Art. 141 Abs. 2 StPO
Oktober 21, 2024 3:50 am

Im Urteil 7B_455/2023 vom 3. Oktober 2024 aus dem Kanton St. Gallen (zur amtl. Publ. vorgesehen), wo es um die Verwertbarkeit von Hanfsetzlingen bzw. von aufgezogenen Hanfpflanzen sowie die im Bericht des Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienstes der Kantonspolizei St. Gallen vom 27. April 2020 enthaltenen Analysen der lediglich mündlich anordnet beschlagnahmten Hanfpflanzen ging, entschied das Bundesgericht, dass es sich bei Art. 263 Abs. 2 StPO ("im vorliegenden Fall") um eine Gültigkeitsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO handelt. Es äusserte sich u.a. wie folgt: «Das Vorgehen der Staatsanwaltschaft mit der bloss mündlichen Anordnung der Beschlagnahme verunmöglichte im vorliegenden Fall eine sachgerechte Anfechtung der angeordneten Zwangsmassnahme. Mangels schriftlicher Zustellung des Beschlagnahmebefehls begann die 10-tägige Beschwerdefrist (Art. 396 Abs. 1 StPO) nicht zu laufen […]. Diese Vorgehensweise steht im Widerspruch zur Dokumentationspflicht der Behörden und zum Anspruch auf rechtliches Gehör der beschuldigten Person […]. Denn in den Akten ist kein Dokument vorhanden, welchem eine Begründung der angeordneten Beschlagnahme entnommen werden könnte. Eine wichtige Voraussetzung für die Überprüfung der Beschlagnahme, nämlich das Vorliegen einer schriftlichen und begründeten Beschlagnahmeverfügung […], war folglich nicht erfüllt.» (E.4.4.10). «Zusammenfassend stellte die Pflicht der Staatsanwaltschaft zur nachträglichen schriftlichen Bestätigung der mündlich angeordneten Beschlagnahme (Art. 263 Abs. 2 StPO) im vorliegenden Fall eine Gültigkeitsvorschrift im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO dar. Folglich sind die Hanfsetzlinge bzw. die aufgezogenen Hanfpflanzen sowie die im Bericht des Forensisch-Naturwissenschaftlichen Dienstes der Kantonspolizei St. Gallen vom 27. April 2020 enthaltenen Analysen der Hanfpflanzen nach Art. 141 Abs. 4 StPO nicht verwertbar. Die Beschwerde erweist sich in diesem Punkt als begründet.» (E.4.4.11). Was die Einschränkung «im vorliegenden Fall» zu bedeuten hat, ist (derzeit) nicht nachvollziehbar.

Februar 8, 2024 1:38 pm

Im Urteil 7B_184/2022 vom 30. November 2023 aus dem Kanton Thurgau befasst sich das Bundesgericht mit dem Thema der Verwertbarkeit von Videos, die anlässlich von Hausdurchsuchungen gefunden wurden, bei Delikten nach Art. 90 Abs. 2 und Abs. 3 SVG. Der Beschwerdeführer macht vor Bundesgericht ein Beweisverwertungsverbot geltend. Das Bundesgericht äusserte sich in diesem Urteil ausführlich allgemein zu Themen wie Durchsuchungen und Beweisausforschungen (fishing expeditions) (E.2.1), u.a. wie folgt: «Abzugrenzen sind Zufallsfunde von unzulässigen Beweisausforschungen, sogenannten "fishing expeditions". Eine solche besteht, wenn einer Zwangsmassnahme kein genügender Tatverdacht zugrunde liegt, sondern aufs Geratewohl und planlos Beweisaufnahmen getätigt werden. Aus Beweisausforschungen resultierende Ergebnisse sind grundsätzlich nicht verwertbar […]» (E.2.1.4). Betreffend Verwertbarkeit von Beweisen nach Art. 141 Abs. 2 StPO bemerkte das Bundesgericht, dass sowohl Delikte nach Art. 90 Abs. 3 SVG als auch gemäss jüngster Praxis des Bundesgerichts auch Delikte nach Art. 90 Abs. 2 SVG als schwere Straftat im Sinne von Art. 141 Abs. 2 StPO qualifiziert werden (E.2.6). Das Bundesgericht schützte de Verwertbarkeit der Beweise und liess die Frage der Zulässigkeit der Hausdurchsuchung offen (E.2.6. a.E.).