Austausch von Informationen mit der FINMA und das Anwaltsgeheimnis

Im Urteil 7B_874/2023 vom 6. August 2024 aus dem Kanton Zürich ging es um Entsiegelungsgesuch betreffend von der FINMA beschlagnahmten Dokumenten. Das Bundesgericht äusserte sich wie folgt: «Nicht um Anwaltskorrespondenz im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. a, c oder d StPO handelt es sich demgegenüber bei Mitteilungen an Dritte (z.B. Mitteilung an eine Versicherung oder Behörde), was auch dann gilt, wenn der Inhalt dieser Mitteilung eine grundsätzlich geheimnisgeschützte Information betrifft. Vielmehr verlassen grundsätzlich geheime Informationen durch die freiwillige und bewusste Kundgabe an einen Dritten das durch das Anwaltsgeheimnis geschützte Mandatsverhältnis. Das Anwaltsgeheimnis steht einer Zeugnis- oder Herausgabepflicht des Dritten daher nicht entgegen […]» (E.3.1). «Schliesslich ist auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die „institutionellen Eigenheiten des Aufsichtsverfahrens“ unbehelflich. Zwar mag es zutreffen, dass finanzmarktrechtlich eine „offene Kommunikation zwischen Beaufsichtigten und der Aufsichtsbehörde“ gewünscht ist und diese voraussetzt, dass „Beaufsichtigte vertraulich mit der FINMA kommunizieren können“. Diesem Erfordernis trägt indessen bereits Art. 40 FINMAG Rechnung, wonach die FINMA die Bekanntgabe von nicht öffentlich zugängliche Informationen und die Herausgabe von Akten gegenüber Strafverfolgungsbehörden und anderen inländischen Behörden verweigern kann, soweit deren Bekannt- oder Herausgabe die Erfüllung ihrer Aufsichtstätigkeit beeinträchtigen würde (lit. b; vgl. dazu Ziff. 4.3 der Leitlinien zur Rechtshilfe gegenüber inländischen Strafbehörden der FINMA; für ein entsprechendes Beispiel siehe BGE 142 IV 207 E. 8.14). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ausserdem, dass die FINMA der Staatsanwaltschaft gerade nicht die ihr offengelegten vertraulichen Dokumente ausgehändigt hat, sondern lediglich den eigenen behördlichen Untersuchungsbericht respektive die von ihr erlassene behördliche Verfügung. Der Informationsaustausch zwischen der FINMA und den Strafverfolgungsbehörden ist vom Gesetzgeber ausdrücklich […]. Werden der FINMA seitens des Geheimnisträgers freiwillig vom Anwaltsgeheimnis geschützte Informationen preisgegeben, etwa um weitergehenden und allenfalls einschneidenderen Untersuchungsmassnahmen vorzubeugen […].Denn ohne diese freiwillige Kooperation müsste die FINMA den Sachverhalt selbstständig mit den ihr zur Verfügung stehenden (Zwangs-) Mitteln erheben […], gestützt darauf ihre Verfügung erlassen und wie gesetzlich vorgesehen mit den Strafbehörden kooperieren.» (E.3.2).

Sachverhalt

Wegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Widerhandlung gegen das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG; SR 241). Zusammengefasst verdächtigt sie D. sowie die unbekannte Täterschaft, die auch innerhalb der (ehemaligen) B. Group AG verortet sein könnte, dafür verantwortlich zu sein, dass in Unterlagen der B. Asset Management (Schweiz) AG gegenüber Anlegerinnen und Anlegern über das Risikoprofil und die Versicherungsdeckungen bzw. die Perspektiven der E. Funds unrichtige oder zumindest irreführende Angaben gemacht worden seien.

Mit Editionsverfügung vom 31. Mai 2022 verlangte die Staatsanwaltschaft von der B. Group AG die Herausgabe des Untersuchungsberichts der C. AG betreffend „D. “ sowie aller zugehöriger Beilagen und separater Berichte. Das diesbezügliche Siegelungsgesuch der B. Group AG respektive Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft ist Gegenstand des Verfahrens 7B_158/2023.

