Sachverhalt
Das Obergericht des Kantons Bern trat mit Beschluss vom 28. August 2023 auf eine bei ihm angehobene Berufung mangels fristgerecht eingereichter Berufungserklärung nicht ein. Auf eine dagegen gerichtete Beschwerde trat das Bundesgericht, ebenfalls wegen verspäteter Rechtsmitteleinreichung, mit Urteil vom 1. Dezember 2023 nicht ein (Urteil 6B_1204/2023).
Mit Eingabe vom 26. Januar 2024 wandte sich der Beschwerdeführer erneut an das Bundesgericht. Dieses trat in seinem Urteil vom 6. März 2024 auf das Revisionsgesuch (Art. 121 ff. BGG) nicht ein und wies das Fristwiederherstellungsgesuch (Art. 50 BGG) ab, soweit es darauf eintrat. Im Übrigen – soweit sich der Beschwerdeführer mit seiner Eingabe gegen den kantonalen Nichteintretensbeschluss vom 28. August 2023 richtete – leitete das Bundesgericht die Eingabe zuständigkeitshalber an das Obergericht des Kantons Bern weiter (Urteil 6F_4/2024 vom 6. März 2024). Das Obergericht des Kantons Bern trat mit Beschluss vom 29. April 2024 auf das Fristwiederherstellungsgesuch im Sinne von Art. 94 StPO nicht ein. Das Gesuch sei nicht fristgerecht gestellt worden.
Weiterzug ans Bundesgericht
Dagegen gelangt der Beschwerdeführer mit Beschwerde an das Bundesgericht.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_476/2024 vom 8. August 2024
Anfechtungsobjekt des bundesgerichtlichen Verfahrens ist der Nichteintretensbeschluss vom 29. April 2024 (Art. 80 Abs. 1 BGG). Die Vorinstanz hat die an sie überwiesene Eingabe vom 26. Januar 2024 im Ergebnis als Fristwiederherstellungsgesuch entgegengenommen und behandelt, nicht aber als Revisionsgesuch, wie das Bundesgericht bemerkt. Dagegen wendet der Beschwerdeführer nichts ein. Vor Bundesgericht kann es daher nur darum gehen, ob die Vorinstanz zu Recht auf das Fristwiederherstellungsgesuch nicht eingetreten ist. Auf ausserhalb dieses Streitgegenstands liegende Vorbringen und Ausführungen in der Beschwerde kann daher von vornherein nicht eingegangen werden. Dies ist z.B. der Fall, soweit der Beschwerdeführer die materielle Seite der Angelegenheit anspricht und unter Anrufung des Grundsatzes „venire contra factum proprium“ und der Unschuldsvermutung geltend macht, jeder Beschuldigte habe das Recht, freigesprochen zu werden, sofern kein belastendes Beweismaterial bestehe, was in Bezug auf das gegen ihn geführte Verfahren xxx vor dem Regionalgericht der Fall sei, führt das Bundesgericht weiter aus (E.2).
Das Bundesgericht führt zum Sachverhalt im Urteil 6B_476/2024 vom 8. August 2024 weiter aus:
«Die Vorinstanz erwägt im angefochtenen Nichteintretensbeschluss, der Beschwerdeführer habe das Gesuch um Wiederherstellung am 26. Januar 2024 zuhanden des Bundesgerichts eingereicht. Er hätte allerdings bereits aufgrund der ihm zugestellten Verfügung der Verfahrensleitung vom 15. Mai 2023 damit rechnen müssen, dass er die Frist zur Berufungserklärung verpasst habe, zumal er damit aufgefordert worden sei, eine Stellungnahme zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufungserklärung einzureichen. Endgültige Klarheit über die verpasste Frist habe er spätestens mit dem ihm zugestellten Nichteintretensbeschluss vom 28. August 2023 erhalten. Selbst wenn man zu Gunsten des Beschwerdeführers auf dieses spätere Datum abstellen wollte, wäre die 30-tägige Frist für die Einreichung eines Wiederherstellungsgesuchs im Sinne von Art. 94 StPO am 26. Januar 2024 längst verstrichen gewesen. Es ergebe sich, dass nicht fristgerecht um Wiederherstellung der Frist ersucht worden sei.» (E.3.1).
«Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, im angefochtenen Beschluss werde behauptet, die Frist von Art. 94 Abs. 2 StPO sei nicht eingehalten worden. Es werde zwar von einer Frist von 30 Tagen nach Wegfall des Säumnisgrunds gesprochen, dabei aber nicht sachlich abgegrenzt, wann der Säumnisgrund weggefallen sei und die Frist für die Wiederherstellung zu laufen begonnen habe. Die Verantwortung bzw. die Schuld für die angeblich verspätete Einreichung der Berufungserklärung könne nicht ihm zugeschoben werden; nicht er habe die Säumnis verursacht, sondern die Post, an die er seine Eingabe rechtzeitig zum Versand übergeben habe und von der er eine ordnungsgemässe Zustellung an den Empfänger erwarten könne. Zudem sei er nicht über die Möglichkeit der Behebung der angeblich verspäteten Einreichung des Rechtsmittels informiert worden.» (E.3.2).
