Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Untersuchungsamt Altstätten, führt ein Strafverfahren gegen A. wegen versuchter vorsätzlicher Tötung und weiterer Delikte. Sie verdächtigt ihn, in der Nacht vom 14. Juli 2023 am Bahnhof U. während einer tätlichen Auseinandersetzung mit B. mehrmals mit einem Messer auf diesen eingestochen und ihm schwere Verletzungen zugefügt zu haben, namentlich eine Stichwunde am Hals. A. und B. sind abgewiesene Asylbewerber. Beide wurden rechtskräftig des Landes verwiesen, wohnten in der Asylunterkunft in V. und teilten dort ein Zimmer. Zum Zeitpunkt der mutmasslichen versuchten vorsätzlichen Tötung ermittelte die Staatsanwaltschaft bereits gegen A. wegen Raubs, gewerbsmässigen Diebstahls, mehrfachen Hausfriedensbruchs, Verweisungsbruchs und Vergehens gegen das Bundesgesetz vom 16. Dezember 2005 über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG; SR 142.20).
Instanzenzug
Der A. wurde am 15. Juli 2023 festgenommen und befindet sich seither in Haft. Die Staatsanwaltschaft bewilligte ihm am 16. Januar 2024 den vorzeitigen Strafvollzug. Am 6. Juni 2025 stellte A. ein Haftentlassungsgesuch. Das regionale Zwangsmassnahmengericht des Kreisgerichts Rheintal wies das Gesuch mit Entscheid vom 25. Juni 2025 ab und beliess A. im vorzeitigen Strafvollzug. Zudem wies es die Staatsanwaltschaft auf das Beschleunigungsgebot in Haftsachen hin.
Gegen diesen Entscheid erhob A. Beschwerde bei der Anklagekammer des Kantons St. Gallen. Diese stellte mit Entscheid vom 14. August 2025 fest, dass das Zwangsmassnahmengericht den Anspruch von A. auf rechtliches Gehör (Begründungspflicht) verletzt hat (Dispositiv-Ziffer 1) und dass die Staatsanwaltschaft das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt hat (Dispositiv-Ziffer 2). Weiter versetzte sie A. einstweilen bis längstens 14. November 2025 in Untersuchungshaft zurück (Dispositiv-Ziffer 3.a). Im Übrigen wies sie die Beschwerde ab, soweit sie darauf eintrat (Dispositiv-Ziffer 3.b).
Weiterzug ans Bundesgericht
Gegen diesen Entscheid erhebt A. Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt vor Bundesgericht, es seien die Dispositiv-Ziffern 3.a und 3.b des angefochtenen Entscheids aufzuheben und er sei umgehend aus der Haft zu entlassen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Anklagekammer zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren.
Die Anklagekammer hat auf Vernehmlassung verzichtet. Die Staatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. A. hat mit Eingabe vom 9. Oktober 2025 an seinen Rechtsbegehren festgehalten.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_985/2025 vom 16. Oktober 2025
Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 7B_985/2025 vom 16. Oktober 2025 zunächst bezüglich der Ausführungen der Vorinstanz und der Parteien wie folgt:
«Die Vorinstanz stellt im angefochtenen Entscheid fest, dass die Haftvoraussetzungen erfüllt seien. Zur Haftdauer hält sie fest, die verfahrensleitende Staatsanwältin habe am 13. Oktober 2023 geltend gemacht, dass in den nächsten Tagen beziehungsweise Wochen der Abschluss der polizeilichen Ermittlungen, die Schlusseinvernahme und die Anklageerhebung geplant seien. Soweit aus den Haftakten ersichtlich – so die Vorinstanz weiter – habe die letzte Untersuchungshandlung dann am 16. Januar 2024 stattgefunden. Dennoch habe die Staatsanwaltschaft in der Folge keine Anklage erhoben. Auf Nachfrage habe die verfahrensleitende Staatsanwältin dem Beschwerdeführer am 11. September 2024 mitgeteilt, dass „die Anklageschrift schon fast vollendet“ sei. Am 12. Juni 2025 habe sie im Haftprüfungsverfahren erklärt, der Entwurf der Anklage liege vor. Formell habe sie die Anklageerhebung erst am 15. Juli 2025 in Aussicht gestellt. Die Vorinstanz geht angesichts dieser Umstände davon aus, dass die Strafuntersuchung während 18 Monaten geruht habe. Sie erwägt, es seien – trotz des umfangreichen Verfahrens – keine Gründe ersichtlich, welche die Verzögerung des Verfahrens rechtfertigen würden. Diese sei zwar massiv, müsse aber „angesichts der drohenden Freiheitsstrafe“ nicht zu einer Haftentlassung führen. Die Staatsanwaltschaft habe nun aber so schnell wie möglich Anklage zu erheben.» (E.2.1).
