Anklagegrundsatz und Immutabilitätsprinzip
Im Urteil 6B_171/2022 vom 29. November 2022, welches einen tragischen Verkehrsunfall mit Todesfolge in Bülach zum Gegenstand hat, hatte das Bundesgericht die Gelegenheit, sich zum Anklagegrundsatz zu äussern. Der Anklagegrundsatz ist verletzt, wenn die beschuldigte Person für Taten verurteilt wird, bezüglich welcher die Anklageschrift den inhaltlichen Anforderungen nicht genügt, bzw. wenn das Gericht mit seinem Schuldspruch über den angeklagten Sachverhalt hinausgeht (E.2.3). Das Bundesgericht kommt nach fundierten Erwägungen zum Schluss, dass Art. 333 Abs. 1 StPO nicht über seinen klaren Wortlaut hinaus anzuwenden sei, wenn die Anklage innerhalb des angeklagten Straftatbestandes geändert werden soll, weil etwa wie im vorliegenden Fall in der Anklageschrift nicht alle tatsächlichen Umstände aufgeführt sind, aus denen sich die Pflichtwidrigkeit des vorgeworfenen Verhaltens (möglicherweise) ergeben könnte. Die Unterlassung der Staatsanwaltschaft, in der Anklageschrift alle (relevanten) tatsächlichen Feststellungen darzulegen, kann somit nicht zur Verpflichtung des Gerichts führen, dieser Gelegenheit zur Anklageänderung zu geben (E.3.4.5).