Im Urteil 7B_188/2023 vom 24. Juli 2023 aus dem Kanton Zürich befasst sich das Bundesgericht erneut mit dem Fall Brian. Kern des sehr lesenswerten Urteils ist die Prüfung des besonderen Haftgrundes der Wiederholungsgefahr bei der Sicherheitshaft von Brian. Dabei steht ein Fokalgutachten im Zentrum. Das Bundesgericht erklärt zwar, nach eingehenden Ausführungen, Folgendes: «Zusammenfassend ist die streitige Sicherheitshaft mit Art. 221 Abs. 1 StPO und Art. 5 Ziff. 1 lit. c EMRK vereinbar.» (E.10.4.5) Es ist aber eine Bejahung mit anschliessenden unmittelbaren «Bemerkungen», welche als durchaus als Kritik des Bundesgerichts an den Zuständen im Fall Brian gewertet werden können: Erstens: Die zeitlichen Umstände des vorliegenden Falls werfen gewisse Fragen auf. Es ist sachlich nicht nachvollziehbar, weshalb die Staatsanwaltschaft mit der Eröffnung der vorliegenden Strafuntersuchung derart lange zuwartete und die Haft gerade einmal drei Tage vor der geplanten Haftentlassung im vorausgehenden Verfahren 2017/6670 erneuern liess (E.10.5.1). Zweitens: Sollte sich in diesem Verfahren bei umfassender Prüfung herausstellen, dass das Gutachten wegen Befangenheit des Experten an einem formellen Mangel leidet, bedarf die Haft einer erneuten sowie raschen Überprüfung. Der vorinstanzliche Beschwerdeentscheid betreffend den Gutachtensauftrag muss daher zeitnah erfolgen (E.10.5.2). Drittens: Im Hinblick auf allfällige künftige Haftprüfungsverfahren hebt das Bundesgericht hervor, dass die Führungsberichte des Gefängnisses Zürich ein erfreuliches Bild von Brian zeichnen (E.10.5.3).
Zürcher Staatsanwaltschaft erhebt Anklage gegen «Brian»
Die Staatsanwaltschaft I des Kantons Zürich erhebt, wie sie heute mitteilt, beim Bezirksgericht Dielsdorf Anklage gegen B.K. Dem in den Medien unter dem Namen «Brian» bekanntgewordenen Beschuldigten wird vorgeworfen, in der Zeit von November 2018 bis Juli 2021 in der JVA Pöschwies eine Vielzahl von Delikten zum Nachteil von Aufsehern und der Justizvollzugsanstalt begangen zu haben.
Bundesgericht weist Beschwerde gegen Bestätigung von Untersuchungshaft durch Zürcher Obergericht im Fall «Brian» ab
Das Bundesgericht weist im Urteil 1B_22/2023 vom 13. Februar 2023 die Beschwerde gegen Bestätigung von Untersuchungshaft betreffend «Brian» durch Zürcher Obergericht ab. Dabei macht es eingehende Ausführungen zum besonderen Haftgrund der Wiederholungsgefahr (E.2.3). Kurz erwähnt es (nicht entscheidungsrelevant) auch die anstehende Revision: «An den Erfordernissen drohender Verbrechen oder schwerer Vergehen und einer erheblichen unmittelbaren Sicherheitsgefährdung sowie am Vortatenerfordernis wurde auch in der erfolgten Revision von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO (neue Fassung vom 17. Juni 2022, BBl 2022 1560, 7) grundsätzlich festgehalten.» (E.2.3)
Obergericht Zürich entlässt «Brian» aus der Sicherheitshaft
Das Obergericht Zürich hat mit der Präsidialverfügung vom 31. Oktober 2022 (Geschäfts-Nr. SB210634) angeordnet, dass der in den Medien als «Brian» (zuvor «Carlos») bekannt gewordene Beschuldigte in den kommenden Tagen aus der Sicherheitshaft entlassen wird. Sicherheitshaft ist gesetzlich streng geregelt; sie muss unter anderem verhältnismässig sein und darf nicht länger dauern als die zu erwartende Freiheitsstrafe. Im vorliegenden Fall ist eine Fortsetzung der Sicherheitshaft nicht mehr verhältnismässig, weil die bis dato erstandene Haftdauer in grosse zeitliche Nähe zu der zu erwartenden Dauer der Freiheitsstrafe gerückt ist, welche für die vom Beschuldigten verübten Delikte voraussichtlich auszufällen sein wird.
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