Bundesgericht präzisiert Rechtsprechung zur Verbindungsbusse i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB

Im Urteil 6B_337/2022 vom 12. Juli 2023 aus dem Kanton Luzern (zur amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht ging es um eine Verbindungsbusse, welche zu einer bedingten Geldstrafe ausgesprochen wurde. Das Bundesgericht erklärte in grundsätzlicher Art und weise Folgendes: «Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse (Art. 106 StGB) verbunden werden (Art. 42 Abs. 4 StGB). Die Verbindungsbusse soll gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in Betracht kommen, wenn trotz Gewährung des bedingten Vollzugs einer Geld- oder Freiheitsstrafe in gewissen Fällen mit der Auferlegung einer zu bezahlenden Busse ein spürbarer Denkzettel verpasst werden soll. Die Strafenkombination dient hier spezialpräventiven Zwecken. […]. Um dem akzessorischen Charakter der Verbindungsbusse gerecht zu werden, hat das Bundesgericht die Obergrenze grundsätzlich auf einen Fünftel bzw. 20 % festgelegt […]» (E.1.3.1). Das Bundesgericht präzisiert im vorliegenden Urteil seine Praxis wie folgt: «In Präzisierung dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, dass die Verbindungsbusse i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB höchstens einen Fünftel bzw. 20 % der in der Summe schuldangemessenen Sanktion – bestehend aus einer bedingt ausgesprochenen Hauptstrafe kombiniert mit einer Verbindungsbusse – betragen darf.» (E.1.3.2).

Sachverhalt

Mit Urteil vom 7. Juni 2021 sprach das Bezirksgericht Luzern A. des Führens eines Motorfahrzeuges unter Drogeneinfluss sowie des unbefugten Erwerbs, Besitzes und Konsums von Betäubungsmitteln schuldig. Es verurteilte ihn zu einer bedingten Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.– sowie einer Busse von Fr. 900.–. Die Probezeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 30 Tage. Die Strafe erging als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern vom 19. Januar 2021 und zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen vom 10. März 2021.

Instanzenzug

Auf Berufung von A. hin bestätigte das Kantonsgericht Luzern am 1. Februar 2022 die Schuldsprüche (Dispositiv-Ziff. 1), bestrafte ihn jedoch mit einer bedingten Geldstrafe von 19 Tagessätzen zu Fr. 30.– und einer Busse von Fr. 280.– (Dispositiv-Ziff. 2). Die Probezeit wurde auf zwei Jahre festgesetzt, die Ersatzfreiheitsstrafe auf neun Tage. Die Strafe erging als Zusatzstrafe zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern vom 19. Januar 2021 und zum Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen vom 10. März 2021.

Weiterzug an das Bundesgericht

Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, die Dispositiv-Ziff. 2 des Urteils des Kantonsgerichts Luzern vom 1. Februar 2022 sei aufzuheben und A. sei stattdessen mit einer Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.–, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, und einer Busse von Fr. 280.– zu bestrafen. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhaftem Nichtbezahlen der Busse sei auf neun Tage festzusetzen. Die Strafe sei als Zusatzstrafe zu den Strafbefehlen der Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern vom 19. Januar 2021 und der Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen vom 10. März 2021 auszufällen. Eventualiter sei das Verfahren zur Ausfällung der beantragten Strafe an die Vorinstanz zurückzuweisen.

Das Kantonsgericht Luzern beantragt die Abweisung der Beschwerde. A. liess sich innert Frist nicht vernehmen.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_337/2022 vom 12. Juli 2023

Die Beschwerdeführerin rügt vor Bundesgericht eine Verletzung von Art. 42 Abs. 4 StGB. Zusammengefasst macht sie geltend, die Vorinstanz habe die bedingte Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.– zu Unrecht um den umgerechneten Wert der Verbindungsbusse von Fr. 180.– auf 19 Tagessätze zu Fr. 30.– gekürzt. Dieses Vorgehen der Vorinstanz sei zudem willkürlich, da einer Verbindungsbusse lediglich akzessorischer Charakter zukomme und daher entgegen der Auffassung der Vorinstanz gerade keine Doppelbestrafung vorliege. (E.1.1.1)

