Legitimation und deren Begründung bei Beschwerde an das Bundesgericht durch Privatklägerschaft

Im Urteil 7B_516/2025 vom 23. September 2025 aus dem Kanton Schaffhausen äussert sich das Bundesgericht zum Thema der Beschwerdelegitimation des Geschädigten im Strafverfahren. Das Bundesgericht erklärt u.a.:  «Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR […]. Nicht in diese Kategorie fallen Ansprüche, die sich aus dem öffentlichen Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus öffentlichem Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG […]. Die Rechtsprechung stellt strenge Anforderungen an die Begründung der Legitimation, insbesondere wenn sich die Beschwerde – wie vorliegend – gegen die Nichtanhandnahme oder Einstellung eines Verfahrens richtet […]. Ungeachtet der fehlenden Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft vor Bundesgericht die Verletzung von Verfahrensrechten rügen, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommen würde. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind dabei Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen („Star-Praxis“ […]. Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb insbesondere nicht geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend […].» (E.1.1). Im vorliegenden Fall wies das Bundesgericht die Beschwerde ab.

Sachverhalt

Der A. erstatte am 5. August 2024 Strafanzeige gegen B., wissenschaftlicher Mitarbeiter des Finanzdepartements des Kantons Schaffhausen, und gegen Unbekannt wegen Betrugs und Anstiftung dazu, Amtsmissbrauchs und Bestechung.  Die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen nahm die Strafuntersuchung am 30. September 2024 nicht an die Hand.

Instanzenzug

Das Obergericht des Kantons Schaffhausen wies die von A. gegen die Nichtanhandnahmeverfügung vom 30. September 2024 erhobene Beschwerde am 11. April 2025 ab, soweit es darauf eintrat.

Weiterzug an das Bundesgericht

Der A. erhob am 6. Juni 2025 Beschwerde in Strafsachen gegen den Entscheid vom 11. April 2025 und beantragte, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben; die Staatsanwaltschaft des Kantons Schaffhausen sei anzuweisen, ein Strafverfahren gegen B. wegen Urkundenfälschung und Anstiftung dazu, sowie wegen Amtsmissbrauchs zu eröffnen. Es wurden die kantonalen Akten, nicht jedoch Vernehmlassungen eingeholt.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_516/2025 vom 23. September 2025  

Das Bundesgericht bemerkt im Urteil 7B_516/2025 vom 23. September 2025 einleitend:

«Das Bundesgericht prüft von Amtes wegen (Art. 29 Abs. 1 BGG) und mit freier Kognition, ob eine eingereichte Beschwerde zulässig ist (BGE 150 IV 103 E. 1 mit Hinweis).» (E.1).

«Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen nur berechtigt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Als Zivilansprüche gelten solche, die ihren Grund im Zivilrecht haben und deshalb ordentlicherweise vor dem Zivilgericht durchgesetzt werden müssen. In erster Linie handelt es sich um Ansprüche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 148 IV 432 E. 3.1.2-3.3; 146 IV 76 E. 3.1; je mit Hinweisen). Nicht in diese Kategorie fallen Ansprüche, die sich aus dem öffentlichen Recht ergeben. Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus öffentlichem Staatshaftungsrecht, können nicht adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden und zählen nicht zu den Zivilansprüchen im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (BGE 146 IV 76 E. 3.1 mit Hinweisen; Urteil 7B_30/2024 vom 5. März 2024 E. 1.1). Die Rechtsprechung stellt strenge Anforderungen an die Begründung der Legitimation, insbesondere wenn sich die Beschwerde – wie vorliegend – gegen die Nichtanhandnahme oder Einstellung eines Verfahrens richtet (ausführlich hierzu: Urteile 7B_1201/2024 vom 22. Januar 2025 E. 1.2; 7B_182/2024 vom 26. März 2024 E. 2.1.2; 7B_18/2024 vom 14. März 2024 E. 2; je mit Hinweisen). Ungeachtet der fehlenden Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft vor Bundesgericht die Verletzung von Verfahrensrechten rügen, deren Missachtung einer formellen Rechtsverweigerung gleichkommen würde. Zulässig sind Rügen, die formeller Natur sind und von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Nicht zu hören sind dabei Rügen, die im Ergebnis auf eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids abzielen („Star-Praxis“; BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1). Ein in der Sache nicht legitimierter Beschwerdeführer kann deshalb insbesondere nicht geltend machen, die Begründung sei materiell unzutreffend (BGE 136 IV 41 E. 1.4; Urteile 7B_751/2024 vom 27. November 2024 E. 3.1; 7B_219/2023 vom 20. Juni 2024 E. 1.2; je mit Hinweisen).» (E.1.1).

