Sachverhalt
Die Kantonale Staatsanwaltschaft für besondere Aufgaben des Kantons Bern führt gegen A. ein Strafverfahren wegen des Verdachts des Betrugs und des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage. Sie wirft ihm vor, er habe die Eröffnung eines Restaurants vorgespielt und einen Vertrag mit der Firma B. abgeschlossen, um Sportwetten-Terminals zu erhalten. Einige Tage nach der Installation des Automaten habe er diesen so manipuliert, dass er auf illegale Weise Voucher für Fr. 483’000.– habe erhältlich machen können. Diese habe er dann mit Hilfe Dritter in anderen Geschäften mit Anlagen der Firma B. entweder gegen Geld oder gegen Sportwetten eingetauscht. Insgesamt wird der Schaden auf über Fr. 250’000.– geschätzt, da einige Voucher hätten gesperrt werden können.
Mit Entscheid vom 1. Februar 2025 versetzte das regionale Zwangsmassnahmengericht Berner Jura-Seeland A. in Untersuchungshaft. Diese wurde mehrfach verlängert, zuletzt mit Entscheid vom 29. August 2025 bis zum 28. November 2025.
Instanzenzug
Gegen den Entscheid vom 29. August 2025 erhob A. am 3. September 2025 Beschwerde an das Obergericht des Kantons Bern. Dieses wies die Beschwerde mit Beschluss vom 16. September 2025 ab.
Weiterzug ans Bundesgericht
Mit Eingabe vom 22. September 2025 führt A. Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, der Beschluss der Vorinstanz vom 16. September 2025 sei aufzuheben und er sei aus der Untersuchungshaft zu entlassen. Das Obergericht verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Staatsanwaltschaft nimmt Stellung und beantragt, die Beschwerde abzuweisen. Der Beschwerdeführer hält an seinen Anträgen fest.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_980/2025 vom 15. Oktober 2025
Der Beschwerdeführer bestreitet vor Bundesgericht den dringenden Tatverdacht (Art. 221 Abs. 1 StPO) vor Bundesgericht nicht. Er wendet sich aber gegen die vorinstanzliche Bejahung der besonderen Haftgründe der Kollusionsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) und der Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO).
Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 7B_980/2025 vom 15. Oktober 2025 wie folgt:
Zum besonderen Haftgrund der Kollusionsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO)
«Strafprozessuale Haft wegen Kollusions- bzw. Verdunkelungsgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO) soll verhindern, dass die beschuldigte Person die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhalts vereitelt oder gefährdet. Verdunkelung kann insbesondere in der Weise erfolgen, dass sich die beschuldigte Person mit Zeuginnen und Zeugen, Auskunftspersonen, Sachverständigen oder Mitbeschuldigten ins Einvernehmen setzt oder sie zu wahrheitswidrigen Aussagen veranlasst oder dass sie Spuren und Beweismittel beseitigt. Die theoretische Möglichkeit, dass sie kolludieren könnte, genügt indessen nicht, um unter diesem Titel eine Inhaftierung zu rechtfertigen. Es müssen vielmehr konkrete lndizien für die Annahme von Verdunkelungsgefahr sprechen. Das Vorliegen des Haftgrundes ist nach Massgabe der Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu prüfen (BGE 137 IV 122 E. 4.2; 132 I 21 E. 3.2; Urteile 7B_729/2025 vom 18. August 2025 E. 2.2; 7B_496/2025 vom 1. Juli 2025 E. 3.1; je mit Hinweisen). Konkrete Anhaltspunkte für Kollusionsgefahr können sich namentlich aus dem bisherigen Verhalten der beschuldigten Person im Strafprozess, aus ihren persönlichen Merkmalen, aus ihrer Stellung und ihren Tatbeiträgen im Rahmen des untersuchten Sachverhalts sowie aus den persönlichen Beziehungen zwischen ihr und den sie belastenden Personen ergeben. Bei der Frage, ob im konkreten Fall eine massgebliche Beeinträchtigung des Strafverfahrens wegen Verdunkelung droht, ist auch der Art und Bedeutung der von Beeinflussung bedrohten Aussagen bzw. Beweismittel, der Schwere der untersuchten Straftaten sowie dem Stand des Verfahrens Rechnung zu tragen (BGE 132 I 21 E. 3.2.1 und 3.2.2; Urteile 7B_729/2025 vom 18. August 2025 E. 2.2; 7B_496/2025 vom 1. Juli 2025 E. 3.1; je mit Hinweisen).» (E.2.2).