Das Bundesgericht führt generell-abstrakt im Urteil 6B_476/2024 vom 8. August 2024 aus:
«Eine Partei ist säumig, wenn sie eine Verfahrenshandlung nicht fristgerecht vornimmt oder zu einem Termin nicht erscheint (Art. 93 StPO). Würde ihr aus der Säumnis ein erheblicher und unersetzlicher Rechtsverlust erwachsen, kann sie nach Art. 94 Abs. 1 StPO die Wiederherstellung der Frist verlangen, wobei sie glaubhaft zu machen hat, dass sie an der Säumnis kein Verschulden trifft. Das Gesuch ist innert 30 Tagen nach Wegfall des Säumnisgrunds schriftlich und begründet bei der Behörde zu stellen, bei welcher die versäumte Verfahrenshandlung hätte vorgenommen werden sollen (Art. 94 Abs. 2 StPO). Die formelle Voraussetzung nach Art. 94 StPO besteht u.a. darin, dass der Gesuchsteller nach Wegfall des Hindernisses, innert der gesetzlich vorgesehenen Frist von 30 Tagen ein Gesuch um Fristwiederherstellung einreicht. Dabei beginnt der Fristenlauf, wenn das Hindernis wegfällt. Dies ist der Fall, sobald der Gesuchsteller objektiv und subjektiv in der Lage ist, selbst zu handeln oder einen Dritten mit der entsprechenden Handlung zu beauftragen (vgl. BGE 143 I 284 E. 1.2; 119 II 86 E. 2a; Urteile 6B_1293/2018 vom 14. März 2019 E. 3.3.4 und 6B_1039/2016 vom 21. Dezember 2016 E. 3.2; s.a. Urteil 2C_1139/2013 vom 18. September 2014 E. 2.2).» (E.4).
Weiter führt das Bundesgericht fallbezogen im Urteil 6B_476/2024 vom 8. August 2024 aus:
«Was in der Beschwerde vorgebracht wird, verfängt nicht. Wie bereits ausgeführt, legt Art. 94 StPO Abs. 2 StPO fest, dass die 30-tägige Frist für die Einreichung eines Wiederherstellungsgesuchs mit dem Wegfall des Säumnisgrunds beginnt. Dies ist augenscheinlich der Fall, wenn die fristbelastete Partei objektiv und subjektiv wieder in der Lage ist, die erforderliche Rechtshandlung vorzunehmen (z.B. mit der Genesung nach einer schweren Krankheit oder einem schweren Unfall oder mit dem Ende der Militärzeit etc.). In Fällen wie dem vorliegenden, in denen die erforderliche Rechtshandlung zwar vorgenommen wurde, indessen entgegen den Erwartungen der fristbelasteten Partei nicht zur Fristwahrung geführt hat, lässt sich nicht ohne Weiteres von einem Hindernis im klassischen Sinn (und dessen Wegfall) sprechen. Das „Hindernis“ ist in diesen Fällen im „Nichtwissen um die Verspätung“ zu erblicken bzw. mit der „mangelnden Kenntnis der Säumnis“ gleichzusetzen, sodass der Beginn des Fristenlaufs in diesen Fällen auf jenen Zeitpunkt zu terminieren ist, in dem die fristbelastete Partei aufgrund objektiver Anhaltspunkte ernsthaft zu befürchten hat bzw. damit rechnen muss, die Frist verpasst zu haben (vgl. CHRISTOF RIEDO, in: Basler Kommentar Schweizerische Strafprozessordnung, 3. Aufl. 2023, N. 20 zu Art. 94 StPO; siehe insbesondere ZR 2000 Nr. 104 E. 3; ZR 2013 Nr. 32).» (E.5.1).
«Die Vorinstanz hat, um den Beginn des Fristenlaufs zu bestimmen, entgegen der in der Beschwerde vertretenen Auffassung, im angefochtenen Beschluss definiert, welches Hindernis im Sinne von Art. 94 StPO vorliegt und wann dieses Hindernis aufhört, unverschuldet zu sein. Sie weist insofern in Anwendung der oben genannten Grundsätze auf die Verfügung der Verfahrensleitung vom 15. Mai 2023 hin, mit welcher der Beschwerdeführer im Rahmen von Art. 403 StPO eingeladen wurde, sich zur Rechtzeitigkeit der Berufungserklärung zu äussern. Wenngleich mit dieser Verfügung noch keine verbindlichen Feststellungen zur Nichtwahrung der Frist für die Einreichung der Berufungserklärung getroffen wurden, ergibt sich daraus doch ohne Weiteres, dass damit die Frage der Fristwahrung aufgeworfen wurde und – für den Beschwerdeführer folglich klar erkennbar – die Möglichkeit einer Fristversäumnis im Raum stand. Vor diesem Hintergrund ist der Vorinstanz beizupflichten, wenn sie folgert, der Beschwerdeführer habe bereits in diesem Zeitpunkt aufgrund objektiver Anhaltspunkte ernsthafte Zweifel an der Rechtzeitigkeit der Berufungserklärung haben und mithin am 29. Mai 2023 – dem Erhalt der Verfügung vom 15. Mai 2023 – damit rechnen müssen, die Frist für deren Einreichung verpasst zu haben. Gewissheit über die Fristversäumnis hat der Beschwerdeführer, wie die Vorinstanz willkürfrei feststellt, spätestens mit dem Nichteintretensbeschluss vom 28. August 2023 erhalten, der ihm am 6. September 2023 zugestellt wurde (vgl. kantonale Akten, Zustellungsnachweise).» (E.5.2).
