Sachverhalt
Der italienische Staatsbürger A., Jahrgang 1972, nahm über einen Zeitraum von über einem Jahr (ca. 27. Juni 2017 bis 23. August 2018) mehrmals sexuelle Handlungen an der zwischen 3 und 4 Jahre alten B. vor, die er teilweise filmte. Die entsprechenden Aufnahmen (rund 100 Bild- und ein Dutzend Videodateien) speicherte er auf seinem Gerät. Gewisse Aufnahmen leitete er seiner damaligen Lebenspartnerin weiter. Auf seinem Mobiltelefon fand sich zudem weiteres pornografisches Material (eine Datei mit tatsächlichen sexuellen Handlungen mit Minderjährigen sowie zwei Dateien mit verbotener sexueller Gewalt). Des Weiteren verkaufte A. einem Abnehmer rund 15 Gramm Marihuana für Fr. 200.–. In seiner Wohnung konnten 205.9 Gramm Marihuana sowie Hanfsamen sichergestellt werden. Schliesslich besprühte A. in Schaffhausen zusammen mit einem Kollegen eine S-Bahn-Komposition mit roter Farbe.
Instanzenzug
Das Bezirksgericht Zürich sprach A. mit Urteil vom 2. Februar 2021 wegen mehrfacher Schändung, mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern, mehrfacher Pornografie, Sachbeschädigung, Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes schuldig und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 42 Monaten, einer Geldstrafe von 90 Tagesätzen zu Fr. 30.– und einer Busse von Fr. 400.–. Zudem ordnete es nebst einem Tätigkeitsverbot eine Landesverweisung für die Dauer von 10 Jahren an. Gegen das Urteil liess A. Berufung anmelden. Die Staatsanwaltschaft erhob Anschlussberufung.
Mit Urteil vom 20. März 2023 stellte das Obergericht des Kantons Zürich die Rechtskraft des erstinstanzlichen Schuldspruchs betreffend mehrfacher sexueller Handlungen mit Kindern, mehrfacher Pornografie, Sachbeschädigung, Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz sowie Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes sowie die Anordnung des Tätigkeitsverbots fest. Zudem sprach es A. der mehrfachen Schändung schuldig (Dispositiv Ziff. 1) und bestrafte ihn mit einer Freiheitsstrafe von 6 Jahren, einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu Fr. 30.– sowie einer Busse von Fr. 400.– (Dispositiv Ziff. 2). Des Weiteren ordnete es eine Landesverweisung für die Dauer von 7 Jahren an (Dispositiv Ziff. 5).
Weiterzug ans Bundesgericht
Der A. gelangt mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht. Er beantragt die Aufhebung des obergerichtlichen Urteils sowie dessen Rückweisung an das Obergericht des Kantons Zürich. Weiter ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich reichte unter dem 12. April 2024 eine Vernehmlassung ein. Das Obergericht des Kantons Zürich liess sich nicht vernehmen.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_855/2023 vom 15. Juli 2024
Von den zahlreichen Rügen des Beschwerdeführers werden hier nur zwei genauer dargestellt.
Hypothetische Einzelstrafe für Sachbeschädigung und Schutzzweck von Art. 144 Abs. 1 StGB
Der Beschwerdeführer wendet sich vor Bundesgericht gegen die für die Sachbeschädigung festgesetzte hypothetische Einzelstrafe von 12 Monaten Freiheitsstrafe. Hintergrund der betreffenden Verurteilung bildet gemäss dem Bundesgericht ein Vorfall vom 11. November 2018, anlässlich dessen sich der Beschwerdeführer zusammen mit einem Mittäter zum Abstellgleis E4 beim Güterbahnhof in 8200 Schaffhausen begab. Dort besprühten sie eine S-Bahn-Komposition der SBB mit den Schriftzügen „xxx“ und „yyy“, wobei ein Sachschaden von Fr. 7’786.20 entstand, so das Bundesgericht (E.2.7).