«Die Vorinstanz stützt sich bei ihrer Beurteilung auf die Ausführungen des Zwangsmassnahmengerichts, das sowohl eine Kollusionsmöglichkeit als auch eine Kollusionsbereitschaft des Beschwerdeführers bejaht. Zur Begründung verweisen die kantonalen Behörden auf noch ausstehende Einvernahmen von mutmasslich tatbeteiligten Personen.
Obschon einzuvernehmende Personen grundsätzlich vor einer unzulässigen Beeinflussung zu schützen sind, reicht der Umstand bevorstehender Einvernahmen für sich alleine zur Begründung der Kollusionsgefahr nicht aus. Vielmehr muss klar ersichtlich sein, wer einvernommen werden soll und inwiefern die beschuldigte Person in Freiheit auf diese Einvernahmen in massgeblicher Weise Einfluss nehmen können soll. Dies ist vorliegend nicht ersichtlich. Wie der Beschwerdeführer zu Recht einwendet, sind die Namen der beteiligten Personen der Staatsanwaltschaft bereits seit März 2025 bekannt. Seither wurde, soweit ersichtlich, jedoch keine dieser Personen angehalten oder einvernommen. Hinweise, dass der Beschwerdeführer falsche Angaben gemacht hätte oder dass die Anhaltungen bzw. Einvernahmen aus anderen Gründen zurzeit unmöglich wären, sind keine ersichtlich und werden von den Behörden auch nicht geltend gemacht. Unter diesen Umständen ist es nicht haltbar, eine Kollusionsgefahr allein mit dem Hinweis auf seit Monaten ausstehende Einvernahmen und der rein theoretischen Möglichkeit der Beeinflussung dieser zu begründen. Dies gilt umso mehr, als nicht ersichtlich ist, dass sich an dieser Situation demnächst etwas ändern wird. Einvernahmen bzw. Konfrontationseinvernahmen sind, soweit ersichtlich, keine angesetzt. Sodann ist auch nicht nachvollziehbar dargelegt, wie der Beschwerdeführer überhaupt kolludierend auf mögliche Mitbeteiligte einwirken könnte. Der Beschwerdeführer hat den Sachverhalt im Wesentlichen gestanden. Dass er seine Handlungen zu relativieren versucht oder in gewissen Punkten widersprüchlich aussagt, genügt nicht, um ohne Weiteres eine Kollusionsbereitschaft anzunehmen. Auch die von der Staatsanwaltschaft geäusserte Befürchtung, der Beschwerdeführer könnte Mitbeteiligte dazu bewegen, sich dem Verfahren zu entziehen, bleibt rein spekulativ. Konkrete Anhaltspunkte, die eine solche Gefahr als wahrscheinlich erscheinen liessen, fehlen. Auch aus dem bisherigen Verhalten sowie aus den persönlichen Merkmalen des Beschwerdeführers ergeben sich keine konkreten Anhaltspunkte für eine Kollusionsgefahr; insbesondere ist nicht bekannt, dass er jemals Gewalt oder Druck auf Personen ausgeübt hätte. Daran ändert auch die Aktennotiz der Staatsanwaltschaft vom 12. August 2025 nichts. Die Notiz wurde von der Staatsanwaltsassistentin im Nachgang des überwachten Besuchs des Beschwerdeführers mit seiner Ehefrau und den gemeinsamen Kindern aufgrund einer Nachbesprechung mit dem Übersetzer erstellt. Angeblich soll der Beschwerdeführer während des überwachten Besuchs seine Ehefrau angewiesen haben, Fotos dem Anwalt zu senden, wobei das Datum nicht ersichtlich sein soll. Zudem soll der Beschwerdeführer den Dolmetscher nach seiner Herkunft gefragt haben. Die angebliche Bemerkung des Beschwerdeführers gegenüber dem Dolmetscher („Syrien Al-Assad“) erscheint indes aus dem Zusammenhang gerissen und lässt keinen objektiven Schluss auf einen Einschüchterungsversuch zu. Wie der Aktennotiz entnommen werden kann, hat der Dolmetscher selbst mitgeteilt, dass er teilweise Mühe gehabt habe, den Kontext der Aussagen zu eruieren. Es ist denn auch nicht ersichtlich, wozu der Beschwerdeführer den Dolmetscher, der einzig beim überwachten Besuch anwesend war, einschüchtern sollte. Nach dem Gesagten ist nicht ersichtlich, inwiefern der Beschwerdeführer bei seiner Freilassung