Im selben Sachzusammenhang führte die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) ein Enforcementverfahren, in dem sie durch einen Untersuchungsbeauftragten (Wenger Plattner) unterstützt wurde. Im Rahmen dieses Enforcementverfahrens legte die B. Group AG der FINMA den Untersuchungsbericht der C. AG offen. Am 9. Dezember 2022 erliess die FINMA eine Verfügung, in der sie im Zusammenhang mit den E. Funds einen schweren Verstoss gegen das Organisationserfordernis sowie gegen weitere aufsichtsrechtliche Pflichten durch die B. Group AG feststellte.

Instanzenzug

Am 23. Januar 2023 ersuchte die Staatsanwaltschaft die FINMA um Zustellung einer Kopie der Verfügung vom 9. Dezember 2022 sowie des Berichts des durch sie eingesetzten Untersuchungsbeauftragten. Die FINMA kam dem Ersuchen nach, wobei sie der Staatsanwaltschaft infolge eines vorsorglichen Siegelungsgesuchs der B. Group AG die Aufzeichnungen versiegelt übermittelte. Mit Verfügung vom 15. März 2023 wies die Staatsanwaltschaft dieses vorsorgliche Siegelungsgesuch ab. Mit Beschluss vom 25. April 2023 hiess das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, die von der B. Group AG dagegen erhobene Beschwerde gut und hielt fest, dass den bei der FINMA beigezogenen Unterlagen die Siegelungsfähigkeit nicht offensichtlich abgesprochen werden könne. Am 11. Mai 2023 stellte die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Entsiegelung und Durchsuchung der streitigen Aufzeichnungen. Mit Verfügung vom 5. Oktober 2023 trat das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, auf das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft nicht ein und ordnete die Freigabe der bei der FINMA beigezogenen Dokumente zur weiteren Verwendung in der laufenden Strafuntersuchung an.

Weiterzug an das Bundesgericht

Dagegen erhob die A. AG als Rechtsnachfolgerin der B. Group AG mit Eingabe vom 8. November 2023 beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die vollumfängliche Abweisung des Entsiegelungsgesuchs der Staatsanwaltschaft sowie die Herausgabe der sichergestellten Aufzeichnungen. Eventualiter sei das Entsiegelungsgesuch teilweise abzuweisen, wobei die geheimnisgeschützten Stellen zu schwärzen und allfällige Dokumente, die nicht Teil des Entsiegelungsgesuchs bildeten, auszusondern seien.

Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. Der Verfahrensantrag der A. AG, es sei der Staatsanwaltschaft keine Einsicht in die von ihr im vorinstanzlichen Verfahren versiegelt eingereichten Beilagen zu gewähren, erweist sich als gegenstandslos, da die Staatsanwaltschaft kein Gesuch um Akteneinsicht gestellt hat.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_874/2023 vom 6. August 2024  

Das Bundesgericht prüft im Rahmen der Beschwerde in Strafsachen nur, wie es auführt, ob die kantonale Instanz das Bundesrecht richtig angewendet hat, mithin jenes Recht, welches sie im angefochtenen Entscheid anwenden musste (Urteil 7B_127/2022 vom 5. April 2024 E. 1.3; 7B_152/2024 vom 19. Februar 2024 E. 1.2 mit Hinweisen). Das Siegelungsrecht wurde in der auf den 1. Januar 2024 in Kraft gesetzten Gesetzesreform revidiert (AS 2023 468; BBl 2019 6697). Der hier streitige Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts datiert indessen vom 5. Oktober 2023. Massgebend für die Beurteilung der bundesgerichtlichen Beschwerde sind damit die bis zum 31. Dezember 2023 geltenden Bestimmungen (E.1.4).