Das Bundesgericht äussert sich hierzu im Urteil 6B_855/2023 vom 15. Juli 2024 wie folgt:
«Der Vorinstanz zufolge gelte es in objektiver Hinsicht nicht nur den eigentlichen materiellen Schaden zu berücksichtigen, der bereits erheblich sei. Wesentlich mehr ins Gewicht falle bei dieser Art der Sachbeschädigung, dass nebst dem rein materiellen Schaden der Eigentümerin ein erheblicher Aufwand zur Behebung verursacht werde. Zudem werde ein öffentliches Verkehrsmittel durch die Schmierereien in seiner Funktionalität beeinträchtigt, indem dieses für die Reinigung unverzüglich aus dem Verkehr gezogen werden müsse und vorübergehend nicht eingesetzt werden könne.
Weit gravierender wiege jedoch der immaterielle Schaden, den derartige Schmierereien verursachten. So seien die negativen gesellschaftlichen Auswirkungen von Vandalenakten wie Graffiti aus der „broken window Theorie“ bekannt. Sie vermittelten den Bürgern einerseits ein Gefühl von Unsicherheit und dass sich niemand um Sicherheit und Ordnung kümmere. Auf der anderen Seite entstehe der Eindruck, dass alles erlaubt sei. Schmierereien an Wänden und öffentlichen Verkehrsmitteln seien von kaum zu unterschätzender sozialer Schädlichkeit. Erschwerend komme hinzu, dass die Delikte an einem Zug, der im Agglomerationsverkehr eingesetzt werde, begangen worden seien. Damit werde eine erhebliche Streuwirkung der schädlichen Auswirkungen der Delinquenz erzielt, was zusätzlich negativ ins Gewicht falle. Das objektive Verschulden des Beschwerdeführers sei als hoch zu werten und eine Einzelstrafe von 12 Monaten Freiheitsstrafe sei festzusetzen. Auf der subjektiven Seite habe der Beschwerdeführer mit Vorsatz gehandelt. Er sei planmässig vorgegangen und habe einen erheblichen planerischen Aufwand betrieben, indem er sich von seiner Freundin mit dem Auto nach Schaffhausen habe fahren lassen und dort delinquiert habe. Er zeige sich in höchstem Masse uneinsichtig und es entstehe der Eindruck, als fühle er sich zu seinem Tun legitimiert. Dies sei stark zu seinen Ungunsten zu gewichten. Das subjektive vermöge das objektive Verschulden unter keinen Umständen zu relativieren. Ausgehend von einem insgesamt hohen Verschulden bleibe die Einzelstrafe für die Sachbeschädigung bei 12 Monaten Freiheitsstrafe.» (E.2.7.1).
«Dem Beschwerdeführer ist beizupflichten. Zunächst unterlässt es die Vorinstanz, die Wahl der Strafart zu begründen und legt nicht dar, weshalb sie eine Freiheitsstrafe als zweckmässiger als eine – durch die Strafnorm ebenfalls vorgesehene und von der ersten Instanz verhängte – Geldstrafe erachtet (vgl. supra E. 2.2.2). Die Rüge des Beschwerdeführers, wonach die Vorinstanz zu Unrecht von der Ausfällung einer Geldstrafe abgesehen habe, ist mangels Wiedergabe der dafür einschlägigen Beweggründe keiner Überprüfung zugänglich und Letztere verletzt ihre Begründungspflicht gemäss Art. 50 StGB. Dazu kommt, dass – wie vom Beschwerdeführer korrekt vorgebracht – die vorinstanzliche Einschätzung des Tatverschuldens teilweise auf rechtlich nicht massgebenden Kriterien fusst. Schutzzweck von Art. 144 Abs. 1 StGB bildet nämlich die unbeeinträchtigte tatsächliche Herrschaftsmacht über eine Sache. Geschützt sind neben dem Eigentum auch Gebrauchs- und Nutzungsrechte an einer Sache (Weissenberger, in: Niggli/Wiprächtiger, Basler Kommentar StGB/JStGB, 4. Aufl. 2019, N. 2 zu Art. 144 StGB). Ein durch Vandalismus hervorgerufenes allgemeines „Gefühl der Unsicherheit“ bzw. die Entstehung des Eindrucks, wonach „alles erlaubt sei“, ist vom Schutzgedanken hingegen nicht umfasst und bei der Strafzumessung in casu nicht zu berücksichtigen. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet und die Vorinstanz wird diesbezüglich ihrer Begründungspflicht gemäss Art. 50 StGB nachkommen müssen.» (E.2.7.2).
