In der Vernehmlassung war der Vorschlag des Bundesrats begrüsst worden, den in der Volksabstimmung vom 7. März 2021 angenommenen Verfassungsartikel zum Gesichtsverhüllungsverbot auf Bundesebene umzusetzen. Auf Kritik stiess jedoch die geplante Verankerung im Strafgesetzbuch (StGB). Deshalb schlägt der Bundesrat dem Parlament die Umsetzung in einem eigenständigen Gesetz vor. Diese Lösung trägt dem Sinn und Zweck des Gesichtsverhüllungsverbots besser Rechnung. So zielt das Gesichtsverhüllungsverbot auf die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ab. Die Bestrafung steht nicht im Vordergrund.
Busse bis 1’000 Franken
Das neue Gesetz verbietet die Gesichtsverhüllung an öffentlich zugänglichen Orten. Wer sich nicht an dieses Verbot hält, wird mit einer Busse bestraft. Anders als in der Vernehmlassung vorgeschlagen, soll die Busse statt bis zu 10‘000 Franken höchstens 1’000 Franken betragen. Damit wird der Kritik Rechnung getragen, dass diese Maximalbusse unverhältnismässig sei. Neu ist auch, dass die Missachtung des Gesichtsverhüllungsverbots in einem Ordnungsbussenverfahren geahndet werden kann. Das soll den Aufwand für die Kantone reduzieren und das Verfahren für die Betroffenen vereinfachen.
Das Gesetz sieht Ausnahmen vor
Das Gesichtsverhüllungsverbot findet keine Anwendung in Flugzeugen im In- und Ausland sowie in diplomatischen und konsularischen Räumlichkeiten. Das Gesicht darf auch in Gotteshäusern und anderen Sakralstätten verhüllt werden. Ausserdem sieht das neue Gesetz Ausnahmen vor. So bleibt die Gesichtsverhüllung aus Gründen der Gesundheit, der Sicherheit, der klimatischen Bedingungen und des einheimischen Brauchtums erlaubt. Zulässig ist sie ausserdem für künstlerische und unterhaltende Darbietungen sowie zu Werbezwecken.
Mit einer weiteren Ausnahme will der Bundesrat den Ausgleich zwischen dem Gesichtsverhüllungsverbot und den verfassungsmässig garantierten Grundrechten der Meinungs- und Versammlungsfreiheit schaffen: Wenn Gesichtsverhüllungen im öffentlichen Raum zur Ausübung dieser Grundrechte für den eigenen Schutz notwendig sind, sollen sie zulässig sein – sofern sie die zuständige Behörde vorgängig bewilligt hat und die öffentliche Ordnung und Sicherheit nicht beeinträchtigt wird.
Gemäss der Übergangsbestimmung zum Verfassungsartikel über das Gesichtsverhüllungsverbot muss der Bundesrat die Ausführungsgesetzgebung innerhalb von zwei Jahren nach der Volksabstimmung vom 7. März 2021 erarbeiten. Mit der Überweisung der Botschaft ans Parlament am 12. Oktober 2022 hat er diese Frist eingehalten.