Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft Abteilung 2 Emmen sprach A. mit Strafbefehl vom 19. April 2022 des vorsätzlichen rechtswidrigen Aufenthalts (Art. 115 Abs. 1 lit. b AlG; SR 142.20) sowie des vorsätzlichen Missachtens der Eingrenzung (Art. 119 Abs. 1 AIG) schuldig und auferlegte ihm dafür eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je Fr. 10.–.
In der Folge leistete A. an die Geldstrafe eine Teilzahlung von Fr. 400.–, entsprechend 40 Tagessätzen der ausgesprochenen Geldstrafe, und beantragte hinsichtlich der Restanz von 80 Tagessätzen am 15. März 2023 den Vollzug in Form von gemeinnütziger Arbeit. Mit Entscheid vom 23. Mai 2023 trat der Vollzugs- und Bewährungsdienst des Kantons Luzern auf das Gesuch nicht ein. Am 1. Juni 2023 zog der Vollzugs- und Bewährungsdienst diesen Entscheid in Wiedererwägung, hob ihn auf und wies das Gesuch um Strafvollzug in Form der gemeinnützigen Arbeit ab. Dagegen erhob A. am 22. Juni 2023 Verwaltungsgerichtsbeschwerde beim Kantonsgericht Luzern. Dieses hiess die Beschwerde mit Urteil vom 23. Oktober 2023 gut und entschied, dass die Restanz von 80 Tagessätzen Geldstrafe aus dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft vom 19. April 2022 in Form der gemeinnützigen Arbeit vollzogen werde, wobei A. 320 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten habe.
Weiterzug ans Bundesgericht
Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Luzern gelangt mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht und beantragt, das Urteil des Kantonsgerichts vom 23. Oktober 2023 sei aufzuheben und der Vollzug der Restgeldstrafe basierend auf dem Strafbefehl der Staatsanwaltschaft vom 19. April 2022 gegen A. in Form der gemeinnützigen Arbeit sei diesem nicht zu bewilligen. Eventualiter sei die Sache zur neuen Entscheidung an das Kantonsgericht zurückzuweisen.
Das Kantonsgericht und A. haben eine Vernehmlassung eingereicht, wobei letzterer beantragt, die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft sei abzuweisen und ihm sei für das bundesgerichtliche Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege zu gewähren.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_948/2023 vom 16. Dezember 2024
Das Bundesgericht nahm im Urteil 7B_948/2023 vom 16. Dezember 2024 generell-abstrakt wie folgt zum Beschwerderecht der Staatsanwaltschaft Stellung:
«Zur Beschwerde in Strafsachen ist berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b BGG). Der Staatsanwaltschaft steht das Beschwerderecht in Strafsachen nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG grundsätzlich ohne Einschränkung zu (BGE 145 IV 65 E. 1.2; 142 IV 196 E. 1.5; 139 IV 199 E. 2; 134 IV 36 E. 1.4.3). Die Bestimmung von Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG verleiht aber nicht selbst das rechtlich geschützte Interesse, sondern setzt dieses voraus (BGE 139 IV 121 E. 4.2; 133 IV 121 E. 1.1).» (E.1.2).