«Der Beschwerdeführer beanstandet, dass die Feststellung der Vorinstanz, wonach die Staatsanwaltschaft das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt habe, „faktisch ohne Rechtsfolge“ geblieben sei. Er macht geltend, das Strafverfahren habe während 18 Monaten „ohne jegliche sachliche oder nachvollziehbare Begründung“ geruht, obschon es sich nicht um einen besonders komplexen oder umfangreichen Fall handle. Zudem habe er sich im Strafverfahren „nicht unkooperativ verhalten“ und keine Schritte unternommen, die eine 18-monatige Verfahrenszögerung rechtfertigen würden. Mithin habe er die Verzögerung nicht selbst zu verantworten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sei in einem solchen Fall von unbegründeter massiver Verfahrensverzögerung die Haftentlassung anzuordnen. Die Vorinstanz verletze Bundesrecht, wenn sie dies nicht tue, und vermenge in unzulässiger Weise das Überhaftgebot mit dem besonderen Beschleunigungsgebot in Haftsachen, wenn sie zwar eine massive Verfahrensverzögerung feststelle, gleichzeitig aber schlussfolgere, dass angesichts der drohenden langen Freiheitsstrafe eine Haftentlassung nicht gerechtfertigt sei. Eine Verletzung des Beschleunigungsgebots könne nämlich auch eine Haftentlassung zur Folge haben, wenn die Dauer der Haft im Verhältnis zur erwarteten Strafe noch verhältnismässig sei. Ferner sei die sofortige Haftentlassung auch mit Blick auf die besonderen Haftgründe angezeigt und verhältnismässig. Die Vorinstanzen hätten nämlich nicht abschliessend geprüft, ob (neben der bejahten Fluchtgefahr) eine qualifizierte Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1bis lit. a StPO vorliege, was er (der Beschwerdeführer) bestreite. Ohne abschliessende Erwägungen zur qualifizierten Wiederholungsgefahr sei der Entscheid lückenhaft und könne vor Bundesgericht nicht substanziiert gerügt werden. Die Vorinstanz habe damit auch Art. 112 Abs. 1 BGG verletzt.» (E.2.2).
«Die Staatsanwaltschaft bringt in ihrer Vernehmlassung vor Bundesgericht vor, eine Entlassung aus der Haft komme insbesondere aufgrund der Fluchtgefahr nicht in Betracht. Das Verfahren stehe „nun unmittelbar vor seinem Abschluss“. Sie werde mit der Anklageerhebung eine mehrjährige Freiheitsstrafe beantragen und einen Antrag auf Sicherheitshaft stellen.» (E.2.3).