die wahrheitsgetreue Abklärung des Sachverhalts vereiteln oder gefährden könnte bzw. inwiefern eine massgebliche Beeinträchtigung des Strafverfahrens wegen Verdunkelung drohen könnte. Aus den von der Vorinstanz vorgebrachten Umständen lässt sich, wenn überhaupt, einzig die theoretische Möglichkeit ableiten, dass der Beschuldigte kolludieren könnte. Nicht ableiten lassen sich daraus aber konkrete Anhaltspunkte hierfür. Die rein theoretische Möglichkeit genügt gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung jedoch nicht, um Haft unter diesem Titel zu rechtfertigen (vgl. E. 2.2 hiervor). Damit ergibt sich, dass eine Kollusionsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. b StPO, welche die Fortsetzung der Untersuchungshaft des Beschwerdeführers rechtfertigen würde, zu verneinen ist. Eine Fortsetzung der Untersuchungshaft unter diesem Titel ist daher nicht gerechtfertigt.» (E.2.3).
Besonderer Haftgrund der Fluchtgefahr (Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO)
«Nach Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft nur zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und insbesondere ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht. Diese sogenannte Fluchtgefahr setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass die beschuldigte Person sich dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen könnte. Sie darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Es braucht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die beschuldigte Person, wenn sie in Freiheit wäre, dem Vollzug der zu erwartenden Strafe durch Flucht entziehen würde. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland. Es müssen Gründe bestehen, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Ob Fluchtgefahr besteht, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Charakter der beschuldigten Person, ihre moralische Integrität, ihre finanziellen Mittel, ihre Verbindungen zur Schweiz, ihre Beziehungen zum Ausland und die Höhe der ihr drohenden Strafe. Die Schwere der drohenden Strafe darf als Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden, genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.3; Urteil 7B_1439/2024 vom 14. Januar 2025 E. 5.1; je mit mit Hinweis[en]).» (E.3.2).
«Die Vorinstanz verweist hinsichtlich der von ihr bejahten Fluchtgefahr im Wesentlichen auf die libanesische Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sowie auf deren familiären Verhältnisse. Zwar lebe der Beschwerdeführer seit rund zwanzig Jahren in der Schweiz, doch seien die Kinder erst kürzlich eingeschult bzw. im Kindergartenalter, was einer Flucht nicht entgegenstehe. Wie die Vorinstanz selbst zutreffend festhält, bildet die ausländische Staatsangehörigkeit einer beschuldigten Person, wenn überhaupt, lediglich ein abstraktes Indiz für eine mögliche Fluchtgefahr. Daraus allein kann aber nicht geschlossen werden, dass die betroffene Person sich dem Strafverfahren entziehen würde. Die Vorinstanz zieht zur weiteren Begründung der Fluchtgefahr eine Äusserung des Beschwerdeführers während des überwachten Besuchs vom 12. August 2025 heran. Angeblich soll davon gesprochen worden sein, „mit allem abzuschliessen, um einen Neustart machen zu können“. Aus den Akten ergibt sich jedoch, dass der Dolmetscher einräumte, allgemein Mühe gehabt zu haben, den Zusammenhang der Aussagen zu eruieren (vgl. E. 2.3 hiervor). Es ist insofern fraglich, welchen Beweiswert dieser Aktennotiz, die im Nachgang an den überwachten Besuch verfasst wurde, überhaupt zukommt. Bei der Notiz handelt es sich denn auch nicht um eine direkte Protokollierung anlässlich einer Einvernahme, sondern lediglich um die Niederschrift von „Hören-Sagen“. Der