Härtefall bei Landesverweisung
Der Beschwerdeführer wendet sich weiter vor Bundesgericht gegen die Landesverweisung. Dabei rügt er zusammengefasst, die Vorinstanz sei zu Unrecht nicht vom Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls ausgegangen (E.3.).
Das Bundesgericht äussert sich hierzu im Urteil 6B_855/2023 vom 15. Juli 2024 u.a. wie folgt:
«Der Vorinstanz zufolge zähle der Beschwerdeführer zu den typischen Ausländern der zweiten Generation im Sinne von Migrantenkindern, die hierzulande aufgewachsen und sozialisiert worden seien und die zur Heimat ihrer Eltern nur lose Kontakte pflegten. Zu seinen in der Schweiz lebenden Verwandten pflege der Beschwerdeführer gemäss eigenen Angaben einen „guten Kontakt“. So habe er angegeben, dass er regelmässig mit seiner (erwachsenen) Tochter telefoniere und diese ein bis zweimal im Monat treffe. Seine Enkeltochter sehe er nicht so oft, da sie teils nur am Wochenende, meistens für zwei bis drei Tage, bei seiner Tochter sei. Zu seiner Schwester, die in Rapperswil wohne, habe er sehr regelmässigen Kontakt und sie telefonierten jeden zweiten oder dritten Tag. Anlässlich der Berufungsverhandlung habe er ausgeführt, dass seine Freizeit im Moment hauptsächlich darin bestehe, Zeit mit seiner Tochter zu verbringen und sie zu unterstützen. Im Falle einer Landesverweisung würde er seinen Familienmittelpunkt verlieren, denn seine Familie sei in der Schweiz. Zu seiner in Italien lebenden Mutter und übrigen Verwandten dort habe er keinen Kontakt. Seit einem Jahr habe er zudem wieder eine feste Lebenspartnerin. Selbst bei einer grosszügigen Auslegung des Familienbegriffs könne beim Beschwerdeführer unter den aufgezeigten Umständen nicht von einem familiären Zusammenleben im Sinne der EMRK ausgegangen werden. Einerseits besitze er keine Kernfamilie in der Schweiz, andererseits könne der Kontakt zwischen ihm und seiner Tochter und seiner Enkeltochter nicht als von besonderer Regelmässigkeit oder Intensität geprägt bezeichnet werden. Ein persönlicher Austausch von ein bis zweimal im Monat mit seiner Tochter genüge hierfür nicht. Auch in Bezug auf die Beziehung zu seiner Schwester sei nicht von einem über die üblichen familiären Beziehungen hinausgehenden, besonderen Abhängigkeitsverhältnis auszugehen. Eine solche Beziehung zu den in der Schweiz lebenden Verwandten vermöge auch die Verteidigung nicht aufzuzeigen, wenn sie ausführe, dass ein Kontakt zur Tochter, Enkeltochter, Schwester und Nichte des Beschwerdeführers in der Schweiz nicht telefonisch aufrechtzuerhalten und ein persönlicher Kontakt (gerade z. B. mit einem Kind) nie ersetzbar sei. Der Beschwerdeführer habe vor der ersten Instanz selbst ausgesagt, dass seine Enkeltochter in einem Heim untergebracht sei und er sie nicht oft sehe. Zu seiner (erwachsenen) Tochter und seiner Schwester pflege er ohnehin vor allem telefonischen Kontakt. Insgesamt könne der Beschwerdeführer somit nichts zu seinen Gunsten aufführen. Zudem sei der Beschwerdeführer hierzulande auch wirtschaftlich und gesellschaftlich nicht gut integriert. Er beziehe seit 2016/2017 aus psychischen Gründen eine IV-Rente und sei seit diesem Zeitpunkt nicht mehr erwerbstätig gewesen. Die IV-Rente belaufe sich monatlich auf ca. Fr. 4’500.