«Das rechtlich geschützte Interesse der Staatsanwaltschaft leitet sich aus dem staatlichen Strafanspruch ab, den sie zu vertreten hat bzw. für dessen gleichmässige Durchsetzung sie verantwortlich ist (Art. 16 Abs. 1 StPO). Mithin ist die Staatsanwaltschaft im Verfahren vor Bundesgericht beschwerdebefugt, wenn es um die Durchsetzung des Strafanspruchs als solchen oder um damit zusammenhängende materiell- und prozessrechtliche Belange geht (BGE 148 IV 275 E. 1.3; 134 IV 36 E. 1.4.3 und 1.4.5; Urteil 6B_1314/2016 vom 10. Oktober 2018 E. 1.4.3, nicht publ. in: BGE 145 IV 114). Zwar sind diese Voraussetzungen und damit die materielle Beschwer der Staatsanwaltschaft in der Regel gegeben. Das rechtlich geschützte Interesse kann jedoch nicht pauschal bejaht, sondern muss im Einzelfall durch die beschwerdeführende Staatsanwaltschaft begründet werden (Art. 42 Abs. 1 BGG), sofern es nicht offensichtlich gegeben ist (BGE 148 IV 275 E. 1.3; Urteile 6B_1314/2016 vom 10. Oktober 2018 E. 1.4.3, nicht publ. in: BGE 145 IV 114; 6B_519/2020 vom 27. September 2021 E. 1.2; 1B_526/2020 vom 4. Februar 2021 E. 1).» (E.1.2.1).
«Die Staatsanwaltschaft nimmt in einem bestimmten und von der Strafprozessordnung umschriebenen Bereich öffentliche Sicherheitsinteressen wahr (Urteile 7B_72/2024 vom 6. März 2024 E. 1; 6B_486/2021 vom 21. Juli 2021 E. 1.4; 6B_664/2013 vom 16. Dezember 2013 E. 1.3). Der Strafvollzug im Allgemeinen fällt nicht in ihre Verantwortung. Die kantonalen Vollzugsbehörden sind ihrerseits von der Beschwerde in Strafsachen ausgeschlossen (siehe BGE 145 IV 65 E. 1.2; 139 I 51 E. 2.3; 133 IV 121 E. 1.1-1.2). Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind die Interessen „tangierter Behörden“ in gewissen – die öffentliche Sicherheit betreffenden – vollzugsrechtlichen Fragen von der Staatsanwaltschaft zu wahren (vgl. BGE 145 IV 65 E. 1.2; Urteile 6B_133/2019 vom 12. Dezember 2019 E. 1.1; 6B_1203/2017 vom 1. November 2017 E. 2). Geht es beispielhaft um Vollzugsöffnungen bei gemeingefährlichen Tätern, betrifft dies die öffentliche Sicherheit. In diesem Rahmen anerkennt das Bundesgericht die Beschwerdebefugnis der Staatsanwaltschaft gestützt auf Art. 78 Abs. 2 lit. b in Verbindung mit Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG (zum Ganzen: Urteil 6B_664/2013 vom 16. Dezember 2013 E. 1.2-1.3). Entsprechend gesteht das Bundesgericht auch in Fällen der Urlaubsgewährung im Strafvollzug (6B_133/2019 vom 12. Dezember 2019 E. 1.1) oder der bedingten Entlassung aus einer stationären Massnahme (BGE 139 I 51 E. 2.3) der Staatsanwaltschaft die Beschwerdelegitimation im bundesgerichtlichen Verfahren zu.» (E.1.2.2).
Im vorliegenden Fall verneinte das Bundesgericht die Beschwerdelegitimation der Staatsanwaltschaft im Urteil 7B_948/2023 vom 16. Dezember 2024 mit der folgenden Begründung:
«Im hier zu beurteilenden Fall geht es um die Frage, ob dem Beschwerdegegner der Vollzug der Restgeldstrafe von 80 Tagessätzen basierend auf dem fraglichen Strafbefehl vom 19. April 2022 in Form der gemeinnützigen Arbeit zu bewilligen ist. Inwiefern der Vollzug einer Geldstrafe in Form der gemeinnützigen Arbeit die öffentlichen Sicherheitsinteressen betreffen sollte, legt die Beschwerdeführerin nicht dar und ist auch nicht erkennbar. Die Beschwerdeführerin weist jedenfalls kein genügendes Rechtsschutzinteresse aus, wenn sie bloss ausführt, sie sei gestützt auf das kantonale Gesetz über die Organisation der Gerichte und Behörden „zur Beschwerde legitimiert“. Sie ist folglich nicht zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt.» (E.1.3).
Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft nicht ein (E.2).