«Damit markierte im Prinzip die Zustellung der Verfügung vom 15. Mai 2023 den fristauslösenden Zeitpunkt für den Beginn der 30-tägigen Frist zur Einreichung des Wiederherstellungsgesuchs, musste der Beschwerdeführer doch (bereits) in diesem Zeitpunkt ernsthaft von der Möglichkeit ausgehen, die Frist für die Einreichung der Berufungserklärung verpasst zu haben. Aber selbst für den Fall, dass man mit der Vorinstanz für den Beginn des Fristenlaufs – zu Gunsten des Beschwerdeführers – auf den (grundsätzlich nicht massgebenden) Zeitpunkt der Zustellung des Nichteintretensbeschlusses am 6. September 2023 abstellen wollte, mit dem der Beschwerdeführer definitiv Kenntnis über sein verspätetes bzw. nicht fristwahrendes Handeln erhielt, wäre die Frist von 30 Tagen für die Einreichung eines Wiederherstellungsgesuchs am 26. Januar 2024 (Datum Eingabe Fristwiederherstellungsgesuch) längst abgelaufen gewesen. Der vorinstanzliche Schluss, das Gesuch um Wiederherstellung sei nicht fristgerecht eingereicht worden, ist folglich nicht zu beanstanden.» (E.5.3).
«Daran ändert auch nichts, dass der Beschwerdeführer nicht um die Möglichkeit einer Fristwiederherstellung gewusst haben will („Nichtwissen schützt nicht“; BGE 136 V 331 E. 4.2.3.1) und er „über die Möglichkeit der Behebung der angeblich verspäteten Einreichung des Rechtsmittels“ nicht informiert worden sein soll. Der Beschwerdeführer war und ist anwaltlich vertreten. Nach der Rechtsprechung verletzt es weder die Verfahrensfairness noch die behördliche Informationspflicht, einen anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer nicht auf die Möglichkeit eines Fristwiederherstellungsgesuchs hinzuweisen (vgl. Urteil 6B_1095/2017 vom 2. März 2018 E. 4.3). Dies gilt auch dann, wenn es, wie hier, um eine Vertretung durch einen ausländischen Rechtsanwalt geht. Wer als Rechtsanwalt in der Schweiz auftritt, hat die schweizerische Rechtsordnung einschliesslich die gängige Rechtsprechung zu kennen (vgl. BGE 142 IV 299 E. 1, namentlich E. 1.2). Im Übrigen wurde der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer mit der Zustellung des Nichteintretensbeschlusses vom 28. August 2023 und der darin enthaltenen umfassenden Rechtsmittelbelehrung in die Lage versetzt, sich dagegen mit einer Beschwerde an das Bundesgericht zur Wehr zu setzen und den vorinstanzlichen Beschluss überprüfen zu lassen. Dass auch auf dieses Rechtsmittel wegen verspäteter Erhebung nicht eingetreten werden konnte, hat sich der Beschwerdeführer selbst zuzuschreiben, zumal für ihn aufgrund des in der Rechtsmittelbelehrung enthaltenen ausdrücklichen Hinweises auf Art. 91 Abs. 2 StPO (bzw. Art. 48 Abs. 1 BGG) ohne Weiteres erkennbar war, dass die Übergabe einer Eingabe an eine ausländische Post nicht fristwahrend ist (vgl. Urteil 6B_1204/2023 vom 1. Dezember 2023 E. 3). Seinem Einwand, die Post sei schuld an der Verspätung, ist der Boden entzogen.» (E.5.4).
Der Schluss der Vorinstanz, das Wiederherstellungsgesuch sei nicht fristgerecht eingereicht worden, ist mithin unter keinem Titel zu beanstanden, bemerkt das Bundesgericht im Urteil 6B_476/2024 vom 8. August 2024. Fehlt es damit bereits an der formellen Voraussetzung für das Eintreten auf das Wiederherstellungsgesuch (Nichteinhalten der 30-tägigen Frist), erübrigt es sich, auf die materiellen Voraussetzungen der Wiederherstellung einzugehen, bemerkt das Bundesgericht bei der Abweisung der Beschwerde (E.5.5).