Das Bundesgericht äussert sich alsdann im Urteil 7B_985/2025 vom 16. Oktober 2025 generell-abstrakt wie folgt:
«Jede Person hat in Verfahren vor Gerichts- und Verwaltungsinstanzen Anspruch auf gleiche und gerechte Behandlung sowie auf Beurteilung innert angemessener Frist (Art. 29 Abs. 1 BV). Gemäss Art. 5 Abs. 1 StPO nehmen die Strafbehörden die Strafverfahren unverzüglich an die Hand und bringen sie ohne unbegründete Verzögerung zum Abschluss. Dieses Beschleunigungsgebot gilt in sämtlichen Verfahrensstadien und verpflichtet die Strafbehörden, Verfahren voranzutreiben, um die beschuldigte Person nicht unnötig über die gegen sie erhobenen Vorwürfe im Ungewissen zu lassen (BGE 150 IV 462 E. 3.5.4; 143 IV 49 E. 1.8.2, 373 E. 1.3.1 mit Hinweis). Welche Verfahrensdauer angemessen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab. Massgebend sind namentlich die Komplexität des Sachverhalts, das Verhalten der beschuldigten Person und der Strafverfolgungsbehörden (BGE 144 II 486 E. 3.2; Urteil 7B_484/2023 vom 3. Juni 2024 E. 2.1.1; je mit Hinweisen) sowie die Schwere des Tatvorwurfs (Urteile 6B_881/2024 vom 17. März 2025 E. 6; 6B_777/2017, 6B_778/2017 vom 8. Februar 2018 E. 5.2 mit Hinweis). Das Beschleunigungsgebot ist verletzt, wenn die Strafbehörde über mehrere Monate hinweg im Verfahren untätig gewesen ist und das Verfahren respektive einen Verfahrensabschnitt innert wesentlich kürzerer Zeit hätte abschliessen können. Dass das Verfahren zwischen gewissen Prozessabschnitten zeitweise ruht oder dass einzelne Verfahrenshandlungen auch früher hätten erfolgen können, begründet für sich alleine hingegen noch keine Bundesrechtswidrigkeit (BGE 130 IV 54 E. 3.3.3; Urteil 7B_256/2025 vom 11. April 2025 E. 6.1; je mit Hinweisen).» (E.2.4.1).
«Befindet sich eine beschuldigte Person in Haft, gilt das besondere Beschleunigungsgebot in Haftsachen. Dieses verpflichtet die Strafbehörden dazu, solche Verfahren vordringlich zu führen (vgl. Art. 5 Abs. 2 StPO, Art. 31 Abs. 3 BV und Art. 5 Ziff. 3 EMRK). Hiervon abzugrenzen ist das sogenannte Überhaftverbot (siehe dazu Art. 212 Abs. 3 StPO), denn die Dauer der zu erwartenden Freiheitsstrafe ist für die Beurteilung der Angemessenheit der Verfahrensdauer nicht massgebend (vgl. Urteil 1B_22/2022 vom 8. Februar 2022 E. 2.3; SIMON HUWILER, Das Beschleunigungsgebot in Haftsachen im schweizerischen Strafprozessrecht, 2025, S. 52 f.).» (E.2.4.2).
«Ob die Strafbehörden das Beschleunigungsgebot in Haftsachen verletzt haben, ist grundsätzlich nicht durch das Haftgericht im Haftverfahren, sondern durch das Sachgericht zu beurteilen. Das Haftgericht prüft die Frage nur, wenn die Verfahrensverzögerung geeignet ist, die Rechtmässigkeit der Untersuchungs- oder Sicherheitshaft insgesamt in Frage zu stellen. Bejaht das Haftgericht eine Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen, ist die inhaftierte Person nur aus der Haft zu entlassen, wenn die Verletzung besonders schwer wiegt und die Strafbehörden erkennen lassen, dass sie nicht gewillt oder in der Lage sind, das Verfahren voranzutreiben (vgl. BGE 140 IV 74 E. 3.2; Urteil 7B_289/2025 vom 24. April 2025 E. 3.1; je mit Hinweisen). Wird die inhaftierte Person nicht aus der Haft entlassen, kann das Haftgericht prozessuale Anordnungen erlassen, etwa indem es Fristen für ausstehende Verfahrenshandlungen ansetzt. Weiter ist die Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen im Dispositiv des Entscheids festzuhalten. Zudem ist dieser bei der Auferlegung von Verfahrenskosten angemessen Rechnung zu tragen (Urteil 1B_120/2022 vom 24. März 2022 E. 4.2 mit Hinweisen; vgl. Urteil 7B_480/2025 vom 18. Juni 2025 E. 5.2.3 mit Hinweis).» (E.2.4.3).