Die Ausführungen der Parteien werden wie folgt durch das Bundesgericht im Urteil 7B_874/2023 vom 6. August 2024 zusammengefasst:

«Die Vorinstanz hält im angefochtenen Entscheid in der Hauptsache zusammengefasst fest, die streitigen Unterlagen seien im Rahmen der nationalen Rechtshilfe gemäss Art. 194 StPO und Art. 38 Bundesgesetz über die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht vom 22. Juni 2007 (FINMAG; SR 956.1) beigezogen worden. Bei einem solchen Aktenbeizug handle es sich nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts nicht um eine Zwangsmassnahme, weshalb der Rechtsbehelf der Siegelung von vornherein nicht zur Verfügung stehe. Dies gelte vorliegend umso mehr, als es sich bei diesen Unterlagen um eine behördliche Verfügung und einen behördlichen Untersuchungsbericht handle, deren Inhaberin die FINMA sei. Im Rahmen einer Eventualbegründung legt die Vorinstanz sodann dar, dass die allgemeinen Voraussetzungen für eine Entsiegelung erfüllt seien und insbesondere das Vorliegen geschützter Anwaltskorrespondenz im Siegelungsverfahren nicht hinreichend substanziiert worden sei. Die Beschwerdeführerin bringt vor, entgegen der Vorinstanz sei das Siegelungsverfahren vorliegend anwendbar. Zudem habe sie das Vorliegen geschützter Anwaltskorrespondenz hinreichend substanziiert. Was die Entsiegelungsvoraussetzungen in der Sache angeht, vertritt sie im Wesentlichen die Auffassung, sowohl die FINMA als auch ihre Untersuchungsbeauftragte Wenger Plattner habe in ihrer Verfügung respektive in ihrem Bericht durch das Anwaltsgeheimnis geschützte Informationen – den Untersuchungsbericht der C. AG – verwendet und nehme darauf Bezug. Entsprechend sei auch die Verfügung der FINMA respektive der Bericht ihrer Untersuchungsbeauftragen durch das Anwaltsgeheimnis geschützt. Das Vorliegen der weiteren Entsiegelungsvoraussetzungen bestreitet sie vor Bundesgericht dagegen nicht mehr. 

Ob die Vorinstanz zu Recht nicht auf das Entsiegelungsgesuch der Beschwerdegegnerin eingetreten ist, kann dahingestellt bleiben. Die Beschwerde ist ohnehin abzuweisen, da – wie nachfolgend aufzuzeigen ist – die streitigen Unterlagen in jedem Fall zur weiteren Verwendung im Strafverfahren freizugeben sind.» (E.2).

Generell-abstrakt führt das Bundesgericht im Urteil 7B_874/2023 vom 6. August 2024 aus:

