Sachverhalt
Mit Urteil vom 9. Dezember 2014 ordnete das Regionalgericht Bern-Mittelland gegenüber A. eine ambulante Massnahme nach Art. 63 StGB sowie Bewährungshilfe an. Es stellte fest, dass die objektiven Tatbestandsmerkmale mehrerer Delikte erfüllt waren, A. im Zeitpunkt der Tatbegehung jedoch schuldunfähig im Sinne von Art. 19 StGB war. Das für das Urteil in Auftrag gegebene psychiatrische Gutachten diagnostizierte bei ihm eine paranoide Schizophrenie.
Instanzenzug
Am 28. April 2015 wurde A. aufgrund des dringenden Tatverdachts der Körperverletzung vorläufig festgenommen und am Tag darauf in Untersuchungshaft versetzt. Am 26. Oktober 2015 hiess die Staatsanwaltschaft Bern-Mittelland ein Gesuch um vorzeitigen Massnahmenvollzug gut, woraufhin ihn die Abteilung Straf- und Massnahmenvollzug (heute: Bewährungs- und Vollzugsdienste) des Amtes für Freiheitsentzug und Betreuung (heute: Amt für Justizvollzug) am 2. November 2015 zum vorzeitigen Massnahmenvollzug in die Justizvollzugsanstalt Thorberg (nachfolgend: JVA Thorberg) einwies. Es folgten Aufenthalte auf der Bewachungsstation am Inselspital (nachfolgend Bewachungsstation), in den Regionalgefängnissen Burgdorf und Thun, erneut (kurz) auf der Bewachungsstation sowie auf der forensisch-psychiatrischen Spezialstation Etoine der Universitären Psychiatrischen Dienste Bern (nachfolgend: Station Etoine).
Mit Urteil vom 10. Juni 2016 ordnete das Regionalgericht Bern-Mittelland (definitiv) eine stationäre Massnahme nach Art. 59 StGB an. Es hielt dabei fest, dass A. 2015 unter anderem eine vorsätzliche schwere Körperverletzung, Sachbeschädigung und Drohung begangen hatte, im Tatzeitpunkt jedoch aufgrund einer akuten Episode paranoider Schizophrenie schuldunfähig im Sinne von Art. 19 Abs. 1 StGB war. Am 12. April 2017 trat A. in die Klinik für Forensische Psychiatrie Königsfelden (nachfolgend: Klinik Königsfelden) zwecks Vollzugs der stationären Massnahme ein.
Am 21. Februar 2018 reichte A. bei der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern (heute: Sicherheitsdirektion) ein Staatshaftungsgesuch ein. Er beantragte, der Kanton Bern sei zu verpflichten, ihm Schadenersatz von Fr. 30’000.– sowie eine Genugtuung von Fr. 184’450.–, beides zuzüglich Zins zu 5 % seit 12. April 2017, zu bezahlen, und es sei ihm die unentgeltliche Rechtspflege unter Beiordnung eines Rechtsvertreters zu gewähren. Zur Begründung brachte A. vor, er sei im Zeitraum vom 2. November 2015 bis am 12. April 2017 in einer für den Vollzug der stationären therapeutischen Massnahme ungeeigneten Einrichtung untergebracht gewesen. Die Polizei- und Militärdirektion wies das Staatshaftungsgesuch und das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege mit Verfügung vom 19. Dezember 2019 ab. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 19. Mai 2021 betreffend die unentgeltliche Rechtspflege gut. Im Übrigen wies es die Beschwerde jedoch ab.
Weiterzug an das Bundesgericht
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten sowie subsidiärer Verfassungsbeschwerde vom 28. Juni 2021 gelangt A. ans Bundesgericht. Er verlangt, das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Mai 2021 sei aufzuheben und die Beschwerde im Sinne der folgenden vorinstanzlichen Anträge gutzuheissen:
„In Gutheissung der Beschwerde sei die Verfügung vom 19. Dezember 2019 der Polizei- und Militärdirektion des Kantons Bern aufzuheben und wie folgt neu zu fassen: „1. Das Staatshaftungsgesuch vom 21.02.2018 wird gutgeheissen. Der Kanton Bern wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer CHF 30’000.00 zuzüglich Zins zu 5% seit 12. April 2017 als Schadenersatz zu bezahlen. Der Kanton Bern wird verpflichtet, dem Beschwerdeführer CHF 184’450.00 zuzüglich Zins zu 5% seit dem 12. April 2017 als Genugtuung zu bezahlen. Alles unter Klageänderungs- und Nachklagevorbehalt (Disp. Ziffer 1). Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird zufolge Obsiegens gegenstandslos und dem Beschwerdeführer wird eine Parteientschädigung in der anerkannten Höhe (inkl. MwSt. und Auslagen) zugesprochen (Disp. Ziffer 2 und 4). 3. Die Verfahrenskosten von CHF 400.00 gehen auf die Staatskasse.“
Eventualiter verlangt der Beschwerdeführer, das angefochtene Urteil sei aufzuheben und die Sache zur neuen Begründung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. In prozessualer Hinsicht beantragt A. zudem die unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung.