–. Wegen Lohnpfändungen lebe er aber auf dem Existenzminimum. Seine Schulden beliefen sich auf rund Fr. 50’000.–. Habe er vor Vorinstanz noch angegeben, dass er sich von seiner IV-Rente lösen wolle und deshalb diverse Weiterbildungen und Kurse angeschaut habe, habe er anlässlich der Berufungsverhandlung ausgeführt, dass sich diesbezüglich nichts ergeben habe, er wisse ja nicht, wohin es mit ihm gehe. Diese Aussage zeuge nicht von einer aktiven Bemühung, sein Leben wirtschaftlich wieder in den Griff zu bekommen. Zusammenfassend sei der Beschwerdeführer in der Schweiz nicht besonders integriert. So seien einerseits die Kontakte zu seinen Familienangehörigen nicht von einer hinreichenden Intensität oder Regelmässigkeit geprägt. Auch die Tatsache, dass er wieder eine feste Lebenspartnerin habe, führe nicht zur Annahme eines persönlichen Härtefalls, begründe diese Beziehung doch noch keine Kernfamilie. Zwar habe der Beschwerdeführer an der Berufungsverhandlung angegeben, sich als Schweizer zu fühlen und hier aufgewachsen zu sein. Dennoch habe er sich nie einbürgern lassen und besitze eine C-Bewilligung. Diesbezüglich habe er an der Berufungsverhandlung angegeben, dass eine Einbürgerung bei ihm nie im Fokus gestanden habe, er habe immer andere Prioritäten gehabt, wie seine Arbeit, und habe sich in der Schweiz immer sicher gefühlt. Schliesslich gehe der Beschwerdeführer in der Schweiz keiner (geregelten) Tätigkeit nach und auch sonst seien keine weiteren Aktivitäten und Beziehungen zur Schweiz auszumachen, die als Zeichen der besonderen Verbundenheit gewertet werden könnten. Auch lägen keine begründeten Bedenken hinsichtlich einer schweren beruflichen und damit wirtschaftlichen Situation seitens des Beschwerdeführers vor. Er sei in der Vergangenheit mit seinen künstlerischen Projekten teilweise bereits in Italien tätig gewesen. Zudem habe er dank des FZA auch in Italien Anspruch auf seine volle IV-Rente, die momentan rund Fr. 4’500.– monatlich betrage. Damit stünde er in Italien wirtschaftlich deutlich besser da als der Durchschnittsitaliener, wie ein Vergleich mit dem dortigen jährlichen Median-Einkommen der Bevölkerung zeige. Schliesslich verpflichte die Landesverweisung auch nicht zur Wohnsitznahme an einem bestimmten Ort, etwa am Herkunftsort der Eltern. Vielmehr sei der des Landes Verwiesene bei der Wahl seines Aufenthalts- und Arbeitsortes im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen frei, wobei sich im Falle des Beschwerdeführers als Unionsbürger die Aufenthaltsfreiheit nicht auf Italien beschränke. Insbesondere sei ihm auch die Wohnsitznahme im grenznahen deutschsprachigen Ausland möglich und ohne Weiteres zumutbar. Dazu zähle beispielsweise auch das deutschsprachige Italien. Dort seien auch die Aussichten auf Integration in den italienischen Arbeitsmarkt sehr gut. So sei es ihm beispielsweise als Deutschsprachigem möglich und zumutbar, in Südtirol eine Stelle im Dienstleistungsgewerbe anzutreten, wie er dies in der Vergangenheit auch hierzulande getan habe. Es sei auch aufgrund dieser Ausführungen nicht zu