6B_759/2024
Januar 30, 2025 8:47 am

Im Urteil 6B_759/2024 vom 10. Januar 2025 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit einer mutmasslichen Vergewaltigung. Das Obergericht des Kantons Zürich hatte den Beschwerdegegner diesbezüglich freigesprochen. Das Bundesgericht heisst die Beschwerde der Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich (Willkürrüge) gut und befasst sich in diesem Urteil im Detail mit dem Beweisrecht. Hier sind einige Auszüge:  «Würdigt das Gericht einzelne belastende Indizien willkürlich oder lässt es entlastende Umstände willkürlich ausser Acht, führt dies nicht zwingend zur Aufhebung des angefochtenen Urteils durch das Bundesgericht. Die Beschwerde ist nur gutzuheissen, wenn der Entscheid auch bei objektiver Würdigung des gesamten Beweisergebnisses offensichtlich unhaltbar und damit willkürlich ist. Die beschwerdeführende Partei, die vor Bundesgericht eine willkürliche Beweiswürdigung rügt, darf sich daher nicht darauf beschränken aufzuzeigen, wie einzelne Indizien willkürfrei zu würdigen gewesen wären. Sie muss sich vielmehr mit der gesamten Beweislage befassen und darlegen, inwiefern aus ihrer Sicht auch der aus der Gesamtheit der verschiedenen Indizien gezogene Schluss geradezu willkürlich ist […]» (E.3.2). «Gemäss Art. 389 Abs. 1 StPO beruht das Rechtsmittelverfahren auf den im Vorverfahren und im erstinstanzlichen Hauptverfahren erhobenen Beweisen. […]. Erweisen sich Beweiserhebungen indes als rechtsfehlerhaft (lit. a), unvollständig (lit. b) oder unzuverlässig (lit. c) im Sinne von Art. 389 Abs. 2 StPO, sind sie von der Rechtsmittelinstanz erneut vorzunehmen. Beweise sind notwendig, wenn sie den Ausgang des Verfahrens beeinflussen […]. Nach Art. 389 Abs. 3 StPO erhebt die Rechtsmittelinstanz die erforderlichen zusätzlichen Beweise von Amtes wegen oder auf Antrag einer Partei. Sie ist mithin verpflichtet, auch von Amtes wegen für eine rechtskonforme Beweiserhebung und damit aus eigener Initiative für die nötigen Ergänzungen besorgt zu sein […].» (E.3.5). Fallbezogen urteilte das Bundesgericht alsdann: «Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz aktenwidrig davon ausgeht, der Analabstrich von B. weise keine Spermaspuren des Beschwerdegegners auf. Daraus schliesst sie zu Unrecht, auf die Aussagen von B. betreffend Analverkehr könne nicht abgestellt werden. Zudem misst sie der nicht direkt den strittigen Kernsachverhalt (Nötigung zum Geschlechtsverkehr) betreffenden Aussage von B. hinsichtlich Blutanhaftungen an ihrer Unterhose angesichts der zahlreichen Beweise und Indizien, welche für die Glaubhaftigkeit ihrer Aussagen hinsichtlich des strittigen Kernsachverhalts sprechen, ein zu hohes Gewicht bei, ohne den diesbezüglichen Widersprüchen durch eine Befragung von B. nachzugehen. Die Schlussfolgerung der Vorinstanz, es könne hinsichtlich des umstrittenen Kernsachverhalts nicht auf die Aussagen von B. abgestellt werden, erweist sich daher im Ergebnis als willkürlich. Die Beschwerde ist damit begründet.» (E.5).