Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft III des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen A. wegen des Verdachts auf Betrug oder Anstiftung oder Gehilfenschaft zu mehrfacher qualifizierter ungetreuer Geschäftsbesorgung. Im Rahmen dieser Strafuntersuchung stellte sie mehrere Datenträger von A. sicher, bezüglich welcher Letzterer die Siegelung verlangte.
Dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Entsiegelung und Durchsuchung der sichergestellten Daten gab das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, mit Urteil vom 7. September 2020 teilweise statt. Die von A. dagegen erhobene Beschwerde hiess das Bundesgericht mit Urteil 1B_535/2020 vom 28. Juli 2021 gut und wies die Sache zur neuen Entscheidung an das Zwangsmassnahmengericht zurück.
Mit Urteil vom 29. März 2022 schrieb das Zwangsmassnahmengericht das Entsiegelungsverfahren hinsichtlich der einvernehmlich ausgesonderten respektive gesiegelten elektronischen Dateien gemäss Anhang I des angefochtenen Entscheids als gegenstandslos ab (Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids). Hinsichtlich der in Anhang II dieses Entscheids aufgeführten elektronischen Dateien hiess das Zwangsmassnahmengericht das Entsiegelungsgesuch gut (Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids). Bezüglich der in Anhang III des Entscheids aufgeführten elektronischen Dateien wies das Zwangsmassnahmengericht das Entsiegelungsgesuch ab (Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Entscheids).
Weiterzug an das Bundesgericht
Dagegen erhob A. mit Eingabe vom 7. Mai 2022 wiederum beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids aufzuheben und das Entsiegelungsgesuch bezüglich einzelner der in Anhang II zum angefochtenen Entscheid aufgeführten Datenkategorieren abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur erneuten Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Mit Verfügung vom 7. Juni 2022 wurde der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zuerkannt. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft führte in ihrer Eingabe vom 24. Mai 2022 aus, ihr sei im Laufe des Entsiegelungsverfahrens weder die Liste mit den angeblich vom Geheimnisschutz betroffenen Rechtsanwälten bzw. Vertrauenspersonen noch entsprechende Vollmachten noch eine Beschreibung (in groben Zügen) des angeblichen Anwaltsmandats zur Kenntnis gebracht worden, weshalb sie gar nicht beurteilen könne, ob es sich um ein rechtmässiges Urteil handle und auf eine weitere Vernehmlassung verzichte.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_93/2022 vom 27. August 2024
Hinsichtlich der vom Beschwerdeführer geltend gemachten und vor Bundesgericht nunmehr einzig streitigen Anwaltskorrespondenz hat die Vorinstanz die sichergestellten Daten im Rahmen einer Triage in mehrere Kategorien eingeteilt und teilweise zur Durchsuchung freigegeben (E.2.1).
Die Vorinstanz hat mehrere weitere Datenkategorien zur Durchsuchung freigegeben, bezüglich welcher streitig war, ob es sich um geschützte Anwaltskorrespondenz handelt. Der Beschwerdeführer beanstandet diesbezüglich vor Bundesgericht (einzig) die Freigabe der Kategorien „kein Anwaltsgeheimnis Zeit“, „originäre Beweismittel“, „2b“, 3cb“ und „8b“, die nachfolgend zu überprüfen ist (E.2.2).
Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht, die Vorinstanz qualifiziere die Dokumente der Kategorie „originäre Beweisdokumente“ und „8b“ zu Unrecht nicht als Anwaltskorrespondenz im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. a und c StPO (E.3).