Die Beschwerdeführerin beantragt vor Bundesgericht, der Beschwerdegegner sei mit einer Verbindungsbusse von Fr. 280.– zu bestrafen. Damit geht ihr Antrag mit Blick auf die Verbindungsbusse i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB nicht über das hinaus, was die Vorinstanz ausspricht. Da die Beschwerdeführerin jedoch mittelbar auch die Strafzumessung in Bezug auf die Hauptstrafe sowie die Methodik zur Bildung einer Verbindungsbusse i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB anficht und beantragt, der Beschwerdegegner sei mit einer bedingten Geldstrafe von 25 statt 19 Tagessätzen zu Fr. 30.– zu bestrafen, kann offengelassen werden, ob die Beschwerdeführerin überhaupt über ein Rechtsschutzinteresse verfügt. (E.1.1.2)

Die Vorinstanz führt vor Bundesgericht aus, unter Würdigung der gesamten Umstände erweise sich die erstinstanzlich ausgesprochene Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.–, bedingt vollziehbar bei einer Probezeit von zwei Jahren, als verschuldensangemessen. Mit der ersten Instanz sei eine Verbindungsbusse nach Art. 42 Abs. 4 StGB auszusprechen, um dem Beschwerdeführer den Ernst der Lage vor Augen zu führen. Die Obergrenze für die Verbindungsbusse betrage grundsätzlich einen Fünftel. Die Vorinstanz spricht eine Verbindungsbusse von insgesamt Fr. 180.– aus und reduziert die Geldstrafe um sechs Tagessätze auf 19 Tagessätze zu Fr. 30.– mit der Begründung, ansonsten würde eine Doppelbestrafung vorliegen. Zudem spricht die Vorinstanz für die Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes eine Busse in der Höhe von Fr. 100.– aus, welche nicht angefochten wird.  (E.1.1.3)

Dazu führt das Bundesgericht im Urteil 6B_337/2022 vom 12. Juli 2023 aus:

«Eine bedingte Strafe kann mit einer Busse (Art. 106 StGB) verbunden werden (Art. 42 Abs. 4 StGB). Die Verbindungsbusse soll gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung in Betracht kommen, wenn trotz Gewährung des bedingten Vollzugs einer Geld- oder Freiheitsstrafe in gewissen Fällen mit der Auferlegung einer zu bezahlenden Busse ein spürbarer Denkzettel verpasst werden soll. Die Strafenkombination dient hier spezialpräventiven Zwecken. Das Hauptgewicht liegt auf der bedingten Freiheits- oder Geldstrafe, während der unbedingten Verbindungsbusse nur untergeordnete Bedeutung zukommt. Die Verbindungsbusse soll nicht etwa zu einer Straferhöhung führen oder eine zusätzliche Strafe ermöglichen. Sie erlaubt lediglich innerhalb der schuldangemessenen Strafe eine täter- und tatangemessene Sanktion, wobei die bedingte Hauptstrafe und die damit verbundene Busse in ihrer Summe schuldangemessen sein müssen (BGE 146 IV 145 E. 2.2; 135 IV 188 E. 3.3; 134 IV 53 E. 4.5.2). Um dem akzessorischen Charakter der Verbindungsbusse gerecht zu werden, hat das Bundesgericht die Obergrenze grundsätzlich auf einen Fünftel bzw. 20 % festgelegt (BGE 146 IV 145 E. 2.2; 135 IV 188 E. 3.4.4). Abweichungen von dieser Regel sind im Bereich tiefer Strafen denkbar, um sicherzustellen, dass der Verbindungsstrafe nicht eine lediglich symbolische Bedeutung zukommt (BGE 135 IV 188 E. 3.4.4).» (E.1.3.1)

Das Bundesgericht präzisiert in der Folge seine Rechtsprechung im Urteil 6B_337/2022 vom 12. Juli 2023 wie folgt:

«In Präzisierung dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, dass die Verbindungsbusse i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB höchstens einen Fünftel bzw. 20 % der in der Summe schuldangemessenen Sanktion – bestehend aus einer bedingt ausgesprochenen Hauptstrafe kombiniert mit einer Verbindungsbusse – betragen darf (BGE 135 IV 188 E. 3.4.4; vgl. Urteile 6B_1232/2013 vom 31. Januar 2014 E. 5; 6B_83/2010 vom 8. Juli 2010 E. 6.1; 6B_1019/2009 vom 11. März 2010 E. 3.4; je mit Hinweisen; abweichend davon Urteile 6B_773/2022 vom 26. Oktober 2022 E. 5.1; 6B_784/2022 vom 5. Oktober 2022 E. 1.2.4; 6B_498/2021 vom 30. Mai 2022 E. 2.2, wo von 20 % der Hauptsanktion bzw. der bedingten Geldstrafe gesprochen wird).» (E.1.3.2)

Fallbezogen entscheidet das Bundesgericht dann aber im Urteil 6B_337/2022 vom 12. Juli 2023 Folgendes:

«In casu erachtet die Vorinstanz eine (bedingte) Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.– unter Würdigung der gesamten Umstände als verschuldensangemessen. Um dem Beschwerdegegner den Ernst der Lage vor Augen zu führen, sei eine Verbindungsbusse auszusprechen. Die Vorinstanz spricht eine bedingte Geldstrafe von 19 Tagessätzen zu Fr. 30.– sowie eine Verbindungsbusse in der Höhe von Fr. 180.– aus. Aus den vorinstanzlichen Erwägungen wird daher ersichtlich, dass die Vorinstanz eine Sanktion von 25 Tagessätzen zu Fr. 30.– als in der Summe schuldangemessen erachtet und diese in der Folge in eine bedingt auszusprechende Hauptsanktion und eine Verbindungsbusse aufteilt. Letztere darf maximal 20 % ausmachen (vgl. soeben E. 1.3). Die maximale Verbindungsbusse liegt im vorliegenden Anwendungsfall demnach bei Fr. 150.– (25 x 30 = 750 / 100 x 20 = 150). Die von der Vorinstanz ausgesprochene Verbindungsbusse in der Höhe von Fr. 180.– befindet sich nicht mehr im Rahmen der zulässigen 20 % und wäre grundsätzlich nicht zulässig. Es läge eine Verletzung von Art. 42 Abs. 4 StGB vor.» (E.1.4.1)

«Die Beschwerdeführerin strebt vorliegend nicht eine Reduktion der Verbindungsbusse auf Fr. 150.– und damit auf das zulässige Mass i.S.v. Art. 42 Abs. 4 StGB an. Sie stellt die von der Vorinstanz ausgesprochenen Verbindungsbusse vielmehr gar nicht in Frage, beantragt sie in ihrer Beschwerde doch ebenfalls eine Verbindungsbusse in der Höhe von Fr. 280.–. Die Beschwerdeführerin zielt indes darauf ab, die der Verbindungsbusse zugrundeliegende (bedingte) Geldstrafe von 19 Tagessätzen Geldstrafe zu Fr. 30.– auf 25 Tagessätze zu Fr. 30.– zu erhöhen. Art. 42 Abs. 4 StGB regelt die Möglichkeit der Festlegung einer akzessorischen Verbindungsbusse. Die Disposition dient jedoch nicht dazu, die Höhe der in Anwendung der allgemeinen Strafzumessungsregeln im Sinne von Art. 47 ff. StGB zustandegekommenen Hauptstrafe anzufechten. Inwieweit die vorinstanzlich ausgesprochene Hauptstrafe nicht rechtskonform sein soll, begründet die Beschwerdeführerin nicht (Art. 42 Abs. 2 BGG).» (E.1.4.2)

Die Beschwerdeführerin wendet sich vor Bundesgericht nicht gegen die übrigen Ausführungen der Vorinstanz zur Strafzumessung, insbesondere nicht zur ausgesprochenen Busse von Fr. 100.– für die Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes. Darauf braucht gemäss Bundesgericht nicht eingegangen zu werden.  (E.1.4.3)

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