Ausstand
September 7, 2023 2:43 pm

Im Urteil 7B_118/2022 vom 24. August 2023 aus dem Kanton Zürich geht es um die Frage des Ausstandes eines Staatsanwaltes. Das Bundesgericht äussert sich hier in grundsätzlicher Art und Weise wie folgt: «Befangenheit einer staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder eines Untersuchungsleiters ist nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie nur, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; 138 IV 142 E. 2.3). Das Ausstandsverfahren dient nicht dazu, den Parteien zu ermöglichen, die Art der Verfahrensführung und namentlich die von der Verfahrensleitung getroffenen Zwischenentscheide anzufechten. Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (BGE 143 IV 69 E. 3.2; Urteil 1B_567/2022 vom 12. Juni 2023 E. 3). Daraus folgt auch, dass es zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde nicht erforderlich ist, wie vom Beschwerdeführer beantragt die Akten des Vorverfahrens beizuziehen. Dies gilt umso mehr, als er die seines Erachtens relevanten Dokumente aus dem Vorverfahren als Beilagen eingereicht hat. Sein entsprechendes Ersuchen ist daher abzuweisen.» (E.4). Weiter befasst sich das Bundesgericht im Detail mit diversen Rügen der Verletzung von Art. 56 lit. a StPO und Art. 56 lit. f StPO und weist die Beschwerde ab bzw. verneint das Vorliegen eines Ausstandsgrundes.

April 11, 2023 5:33 am

Im Urteil 1B_387/2022 vom 22. Februar 2023 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit dem Thema der Ausstandspflicht eines Bezirksrichters als Einzelrichter. Als Ausstandsgrund wurde angegeben, dass der betreffende Bezirksrichter bereits bereits im Jahr 2020 in einem die Beschuldigte verurteilenden erstinstanzlichen Urteil als Richter mitgewirkt habe. Das Bundesgericht äussert sich zunächst generell-abstrakt zum Thema Ausstand (E.3.1 bis E.3.3). Nach eingehender Prüfung verneint das Bundesgericht das Vorliegen eines Ausstandsgrundes im vorliegenden Fall. Insbesondere lag keine rechtliche relevante Vorbefassung im Sinne von Art. 56 lit. b StPO vor (E.4.2 und E.4.3).

Februar 17, 2023 6:41 am

Im Urteil 1B_209/2022 vom 22. Dezember 2022 aus dem Kanton Bern befasste sich das Bundesgericht mit dem Ausstand von Gerichtspersonen (Art. 56 ff. StPO). Dabei zeigte das Bundesgericht allgemein auf, in welcher Frist nach Art. 58 Abs. 1 StPO ein Gesuch um Ausstand «ohne Verzug» gestellt werden muss (E.2.1) und wie (hoch) die Anforderungen an die Ausstandsgründe, namentlich Art. 56 lit. f StPO, sind (E.3.1). Hier ist eine Schlüsselstelle aus dem Urteil: «Verbale Anfeindungen, Unterstellungen oder auch das Erheben einer Strafanzeige durch eine Partei vermögen für sich allein keinen Ausstandsgrund im Sinne von Art. 56 lit. f StPO zu begründen. Andernfalls hätte es die betreffende Partei in der Hand, einen Richter oder eine Richterin auf diesem Weg in den Ausstand zu versetzen und so die Zusammensetzung des Gerichts zu beeinflussen. Massgeblich ist in derartigen Fällen die Reaktion der betroffenen Gerichtsperson. Antwortet diese etwa mit einer Strafanzeige wegen Ehrverletzung und Zivilforderungen, so erhält der Konflikt dadurch eine persönliche Dimension, welche ihre Unbefangenheit tangiert. Auch andere Formen der Reaktion, welche nicht mehr sachgerecht sind, können zu einem Ausstandsgrund führen.» (E.3.1. a.E.).