Verschlechterungsverbot
Februar 19, 2024 4:41 am

Im Urteil 6B_1239/2023 vom 22. Januar 2024 aus dem Kanton Aargau geht es zum das Verbot der «reformatio in peius» und dessen Grenzen, welche hier dem Beschwerdeführer schmerzhaft durch das Bundesgericht aufgezeigt wurden. Hierzu das Bundesgericht: «Der Vorinstanz steht es auch in Anwendung des Verschlechterungsverbots frei, im Rahmen ihres pflichtgemässen Ermessens eine höhere als die von der Erstinstanz ausgefällte Einzel- oder Gesamtstrafe festzusetzen, die etwa Ausgangspunkt für eine vorzunehmende Strafreduktion bilden kann […]. Der Beschwerdeführer scheint zu verkennen, dass die Berufungsinstanz gemäss Art. 408 StPO ein neues Urteil fällt und über die Strafe nach ihrem eigenen Ermessen zu befinden hat. Dabei hat sie nicht auf die erstinstanzliche Strafzumessung abzustellen (zur «reformatio in peius» vgl. BGE 147 IV 167 E. 1.5.2; 146 IV 311 E. 3.6.3; 139 IV 282 E. 2.6; je mit Hinweisen). Einen Ermessensmissbrauch zeigt der Beschwerdeführer nicht auf.» (E.1.3.1). 

Mai 22, 2023 5:30 am

Im Urteil 6B_75/2023 vom 18. April 2023 aus dem Kanton Aargau (zur amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht mit einem Fall der Brandstiftung und Verkehrsregelverletzung. Im Zentrum stand aber das Verschlechterungsverbot. Im Verfahren waren zwei erstinstanzliche Urteile ergangen, die Vorinstanz (Obergericht des Kantons Aargau) hatte das erste Urteil wegen offensichtlicher wesentlicher Mängel aufgehoben, bevor die Berufungserklärung des Beschuldigten den anderen Parteien zugestellt wurde. Bezüglich des ersten Urteils der Erstinstanz bestand gemäss dem Bundesgericht keinen Anwendungsfall vom Verschlechterungsverbot: «Nach dem Gesagten war die Erstinstanz nicht an das Verschlechterungsverbot gebunden, nachdem die Vorinstanz ihr erstes Urteil gestützt auf Art. 409 Abs. 1 StPO aufgehoben und die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils zurückgewiesen hatte. Im nachfolgenden Berufungsverfahren war die Vorinstanz insoweit an das Verschlechterungsverbot gebunden, als die Staatsanwaltschaft in ihrer Anschlussberufung nur eine Erhöhung der Freiheitsstrafe beantragt hatte.» (E.2.4)