Mai 30, 2023 2:29 pm

Im Urteil 6B_472/2021 vom 27. April 2023 aus dem Kanton Thurgau befasste sich das Bundesgericht mit den Themen Beweisverfahren vor der Berufungsinstanz (E.2) sowie Verletzung der Unschuldsvermutung durch Ausführungen in der Begründung des Urteils (E.3). Hierzu das Bundesgericht: «Damit [Ausführungen in Urteilsbegründung] wird der Eindruck des Bestehens einer strafrechtlichen Schuld auch hinsichtlich der zufolge Verjährung eingestellten Anklagesachverhalte erweckt. Eine solche Begründung des angefochtenen Entscheides verstösst indessen gegen die Unschuldsvermutung.» (E.3.2)

Mai 30, 2023 8:16 am

Die Zahl der Angriffe auf Geldautomaten in der Schweiz ist so hoch wie noch nie: 56 Angriffe wurden im Jahr 2022 verübt. Die Tendenz ist steigend. Beinahe die ganze Schweiz ist betroffen. Die Täter gefährden auch unbeteiligte Dritte. Für die Bekämpfung der Angriffe ist neben der Strafverfolgung die Prävention unverzichtbar. Deshalb wurde unter der Leitung von fedpol ein Treffen mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Branche durchgeführt.

Mai 30, 2023 7:49 am

Im Urteil 6B_1137/2020 vom 17. April 2023 aus dem Kanton Aargau befasste sich das Bundesgericht im Kern mit dem Konfrontationsanspruch, der EGMR-Praxis und den Ausnahmen davon (E.1.4). Weiter ging es um Art. 156 Ziff. 1 StGB, den Tatbestand der Erpressung, und die Teilnahmeformen bei diesem Delikt (E.1.5).

Mai 24, 2023 10:09 am

Das Parlament hat im Strafgesetzbuch, im Militärstrafgesetz und im Nebenstrafrecht bestimmte Strafdrohungen geändert. So sollen künftig die Strafdrohungen besser aufeinander abgestimmt sein. Namentlich bei Gewaltdelikten werden strengere Strafen eingeführt. Bei einer schweren Körperverletzung etwa sehen das Strafgesetzbuch (StGB) und das Militärstrafgesetz (MStG) neu eine Mindeststrafe von einem Jahr Freiheitsstrafe vor. Bisher betrug die Mindestfreiheitsstrafe sechs Monate. Auch die Strafdrohungen für Gewalt und Drohung gegen Beamte werden verschärft. Der Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 24. Mai 2023 die geänderten Bestimmungen auf den 1. Juli 2023 in Kraft gesetzt.

Mai 23, 2023 1:05 pm

Im Urteil 6B_208/2023 vom 8. Mai 2023 aus dem Kanton Zürich befasste sich das Bundesgericht mit der Frage der Qualifikation einer versuchten vorsätzlichen Tötung als (versuchter) Mord. Es äusserte sich dabei ausführlich, auch unter Diskussion der eigenen Kasuistik, zu den Qualifikationsmerkmalen des Mordes (Art. 112 StGB).

Mai 22, 2023 5:30 am

Im Urteil 6B_75/2023 vom 18. April 2023 aus dem Kanton Aargau (zur amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht mit einem Fall der Brandstiftung und Verkehrsregelverletzung. Im Zentrum stand aber das Verschlechterungsverbot. Im Verfahren waren zwei erstinstanzliche Urteile ergangen, die Vorinstanz (Obergericht des Kantons Aargau) hatte das erste Urteil wegen offensichtlicher wesentlicher Mängel aufgehoben, bevor die Berufungserklärung des Beschuldigten den anderen Parteien zugestellt wurde. Bezüglich des ersten Urteils der Erstinstanz bestand gemäss dem Bundesgericht keinen Anwendungsfall vom Verschlechterungsverbot: «Nach dem Gesagten war die Erstinstanz nicht an das Verschlechterungsverbot gebunden, nachdem die Vorinstanz ihr erstes Urteil gestützt auf Art. 409 Abs. 1 StPO aufgehoben und die Sache zur Durchführung einer neuen Hauptverhandlung und zur Fällung eines neuen Urteils zurückgewiesen hatte. Im nachfolgenden Berufungsverfahren war die Vorinstanz insoweit an das Verschlechterungsverbot gebunden, als die Staatsanwaltschaft in ihrer Anschlussberufung nur eine Erhöhung der Freiheitsstrafe beantragt hatte.» (E.2.4)

