Die Botschaft zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht begründet die Strafverschärfung wie folgt: «Art. 33 Abs. 2 Die fahrlässige Begehung wird als Übertretung mit Busse bis zu 10‘000 Franken geahndet, während bei der Vorsatztat eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe droht. Diese Diskrepanz ist nicht angemessen, und für die fahrlässige Begehung ist neu eine Geldstrafe vorzusehen.» (BBl 2018 2910).
Aufgrund dieser Verschärfung vom Strafmass beim Fahrlässigkeitsdelikt von Art. 33 Abs. 2 WG dürfte in der strafrechtlichen Praxis die Durchführung von ordentlichen Verfahren (gegenüber Strafbefehlen) sowie die Verteidigungsstrategie der Berufung auf Verbotsirrtum (Rechtsirrtum) nach Art. 21 StGB deutlich steigen.
Wortlaut von Art. 33 Waffengesetz (Fassung in Kraft seit 1. Juli 2023)
Der Wortlaut von Art. 33 WG lautet seit dem 1. Juli 2023, vgl. auch Abs. 2 (durch Fettdruck hervorgehoben), neu:
«Art. 33 Vergehen und Verbrechen
1 Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich:
a ohne Berechtigung Waffen, wesentliche oder besonders konstruierte Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteile anbietet, überträgt, vermittelt, erwirbt, besitzt, herstellt, abändert, umbaut, trägt, in einen Schengen-Staat ausführt oder in das schweizerische Staatsgebiet verbringt;
abis. ohne Berechtigung die nach Artikel 18a vorgeschriebene Markierung von Feuerwaffen, deren wesentliche Bestandteile oder deren Zubehör entfernt, unkenntlich macht, abändert oder ergänzt;
b. als Inhaber oder Inhaberin einer Waffenhandelsbewilligung Waffen, wesentliche oder besonders konstruierte Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteile in das schweizerische Staatsgebiet verbringt, ohne diese Gegenstände anzumelden oder richtig zu deklarieren;
c. eine Waffenhandelsbewilligung mit falschen oder unvollständigen Angaben erschleicht;
d. die Verpflichtungen nach Artikel 21 verletzt;
e. als Inhaber oder Inhaberin einer Waffenhandelsbewilligung Waffen, wesentliche oder besonders konstruierte Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteile nicht sicher aufbewahrt (Art. 17 Abs. 2 Bst. d);
f. als Inhaber oder Inhaberin einer Waffenhandelsbewilligung:
1. Feuerwaffen, deren wesentliche Bestandteile, Waffenzubehör oder Munition herstellt oder in das schweizerische Staatsgebiet verbringt, ohne diese Gegenstände mit einer Markierung nach Artikel 18aoder 18bzu versehen,
2. Feuerwaffen, deren wesentliche Bestandteile, Waffenzubehör oder Munition anbietet, erwirbt, überträgt oder vermittelt, die nicht nach Artikel 18aoder 18bmarkiert worden sind,
3. Feuerwaffen, deren wesentliche oder besonders konstruierte Bestandteile, Waffenzubehör oder Munition anbietet, erwirbt, überträgt oder vermittelt, die unrechtmässig ins schweizerische Staatsgebiet verbracht worden sind;
g. Personen nach Artikel 7 Absatz 1, die keine Ausnahmebewilligung nach Artikel 7 Absatz 2 vorweisen können, Waffen, wesentliche oder besonders konstruierte Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteile anbietet, überträgt oder vermittelt.
2 Handelt der Täter oder die Täterin fahrlässig, so ist die Strafe Geldstrafe.
3 Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer vorsätzlich und gewerbsmässig ohne Berechtigung:
a. Waffen, wesentliche oder besonders konstruierte Waffenbestandteile, Waffenzubehör, Munition oder Munitionsbestandteile anbietet, überträgt, vermittelt, herstellt, repariert, abändert, umbaut, in einen Schengen-Staat ausführt oder in das schweizerische Staatsgebiet verbringt;
b. …
c. nicht gemäss Artikel 18aoder 18bmarkierte oder unrechtmässig ins schweizerische Staatsgebiet verbrachte Feuerwaffen, deren wesentliche oder besonders konstruierte Waffenbestandteile, Waffenzubehör oder Munition anbietet, erwirbt, überträgt oder vermittelt.»
Ausgangsfrage: Qualifikation eines Gegenstandes als Waffe gemäss Art. 4 WG
Die zentrale Ausgangsfrage bei allen Fällen von Art. 33 WG ist natürlich immer, ob ein Gegenstand als Waffe im Sinne des Waffengesetzes zu qualifizieren ist.
Der Gesetzgeber verzichtete selber auf eine «generelle Waffendefinition». Art. 4 Abs. 1 WG führt dafür auf, was als Waffe im Sinne des Gesetzes gilt. Ob ein Gegenstand als Waffe qualifiziert wird, ist eine Rechtsfrage und ist für das WG eigenständig zu beantworten. Die Bestimmung von Art. 4 Abs. 1 WG zählt die folgenden Kategorien von Waffen auf: Feuerwaffen (lit. a), Sprayprodukte (lit. b), bestimmte Arten von Messern, u.a. Messer mit symmetrischer Klinge und Messer mit automatischem Mechanismus (lit. c), Geräte, welche dazu bestimmt sind, Menschen zu verletzen, wie u.a. Schlagringe, Wurfsterne, etc. (lit. d), bestimmte Elektroschockgeräte (lit. e), Druckluft- und CO2-Waffen (lit. f) und Immitations-, Schreckschuss und Soft-Air-Waffen (lit. g) (vgl. hierzu Fatih Aslantas in: Nicolas Facincani/Reto Sutter (Hrsg.), Waffengesetz (WG), Bern 2017, Art. 4 N 1 ff. mit weiteren Ausführungen).
Zu erwähnen ist hier auch BGE 129 IV 348. Das Bundesgericht äusserte sich in diesem Leiturteil im Detail zu Art. 4 Abs. 1 lit. d WG, weil der Wortlaut der Bestimmung offen lässt, ob die Zweckbestimmung der Geräte rein objektiv zu verstehen ist oder ob auch subjektive Momente massgeblich sein sollen bzw. können. Das Bundesgericht bemerkte im Urteil, unter Einbezug von Literatur und Materialien, dass bei einer subjektiven Betrachtungsweise dem Tatbestand von Art. 4 Abs. 1 lit. d WG jegliche Kontur genommen würde und dabei insbesondere gegen das Bestimmtheitsgebot und das Verhältnismässigkeitsprinzip verstossen würde. Auch wäre das WG nicht mehr praktikabel. Abzustellen ist gemäss Bundesgericht auf die «objektiv erkennbare Zweckbestimmung von Gegenständen» (BGE 129 IV 352).