erwarten, dass die Landesverweisung in wirtschaftlicher Hinsicht zu einer übermässigen Härte für den Beschwerdeführer führen würde, selbst wenn er künftig keine IV-Rente mehr beziehen könnte und auf eigenen Füssen stehen müsste. Sehe man den Grad des persönlichen Härtefalls, auf eine Kürzestformel heruntergebrochen, in der Differenz der Summe aller Vorzüge derer eine Person durch die Landesverweisung verlustig zu gehen drohe und der Situation, die eine Person nach ihrer Rückkehr antreffen werde, so falle diese vorliegend nicht übermässig ins Gewicht. Weder familiär, noch beruflich, noch wirtschaftlich, noch sozial. Vielmehr werde der Beschwerdeführer sein hier in der Schweiz geführtes Leben auch im Ausland weiterführen können. Selbst wenn eine allfällige berufliche Reintegration im italienischen Arbeitsmarkt erfolgen würde, wäre dies – wie aufgezeigt – ohne grössere Probleme möglich. Die sozialen Kontakte zur Schweiz könne er sodann in anderer Form weiter pflegen. Abgesehen davon könnten ihn seine Verwandten auch im grenznahen Ausland besuchen. Von einem persönlichen Härtefall könne somit nicht einmal im Ansatz die Rede sein.» (E.3.2).
«Gemäss Art. 66a Abs. 1 lit. h StGB verweist das Gericht den Ausländer, der wegen Schändung oder sexuellen Handlungen mit Kindern verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5-15 Jahre aus der Schweiz. Die obligatorische Landesverweisung wegen einer Katalogtat im Sinne von Art. 66a Abs. 1 StGB greift grundsätzlich unabhängig von der konkreten Tatschwere (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1; 144 IV 332 E. 3.1). Sie muss zudem unabhängig davon ausgesprochen werden, ob es beim Versuch geblieben ist und ob die Strafe bedingt, unbedingt oder teilbedingt ausfällt (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1; 144 IV 168 E. 1.4.1).» (E.3.3.1).
«Von der Anordnung der Landesverweisung kann nur „ausnahmsweise“ unter den kumulativen Voraussetzungen abgesehen werden, dass sie (1.) einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (2.) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen (Art. 66a Abs. 2 Satz 1 StGB; sog. Härtefallklausel). Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren oder aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB). Die Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (vgl. Art. 5 Abs. 2 BV). Sie ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2 mit Hinweisen). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den „schwerwiegenden persönlichen Härtefall“ in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, die Aufenthaltsdauer, der Gesundheitszustand und die Resozialisierungschancen (BGE 144 IV 332 E. 3.3.2). Bei der Härtefallprüfung ist nicht schematisch ab einer gewissen Aufenthaltsdauer eine Verwurzelung in der Schweiz anzunehmen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.4). Erforderlich sind besonders intensive, über eine normale Integration hinausgehende private Beziehungen beruflicher oder gesellschaftlicher Natur (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_694/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 3.2.2; je mit Hinweisen).» (E.3.3.2).