«Nicht beschlagnahmt werden dürfen nach Art. 264 Abs. 1 StPO, ungeachtet des Ortes, wo sie sich befinden, und des Zeitpunktes, in welchem sie geschaffen worden sind, namentlich Gegenstände und Unterlagen aus dem Verkehr einer anderen (als der beschuldigten) Person mit ihrer Anwältin oder ihrem Anwalt, sofern die Anwältin oder der Anwalt nach dem Anwaltsgesetz vom 23. Juni 2000 (SR 935.61) zur Vertretung vor schweizerischen Gerichten berechtigt ist und im gleichen Sachzusammenhang nicht selber beschuldigt ist (lit. d).  Als Anwaltskorrespondenz im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. a, c und d StPO gilt alles, was in das besondere Vertrauensverhältnis zwischen der Anwältin oder dem Anwalt und der Klientschaft eingebracht wird, in ihm entsteht oder aus ihm hervorgeht. Geschützt sind somit zum einen Dokumente bei der Rechtsvertretung, etwa Korrespondenz zwischen dieser und der Klientschaft oder Dritten, oder Dokumente, die der Rechtsvertretung im Zusammenhang mit dem Mandat übergeben wurden oder welche die Rechtsvertretung eingeholt hat. Zum andern sind auch Dokumente bei der Klientschaft erfasst, die diese von ihrer Rechtsvertretung erhalten hat. Die Form der Unterlagen ist nicht von Bedeutung. Anwaltskorrespondenz kann körperlich oder bloss in elektronischer Form bestehen. Erfasst sind somit namentlich E-Mails und deren Anhänge (Urteile 1B_617/2020 vom 17. August 2021 E. 4; 1B_198/2018 vom 11. Juli 2018 E. 2.5 mit Hinweisen; zum Ganzen auch BGE 143 IV 462 E. 2.2; Urteile 1B_282/2021 vom 23. November 2021 E. 4.2; 1B_264/2018 vom 28. September 2018 E. 2.1; FELIX BOMMER/PETER GOLDSCHMID, in: Basler Kommentar, Strafprozessordnung/Jugendstrafprozessordnung [StGB/JStPO], 3. Aufl. 2023, N. 30 zu Art. 264 StPO). Nicht um Anwaltskorrespondenz im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. a, c oder d StPO handelt es sich demgegenüber bei Mitteilungen an Dritte (z.B. Mitteilung an eine Versicherung oder Behörde), was auch dann gilt, wenn der Inhalt dieser Mitteilung eine grundsätzlich geheimnisgeschützte Information betrifft. Vielmehr verlassen grundsätzlich geheime Informationen durch die freiwillige und bewusste Kundgabe an einen Dritten das durch das Anwaltsgeheimnis geschützte Mandatsverhältnis. Das Anwaltsgeheimnis steht einer Zeugnis- oder Herausgabepflicht des Dritten daher nicht entgegen (vgl. PETER BURCKHARDT/ROLAND M. RYSER, Die erweiterten Beschlagnahmeverbote zum Schutz des Anwaltsgeheimnisses insbesondere im neuen Strafverfahren, AJP 2013, S. 159 ff., S. 161 f.; siehe auch CLAUDIA M. FRITSCHE, Kooperieren oder nicht?, GesKR 2016, S. 376 ff., S. 385 f.; vgl. aber DAMIAN K. GRAF, P raxishandbuch zur Siegelung, 2022, Rz. 654, wonach diesfalls der Geheimnisschutz insgesamt verloren gehe).» (E.3.1).

Fallbezogen entscheidet das Bundesgericht im Urteil 7B_874/2023 vom 6. August 2024 wie folgt:

«Die Vorinstanz hält im angefochtenen Entscheid fest, die Beschwerdeführerin behaupte nicht, sie sei von der FINMA zur Offenlegung geheimnisgeschützter Informationen verpflichtet worden, und dies sei auch nicht ersichtlich.  Was die Beschwerdeführerin dagegen vorbringt, vermag nicht zu überzeugen. Die Vorinstanz weist zu Recht darauf hin, dass dem Anwaltsgeheimnis unterstehende Informationen auch im Rahmen der im Enforcementverfahren geltenden verwaltungsrechtlichen Mitwirkungspflicht nicht offengelegt werden müssen (siehe Art. 13 Abs. 1bis VwVG und Art. 53 FINMAG; vgl. dazu CAROLE CLAUDIA BECK, Enforcementverfahren der FINMA und Dissonanz zum nemo tenetur-Grundsatz, 2019, Rz. 227 und 629; RETO FERRARI-VISCA/THOMAS NAGEL, Die Meldepflicht nach Art. 29 Abs. 2 FINMAG, SZW 2024, S. 299 ff., S. 312; CLAUDIA M. FRITSCHE, in: Finanzmarktenforcement, 2022, S. 227 ff., S. 250; PETER NOBEL, Schweizerisches Finanzmarktrecht, 4. Aufl. 2019, S. 539; ROLAND TRUFFER, in: Basler Kommentar Finanzmarktaufsichtsgesetz/Finanzmarktinfrastrukturgesetz, 3. Aufl. 2019, N 29 zu Art. 29 FINMAG). Sodann ergibt sich weder aus dem von der Vorinstanz für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellten Sachverhalt (vgl. Art. 105 Abs. 1 BGG) noch aus den Ausführungen der Beschwerdeführerin, dass die Herausgabe der vom Anwaltsgeheimnis geschützten Informationen an die FINMA aufgrund der Androhung unzulässiger Nachteile erfolgt wäre oder die FINMA diese Informationen sonst wie in rechtswidriger Weise bei der Erstellung des streitigen Untersuchungsberichts respektive beim Erlass der streitigen Verfügung verwendet hätte. 

