7B_271/2022
Januar 3, 2024 2:25 pm

Im Urteil 7B_271/2022 vom 31. Oktober 2023 aus dem Kanton Aargau befasste sich das Bundesgericht mit der EMRK-konformen Auslegung von Art. 66a StGB. Es äusserte sich u.a. wie folgt: «Art. 66a StGB ist EMRK-konform auszulegen. Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren. […] Erforderlich ist, dass die aufenthaltsbeendende oder -verweigernde Massnahme gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht (Schutz der nationalen oder öffentlichen Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten etc.) und verhältnismässig ist. […] Nach der Rechtsprechung des EGMR sind bei der Interessenabwägung im Rahmen von Art. 8 EMRK insbesondere Art sowie Schwere der Straftat, die Dauer des Aufenthalts im Aufnahmestaat, die seit der Tat verstrichene Zeit sowie das Verhalten des Betroffenen in dieser Zeit und der Umfang der sozialen, kulturellen und familiären Bindungen im Aufnahme- sowie im Heimatstaat zu berücksichtigen und der innerstaatliche Entscheid hinreichend zu begründen. Die Konvention verlangt, dass die individuellen Interessen an der Erteilung bzw. am Erhalt des Anwesenheitsrechts und die öffentlichen Interessen an dessen Verweigerung gegeneinander abgewogen werden.» (E.4.2.3). Das Bundesgericht schütze im vorliegenden Fall die Landesverweisung; das Strafdelikt war hier mehrfache Schändung, die Strafe lautete auf 30 Monate teilbedingt.