Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen führt eine Strafuntersuchung gegen A. betreffend Vergehen und/oder Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz. Im Zusammenhang mit dieser Untersuchung wurde unter anderem ein Mobiltelefon von A. sichergestellt, dessen Siegelung beantragt wurde.
Verfahrensgang
Mit Eingabe vom 6. Januar 2023 beantragte die Staatsanwaltschaft die Entsiegelung des sichergestellten Mobiltelefons. Mit Verfügung vom 24. Februar 2023 wies das Kantonsgericht des Kantons Schaffhausen, Zwangsmassnahmengericht, das Gesuch um Entsiegelung des Mobiltelefons ab und ordnete die Herausgabe des sichergestellten Mobiltelefons nach ungenütztem Ablauf der Rechtsmittelfrist an.
Weiterzug ans Bundesgericht
Dagegen erhob die Staatsanwaltschaft mit Eingabe vom 31. März 2023 beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, die angefochtene Verfügung aufzuheben und ihr Entsiegelungsgesuch gutzuheissen, eventualiter die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Mit Schreiben vom 18. April 2023 hat die Vorinstanz eine Vernehmlassung eingereicht. Mit Eingabe vom 28. April 2023 hat der Beschwerdegegner eine Beschwerdeantwort und eine Kostennote eingereicht.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_54/2023 vom 12. Oktober 2023
Zur Ladung von gesiegelten Mobiltelefonen
Die Vorinstanz hält durch das Bundesgericht zusammengefasst fest, das sichergestellte Mobiltelefon sei von der Schaffhauser Polizei in einen wiederverschliessbaren, durchsichtigen Plastikbeutel mit Druckverschluss gelegt worden. Der obere Teil des Beutels sei umgeschlagen und mit einer amtlichen Siegel-Klebeetikette an den unteren Teil des Beutels geklebt worden. Durch einen Schlitz in der Öffnung des Plastikbeutels (und unter der Siegel-Klebeetikette hindurch) rage ein iPhone-Ladekabel mit USB-Stecker heraus, welches an das iPhone im Beutel angeschlossen sei. Die Vorinstanz erwägt, wie das Bundesgericht ausführt, durch die Siegelung eines Mobiltelefons in einem durchsichtigen Plastikbeutel werde nicht abschliessend gewährleistet, dass nicht unbemerkt vom Inhalt des Mobiltelefons Kenntnis genommen werde, zumal das Mobiltelefon durch den Plastikbeutel hindurch eingesehen und grundsätzlich – wenn auch erschwert – bedient werden könne (was mit einem eigenen Mobiltelefon in einem ähnlichen Plastikbeutel getestet worden sei). Der aus dem Plastikbeutel herausragende USB-Stecker könne jedoch ohne Weiteres in ein anderes Gerät eingesteckt werden. Das Mobiltelefon könne über das iPhone-Ladekabel nicht nur aufgeladen werden, sondern damit sei auch der Transfer von Daten möglich. Daher erscheine auch eine unbemerkte Entschlüsselung des Sicherheitscodes vor der Entsiegelung nicht mehr als ausgeschlossen, da diese unbemerkt vorgenommen werden könnte, ohne hierbei das amtliche Siegel in Form der angebrachten Klebeetikette zu beschädigen. Angesichts dieser Feststellungen gelangt die Vorinstanz, wie das Bundesgericht weiter erklärt, zum Schluss, dass eine ungenügende Siegelung vorliege. Bei den Vorschriften zur Siegelung handle es sich um Gültigkeitsvorschriften (und nicht blosse Ordnungsvorschriften). Der Beschuldigte werde sodann lediglich eines Vergehens (und nicht eines Verbrechens) beschuldigt, womit keine schwere Straftat im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO vorliege. Angesichts des mangelhaft gesiegelten Mobiltelefons müsse daher gemäss der Vorinstanz von einem offensichtlichen strafprozessualen Verwertungsverbot im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO ausgegangen werden, weshalb das Entsiegelungsgesuch abzuweisen sei. (E.2)
Die Staatsanwaltschaft bestreitet gemäss Bundesgericht zunächst, dass eine ungenügende Siegelung vorliege. (E.3)
Das Bundesgericht führt dazu im Urteil 7B_54/2023 vom 12. Oktober 2023 Folgendes aus:
«Die Vorinstanz hat für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich festgestellt, die gewählte Siegelungsmethode gewährleiste nicht, dass nicht unbemerkt auf die gesiegelten Datenträger zugegriffen werden könne. Die Staatsanwaltschaft bestreitet dies nicht, sondern gesteht ausdrücklich ein, dass es „rein hypothetisch möglich wäre, an die Daten des Mobiltelefons heranzukommen“». (E.3.1)