Beschwerdeführer selbst bestreitet, von einem „Neustart“ im Sinne einer Flucht gesprochen zu haben. Dies erscheint vorliegend auch nicht offensichtlich, kann doch „mit allem abschliessen, um einen Neustart machen zu können“ auch gemeint sein, dass sich der Beschwerdeführer seinem Strafverfahren stellen möchte, um danach neu zu beginnen. Ein konkretes Indiz für die Fluchtbereitschaft des Beschwerdeführers lässt sich aus dieser angeblichen Aussage jedenfalls nicht ohne weiteres ableiten. Der Beschwerdeführer verfügt sodann über stabile soziale und familiäre Bindungen in der Schweiz. Seine beiden schulpflichtigen Kinder, seine Ehefrau sowie die lange Aufenthaltsdauer sprechen gegen die konkrete Annahme, er würde das Land ohne Weiteres verlassen. Die Vermutung der Staatsanwaltschaft, der Beschwerdeführer könnte Geschäfte künftig über eine Drittperson („C. „) weiterführen und untertauchen, bleibt spekulativ. Ebenso wenig begründet der Umstand, dass die Familie im Sommer einen Ferienaufenthalt im Libanon verbracht hat, eine erhöhte Fluchtgefahr. Solche Reisen sind bei einer langjährig in der Schweiz ansässigen Familie nicht ungewöhnlich und zeigen, wenn überhaupt, dann lediglich die Möglichkeit einer Flucht in abstrakter Weise, nicht aber konkret auf. Sodann vermag auch die finanzielle Situation des Beschwerdeführers keine Fluchtgefahr zu begründen. Zwar bestehen Betreibungen sowie Verlustscheine gegen den Beschwerdeführer und das Geschäftskonto der D. GmbH soll derzeit lediglich einen Saldo von Fr. 1.42 aufweisen, gleichzeitig ist der Beschwerdeführer aber als einzige Person für die D. GmbH tätig, deren Einkommen den Lebensunterhalt seiner Familie sichert. Diese Verantwortung sowie seine enge familiäre und berufliche Verankerung in der Schweiz sprechen ebenfalls gegen die Annahme, er könnte sich trotz seiner eher kritischen finanziellen Situation dem Verfahren entziehen. Schliesslich gilt es zwar zu berücksichtigen, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Verurteilung wegen (gewerbsmässigen) Betrugs nach Art. 146 StGB sowie (gewerbsmässigen) betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage nach Art. 147 StGB eine empfindliche Freiheitsstrafe von bis zu zehn Jahren drohen könnte. Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung genügt jedoch das Strafmass für sich allein nicht, um Fluchtgefahr anzunehmen (vgl. E. 3.2 hiervor). Entscheidend ist, ob konkrete Hinweise auf eine tatsächliche Fluchtabsicht oder entsprechende Vorbereitungshandlungen bestehen. Solche Anhaltspunkte, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit begründen würden, dass sich der Beschwerdeführer dem Strafverfahren entziehen könnte, fehlen hier bei einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände, wie dargelegt, vollständig. Eine Fluchtgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. a StPO ist daher zu verneinen. Dies führt dazu, dass die Voraussetzungen für die Untersuchungshaft gemäss Art. 221 StPO nicht erfüllt sind, was die Haftentlassung des Beschwerdeführers zur Folge hat.» (E.3.3).
Das Bundesgericht heisst die im Urteil 7B_980/2025 vom 15. Oktober 2025 Beschwerde gut und ordnet die unverzügliche Haftentlassung des Beschwerdeführers an (E.4).
Kommentar zum Urteil 7B_980/2025 vom 15. Oktober 2025 von Boris Etter, Fachanwalt SAV Strafrecht
Dieses Urteil zeigt sowohl theoretisch als auch praktisch auf, wie die besonderen Haftgründe der Kollusionsgefahr und der Fluchtgefahr zu handhaben sind. Es kann als Motivation angesehen werden, Haftentscheide von Zwangsmassnahmengerichten durch Beschwerden weiter zu ziehen. Natürlich ist dabei immer auch das mögliche Risiko von Präjudizien in der Sache bei der Beurteilung mit einzubeziehen.