Sachverhalt
Der A. befindet sich seit dem 31. Juli 2022 in Untersuchungs- bzw. Sicherheitshaft. Am 13. Februar 2024 sprach ihn das Bezirksgericht Bülach der Verbrechen gegen das Betäubungsmittelgesetz schuldig und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 60 Monaten. A. erhob Berufung gegen den erstinstanzlichen Entscheid.
Am 16. Mai 2024 ersuchte A. um Erteilung einer Bewilligung für Telefonate mit seiner Schwester und seinem Sohn. Mit Präsidialverfügung der II. Strafkammer des Obergerichts des Kantons Zürich vom 31. Mai 2024 wurde A. die Telefonbewilligung verweigert.
Weiterzug ans Bundesgericht
Der A. erhebt am 3. Juli 2024 Beschwerde in Strafsachen und beantragt die Aufhebung der Verfügung vom 31. Mai 2024. Ihm sei die beantragte Telefonbewilligung zu erteilen, eventualiter sei ihm eine Telefonbewilligung im Sinne einer Ausnahme zu erteilen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht beantragt A. die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Das Obergericht und die Staatsanwaltschaft des Kantons Zürich verzichten auf eine Vernehmlassung.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_736/2024 vom 18. Oktober 2024
Der Beschwerdeführer wendet sich vor Bundesgericht gegen die Abweisung seines Gesuchs um Erteilung einer Telefonbewilligung (E.2).
In der angefochtenen Verfügung führt die Vorinstanz gemäss Bundesgericht aus, gemäss § 63 der Hausordnung der Untersuchungsgefängnisse Zürich dürften die Inhaftierten in Untersuchungs- und Sicherheitshaft vom Gefängnis aus nicht telefonieren. Die Gefängnisleitung könne nur in begründeten Fällen nach Rücksprache mit der Verfahrensleitung Ausnahmen bewilligen. Eine Ausnahmesituation liege allerdings nicht vor. Der Beschwerdeführer anerkenne den zur Anklage gebrachten Vorwurf nicht und mache von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch, weshalb nach wie vor Kollusionsgefahr bestehe und Telefonate nur möglich seien, sofern sie überwacht würden. Da im Gefängnis die Überwachung oder Aufnahme von Telefongesprächen nicht möglich sei, sei das Gesuch um Erteilung einer Telefonbewilligung abzuweisen, so argumentiert das Bundesgericht gemäss Vorinstanz (E.2.1).
Das Bundesgericht führt zum Thema der Telefonbewilligung im Urteil 7B_736/2024 vom 18. Oktober 2024 aus:
«Die inhaftierte Person darf in ihrer persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2 BV) nicht stärker eingeschränkt werden, als es der Haftzweck sowie die Ordnung und Sicherheit in der Haftanstalt erfordern (Art. 235 Abs. 1 StPO). Diese Bestimmung ist Ausdruck des Verhältnismässigkeitsprinzips (Art. 36 BV) und verlangt, dass jeder Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit auf einer Interessenabwägung beruht, bei der die zuständige Behörde sämtliche massgeblichen Umstände berücksichtigt, insbesondere den Zweck der Haft (Flucht-, Kollusions- oder Wiederholungsgefahr), die Sicherheitserfordernisse der Anstalt, die Dauer der Inhaftierung sowie die persönliche Situation der beschuldigten Person (BGE 145 I 318 E. 2.1 mit Hinweis; Urteil 1B_235/2022 vom 12. Juli 2022 E. 3.1 mit Hinweisen).» (E.2.2.1).
«Die Kontakte zwischen der inhaftierten Person und anderen Personen bedürfen laut Art. 235 Abs. 2 StPO der Bewilligung der Verfahrensleitung. Besuche finden wenn nötig unter Aufsicht statt. Telefonier- oder Besuchsbewilligungen können – selbst unter Bewachung und auch gegenüber nahen Angehörigen – grundsätzlich verweigert werden, solange akute Verdunkelungsgefahr besteht (BGE 143 I 241 E. 3.6 mit Hinweisen; Urteil 1B_142/2023 vom 19. April 2023 E. 3.7; zur Kollusionsgefahr im Allgemeinen siehe BGE 137 IV 122 E. 4.2).» (E.2.2.2).
«Nach Abschluss der Untersuchung (Art. 318 StPO) durch die Staatsanwaltschaft und insbesondere nach Durchführung einer erstinstanzlichen Hauptverhandlung (Art. 335-351 StPO) bedarf der Haftgrund der Kollusionsgefahr einer besonders sorgfältigen Prüfung. Er dient primär der Sicherung einer ungestörten Strafuntersuchung. Zwar ist auch die richterliche Sachaufklärung vor unzulässigen Einflussnahmen möglichst zu schützen. Dies gilt namentlich im Hinblick auf die (beschränkte) Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme anlässlich der Hauptverhandlung (Art. 343 und Art. 405 Abs. 1 StPO). Je weiter das Strafverfahren vorangeschritten ist und je präziser der Sachverhalt bereits abgeklärt werden konnte, desto höhere Anforderungen sind jedoch an den Nachweis von Verdunkelungsgefahr zu stellen (BGE 137 IV 122 E. 4.2; 132 I 21 E. 3.2.1-3.2.2; Urteil 1B_28/2022 vom 9. Februar 2022 E. 4.1; je mit Hinweisen).» (E.2.2.3).