Das Bundesgericht führt im Urteil 7B_93/2022 vom 27. August 2024 hierzu generell-abstrakt aus:
«Als Anwaltskorrespondenz im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. a, c und d StPO gilt alles, was in das besondere Vertrauensverhältnis zwischen der Anwältin oder dem Anwalt und der Klientschaft eingebracht wird, in ihm entsteht oder aus ihm hervorgeht. Geschützt sind somit zum einen Dokumente bei der Rechtsvertretung, etwa Korrespondenz zwischen dieser und der Klientschaft oder Dritten, oder Dokumente, die der Rechtsvertretung im Zusammenhang mit dem Mandat übergeben wurden oder welche die Rechtsvertretung eingeholt hat. Zum anderen sind auch Dokumente bei der Klientschaft erfasst, die diese von ihrer Rechtsvertretung erhalten hat. Die Form der Unterlagen ist nicht von Bedeutung. Anwaltskorrespondenz kann körperlich oder bloss in elektronischer Form bestehen. Erfasst sind somit namentlich E-Mails und deren Anhänge. Gleichzeitig können Beweismittel nicht dadurch dem Zugriff der Strafbehörden definitiv entzogen werden, dass sie nachträglich in das vom Anwaltsgeheimnis geschützte besondere Vertrauensverhältnis eingeführt werden: Zum einen sind nach wie vor in den Händen der Mandantschaft befindliche Beweismittel nicht etwa deshalb geschützt, nur weil sie mit der Rechtsvertretung besprochen, von ihr mit Anmerkungen versehen oder ihr in Kopie zugestellt worden sind. Zum anderen können Beweismittel, die der Rechtsvertretung übergeben worden sind, unter Umständen auch in deren Händen sichergestellt werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn diese Übergabe einzig dem Zweck dient, diese Beweismittel in einer Anwaltskanzlei zu verstecken, und daher als rechtsmissbräuchlich zu qualifizieren ist (Urteil 7B_158/2023 vom 6. August 2024 E. 4.1, zur Publikation vorgesehen, mit zahlreichen Nachweisen).» (E.3.1).
Fallbezogen fährt das Bundesgericht im Urteil 7B_93/2022 vom 27. August 2024 weiter:
«Die Vorinstanz hält fest, bei der „Kategorie originäre Beweisdokumente“ handle es sich um Unterlagen, welche unabhängig vom Mandatsverhältnis erstellt worden seien und somit keinem Beschlagnahmeverbot unterliegen. Weiter hält sie fest, bei den Dokumenten der „Kategorie 8b“ handle es sich jeweils um Anhänge von schützenswerten E-Mails, welche nicht im Rahmen eines Mandatsverhältnisses erstellt worden seien oder originäre Beweisdokumente darstellten, weshalb diese nicht vom Anwaltsgeheimnis erfasst würden und somit freizugeben seien.» (E.3.2).
«Zwar ist richtig, dass diese von der Vorinstanz als „originäre Beweisdokumente“ bezeichnete Unterlagen als solche nicht vom Anwaltsgeheimnis geschützt sind. Der Beschwerdeführer weist indessen zu Recht darauf hin, dass im Rahmen des Mandatsverhältnisses erstellte Kopien dieser Unterlagen, die zwischen Rechtsvertretung und Klientschaft ausgetauscht werden, weil sie als mandatsrelevant erachtet werden, vom Anwaltsgeheimnis geschützt sind. Die Gefahr, dass Beweismittel dem Zugriff der Strafbehörden definitiv entzogen werden, besteht in einer solchen Konstellation grundsätzlich nicht (vgl. Urteil 7B_158/2023 vom 6. August 2024 E. 4.3, zur Publikation vorgesehen). Nach dem Gesagten verletzt die Vorinstanz Bundesrecht, wenn sie die Kategorie „8b“, das heisst jene elektronischen Dateien, die als Anhang gemeinsam mit geschützter Anwaltskorrespondenz versendet wurden, zur Durchsuchung freigibt. Demgegenüber lässt sich mit Blick auf die knappen Ausführungen im angefochtenen Entscheid zur Kategorie „originäre Beweisdokumente“ nicht abschliessend beurteilen, ob es sich dabei um Anwaltskorrespondenz im Sinne der vorstehend dargestellten Rechtsprechung handelt oder nicht. Der angefochtene Entscheid ist auch diesbezüglich aufzuheben, damit die Vorinstanz insoweit einen den Anforderungen von Art. 112 Abs. 1 BGG genügenden Entscheid trifft.» (E.3.3).