Im Rahmen der Vernehmlassung beantragen sowohl das Verwaltungsgericht als auch die Sicherheitsdirektion des Kantons Bern, die Beschwerde sei abzuweisen. A. repliziert und hält an seinen Anträgen fest.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 2C_523/2021 vom 25. April 2023
Angefochten ist vor Bundesgericht ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid betreffend Staatshaftung. Dagegen steht – ausser in Bezug auf medizinische Tätigkeiten (vgl. BGE 133 III 462 E. 2.1) – die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich offen (Art. 82 lit. a und Art. 86 Abs. 1 lit. d BGG; vgl. nachstehende E. 1.3 betreffend die Streitwertgrenze gemäss Art. 85 Abs. 1 lit. a BGG). (E.1)
Der Beschwerdeführer rügt zunächst eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, eine Rüge, die das Bundesgericht verneint (E.3).
In materieller Hinsicht ist vor Bundesgericht die Frage streitig, ob der verzögerte Beginn der stationären therapeutischen Massnahme des Beschwerdeführers Staatshaftungsansprüche begründet. Der Beschwerdeführer bringt in diesem Zusammenhang auch vor Bundesgericht vor, er sei im Zeitraum vom 2. November 2015 bis am 12. April 2017 in einer für den Vollzug der stationären therapeutischen Massnahme ungeeigneten Einrichtung untergebracht gewesen. (E.4)
Das Bundesgericht führt hierzu im Urteil 2C_523/2021 vom 25. April 2023 aus:
«Die geltend gemachte Entschädigungspflicht ist grundsätzlich nach dem kantonalen Staatshaftungsrecht zu beurteilen, da der Beschwerdeführer sein Gesuch nach dem Abschluss des Strafverfahrens eingereicht hat und Art. 431 der Schweizerischen Strafprozessordnung vom 5. Oktober 2007 (Strafprozessordnung, StPO) hier deshalb nicht anwendbar ist (BGE 148 I 145 E. 3.2 mit Hinweisen). Gemäss Art. 71 Abs. 1 der Verfassung des Kantons Bern vom 6. Juni 1993 (KV/BE; SR 131.212; BSG 101.1) haften der Kanton und die anderen Träger öffentlicher Aufgaben für den Schaden, den ihre Organe bei der Ausübung ihrer hoheitlichen Tätigkeiten widerrechtlich verursachen. Das Gesetz umschreibt die Haftung in weiteren Fällen; es regelt die Verantwortlichkeit der Behörden und des Personals der kantonalen Verwaltung (Art. 71 Abs. 2 KV/BE). Nach Art. 100 Abs. 1 des Personalgesetzes (des Kantons Bern) vom 16. September 2004 (PG/BE; BSG 153.01) haftet der Kanton für Schaden, den die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und die nebenamtlich Tätigen in Ausübung ihrer amtlichen Tätigkeit Dritten widerrechtlich zugefügt haben. Für Verletzungen der körperlichen Integrität und schwere Persönlichkeitsverletzungen haben die Geschädigten zudem Anspruch auf eine angemessene Genugtuung (Art. 100 Abs. 3 PG/BE). Weiter schuldet das Gemeinwesen der betroffenen Person nach Art. 25 Abs. 5 KV/BE vollen Ersatz des Schadens und allenfalls Genugtuung, wenn sich ein Freiheitsentzug als widerrechtlich oder ungerechtfertigt erweist. Auch gestützt auf Art. 5 Ziff. 5 EMRK hat jede Person, die von Festnahme oder Freiheitsentzug betroffen ist, Anspruch auf Schadenersatz, falls dabei materielle oder formelle Vorschriften, wie sie sich aus Ziff. 1-4 von Art. 5 EMRK ergeben, verletzt worden sind.» (E.4.1)
«Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von verschiedenen dieser Bestimmungen, namentlich von Art. 25 Abs. 5 KV/BE i.V.m. Art. 41 OR, Art. 100 PG/BE sowie Art. 5 Ziff. 1 lit. e und Art. 5 Ziff. 5 EMRK. Wie erwähnt, prüft das Bundesgericht die Rügen einer Verletzung der EMRK und des kantonalen Verfassungsrechts nur, soweit diese hinreichend substanziiert sind (vgl. vorstehende E. 2.1 und 2.2). Die Anwendung des einfachgesetzlichen kantonalen Staatshaftungsrechts prüft das Bundesgericht bei rechtsgenüglicher Rüge zudem nur auf Willkür hin (vgl. vorstehende E. 2.1 und 2.2). Da Art. 5 Ziff. 5 EMRK eine eigenständige Haftungsnorm darstellt, die im kantonalen Verfahren gegebenenfalls unabhängig vom materiell strengeren Staatshaftungsrecht anzuwenden ist (BGE 129 I 139 E. 2; 125 I 394 E. 5a; 119 Ia 221 E. 6a), gilt es zunächst die Rüge einer Konventionsverletzung zu prüfen.» (E.4.2)
Den Kern des Urteils bilden die folgenden Ausführungen des Bundesgerichts zu Art. 5 Ziff. 5 EMKR:
«Nach Art. 5 Ziff. 5 EMRK hat jede Person, die von Festnahme oder Freiheitsentzug betroffen ist, Anspruch auf Schadenersatz, falls dabei materielle oder formelle Vorschriften, wie sie sich aus Ziff. 1-4 von Art. 5 EMRK ergeben, verletzt worden sind.» (E.5)
«Der konventionsrechtliche Entschädigungsbehelf umfasst den Anspruch auf eigentlichen Schadenersatz ebenso wie auf Genugtuung (BGE 125 I 394 E. 5c; 124 I 274 E. 3d; 119 Ia 221 E. 6a).» (E.5.1)
«Gemäss Art. 5 Ziff. 1 EMRK darf die Freiheit einer Person nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise unter anderem bei einer rechtmässigen Freiheitsentziehung aufgrund einer psychischen Krankheit (lit. e) entzogen werden. Der Freiheitsentzug nach Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK ist unter drei Bedingungen zulässig: die psychische Störung muss beweismässig erstellt sein, der Freiheitsentzug muss durch den Charakter oder den Schweregrad der Störung legitimiert sein und der Freiheitsentzug darf nur bei persistierender Störung aufrechterhalten bleiben (Urteile 6B_294/2020 vom 24. September 2020 E. 4.2; 6B_121/2019 vom 12. Juni 2019 E. 3.2; Urteil des EGMR Kadusic gegen die Schweiz vom 9. Januar 2018 [Nr. 43977/13] § 42).» (E.5.2)
«Nach der Rechtsprechung des EGMR ist der Freiheitsentzug eines psychisch Kranken namentlich nur dann im Sinne von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK rechtmässig, wenn er in einem Spital, einer Klinik oder einer anderen geeigneten Institution vollzogen wird (Urteile des EGMR Ilnseher gegen Deutschland vom 4. Dezember 2018 [Nr. 10211/12 und 27505/14] § 138; Kadusic gegen die Schweiz vom 9. Januar 2018 [Nr. 43977/13] § 45, Papillo gegen die Schweiz vom 27. Januar 2015 [Nr. 43368/08] § 42; BGE 142 IV 105 E. 5.8.1). Der Staat ist verpflichtet, in hinreichendem Umfang Plätze in geeigneten Einrichtungen bereitzustellen, damit die Betroffenen angemessen untergebracht werden können. Ein übergangsweiser Aufenthalt in einer Straf- oder Haftanstalt ist nur ausnahmsweise zulässig, solange dies erforderlich ist, um eine geeignete Einrichtung zu finden (sog. „Organisationshaft“). Bei der Beurteilung wird insbesondere die Intensität der behördlichen Bemühungen für eine geeignete Platzierung berücksichtigt (Urteil des EGMR Papillo gegen die Schweiz vom 27. Januar 2015 [Nr. 43368/08] § 43; BGE 142 IV 105 E. 5.8.1). Weiter ist zu berücksichtigen, ob die Platzierung