Das Bundesgericht hält die Rüge des Beschwerdeführers im Urteil 7B_985/2025 vom 16. Oktober 2025 für «teilweise begründet» (E.2.5):
«Aus dem angefochtenen Entscheid geht hervor, dass die Staatsanwaltschaft trotz Abschluss der Strafuntersuchung im Januar 2024 bis zum angefochtenen Entscheid vom 14. August 2025 keine Anklage erhoben hat. Das Verfahren stand somit während eineinhalb Jahren still. Wie der Beschwerdeführer und die Vorinstanz zutreffend ausführen, lässt sich diese Untätigkeit nicht rechtfertigen, denn nach der Vorinstanz ist das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer zwar umfangreich, aber nicht besonders komplex. Ferner lassen sich dem angefochtenen Entscheid keine Hinweise dafür entnehmen, dass der Beschwerdeführer mit seinem Verhalten in irgendeiner Weise zu der langen Verfahrensdauer beigetragen hätte. Mithin liegt eine schwere Verletzung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen vor. Besonders schwer wiegt dabei, dass die Staatsanwaltschaft auch noch untätig blieb, nachdem der Beschwerdeführer wegen der langen Verfahrensdauer am 6. Juni 2025 um Haftentlassung ersucht hatte. Überdies geht aus der Vernehmlassung der Staatsanwaltschaft hervor, dass sie zwischenzeitlich offenbar immer noch keine Anklage erhoben hat.» (E.2.5.1).
«Zu prüfen bleibt, ob der Beschwerdeführer bei dieser Sachlage sofort aus der Haft zu entlassen ist. Der Beschwerdeführer kritisiert zu Recht, dass die Vorinstanz die Verweigerung der Haftentlassung damit begründet, im Falle einer Verurteilung wäre ohnehin eine lange Freiheitsstrafe zu erwarten und demnach drohe keine Überhaft. Nach der zitierten Rechtsprechung ist dies nämlich nicht relevant für die Beurteilung, ob er wegen der Verletzung des Beschleunigungsgebots in Haftsachen aus der Haft zu entlassen ist (vgl. E. 2.4.2 und 2.4.3 hiervor). Dagegen kann dem Beschwerdeführer nicht vollumfänglich gefolgt werden, wenn er die Urteile 1P.88/2003 vom 4. März 2003 und 1B_299/2015 vom 28. September 2015 heranzieht, um seine Forderung nach Haftentlassung zu begründen. Anders als im vorliegenden Verfahren waren nämlich in diesen beiden Fällen die betroffenen Strafbehörden jeweils bereits in vorangegangenen Verfahren vom zuständigen Haftgericht beziehungsweise vom Bundesgericht angewiesen worden, das Strafverfahren nunmehr mit besonderer Beförderung zu behandeln. Die Strafbehörden kamen diesen Anweisungen in beiden Fällen nicht nach. Demgegenüber hat die Staatsanwaltschaft in diesem Fall keine solche Anweisung erhalten und missachtet. Der Beschwerdeführer, der sich bis zum angefochtenen Entscheid im vorzeitigen Strafvollzug befand, macht denn auch nicht geltend, dass er die Staatsanwaltschaft seinerseits zur Eile angehalten hätte, bevor er am 6. Juni 2024 um Haftentlassung ersuchte. Der Staatsanwaltschaft kann vorliegend zumindest nicht vorgeworfen werden, sie hätte entsprechende Gesuche und richterliche Anweisungen unbeachtet gelassen. Zudem wiegt der Tatvorwurf der versuchten vorsätzlichen Tötung schwer. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung eines solchen Delikts und der Sanktionierung des Beschwerdeführers, sollte er für schuldig befunden werden, ist hoch. Dem Beschwerdeführer ist indes zuzustimmen, dass keine Rolle spielen kann, wenn die Vorinstanz erwägt, gewisse Umstände würden insgesamt auf eine Anlasstat hindeuten, die den Haftgrund der qualifizierten Wiederholungsgefahr begründen könnte. Denn sie stellt das Vorliegen dieses besonderen Haftgrunds letztlich nicht fest, und die Staatsanwaltschaft hat jedenfalls nach Angaben des Beschwerdeführers bisher kein psychiatrisches Gutachten zur Beurteilung einer allfälligen qualifizierten Wiederholungsgefahr eingeholt, und auch die Vorinstanz erwähnt ein solches Gutachten weder im angefochtenen Entscheid noch in der Vernehmlassung. Bei dieser Sachlage ist davon auszugehen, dass keine qualifizierte Wiederholungsgefahr besteht. Somit braucht nicht erörtert zu werden, ob und gegebenenfalls inwiefern sich eine solche auf die Frage der Haftentlassung auswirken könnte.» (E.2.5.2).
«Nach dem Gesagten ist die Staatsanwaltschaft anzuweisen, nun umgehend Anklage zu erheben oder das Verfahren einzustellen. Hat sie bis spätestens 14. November 2025 keine Anklage erhoben, ist der Beschwerdeführer sofort – und, sofern nötig, unter Anordnung von Ersatzmassnahmen – aus der strafprozessualen Haft zu entlassen. Die Strafbehörden werden ausserdem auch im Falle einer Anklageerhebung zu berücksichtigen haben, dass aufgrund der Verletzung des Beschleunigungsgebots das Strafverfahren keine weitere Verzögerung erlaubt.» (E.2.5.3).
«Der Beschwerdeführer obsiegt insoweit, als die Vorinstanz der Staatsanwaltschaft bei dieser Sachlage konkrete Anweisungen hätte erteilen müssen, um die förderliche Behandlung der Sache sicherzustellen. Die Beschwerde ist deshalb teilweise gutzuheissen. Aus Gründen der Prozessökonomie und des Beschleunigungsgebots ist auf eine Rückweisung an die Vorinstanz zu verzichten und Dispositiv-Ziffer 2 des angefochtenen Entscheids dahingehend zu ergänzen (Art. 107 Abs. 2 BGG). Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen.» (E.3).
Kommentar zum Urteil von Boris Etter, Fachanwalt SAV Strafrecht
Dieses Urteil des Bundesgerichts ist sehr zu begrüssen; sowohl in seinen Schlussfolgerungen als auch im prozeduralen Bereich. Das Bundesgericht setzt der Staatsanwaltschaft durch dieses Urteil nämlich ein Ultimatum mit Datum: Anklage oder Entlassung aus der Untersuchungshaft (gegen Ersatzmassnahmen). Weiter erklärt das Bundesgericht auch, dass im Falle der Anklage durch die Staatsanwaltschaft beim Sachgericht ein rascher Termin für die Hauptverhandlungen zu finden ist. Dieser Fall zeigt auf, dass bei längerer Untätigkeit der Staatsanwaltschaft oder bei einer extrem späten Ansetzung des Termins für die Hauptverhandlung die Möglichkeit für eine erfolgreiche Beschwerde besteht und „keine Überhaft“ nicht als Grund für die ständige Verlängerung der Untersuchungshaft herangezogen werden darf. Natürlich gelten weiterhin die anderen Grundsätze im Haftverfahren, wie besondere Haftgründe (etwa Fluchtgefahr), die einer Entlassung entgegenstehen können, sowie die einzelfallbezogene Notwendigkeit der Abwägung der Risiken von negativen Präjudizien für das Hauptverfahren im Haftverfahren.