Völkerrecht und Verfassungsrecht als rechtliche Grundlage für Beschwerde von Privatklägerschaft
Mai 15, 2024 1:10 pm

Im kurzen, aber hochinteressanten Urteil des Bundesgerichts 7B_93/2023 vom 4. April 2024 aus dem Kanton Basel-Stadt ging es um die Beschwerdelegitimation einer Privatklägerin (es ging um Handlungen eines Polizisten). In diesem Fall wären Zivilansprüche nicht gegen den Beschuldigten, sondern gegen den Kanton zur Diskussion gestanden (nach der kantonalen gesetzlichen Regelung). Das Bundesgericht erklärte, dass die Privatklägerschaft nur zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt ist, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG) (E.1.1.). Das Bundesgericht bemerkte aber weiter Folgendes: «Ohne im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG zur Beschwerde legitimiert zu sein, kann sich die Privatklägerschaft in der Sache dennoch gegen eine Verfahrenseinstellung oder einen Freispruch zur Wehr setzen, sofern ein verfassungsmässiger oder völkerrechtlicher Anspruch auf Ausfällung der im Gesetz vorgesehenen Strafen besteht. Die Rechtsprechung anerkennt gestützt auf Art. 10 Abs. 3 BV, Art. 3 und Art. 13 EMRK, Art. 7 UNO-Pakt II (SR 0.103.2) sowie Art. 13 des Übereinkommens vom 10. Dezember 1984 gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe (SR 0.105) einen Anspruch des Betroffenen auf wirksamen Rechtsschutz (BGE 141 IV 349 E. 3.4.2; 138 IV 86 E. 3.1.1; je mit Hinweisen). In diesem Sinne hat Anspruch auf eine wirksame und vertiefte amtliche Untersuchung, wer in vertretbarer Weise geltend macht, von staatlichen Stellen misshandelt worden zu sein (BGE 131 I 455 E. 1.2.5; zum Ganzen: Urteile 7B_472/2023 vom 7. November 2023 E. 3.1; 6B_1306/2022 vom 13. Juni 2023 E. 1.2; je mit Hinweisen).» (E.1.3).