auf in der Person des Betroffenen begründete Schwierigkeiten stösst, beispielsweise wegen sprachlichen Problemen, Therapieverweigerung oder aggressivem Verhalten, und ob die temporäre Unterbringung zumindest teilweise bzw. in einer Anfangsphase als therapeutisch adäquat angesehen werden kann (BGE 148 I 116 E. 2.4; 6B_294/2020 vom 24. September 2020 E. 5; 6B_840/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.5.5). Der EGMR trägt dem Umstand Rechnung, dass eine gewisse Diskrepanz zwischen verfügbaren und benötigten Klinikplätzen – jedenfalls bis zu einem gewissen Grad – unvermeidbar und daher gerechtfertigt ist. Das zumutbare Mass für eine Wartezeit gilt aber als überschritten, wenn dies auf einen seit Jahren bekannten strukturell bedingten Mangel an Einrichtungskapazitäten zurückzuführen ist (Urteil des EGMR Brand gegen die Niederlande vom 11. Mai 2004 [Nr. 49902/99] § 64 ff.; ferner BGE 148 I 116 E. 2.4; 142 IV 105 E. 5.8.1; 138 III 593 E. 8.2).» (E.5.3)
«Mit dem Hinweis, dass der Freiheitsentzug auf die „gesetzlich vorgeschriebene Weise“ erfolgen muss, nimmt Art. 5 Ziff. 1 EMRK betreffend die Rechtmässigkeit der Haft formell wie materiell auf das innerstaatliche Recht Bezug. Wurden die Bestimmungen des nationalen (Haft-) Rechts missachtet, kann hierin eine Verletzung von Art. 5 EMRK liegen, selbst wenn die entsprechenden Normen inhaltlich über die konventionsmässigen Garantien hinausgehen (BGE 129 I 139 E. 2; 125 I 394 E. 5b; Urteil des EGMR Papillo gegen die Schweiz vom 27. Januar 2015 [Nr. 43368/08] § 41).» (E.5.4)
«In Anwendung dieser Grundsätze hielt der EGMR eine Inhaftierung eines Massnahmeunterworfenen in einem die Schweiz betreffenden Verfahren während zehn Monaten als mit Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK vereinbar. Der Betroffene war von einer Massnahmeeinrichtung als nicht mehr tragbar erachtet und deshalb „zur Verfügung gestellt worden“. Die Vollzugsbehörden kontaktierten in der Folge mehrere andere Einrichtungen, wovon zwei sich als ungeeignet betrachteten. Ausschlaggebend war neben dem Verhalten des Beschwerdeführers, dass bis zur erneuten Einweisung eine hinreichende ärztliche Betreuung gewährleistet worden war (Urteil des EGMR Papillo gegen die Schweiz vom 27. Januar 2015 [Nr. 43368/08] Ziff. 44-50).» (E.5.5)
«Gemäss Art. 59 Abs. 1 StGB kann das Gericht, falls der Täter psychisch schwer gestört ist, eine stationäre Behandlung anordnen, wenn er ein Verbrechen oder Vergehen begangen hat, das mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang steht (lit. a) und wenn zu erwarten ist, dass sich dadurch der Gefahr weiterer mit seiner psychischen Störung in Zusammenhang stehender Taten begegnen lässt (lit. b). Gemäss Abs. 2 derselben Bestimmung erfolgt die stationäre Behandlung in einer geeigneten psychiatrischen Einrichtung oder einer Massnahmevollzugseinrichtung. Solange die Gefahr besteht, dass der Täter flieht oder weitere Straftaten begeht, wird er gemäss Art. 59 Abs. 3 StGB in einer geschlossenen Einrichtung behandelt, wobei die Behandlung auch in einer Strafanstalt nach Art. 76 Abs. 2 StGB erfolgen kann, sofern die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonal gewährleistet ist. Art. 62c Abs. 1 lit. c StGB schreibt ferner vor, dass die Massnahme aufgehoben wird, wenn eine geeignete Einrichtung nicht oder nicht mehr existiert. Diese Bestimmung ist nicht nur anwendbar, wenn überhaupt keine geeignete Einrichtung (mehr) existiert, sondern auch dann, wenn es für den Betroffenen keinen Platz in einer geeigneten Einrichtung gibt (vgl. BGE 148 I 116 E. 2.4; Urteil 6B_294/2020 vom 24. September 2020 E. 4.1).» (E.5.6)