Mai 18, 2023 11:52 am

Im Urteil 1B_25/2023 vom 25. April 2023 aus dem Kanton Schaffhausen hatte sich das Bundesgericht mit einem Entsiegelungsverfahren in der Untersuchung der Vorgänge in der kantonalen Schulzahnklinik Schaffhausen zu befassen. Gegenstand der Siegelung war das Protokoll der Einvernahme des Beschuldigten durch die Parlamentarische Untersuchungskommission (PUK). Als Siegelungsgrund gab der Beschwerdeführer u.a. die Unverwertbarkeit des Protokolls als Beweismittel im Strafverfahren im Sinne von Art. 141 StPO, weil die von der PUK einvernommene Person nicht über ihr umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht gemäss Art. 180 Abs. 1 StPO belehrt worden und nicht im Sinne von Art. 320 Ziff. 2 sowie Art. 321 Ziff. 2 StGB vom Amts- bzw. Berufsgeheimnis entbunden worden sei. Das Bundesgericht trat auf die Beschwerde nicht ein und erklärte: «Falls es zur Anklage kommen wird, wird der Beschwerdeführer die Frage der Verwertbarkeit des Protokolls der von der PUK durchgeführten Einvernahme dem Sachgericht unterbreiten können. Alleine weil er sich während des Untersuchungsverfahrens auf Nichtverwertbarkeitsgründe beruft, droht ihm kein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG.» (E.2.5)

Mai 18, 2023 11:27 am

Im Urteil 1B_23/2023 vom 6. April 2023 aus dem Kanton Basel-Stadt befasste sich das Bundesgericht mit der Rüge der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, namentlich des Anspruchs auf Aktenführung. Das Thema ist, gerade bei grossen Wirtschaftsstrafrechtsprozessen, äusserst aktuell.

Mai 17, 2023 2:29 pm

Im Urteil 6B_219/2021, 6B_228/2021 vom 19. April 2023 (zur amtl. Publ. vorgesehen) aus dem Kanton Luzern befasste sich das Bundesgericht mit verschiedenen Wirtschaftsdelikten (Betrug, Urkundenfälschung, Geldwäscherei). Das Bundesgericht machte ihn diesem lesenswerten Entscheid zahlreiche Ausführungen zu wichtigen Themen des Wirtschaftsstrafrechts, wie Vermögensschaden (E.4.3), Urkundenqualität von Dokumenten (E.5.3) und gewerbsmässige Geldwäscherei (E.6.4). Hier ist eine der Schlüsselstellen aus dem Urteil, nämlich eine Präzisierung der Rechtsprechung des Bundesgerichts zur Geldwäscherei: «Die Rechtsprechung ist dahingehend zu präzisieren, dass die Vernichtung von Vermögenswerten, die aus einem Verbrechen (oder einem qualifizierten Steuervergehen) stammen, an sich - man denke etwa an das Verbrennen von verbrecherisch erlangtem Bargeld oder das Verschrotten eines mit verbrecherisch erlangten Vermögenswerten als Surrogat erworbenen Oldtimers - den objektiven Tatbestand der Geldwäscherei nicht erfüllt (anders noch Urteil 6B_209/2010 vom 2. Dezember 2010 E. 6.4). Unbestritten vereitelt auch die Vernichtung der verbrecherisch erlangten Vermögenswerte deren Einziehung. Bei wirtschaftlicher Betrachtung führt sie jedoch in aller Regel nicht zu einem Vorteil und die verbrecherisch erlangten Vermögenswerte werden nicht als scheinbar legal erworben wieder in den Markt eingeführt.» (E.6.4.2).

Mai 16, 2023 2:41 pm

Im Urteil 6B_1433/2022 vom 17. April 2023 aus dem Kanton Zürich (zur amtl. Publ. vorgesehen) befasste sich das Bundesgericht mit einem Berufungskläger, der für den Verteidiger für über ein Jahr unerreichbar war und ihm keine Instruktionen zur Berufungsverhandlung geben konnte. Der Verteidiger ersuchte um Ladungsabnahme für die Berufungsverhandlung und beantragte eine erstmalige befristete Sistierung des Berufungsverfahren. Zugleich ersuchte der Verteidiger um Fristansetzung, um dem Gericht innert 5 Arbeitstagen Mitteilung zu machen, sobald er vom Berufungskläger eine Rückmeldung über die Fortsetzung des Berufungsverfahrens oder einen Rückzug der Berufung erhalten habe. Mit Beschluss schrieb die I. Strafkammer des Obergerichts Zürich das Berufungsverfahren als durch Rückzug der Berufung erledigt ab. Das Bundesgericht stützte die Ansicht des Obergerichts des Kantons Zürich. Es nahm dabei auf seine Praxis Bezug und erklärte u.a. Folgendes: «Das Berufungsverfahren unterscheidet sich wesentlich vom erstinstanzlichen Verfahren, das vornehmlich auf ein materielles Urteil ausgerichtet ist. Dagegen unterliegt das Rechtsmittelverfahren weitgehend der Disposition der Parteien (vgl. BGE 148 IV 362 E. 1.1). Es reicht nicht aus, wenn die beschuldigte Person der Verteidigung nach Kenntnis des erstinstanzlichen Urteils mitteilt, dass sie damit nicht einverstanden ist. Vielmehr muss der Wille, dass eine Überprüfung durch das Berufungsgericht erfolgt, während des Rechtsmittelverfahrens fortlaufend gegeben sein […]. Die Vorinstanz stellt willkürfrei fest, dass ein solcher Wille beim Beschwerdeführer fehlt.» (E.2.4.2).