Landesverweisung trotz unterjährigem Kind mit Schweizer Pass
Im Urteil 6B_1104/2023 vom 19. März 2024 aus dem Kanton Aargau befasste sich das Bundesgericht mit der strafrechtlichen Landesverweisung mit Fokus auf Rügen von Art. 66a Abs. 2 StGB bzw. Art. 8 Ziff. 1 EMRK (es ging um Betäubungsmitteldelikte und schwere Körperverletzung). Der Beschwerdeführer ist geschieden und hat mit der Ex-Frau zwei Kinder Jahrgang 2000 und 2003. Dazu hat er mit der aktuellen Freundin eine gemeinsame Tochter (geboren im April 2023 und Schweizer Bürgerin). Die Eltern haben beide die gemeinsame elterliche Sorge, die Obhut liegt aber alleine bei der Mutter. Das Bundesgericht betonte generell-abstrakt die Bedeutung von Art. 8 EMRK (E.1.4.4) sowie das Kindswohl und die Kindsinteressen als wesentliches Kriterium bei der Interessenabwägung (E.1.4.5). Das Bundesgericht schützte in diesem Fall dennoch die Landesverweisung bzw. die Ansicht der Vorinstanz, u.a. wie folgt: «Dennoch durfte die Vorinstanz diese Interessen dadurch relativieren, dass die gemeinsame Tochter erst nach Eröffnung des erstinstanzlichen Urteils und somit in Kenntnis der erstinstanzlich angeordneten Landesverweisung und in vollstem Bewusstsein um die damit verbundenen ausländerrechtlichen Folgen gezeugt wurde. Für die Frage, ob der Eingriff in das Recht auf Achtung des Familienlebens "notwendig" im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK ist, gilt es auch eine allfällige Kenntnis des Ehegatten von der Straftat zu Beginn der familiären Bindung miteinzubeziehen […]. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers ist zudem gestützt darauf, dass sowohl seine Partnerin als auch seine Tochter das Schweizer Bürgerrecht besitzen, das Verschieben des Familienlebens ins Ausland keinesfalls per se unzumutbar […]. Der Vorinstanz ist darin zuzustimmen, wonach das Recht auf Achtung des Familienlebens des Beschwerdeführers i.S.v. Art. 8 Ziff. 2 EMRK einer Landesverweisung nicht entgegenstehe.» (E.1.6.4).