«In der Strafanzeige vom 5. August 2024 warf der Beschwerdeführer dem Beschwerdegegner 2 vor, er (der Beschwerdeführer) sei im damaligen kantonalen Bedrohungsmanagement zu Unrecht als „Gefährder“ gelistet worden. Nachdem das Bedrohungsmanagement abgeschafft worden sei, habe er (der Beschwerdeführer) aufgrund der angeblich erlittenen Persönlichkeitsverletzung beim Finanzdepartement des Kantons Schaffhausen Forderungen gegen den Kanton Schaffhausen angemeldet. In der Folge habe am 14. November 2023 auf Initiative des Beschwerdegegners 2 hin ein Vergleichsgespräch stattgefunden. Dabei habe ihm der Beschwerdegegner 2 eine durch den Kanton Schaffhausen zu bezahlende Schadenersatzzahlung von Fr. 20’000.– und eine Genugtuung von Fr. 2’000.– angeboten. Der Beschwerdegegner 2 habe allerdings klargemacht, dass eine Genugtuungszahlung nicht als solche ausgewiesen werden dürfe. Er habe dem Beschwerdeführer deshalb vorgeschlagen, die Vereinbarung zu „frisieren“ und darin den Gesamtbetrag von Fr. 22’000.– als Schadenersatz zu deklarieren. Auf dieses Angebot sei er (der Beschwerdeführer) nicht eingegangen.» (E.1.2).

«Die Vorinstanz verneint im Hinblick auf den Tatbestand der Urkundenfälschung sowie der Anstiftung dazu die Geschädigtenstellung und damit die Beschwerdelegitimation des Beschwerdeführers und tritt diesbezüglich nicht auf die Beschwerde ein. Die Frage, ob die Vorinstanz zu Recht nicht auf die Beschwerde eingetreten ist, ist einer bundesgerichtlichen Überprüfung zugänglich (vgl. dazu E. 2 hiernach).» (E.1.2.1).

«In Bezug auf den behaupteten Amtsmissbrauch tritt die Vorinstanz auf die Beschwerde ein. Im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesgericht obliegt es dem Beschwerdeführer, darzulegen, welche Zivilforderungen er geltend zu machen beabsichtigt. Inwiefern dem Beschwerdeführer in Zusammenhang mit dem behaupteten Amtsmissbrauch Zivilansprüche zustehen könnten, ist allerdings weder dargetan noch ersichtlich. Der Beschwerdeführer führt selbst aus, der Beschwerdegegner 2 habe in Ausübung seiner amtlichen Funktion gehandelt. Beim Beschwerdegegner 2, der vom Beschwerdeführer eines strafbaren Verhaltens beschuldigt wird, handelt es sich um einen Angestellten des Kantons Schaffhausen. Gegen diesen sind Zivilansprüche von vornherein ausgeschlossen (Art. 3 Abs. 1 des Gesetzes vom 23. September 1985 des Kantons Schaffhausen über die Haftung des Staates und der Gemeinden sowie ihrer Behördemitglieder und Arbeitnehmer [Haftungsgesetz; SHR 170.300]). In diesem Umfang kann auf die Beschwerde vorliegend nicht eingetreten werden.» (E.1.2.2).

Rüge der Verletzung von Art. 382 Abs. 1 StPO

Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht eine Verletzung von Art. 382 Abs. 1 StPO. Er ist der Ansicht, die Vorinstanz habe seine Beschwerdelegitimation in Bezug auf ein mögliches Urkundendelikt zu Unrecht verneint. Entscheidend sei, dass der angefochtene Entscheid vorliegend einen direkten Einfluss auf seine Zivilansprüche habe. Denn er mache nebst einer Schadenersatzzahlung auch eine Genugtuung geltend. Hätte er dem Vergleich und mithin der falschen Urkunde zugestimmt, so hätte er auf die ihm zustehende Genugtuung verzichtet. Indem die Vorinstanz nicht auf die Beschwerde eintrete, verwehre sie ihm die Geltendmachung seiner Genugtuungsforderung (E.2).