«Gestützt auf diese Grundsätze erachtet das Bundesgericht die Unterbringung eines rechtskräftig verurteilten Massnahmeunterworfenen in einer Straf- oder Haftanstalt als kurzfristige Überbrückung einer Notsituation mit materiellem Bundesrecht als vereinbar (BGE 142 IV 105 E. 5.8.1). In seiner Praxis hat es bspw. die Verlegung aus einer Massnahmeeinrichtung in ein Gefängnis für die Dauer von gut zehn Monaten (Urteil 6B_840/2019 vom 15. Oktober 2019 E. 2.5) bzw. von mehr als elf Monaten (Urteil 6B_850/2020 vom 8. Oktober 2020 E. 2.5.4 f.) unter den besonderen Umständen des Einzelfalls noch als zulässig beurteilt (vgl. mit einer Übersicht zur Kasuistik BGE 148 I 116 E. 2.5). Ebenso befand das Bundesgericht einen Aufenthalt von dreizehn Monaten in einem Gefängnis vor Antritt einer stationären therapeutischen Massnahme als rechtmässig, wobei davon sechs Monate funktional als Massnahmenvollzug qualifiziert werden konnten (Urteil 6B_294/2020 vom 24. September 2020 E. 5). Selbst eine Wartefrist von über zwei Jahren schützte das Bundesgericht, nachdem die Vorinstanz jedoch bereits eine letzte Frist angesetzt hatte, innert welcher die betroffene Person in eine psychiatrische Klinik einzutreten hatte (Urteile 6B_1001/2015 und 6B_1147/2015 vom 29. Dezember 2015 E. 3.2 und 9.2). In einem wie hier den Kanton Bern betreffenden Fall erwies sich auch ein Aufenthalt von rund 23 Monaten in ungeeigneten Einrichtungen noch als zulässig, unter anderem weil der Beschwerdeführer trotz falscher Vollzugsform während 9 Monaten weiter therapiert werden konnte (Urteil 2C_544/2021 vom 11. Mai 2022 E. 6). Demgegenüber erachtete das Bundesgericht eine Unterbringung in einem Gefängnis während fast neun Monaten als rechtswidrig, nachdem die Vollzugsbehörde nur eine Institution angefragt und sich der Betroffene konstant therapiebereit gezeigt hatte (BGE 148 I 116 E. 2.6).» (E.5.7)
«Eine längerfristige Unterbringung in einer Straf- oder Haftanstalt ist hingegen – soweit jedenfalls die Voraussetzungen von Art. 59 Abs. 3 StGB nicht erfüllt sind – nicht zulässig, da der Massnahmezweck nicht vereitelt werden darf. Letztlich führt die nicht nur vorübergehende Unterbringung in einer Straf- oder Haftanstalt ohne Behandlung mit zunehmender Wartezeit dazu, dass der Zweck der Massnahme – die Resozialisierung des Betroffenen durch eine geeignete Behandlung – ebenso unterlaufen wird wie der Anspruch des Massnahmeunterworfenen auf eine adäquate Behandlung (BGE 148 I 116 E. 2.3; 142 IV 105 E. 5.8.1; 6B_294/2020 vom 24. September 2020 E. 5.1).» (E.5.8)
Anschliessend fasste das Bundesgericht den Sachverhalt im Urteil 2C_523/2021 vom 25. April 2023 noch im Detail zusammen (E.6).
Vor dem Hintergrund des Ausgeführten ist in einem ersten Schritt die Dauer der Organisationshaft bzw. Wartezeit des Beschwerdeführers zu bestimmen, bis er in einer für den Vollzug der angeordneten Massnahme geeigneten Einrichtung untergebracht wurde. (E.7).