«Die Staatsanwaltschaft rügt indessen, entgegen der Annahme des Zwangsmassnahmengerichts sei keine andere Methode denkbar, um eine fortwährende Stromversorgung des sichergestellten Mobiltelefons zu gewährleisten. Eine solche sei indessen notwendig, um einen unwiderruflichen Beweisverlust zu verhindern, da bei einem stromlosen Zustand des Mobiltelefons respektive einem späteren Neustart desselben gewisse Daten (insb. Log- oder Protokollfiles) verloren gingen. Es stelle sich daher die Frage, welche Interessen höher zu gewichten seien: Der Untersuchungsgrundsatz nach Art. 6 StPO und mithin die Erforschung der materiellen Wahrheit oder der Anspruch der beschuldigten Person auf die Ausschliessbarkeit jeder hypothetischen Möglichkeit, dass die Strafverfolgungsbehörden vor einer Entsiegelung Kenntnis vom Inhalt des gesiegelten Mobiltelefons erhalten würden. Es erscheine sodann als geradezu stossend, dass Polizei und Staatsanwaltschaft unter den Generalverdacht des Siegelbruchs i.S.v. Art. 290 StGB gestellt würden, wäre doch eine unbemerkte Entschlüsselung des Sicherheitscodes und mithin ein unbemerkter Datentransfer als Umgehung des Siegels und damit als Siegelbruch zu qualifizieren.» (E.3.2)
«Dem kann nicht gefolgt werden. Aufzeichnungen und Gegenstände, die nach Angaben der Inhaberin oder des Inhabers wegen eines Aussage- oder Zeugnisverweigerungsrechts oder aus anderen Gründen nicht durchsucht oder beschlagnahmt werden dürfen, unterliegen nicht bloss einem einstweiligen Durchsuchungs- und Verwertungsverbot, sondern sind zudem „zu versiegeln“ (Art. 248 Abs. 1 StPO). Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei der Siegelung daher (auch) um einen physischen Vorgang, bei welchem die Strafverfolgungsbehörden die sichergestellten Unterlagen oder Datenträger in einer Art und Weise zu verpacken haben, die den Zugriff auf diese Aufzeichnungen ohne Brechen des Siegels verunmöglicht (Urteil 1B_80/2023 vom 27. März 2023 E. 3.2 mit Hinweis).
Anzumerken bleibt, dass entgegen der Ansicht der Staatsanwaltschaft durchaus technische Lösungen bestehen, die sowohl eine dauerhafte Stromversorgung des Mobiltelefons als auch eine rechtskonforme Siegelung gewährleisten. So weist die Vorinstanz in ihrer Vernehmlassung zutreffend darauf hin, dass das versiegelbare Behältnis eine Powerbank enthalten könnte, wobei der dauerhafte Betrieb letzterer wiederum mit einem aus dem versiegelten Behältnis herausreichenden Stromkabel – welches im Gegensatz zum USB-Ladekabel grundsätzlich keinen Datentransfer erlaubt – sichergestellt werden könnte. Der Beschwerdegegner bringt zusätzlich zu Recht vor, dass neuere Mobiltelefone induktiv (kabellos) aufgeladen werden können und ein solcher Ladevorgang auch durch einen (versiegelten) Plastikbeutel hindurch möglich ist.» (E.3.3)
Zur Unverwertbarkeit im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO
Weiter bringt die Staatsanwaltschaft vor Bundesgericht vor, selbst wenn die Siegelung als unzureichend bewertet werde, könne nicht von einer offensichtlichen Unverwertbarkeit im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO ausgegangen werden, die bereits im Entsiegelungsverfahren durchzusetzen sei. (E.4)
Das Bundesgericht führt hierzu im Urteil 7B_54/2023 vom 12. Oktober 2023 Folgendes aus:
«Nach der publizierten Rechtsprechung des Bundesgerichts ist bei rechtswidrigem Vorgehen im Zusammenhang mit der Siegelung von Dokumenten oder Datenträgern zwischen der Fortsetzung des Entsiegelungsverfahrens und der Verwertbarkeit von Beweismitteln zu unterscheiden. Bei schweren Verfahrensmängeln ist eine Fortsetzung des Entsiegelungsverfahrens ausgeschlossen und das Entsiegelungsbegehren abzuweisen (BGE 148 IV 221 E. 4).» (E4.1)
«In der Vergangenheit wurde ein nicht mehr korrigierbarer schwerer Verfahrensfehler darin erblickt, dass im Zuge einer Datenspiegelung durch die Untersuchungsbehörde die „Möglichkeit eines verfrühten Zugangs“ der Untersuchungsbehörde zu den Daten bestand. Dies wurde damit begründet, dass ein rechtsstaatliches Verfahren eine solche Unsicherheit nicht verträgt (BGE 148 IV 221 E. 3.2 und 4.2). Nichts anderes kann demnach gelten, wenn diese „Möglichkeit eines verfrühten Zugangs“ auf andere Gründe, namentlich eine unzureichende Siegelung, zurückzuführen ist. Der Verfahrensfehler wiegt diesfalls nicht minder schwer, weshalb auch dann eine Fortsetzung des Entsiegelungsverfahren ausgeschlossen ist und das Entsiegelungsbegehren abgewiesen werden muss.» (E.4.2)
«Sowohl die Vorinstanz als auch die Staatsanwaltschaft übersehen in ihren Ausführungen die Bedeutung und Rechtsfolgen der von der Vorinstanz zu Recht festgestellten unzureichenden Siegelung. Im Ergebnis erweist sich der angefochtene Entscheid, der die Entsiegelung des sichergestellten Datenträgers mangels rechtsgültiger Siegelung nicht zulässt, jedoch als bundesrechtskonform, weshalb die Beschwerde auch diesbezüglich unbegründet ist.» (E.4.3)
Das Bundesgericht wies die Beschwerde ab (E.5).