In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass vorliegend nicht die Frage nach dem (allgemeinen) Verlust des Geheimnischarakters von durch das Anwaltsgeheimnis geschützten Informationen infolge freiwilliger Mitteilung an einen Dritten beantwortet werden muss, sondern jene, ob diese an sich geheimen Informationen auch in den Händen dieses Dritten – hier der FINMA – durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind. Letzteres ist nach den vorstehend dargelegten Grundsätzen nicht der Fall, sofern die entsprechenden Informationen wie hier freiwillig und bewusst dieser Drittperson preisgegeben worden sind. Der von der Beschwerdeführerin vorgebrachte Umstand, wonach sie bei ihren (freiwilligen) Mitteilungen an die FINMA klar zum Ausdruck gebracht habe, nicht auf das Anwaltsgeheimnis verzichten zu wollen, vermag daran nichts zu ändern, dass die grundsätzlich geheimen Informationen das durch das Anwaltsgeheimnis geschützte Mandatsverhältnis verlassen haben. Sind aber bereits die von der Beschwerdeführerin weitergegebenen Dokumente (der Untersuchungsbericht der C. AG) in den Händen der FINMA nicht mehr geheimnisgeschützt, gilt dies umso mehr für die hier streitigen Unterlagen, eine behördliche Verfügung und einen behördlichen Untersuchungsbericht. Für eine „Fernwirkung“ des Anwaltsgeheimnisses, wie sie die Beschwerdeführerin im Ergebnis geltend macht, wonach ursprünglich privilegierte Informationen auch dann noch unter dessen Schutz fallen, wenn sie rechtmässig von einer Drittperson weiterverwendet werden, fehlt eine Grundlage.» (E.3.2).

«Schliesslich ist auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die „institutionellen Eigenheiten des Aufsichtsverfahrens“ unbehelflich. Zwar mag es zutreffen, dass finanzmarktrechtlich eine „offene Kommunikation zwischen Beaufsichtigten und der Aufsichtsbehörde“ gewünscht ist und diese voraussetzt, dass „Beaufsichtigte vertraulich mit der FINMA kommunizieren können“. Diesem Erfordernis trägt indessen bereits Art. 40 FINMAG Rechnung, wonach die FINMA die Bekanntgabe von nicht öffentlich zugängliche Informationen und die Herausgabe von Akten gegenüber Strafverfolgungsbehörden und anderen inländischen Behörden verweigern kann, soweit deren Bekannt- oder Herausgabe die Erfüllung ihrer Aufsichtstätigkeit beeinträchtigen würde (lit. b; vgl. dazu Ziff. 4.3 der Leitlinien zur Rechtshilfe gegenüber inländischen Strafbehörden der FINMA; für ein entsprechendes Beispiel siehe BGE 142 IV 207 E. 8.14). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ausserdem, dass die FINMA der Staatsanwaltschaft gerade nicht die ihr offengelegten vertraulichen Dokumente ausgehändigt hat, sondern lediglich den eigenen behördlichen Untersuchungsbericht respektive die von ihr erlassene behördliche Verfügung. Der Informationsaustausch zwischen der FINMA und den Strafverfolgungsbehörden ist vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen (Art. 38 FINMAG; vgl. Urteil 1B_49/2021 vom 14. Dezember 2021 E. 5.8, zum Grundsatz der sogenannten „Behördenöffentlichkeit“). Werden der FINMA seitens des Geheimnisträgers freiwillig vom Anwaltsgeheimnis geschützte Informationen preisgegeben, etwa um weitergehenden und allenfalls einschneidenderen Untersuchungsmassnahmen vorzubeugen (vgl. BECK, a.a.O., Rz. 232 und 630; MICHAEL MARÁZ/DANIEL S. WEBER, Die Zusammenarbeit der FINMA mit Strafverfolgungsbehörden im Lichte aufsichtsrechtlicher Mitwirkungspflichten, Anwaltsrevue 2022, S. 337 ff., S. 337), kann dies nicht zur Folge haben, dass dadurch die Zusammenarbeit der FINMA mit den Strafbehörden nach Art. 38 FINMAG unterlaufen wird. Denn ohne diese freiwillige Kooperation müsste die FINMA den Sachverhalt selbstständig mit den ihr zur Verfügung stehenden (Zwangs-) Mitteln erheben (vgl. FRITSCHE, a.a.O., S. 250 f.), gestützt darauf ihre Verfügung erlassen und wie gesetzlich vorgesehen mit den Strafbehörden kooperieren.» (E.3.2).