«Von einem schweren persönlichen Härtefall ist in der Regel bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 EMRK verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteile 6B_694/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 3.2.2; 6B_563/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 8.1.2; je mit Hinweisen). Nach der Rechtsprechung kann sich der Ausländer auf das Recht auf Privatleben nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK berufen, sofern er besonders intensive soziale und berufliche Verbindungen zur Schweiz aufweist, die über jene einer gewöhnlichen Integration hinausgehen (vgl. BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteile 6B_694/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 3.2.2; 6B_563/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 8.1.2; je mit Hinweisen). Das durch Art. 13 BV bzw. Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens ist berührt, wenn eine staatliche Entfernungs- oder Fernhaltemassnahme eine nahe, echte und tatsächlich gelebte familiäre Beziehung einer in der Schweiz gefestigt anwesenheitsberechtigten Person beeinträchtigt, ohne dass es dieser ohne Weiteres möglich bzw. zumutbar wäre, ihr Familienleben andernorts zu pflegen (BGE 144 I 266 E. 3.3; 144 II 1 E. 6.1; je mit Hinweisen). Zum geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern. In den Schutzbereich von Art. 8 EMRK fallen aber auch andere familiäre Verhältnisse, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht. Hinweise für solche Beziehungen sind das Zusammenleben in einem gemeinsamen Haushalt, eine finanzielle Abhängigkeit, speziell enge familiäre Bande, regelmässige Kontakte oder die Übernahme von Verantwortung für eine andere Person. Bei hinreichender Intensität sind auch Beziehungen zwischen nahen Verwandten wie Geschwistern oder Tanten und Nichten wesentlich, doch muss in diesem Fall zwischen der über ein gefestigtes Anwesenheitsrecht verfügenden Person und dem um die Bewilligung nachsuchenden Ausländer ein über die üblichen familiären Beziehungen bzw. emotionale Bindungen hinausgehendes, besonderes Abhängigkeitsverhältnis bestehen (vgl. dazu BGE 144 II 1 E. 6.1; Urteil 6B_563/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 8.1.4; je mit Hinweisen).» (E.3.3.3).
«Wird ein schwerer persönlicher Härtefall bejaht, entscheidet sich die Sachfrage in einer Interessenabwägung nach Massgabe der „öffentlichen Interessen an der Landesverweisung“. Nach der gesetzlichen Systematik ist die obligatorische Landesverweisung anzuordnen, wenn die Katalogtaten einen Schweregrad erreichen, bei dem die Landesverweisung zur Wahrung der inneren Sicherheit als notwendig erscheint. Diese Beurteilung lässt sich strafrechtlich nur in der Weise vornehmen, dass massgebend auf die verschuldensmässige Natur und Schwere der Tatbegehung, die sich darin manifestierende Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit und auf die Legalprognose abgestellt wird (Urteile 6B_694/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 3.2.2; 6B_563/2023 vom 6. Dezember 2023 E. 8.1.5; je mit Hinweisen).» (E.3.3.4).
Die Vorinstanz verneint gemäss Bundesgericht im Urteil 6B_855/2023 vom 15. Juli 2024 das Vorliegen eines persönlichen Härtefalls zu Unrecht (E.3.4):
«Dem angefochtenen Urteil kann zwar nicht ausdrücklich entnommen werden, ob der Beschwerdeführer in der Schweiz geboren wurde, gemäss den Ausführungen in der Beschwerde wie auch in der Stellungnahme der Beschwerdegegnerin sei dies aber der Fall. Auch die Vorinstanz bezeichnet den Beschwerdeführer als „typischen“ Ausländer der zweiten Generation und stellt fest, er sei in der Schweiz aufgewachsen und sozialisiert worden, wobei „nur lose“ Kontakte zu seinem Heimatland bestünden. Dem angefochtenen Urteil zufolge hat er nie in Italien (noch sonst wo im Ausland) gelebt und mithin sein gesamtes Leben – rund 51 Jahre – in der Schweiz verbracht, was einer sehr langen Aufenthaltsdauer entspricht. Er fällt damit fraglos in den besonderen Schutzbereich von Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB, womit ein starkes Indiz für sein gewichtiges Interesse an einem Verbleib in der Schweiz vorliegt (vgl. Urteile 6B_449/2023 vom 21. Februar 2024 E. 2.1.2; 6B_855/2020 vom 25. Oktober 2021 E. 3.5.4). Zwar weist die Beschwerdegegnerin zu Recht darauf hin, dass sich das Vorliegen eines Härtefalls weder anhand von starren Altersangaben noch einer bestimmten Dauer der Anwesenheit bestimmt; entgegen ihrer Stellungnahme ändern die Umstände des Einzelfalls aber nichts am Vorliegen eines persönlichen Härtefalls.» (E.3.4.1).