«Art. 80 Abs. 2 StPO sieht vor, dass Entscheide schriftlich ergehen und begründet werden müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet die Behörde bereits von Verfassungs wegen, ihren Entscheid ausreichend und nachvollziehbar zu begründen (Art. 29 Abs. 2 BV; BGE 145 IV 99 E. 3.1 mit Hinweisen). Gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG müssen Entscheide, die der Beschwerde an das Bundesgericht unterliegen, die massgebenden Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art und insbesondere die Angabe der angewendeten Gesetzesbestimmungen enthalten. Der vorinstanzliche Entscheid hat klar aufzuzeigen, auf welchem festgestellten Sachverhalt und auf welchen rechtlichen Überlegungen er beruht (BGE 146 IV 231 E. 2.6.1; 141 IV 244 E. 1.2.1; Urteil 7B_281/2022 vom 16. Mai 2024 E. 3.3.2; je mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist die Begründung insbesondere mangelhaft, wenn der angefochtene Entscheid jene tatsächlichen Feststellungen nicht trifft, die zur Überprüfung des eidgenössischen Rechts notwendig sind oder wenn die rechtliche Begründung des angefochtenen Entscheids so lückenhaft oder unvollständig ist, dass nicht geprüft werden kann, wie das eidgenössische Recht angewendet wurde. Die Begründung ist ferner mangelhaft, wenn einzelne Tatbestandsmerkmale, die für die Subsumtion unter eine gesetzliche Norm von Bedeutung sind, von der Vorinstanz nicht oder nicht genügend abgeklärt wurden (BGE 119 IV 284 E. 5b; Urteile 1B_586/2021 vom 11. November 2021 E. 1.3; 1B_360/2021 vom 27. Oktober 2021 E. 2; je mit Hinweisen). Genügt ein Entscheid den Anforderungen gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht, so kann das Bundesgericht ihn in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG an die kantonale Behörde zur Verbesserung zurückweisen oder aufheben. Hingegen steht es ihm nicht zu, sich an die Stelle der Vorinstanz zu setzen, die ihrer Aufgabe nicht nachgekommen ist (BGE 141 IV 244 E. 1.2.1; Urteil 7B_281/2022 vom 16. Mai 2024 E. 3.3.2; je mit Hinweisen).» (E.2.3).
Fallbezogen äussert sich das Bundesgericht alsdann im Urteil 7B_736/2024 vom 18. Oktober 2024 wie folgt:
«Der angefochtenen Präsidialverfügung ist zu entnehmen, dass die Vorinstanz die Erteilung einer Telefonbewilligung im Wesentlichen mit der Begründung verweigert, es liege nach wie vor Kollusionsgefahr vor. Allerdings begründet die Vorinstanz nicht hinreichend, weshalb auch im zweitinstanzlichen Verfahren noch Kollusionsgefahr bestehen soll und welche konkreten Verfahrenshandlungen sie im Hinblick auf die Sachaufklärung noch vorzunehmen gedenkt. Sodann wurde in der letzten Haftverfügung vom 14. Juni 2024 die Sicherheitshaft nicht mit dem Vorliegen von Kollusions-, sondern einzig mit dem Haftgrund der Fluchtgefahr begründet. Dabei wurde auf verschiedene zuvor ergangene Haftverfügungen des kantonalen Zwangsmassnahmengerichts sowie des erstinstanzlichen Gerichts verwiesen. In jenen Entscheiden wurde jedoch ebenfalls nur Fluchtgefahr bejaht. Einzig in einem Entscheid vom 3. August 2022 hatte das kantonale Zwangsmassnahmengericht das Vorliegen von Kollusionsgefahr bejaht. Damit ist aber nicht hinreichend klar, weshalb auch nach der erstinstanzlichen Verurteilung und nach Abschluss des Untersuchungsverfahrens noch Kollusionsgefahr bestehen soll. Vor dem Hintergrund der seit der letzten Prüfung der Kollusionsgefahr vergangenen Zeit bedarf es vorliegend einer nachvollziehbaren und aktuellen Begründung der Kollusionsgefahr. Denn je weiter das Strafverfahren vorangeschritten ist und je präziser der Sachverhalt bereits abgeklärt werden konnte, desto höher sind nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung die Anforderungen an den Nachweis der Verdunkelungsgefahr (vgl. E. 2.2.3 hiervor). Einzig mit dem Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch mache und somit Kollusionsgefahr vorliege, darf die Telefonbewilligung im vorliegenden Fall jedenfalls nicht verweigert werden.» (E.2.4.1).
«Auch ist es nicht ausreichend, die Abweisung des Gesuchs mit dem blossen Umstand zu begründen, dass keine Ausnahmesituation vorliege. Nach der bereits angeführten ständigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung muss die Vorinstanz als Behörde, die vorliegend über die Modalitäten im strafprozessualen Haftvollzug zu entscheiden hat, eine Interessenabwägung vornehmen. Dabei hat sie den Umständen des konkreten Einzelfalls Rechnung zu tragen. Die Vorinstanz führt allerdings keine Interessenabwägung durch, bei der sie sämtliche massgebenden Umstände berücksichtigt. Im Wesentlichen wäre die von der Vorinstanz angeführte, allenfalls bestehende Kollusionsgefahr im Lichte der bereits erfolgten erstinstanzlichen Verurteilung des Beschwerdeführers und des bereits abgeschlossenen Untersuchungsverfahrens zu würdigen und im Rahmen der Interessenabwägung den persönlichen Interessen des Beschwerdeführers am telefonischen Kontakt mit seiner Schwester und seinem Sohn gegenüberzustellen.» (E.2.4.2).
«Die angefochtene Präsidialverfügung genügt damit den Anforderungen gemäss Art. 112 Abs. 1 lit. b BGG nicht. Sie ist nach dem Erwogenen in Anwendung von Art. 112 Abs. 3 BGG aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit diese einen Entscheid trifft, der den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG genügt.» (E.2.4.3).
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde im Urteil 7B_736/2024 vom 18. Oktober 2024 teilweise gut (E.3).