Der Beschwerdeführer rügt weiter vor Bundesgericht, die Vorinstanz gehe in bundesrechtswidriger Weise davon aus, die Dokumente der Kategorie „2b“ und „3cb“ hätten ihren Geheimnischarakter verloren (E.4).
Das Bundesgericht erklärt im Urteil 7B_93/2022 vom 27. August 2024 hierzu:
«Damit eine Tatsache als (allenfalls im Rahmen des Siegelungsverfahrens geschütztes) Geheimnis gilt, ist ein Zweifaches vorausgesetzt: In objektiver Hinsicht darf die Tatsache nur einem beschränkten Personenkreis bekannt und weder offenkundig noch allgemein zugänglich sein. In subjektiver Hinsicht hat sodann ein Geheimhaltungsinteresse respektive ein entsprechender Geheimhaltungswille des Geheimnisherrn vorzuliegen. Angesichts der Bedeutung des Anwaltsgeheimnisses für das ordnungsgemässe Funktionieren der Justiz ist der diesbezügliche Geheimnisbegriff weit auszulegen. Entsprechend ist nur mit Zurückhaltung anzunehmen, eine Tatsache sei infolge allgemeiner Bekanntheit oder Zugänglichkeit nicht mehr vertraulich oder es fehle an einem Geheimhaltungsinteresse respektive Geheimhaltungswille des Geheimnisherrn. Insbesondere hat die freiwillige Kundgabe geheimer Tatsachen an ausgewählte Dritte weder zur Folge, dass diese Tatsachen dadurch als allgemein bekannt gelten, noch, dass der Geheimnisherr diese Information allgemein zugänglich machen will und damit seinen diesbezüglichen Geheimhaltungswillen in genereller Weise aufgibt (Urteil 7B_158/2023 vom 6. August 2024 E. 5.1, zur Publikation vorgesehen, mit zahlreichen Nachweisen).» (E.4.1).
«Die Vorinstanz hält diesbezüglich sinngemäss fest, bei den elektronischen Dateien der Kategorien „2b“ und „3cb“ handle es sich zwar grundsätzlich um Anwaltskorrespondenz (Verteidigerkorrespondenz oder sonstige Anwaltskorrespondenz) in Form von E-Mails, diese sei jedoch „nicht involvierten Drittpersonen“ sowie Behörden oder der Presse in Kopie („cc“ oder bcc“) zugestellt worden. Dadurch hätten diese grundsätzlich geschützten Informationen ihren Geheimnischarakter verloren und seien zur Durchsuchung freizugeben.» (E.4.2).
«Die diesbezügliche Kritik des Beschwerdeführers ist begründet. Nach der zitierten Rechtsprechung (siehe E. 4.1 hiervor) führt die freiwillige Kundgabe geheimer Tatsachen an ausgewählte Dritte nicht automatisch zum Verlust des Geheimnischarakters. Soweit die Vorinstanz undifferenziert von einem solchen Verlust des Geheimnischarakters ausgeht, verletzt sie demnach Bundesrecht. Sie wird vielmehr im Einzelfall bestimmen müssen, ob die Tatsache aufgrund der konkreten Umstände als allgemein bekannt zu gelten oder der Beschwerdeführer seinen Geheimhaltungswillen in genereller Weise aufgegeben hat, wovon nach dem Gesagten indessen nicht leichthin auszugehen ist.» (E.4.3).
Schliesslich bringt der Beschwerdeführer vor Bundesgericht vor, die Freigabe der Kategorie „kein Anwaltsgeheimnis Zeit“ verstosse deshalb gegen Bundesrecht, weil die Vorinstanz von einem falschen Verständnis des zeitlichen Geltungsbereichs des Anwaltsgeheimnisses ausgehe (E.5).