«Gestützt auf diese Feststellungen hielt die Vorinstanz verbindlich fest, dass der Beschwerdeführer in den genannten Institutionen keine spezifische, d.h. auf den Beschwerdeführer bezogene delikt- und störungsorientierte Therapie erhalten hat; die mit dem Massnahmenentscheid angeordnete Therapie erfolgte erst mit dem Eintritt in die Klinik Königsfelden (vgl. angefochtener Entscheid E. 5.4.2 S. 30). Die Vorinstanz erwog in diesem Zusammenhang auch, dass die Polizei- und Militärdirektion nicht geltend gemacht habe, dass vorliegend die Voraussetzungen für eine Unterbringung und Behandlung des Beschwerdeführers in einer Strafanstalt nach Art. 59 Abs. 3 StGB i.V.m. Art. 76 Abs. 2 StGB erfüllt gewesen seien und dort die nötige therapeutische Behandlung durch Fachpersonal gewährleistet gewesen sei. Mit der Vorinstanz ist deshalb davon auszugehen (vgl. angefochtener Entscheid E. 5.4 S. 26 f. unter Hinweis auf die Feststellungen der Polizei- und Militärdirektion), dass der Beschwerdeführer bis zum Eintritt in die Klinik Königsfelden nicht in einer zum Vollzug der angeordneten Massnahme geeigneten psychiatrischen Einrichtung untergebracht war. Daran ändert grundsätzlich nichts, dass der Beschwerdeführer auch während seiner Aufenthalte in Strafvollzugseinrichtungen stets Zugang zu grundlegender psychiatrischer und umfassender medizinischer Versorgung hatte und er zudem während insgesamt sieben Monaten in Kliniken, darunter drei Monate auf der forensisch-psychiatrischen Station Etoine, untergebracht war. Denn auch dort stand für ihn kein Therapieplatz entsprechend der angeordneten Massnahme zur Verfügung.» (E.7.3)
«Es ist folglich davon auszugehen, dass die Organisationshaft bzw. Wartezeit des Beschwerdeführers von der Anordnung des vorzeitigen Massnahmenvollzugs vom 2. November 2015 bis zum Eintritt in die Klinik Königsfelden am 12. April 2017 und damit rund 17 Monate dauerte (in diesem Sinne auch die Vorinstanz: vgl. angefochtener Entscheid E. 5.4 S. 26, E. 5.4.1 S. 27 sowie E. 5.4.7 S. 35).» (E.7.4)
Zu prüfen ist im Folgenden durch das Bundesgericht, ob die resultierende Wartezeit bzw. Organisationshaft von rund 17 Monaten bis zum Eintritt in die Klinik Königsfelden mit Blick auf die bundes- und konventionsrechtlichen Vorgaben (vgl. vorstehende E. 5) noch als zulässig zu betrachten ist. (E.8)
Im Ergebnis erweist sich die Kritik des Beschwerdeführers für das Bundesgericht als berechtigt. (E.8.3)
Das Bundesgericht kommt im Urteil 2C_523/2021 vom 25. April 2023 zu den folgenden Schlussfolgerungen:
«Nach Gesagtem verstiess die rund 17-monatige Wartezeit bzw. Organisationshaft des Beschwerdeführers gegen die Vorgaben von Art. 5 Ziff. 1 lit. e EMRK: Angesichts des Umstandes, dass es erstens eine zwischenzeitliche Unterbringung in einem Gefängnis aufgrund des Krankheitsverlaufs des Beschwerdeführers zu vermeiden galt und zweitens bekanntermassen längere Wartezeiten für Klinikplätze bestanden, erweisen sich die zu Beginn auf drei Institutionen beschränkten Aufnahmegesuche als unzureichend. Folglich ist die Unterbringung des Beschwerdeführers bzw. Vollzugsform spätestens ab dem Zeitpunkt seiner Verlegung in das Regionalgefängnis Burgdorf als rechtswidrig zu qualifizieren.» (E.8.4)
«Die festgestellte Rechtswidrigkeit der Unterbringung begründet nach Art. 5 Ziff. 5 EMRK grundsätzlich einen Entschädigungsanspruch (vgl. vorstehende E. 5.1). Bei dieser Ausgangslage ist der angefochtene Entscheid aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen. Diese hat das Entschädigungsbegehren des Beschwerdeführers erneut zu prüfen und die Höhe der Entschädigung unter Berücksichtigung der Auswirkungen seiner rechtswidrigen Unterbringung festzulegen. Da sich bereits die Rüge einer Verletzung von Art. 5 Ziff. 1 lit. e i.V.m. Art. 5 Ziff. 5 EMRK als begründet erweist, kann offen bleiben, wie es sich mit den weiteren Rügen des Beschwerdeführers verhält (vgl. vorstehende E. 4.2).» (E.9)