Im Urteil 1B_81/2023 vom 27. Februar 2023 aus dem Kanton Basel-Landschaft geht es um Untersuchungshaft beim Vorwurf des Delikts der Brandstiftung. Das Bundesgericht äussert sich dabei einerseits eingehend zum dringenden Tatverdacht und zu den Indizien (E.3). Andererseits prüft das Bundesgericht im Detail den besonderen Haftgrund der Wiederholungsgefahr von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO, wobei die Einordnung eines Gutachtens mit grundsätzlich positiver Legalprognose im Fokus stand (E.4). Hier die Schlüsselausführung: «Nach dem Gesagten durfte die Vorinstanz gemäss dem Bundesgericht gestützt auf die Häufigkeit und Intensität der fraglichen dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Delikte sowie die Ausführungen im psychiatrischen Gutachten betreffend die erhöhte Rückfallgefahr von Serientätern, ungeachtet der grundsätzlich positiven gutachterlichen Beurteilung der persönlichen Lebensumstände des Beschwerdeführers, willkürfrei von einer ungünstigen Legalprognose ausgehen.» (E.4.4).
Im Urteil 1B_508/2022 vom 16. Dezember 2022 aus dem Kanton Aargau ging es um den Verdacht von Delikten eines Mannes gegenüber seiner ehemaligen Partnerin. Das Bundesgericht nahm in diesem Entscheid umfassend zum Thema DNA-Profile sowie Art. 197 Abs. 1 StPO Stellung (E.2). Betreffend der Abnahme von DNA zur Aufklärung und Verhütung künftiger Straftaten äusserte sich das Bundesgericht wie folgt: «Dient die DNA-Analyse nicht der Aufklärung bereits begangener, sondern der Aufklärung und Verhütung künftiger Straftaten, müssen vor dem Hintergrund des Verhältnismässigkeitsgebots allerdings erhebliche und konkrete Anhaltspunkte für die Gefahr derartiger künftiger Straftaten bestehen. Diese haben zudem von einer gewissen Schwere zu sein. Zu berücksichtigen ist im Rahmen der Verhältnismässigkeitsprüfung auch, ob der Beschuldigte vorbestraft ist. Trifft dies nicht zu, schliesst das allein die DNA-Analyse jedoch nicht aus» (E.2.6). Im vorliegenden Fall sprach sich das Bundesgericht gegen die Abnahme der DNA aus, weil nur künftige Delikte gegen eine bestimmte Person zur Diskussion stehen konnten (E.2.8).
Das Bundesgericht hat die Schaffung einer zweiten strafrechtlichen Abteilung auf den 1. Juli 2023 beschlossen. Das Gericht führt damit seine interne Reorganisation weiter, die es nach dem Scheitern der Revision des Bundesgerichtsgesetzes 2020 eingeleitet hatte.
Umfassende Dokumentationspflicht der Strafbehörden aller Stufen
Im Urteil 6B_1283/2020 vom 20. Dezember 2022 befasste sich das Bundesgericht bereits zum zweiten Mal mit einem Fall von Wirtschaftsdelikten aus dem Kanton Zürich. Im Zentrum der Erwägungen des Bundesgerichts stand das Recht des Beschuldigten auf vollständige Akten bzw. die Dokumentationspflicht der Strafbehörden in allen Verfahrensstufen. Das Bundesgericht erklärte u.a.: «Die Ermittlungs- und Untersuchungsbehörden dürfen grundsätzlich kein von ihnen erhobenes oder ihnen zugekommenes Material zurückbehalten, das einen Bezug zur Sache hat. Die Dokumentationspflicht gilt auf allen Verfahrensstufen, also auch bereits im polizeilichen Ermittlungsverfahren.» (E.3.4.1).
Messereinsatz in Raucherlounge von Zürcher Club
Im Urteil 6B_310/2022, 6B_311/2022 vom 8. Dezember 2022 befasste sich das Bundesgericht mit einer gewalttätigen Auseinandersetzung in der Raucherlounge eines Zürcher Clubs. Dabei fand ein Messerangriff statt. Es stellte sich auch das Thema der Notwehr. In diesem Urteil gab das Bundesgericht einen schönen, allgemeinen Überblick über die Notwehr (Art. 15 und Art. 16 StGB) und deren Grenzen (E.5.3). Den Fall wies es zu näheren Sachverhaltsabklärungen an das Obergericht Zürich zurück.
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