Das Bundesgericht führt hierzu im Urteil 7B_93/2022 vom 27. August 2024 aus:
«Das Vorliegen eines Mandatsverhältnisses ist nicht Voraussetzung für die Geltung des Anwaltsgeheimnisses. Vielmehr ist jeder Rechtssuchende geschützt, der sich an eine Anwältin oder einen Anwalt wendet, selbst wenn in der Folge kein Mandat zustande kommt (KASPAR SCHILLER, Schweizerisches Anwaltsrecht, 2009, Rz. 461). Durch das Anwaltsgeheimnis geschützt sind daher insbesondere auch Informationen, die mit einer Anwältin oder einem Anwalt im Hinblick auf ein allfälliges (späteres) Mandat geteilt werden (vgl. DAMIAN K. GRAF, Praxishandbuch zur Siegelung, 2022, Rz. 660). Die Pflicht zur Wahrung des Berufsgeheimnisses gilt grundsätzlich zeitlich unbegrenzt (Urteil 2C_1127/2013 vom 7. April 2014 E. 3.1); sie überdauert insbesondere sowohl die Beendigung des Mandats als auch eine allfällige spätere Aufgabe des Berufs (vgl. WALTER FELLMANN, ANWALTSRECHT, 2. AUFL. 2017, Rz. 557; SCHILLER, a.a.O., Rz. 420).» (E.5.1).
Das Bundesgericht führt hierzu im Urteil 7B_93/2022 vom 27. August 2024 aus:
«Die Vorinstanz hält bezüglich der „Kategorie kein Anwaltsgeheimnis Zeit“ fest, dabei handle es sich um Dokumente und E-Mails im Zusammenhang mit Rechtsanwalt lic. iur B. von vor dem 23. August 2017, ab welchem ein Mandatsverhältnis mit diesem geltend gemacht worden sei, und nach dem 6. Juli 2018, an welchem dieser aus dem Anwaltsregister gelöscht worden sei.
Ob bereits vor dem 23. August 2017 ein Mandatsverhältnis bestand, wie dies der Beschwerdeführer vorbringt, kann dahingestellt bleiben. Ein solches ist nicht vorausgesetzt, damit Informationen, die ein Rechtsanwalt im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit von einem Rechtssuchenden erhält, dem Anwaltsgeheimnis unterstehen. Die Vorinstanz wird entsprechend im Einzelnen zu prüfen haben, ob es sich bei den Dokumenten und E-Mails von vor dem 23. August 2017 um derartige Informationen (z. B. Informationsaustausch im Rahmen der Mandatsanbahnung) handelt oder nicht (z. B. rein privater Austausch). Der Beschwerdeführer rügt sodann zu Recht, dass alleine aus dem Umstand, wonach der in Frage stehende Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit inzwischen aufgegeben habe, noch nicht geschlossen werden kann, sämtliche hiernach erfolgte Kommunikation gelte nicht mehr als geheimnisgeschützt. Das Anwaltsgeheimnis gilt auch nach einer allfälligen Berufsaufgabe uneingeschränkt weiter, weshalb auch spätere Kommunikation betreffend das frühere Mandatsverhältnis (z. B. Anfragen betreffend die Herausgabe gewisser Akten, Kommunikation im Hinblick auf die Übertragung des Mandats auf eine andere Rechtsvertretung, usw.) dem Anwaltsgeheimnis unterstehen. Mangels der diesbezüglich notwendigen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz kann dagegen nicht beantwortet werden, wie es sich verhält, wenn diese Kommunikation keinen Zusammenhang zum vorbestehenden Mandat aufweist.» (E.5.2).
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde durch das Bundesgericht teilweise gutzuheissen. Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids ist antragsgemäss aufzuheben und die Sache diesbezüglich an die Vorinstanz zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen (E.6).