Das Bundesgericht äussert sich diesbezüglich im Urteil 7B_516/2025 vom 23. September 2025 wie folgt:

«Die Beschwerdelegitimation im kantonalen Verfahren ist in Art. 382 Abs. 1 StPO normiert. Gemäss dieser Bestimmung kann jede Partei, die ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung eines Entscheids hat, ein Rechtsmittel ergreifen. Partei ist namentlich die Privatklägerschaft (Art. 104 Abs. 1 lit. b StPO). Als Privatklägerschaft gilt die geschädigte Person, die gegenüber einer Strafverfolgungsbehörde spätestens bis zum Abschluss des Vorverfahrens ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 und 3 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt worden ist (Art. 115 Abs. 1 StPO). In seinen Rechten unmittelbar verletzt ist, wer Träger des durch die verletzte Strafnorm geschützten oder zumindest mitgeschützten Rechtsguts ist. Bei Strafnormen, die nicht primär Individualrechtsgüter schützen, gelten nur diejenigen Personen als Geschädigte, die durch die darin umschriebenen Tatbestände in ihren Rechten beeinträchtigt werden, sofern diese Beeinträchtigung unmittelbare Folge der tatbestandsmässigen Handlung ist (BGE 148 IV 170 E. 3.2; Urteile 7B_64/2023 vom 17. September 2024 E. 4.1; 6B_968/2018 vom 8. April 2019 E. 2.1; je mit Hinweisen). Der anzeigenden Person, die weder geschädigt noch Privatklägerin ist, stehen keine weitergehenden Verfahrensrechte zu (Art. 301 Abs. 3 StPO).  Die Tatbestände des Urkundenstrafrechts (Art. 251 ff. StGB) dienen dem Schutz von Sicherheit und Zuverlässigkeit des Rechtsverkehrs mit Urkunden. Sie schützen das besondere Vertrauen, welches von den Teilnehmern am Rechtsverkehr einer Urkunde als Beweismittel entgegengebracht wird. Die Urkundendelikte bezwecken in erster Linie den Schutz der Allgemeinheit. Daneben können auch private Interessen unmittelbar verletzt werden, falls die Urkundenfälschung auf die Benachteiligung einer bestimmten Person abzielt (BGE 148 IV 170 E. 3.5.1; 140 IV 155 E. 3.3.3; je mit Hinweisen). Dies ist namentlich der Fall, wenn die Urkundenfälschung auf die Verfolgung eines weitergehenden, wirtschaftlichen Zwecks abzielt und insofern als blosse Vorbereitungshandlung eines schädigenden Vermögensdelikts erscheint. Dabei schützt der Tatbestand den Einzelnen davor, durch Scheinerklärungen oder qualifiziert unrichtige Erklärungen getäuscht und dadurch zu nachteiligen rechtserheblichen Dispositionen veranlasst zu werden (BGE 148 IV 170 E. 3.5.1 mit Hinweisen).» (E.2.2).

«Der Beschwerdeführer legt nicht rechtsgenüglich dar, inwiefern die behauptete Urkundenfälschung auf eine Benachteiligung seiner Person abzielte. Entgegen seiner Behauptung sollte er – nach seinen eigenen Angaben – gemäss der vom Beschwerdegegner 2 vorgeschlagenen Vereinbarung gerade nicht auf eine Genugtuung verzichten. Vielmehr sollte diese an ihn unter einem anderen Titel ausbezahlt werden. Auch ist nicht erkennbar, inwiefern der Beschwerdeführer durch die angezeigte Handlung hätte getäuscht werden können, nahm er doch am Vergleichsgespräch selbst teil und kannte die Details des Vergleichsvorschlags. Schliesslich legt der Beschwerdeführer nicht dar, inwiefern er nachteilige rechtserhebliche Dispositionen getroffen hätte. Insofern hat die Vorinstanz im Ergebnis zu Recht verneint, dass der Beschwerdeführer unmittelbar in seinen Rechten verletzt wurde. Auf die weitergehende Kritik des Beschwerdeführers an den vorinstanzlichen Erwägungen muss damit nicht eingegangen werden. Die Beschwerde ist insoweit unbegründet.» (E.2.3).

Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit auf sie eingetreten wird.

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