«So besuchte der Beschwerdeführer in der Schweiz sämtliche Schulen, absolvierte eine Lehre als Polymechaniker und war zunächst während rund 10 Jahren berufstätig. Dies spricht für eine durchaus gelungene berufliche Eingliederung. Der Umstand, dass er 2011 seine Erwerbstätigkeit einstellte und seit 2016/2017 aus psychischen Gründen eine IV-Rente bezieht, lässt derweil – wie vom Beschwerdeführer zu Recht gerügt – keine Schlüsse auf seine Integrationsbemühungen zu (vgl. Urteil 6B_987/2021 vom 31. Oktober 2022 E. 4.5). Gleiches gilt für seine Schulden, aus denen nicht unbesehen der restlichen Lebensumstände auf die Qualität seiner hiesigen Vernetzung geschlossen werden kann (vgl. Urteil 6B_1124/2021 vom 16. Dezember 2022 E. 3.1.2). Wie die Vorinstanz anerkennt auch die Beschwerdegegnerin, dass der Beschwerdeführer seine wirtschaftliche Tätigkeit aus psychischen Gründen aufgab, womit nicht ersichtlich ist, dass seine Schulden das Resultat unzureichender Arbeitsbemühungen (und nicht etwa seiner psychischen Erkrankung) wären. Dass er zwischenzeitlich keine Anstrengungen zur Verbesserung seiner wirtschaftlichen Situation unternommen habe, ist insofern nicht stichhaltig, als die Vorinstanz nicht feststellt, ob und inwiefern er dazu angesichts seiner IV-Berentung überhaupt in der Lage ist.» (E.3.4.2).
«Der Beschwerdeführer lebt sodann seit einem Jahr (wieder) in einer festen Partnerschaft, hat in der Schweiz eine mittlerweile erwachsene Tochter und ein Enkelkind, wobei zu beiden regelmässiger Kontakt besteht. Zudem wohnt seine Schwester in Rapperswil. Nur geringe Verbindungen bestehen hingegen zu seiner in Italien lebenden Mutter. Im Hinblick auf sein Alter, den lebenslangen (und ausschliesslichen) Aufenthalt in der Schweiz und insbesondere die vollständig hier verbrachte Kinder- und Jugendzeit, angesichts des Umstands, dass der Beschwerdeführer in der Schweiz sämtliche Schulen besuchte, seine Berufsausbildung zum Polymechaniker absolvierte und während 10 Jahren gearbeitet hat (wobei er seine Tätigkeit aufgrund einer psychischen Erkrankung aufgab) sowie vor dem Hintergrund, dass neben seiner Tochter, seiner Enkeltochter und seiner Schwester auch seine aktuelle Freundin in der Schweiz lebt, ist, entgegen der Vorinstanz, vom Vorliegen eines schweren persönlichen Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB auszugehen. Wie vom Beschwerdeführer im Ergebnis richtig vorgebracht, weist er dabei derart enge Verbindungen zur Schweiz auf, dass die Landesverweisung darüber hinaus auch einem Eingriff in sein Recht auf Achtung des Privatlebens gemäss Art. 8 Ziff. 1 EMRK gleichkommen dürfte. Mithin läge auch in dieser Hinsicht ein Härtefall vor (vgl. supra E. 3.3.3). Ob die familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers (unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf Achtung des Familienlebens) ebenfalls vom Schutzbereich von Art. 8 Ziff. 1 EMRK erfasst werden, kann angesichts obiger Erwägungen offenbleiben. Ebenso erübrigt sich ein Eingehen auf seine gesundheitliche Situation.» (E.3.4.3).
«Demnach ist vorliegend eine Interessenabwägung im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB resp. Art. 8 Ziff. 2 EMRK vorzunehmen. Dies hat die Vorinstanz (auch eventualiter) unterlassen. Demzufolge ist auf die Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend das FZA sowie die Dauer der Landesverweisung nicht einzugehen.» (E.3.5).
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut (E.4).