalls aber auf eine „deutlich höhere Strafe“ als die erste Instanz erkannt hätte, es indes wegen des Verschlechterungsverbotes bei der erstinstanzlich ausgefällten Gesamtfreiheitsstrafe von 19 Jahren zu bleiben habe. Insofern sie damit alternativ von der Festsetzung einer zeitigen Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe für den Mord ausgeht, übersieht sie einerseits, dass keine Konstellation vorliegt, in der mehrere mit lebenslänglicher Freiheitsstrafe bedrohte Straftaten begangen worden sind. Die Ausfällung einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe infolge Asperation fällt damit ausser Betracht (vgl. oben E. 5.3.3). Andererseits entzieht sie sich mit ihren blossen Hinweisen auf eine (zeitige) Gesamtfreiheitsstrafe, die „deutlich höher“ ausgefallen wäre, und das Verschlechterungsverbot der Vornahme einer eigenen Strafzumessung. Zwar legt sie anhand einer jeweils „isolierten Betrachtung“ die Strafen für weitere Delikte fest. Indem sie aber (alternativ) weder eine zeitige Einsatzstrafe für den Mord festsetzt respektive nicht rechtsgenüglich begründet, weshalb diese (allenfalls) deutlich über der von der Vorinstanz ausgefällten Einsatzstrafe zu liegen hätte, noch aufzeigt, wie sie diese anhand des Asperationsprinzips für die weiteren Delikte (allenfalls) konkret erhöht hätte, unterlässt sie es, eine methodisch korrekte Strafzumessung vorzunehmen. Damit liegt keine nachvollziehbare und überprüfbare Strafzumessung und folglich keine Begründung vor, anhand derer der Beschwerdeführer den Entscheid in voller Kenntnis der Sach- und Rechtslage an die höhere Instanz weiterziehen könnte.  Die Beschwerde erweist sich damit in diesem Punkt als begründet. Das vorinstanzliche Urteil ist insoweit aufzuheben und zur neuen Vornahme und Begründung der Strafzumessung zurückzuweisen. Damit erübrigt es sich, auf die weiteren Rügen betreffend die Strafzumessung einzugehen.» (E.5.5.3).

 

 

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