Rassismus und Antisemitismus sind in einer demokratischen und freiheitlichen Gesellschaft inakzeptabel. Nach geltendem Recht wird eine Person jedoch nur dann bestraft, wenn sie ein rassendiskriminierendes, gewaltverherrlichendes, extremistisches oder nationalsozialistisches Symbol verwendet und damit gleichzeitig für die entsprechende Ideologie wirbt. Wer hingegen ein solches Symbol zeigt, ohne die damit verbundene Ideologie aktiv zu propagieren, bleibt heute straflos. Das Parlament und der Bundesrat erachten diese Gesetzeslücke als stossend.
Der Bundesrat erachtet das Verbot von Symbolen im Zusammenhang mit dem Dritten Reich als besonders dringend, weil antisemitische Vorfälle in der Schweiz stark zugenommen haben. In einem ersten Schritt schlägt der Bundesrat deshalb vor, die Verwendung von nationalsozialistischen Symbolen im öffentlichen Raum zu verbieten. An seiner Sitzung vom 13. Dezember 2024 hat er die Vernehmlassung für ein neues Spezialgesetz eröffnet. Damit erfüllt er den ersten Teil eines Auftrags aus dem Parlament (Motion 23.4318). Das Verbot von weiteren extremistischen, rassendiskriminierenden und gewaltverherrlichenden Symbolen wird der Bundesrat in einem zweiten Schritt zu einem späteren Zeitpunkt vorschlagen.
Verbot umfasst Gegenstände, Gesten und Grussformeln
Unter das Verbot sollen sowohl offensichtlich nationalsozialistische Symbole wie das Hakenkreuz oder der Hitlergruss, aber auch abgewandelte Symbole wie Buchstabencodes «18» oder «88» fallen. Bei den abgewandelten Symbolen spielt der Kontext bei der Beurteilung der Strafbarkeit eine entscheidende Rolle. Umfasst wären demnach Gegenstände, aber auch Gesten oder Grussformeln. Für schulische, wissenschaftliche, künstlerische oder journalistische Zwecke sieht der Bundesrat in seinem Entwurf Ausnahmen vor. Innerhalb der Grenzen der Meinungsäusserungsfreiheit dürften die Symbole weiterhin gezeigt werden. Bereits existierende religiöse Symbole, die nationalsozialistischen Zeichen gleich oder ähnlich sind, sind vom geplanten Verbot nicht betroffen.
Wer gegen das Verbot verstösst und in unzulässiger Weise in der Öffentlichkeit nationalsozialistische Symbole verwendet, soll mit einer Busse von 200 CHF bestraft werden. Es ist vorgesehen, die Verstösse schnell und unmittelbar nach der Tat im sogenannten Ordnungsbussenverfahren zu erledigen.
Die Vernehmlassung für das neue Bundesgesetz über das Verbot des öffentlichen Verwendens von nationalsozialistischen Symbolen (VNSG) dauert bis am 31. März 2025.
Der Entwurf des Bundesgesetzes über das Verbot des öffentlichen Verwendens von nationalsozialistischen Symbolen (VNSG) enthält den folgenden Wortlaut:
«Art. 1 Gegenstand und Geltungsbereich
Dieses Gesetz regelt das Verbot des Verwendens, Tragens, Zeigens und Verbreitens von nationalsozialistischen Symbolen in der Öffentlichkeit.
Es ist nicht anwendbar auf bereits existierende religiöse Symbole, die identisch sind mit nationalsozialistischen Symbolen oder diesen ähneln.
Art. 2 Verbotene Symbole und Ausnahmen
Das öffentliche Verwenden, Tragen, Zeigen und Verbreiten von nationalsozialistischen Symbolen, wie Fahnen, Abzeichen, Embleme, Gesten, Parolen oder Grussformeln oder Abwandlungen davon, oder Gegenständen, die solche Symbole oder Abwandlungen davon darstellen oder enthalten, wie Schriften, Ton- oder Bildaufnahmen oder Abbildungen, ist verboten.
Ausgenommen vom Verbot sind das öffentliche Verwenden, Tragen, Zeigen und Verbreiten solcher Symbole zu:
- edukativen Zwecken,
- kulturellen und künstlerischen Zwecken,
- historischen Zwecken,
- journalistischen Zwecken oder wissenschaftlichen Zwecken.
Art. 3 Einziehung von Gegenständen
Gegenstände, mit denen dem Verbot nach Artikel 2 Absatz 1 zuwidergehandelt wurde, werden gemäss Artikel 69 des Strafgesetzbuches eingezogen.
Art. 4 Strafbarkeit
Wer dem Verbot nach Artikel 2 Absatz 1 zuwiderhandelt, wird mit Busse bis zu 1000 Franken bestraft.
Art. 5 Strafverfolgung
Die Strafverfolgung obliegt den Kantonen.
Art. 6 Änderung eines anderen Erlasses
[Änderung von Ordnungsbussengesetz].»