Das Bundesgericht entscheidet im Urteil 7B_874/2023 vom 6. August 2024 wie folgt:

«Schliesslich ist auch der Hinweis der Beschwerdeführerin auf die „institutionellen Eigenheiten des Aufsichtsverfahrens“ unbehelflich. Zwar mag es zutreffen, dass finanzmarktrechtlich eine „offene Kommunikation zwischen Beaufsichtigten und der Aufsichtsbehörde“ gewünscht ist und diese voraussetzt, dass „Beaufsichtigte vertraulich mit der FINMA kommunizieren können“. Diesem Erfordernis trägt indessen bereits Art. 40 FINMAG Rechnung, wonach die FINMA die Bekanntgabe von nicht öffentlich zugängliche Informationen und die Herausgabe von Akten gegenüber Strafverfolgungsbehörden und anderen inländischen Behörden verweigern kann, soweit deren Bekannt- oder Herausgabe die Erfüllung ihrer Aufsichtstätigkeit beeinträchtigen würde (lit. b; vgl. dazu Ziff. 4.3 der Leitlinien zur Rechtshilfe gegenüber inländischen Strafbehörden der FINMA; für ein entsprechendes Beispiel siehe BGE 142 IV 207 E. 8.14). Zu beachten ist in diesem Zusammenhang ausserdem, dass die FINMA der Staatsanwaltschaft gerade nicht die ihr offengelegten vertraulichen Dokumente ausgehändigt hat, sondern lediglich den eigenen behördlichen Untersuchungsbericht respektive die von ihr erlassene behördliche Verfügung.  Der Informationsaustausch zwischen der FINMA und den Strafverfolgungsbehörden ist vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen (Art. 38 FINMAG; vgl. Urteil 1B_49/2021 vom 14. Dezember 2021 E. 5.8, zum Grundsatz der sogenannten „Behördenöffentlichkeit“). Werden der FINMA seitens des Geheimnisträgers freiwillig vom Anwaltsgeheimnis geschützte Informationen preisgegeben, etwa um weitergehenden und allenfalls einschneidenderen Untersuchungsmassnahmen vorzubeugen (vgl. BECK, a.a.O., Rz. 232 und 630; MICHAEL MARÁZ/DANIEL S. WEBER, Die Zusammenarbeit der FINMA mit Strafverfolgungsbehörden im Lichte aufsichtsrechtlicher Mitwirkungspflichten, Anwaltsrevue 2022, S. 337 ff., S. 337), kann dies nicht zur Folge haben, dass dadurch die Zusammenarbeit der FINMA mit den Strafbehörden nach Art. 38 FINMAG unterlaufen wird. Denn ohne diese freiwillige Kooperation müsste die FINMA den Sachverhalt selbstständig mit den ihr zur Verfügung stehenden (Zwangs-) Mitteln erheben (vgl. FRITSCHE, a.a.O., S. 250 f.), gestützt darauf ihre Verfügung erlassen und wie gesetzlich vorgesehen mit den Strafbehörden kooperieren.» (E.3.4).

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab mit der folgenden Begründung: «Zusammengefasst ist festzuhalten, dass die gesiegelten Dokumente keine geheimnisgeschützten Informationen im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. d StPO enthalten und der angefochtene Entscheid, der diese Dokumente zur weiteren Verwendung im Strafverfahren freigibt, daher jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.» (E.3.4).

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