Hohe Hürde bei Ausstandsbegehren gegen Staatsanwalt

Im Urteil 7B_118/2022 vom 24. August 2023 aus dem Kanton Zürich geht es um die Frage des Ausstandes eines Staatsanwaltes. Das Bundesgericht äussert sich hier in grundsätzlicher Art und Weise wie folgt: «Befangenheit einer staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder eines Untersuchungsleiters ist nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie nur, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; 138 IV 142 E. 2.3). Das Ausstandsverfahren dient nicht dazu, den Parteien zu ermöglichen, die Art der Verfahrensführung und namentlich die von der Verfahrensleitung getroffenen Zwischenentscheide anzufechten. Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (BGE 143 IV 69 E. 3.2; Urteil 1B_567/2022 vom 12. Juni 2023 E. 3). Daraus folgt auch, dass es zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde nicht erforderlich ist, wie vom Beschwerdeführer beantragt die Akten des Vorverfahrens beizuziehen. Dies gilt umso mehr, als er die seines Erachtens relevanten Dokumente aus dem Vorverfahren als Beilagen eingereicht hat. Sein entsprechendes Ersuchen ist daher abzuweisen.» (E.4). Weiter befasst sich das Bundesgericht im Detail mit diversen Rügen der Verletzung von Art. 56 lit. a StPO und Art. 56 lit. f StPO und weist die Beschwerde ab bzw. verneint das Vorliegen eines Ausstandsgrundes.

 

Sachverhalt

Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl führte ein Strafverfahren gegen Rechtsanwalt A. wegen Betrugs und weiterer Delikte. Ihm wird zusammengefasst vorgeworfen, vor seinem Weggang aus der Kanzlei B. Rechtsanwälte Honorarrechnungen für Leistungen in den von ihm betreuten Mandaten im Gesamtbetrag von Fr. 774’464.60 lediglich zum Schein erstellt zu haben, um die Aufwände den betroffenen Klienten nach seinem Weggang unter eigenem Namen in Rechnung zu stellen.

Instanzenzug

Mit Eingabe vom 28. Juni 2021 beantragte A. den Ausstand des fallführenden Staatsanwalts Dan Wolfensberger (nachfolgend: Verfahrensbeteiligter). Am 7. Juli 2021 erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen A. wegen Betrugs und weiterer Delikte. Infolge der Anklageerhebung erachtete sich das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, zur Beurteilung des Ausstandsgesuchs für nicht zuständig und trat auf das Ausstandsgesuch nicht ein. Stattdessen übermittelte es die Sache an das Bezirksgericht Zürich, welches das Ausstandsgesuch mit Beschluss vom 6. Dezember 2022 abwies. A. gelangte gegen beide Entscheide mit Beschwerde an das Bundesgericht, welches in Gutheissung der Beschwerden mit Urteil 1B_511/2021 vom 27. Dezember 2021 das Obergericht anwies, das Ausstandsgesuch zu behandeln, und mit Urteil 1B_685/2021 vom 1. März 2022 den in der Zwischenzeit ergangenen Beschluss des Bezirksgerichts aufhob. Mit Beschluss vom 28. März 2022 wies das Obergericht das Ausstandsgesuch von A. ab.

Weiterzug an das Bundesgericht

Dagegen erhebt A. mit Eingabe vom 2. Mai 2022 beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, den Beschluss des Obergerichts aufzuheben und Staatsanwalt Wolfensberger im gegen ihn geführten Strafverfahren ab dem 28. Oktober 2019 in den Ausstand zu versetzen. Weiter stellt er den Verfahrensantrag, die vollständigen Untersuchungsakten für das vorliegende Verfahren beizuziehen. Die Vorinstanz und die Staatsanwaltschaft haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Verfahrensbeteiligte hat sich nicht vernehmen lassen. Mit Eingabe vom 21. Oktober 2022 rügte der Beschwerdeführer eine verfassungswidrige Zusammensetzung der Vorinstanz. Mit Eingabe vom 14. März 2023 erneuerte der Beschwerdeführer seine diesbezügliche Rüge und reichte zusätzliche Dokumente ein.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_118/2022 vom 24. August 2023

Angefochten ist ein selbstständig eröffneter Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren im Rahmen eines Strafverfahrens. Dagegen steht die (direkte) Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen (Art. 78 Abs. 1 BGG; Art. 59 Abs. 1 StPO i.V.m. Art. 80 BGG; Art. 92 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist durch das Bundesgericht mithin einzutreten. (E.1)

Das Bundesgericht äussert sich zum Thema Ausstand im Urteil 7B_118/2022 vom 24. August 2023 wie folgt:

Zum Ausstand und zur Verneinung des Aktenbeizugs aus dem Vorverfahren

«Die Ausstandsgründe für die in einer Strafbehörde tätigen Justizpersonen sind in Art. 56 StPO geregelt. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten (Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b StPO). Von den in Art. 56 lit. a-e StPO geregelten besonderen Ausstandsgründen abgesehen (persönliches Interesse an der Strafsache, Vorbefassung in anderer Stellung, persönliche Beziehung zu Parteien usw.), tritt in den Ausstand, wer aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte (Art. 56 lit. f StPO). Befangenheit einer staatsanwaltlichen Untersuchungsleiterin oder eines Untersuchungsleiters ist nach der Praxis des Bundesgerichtes nicht leichthin anzunehmen. Zu bejahen ist sie nur, wenn nach objektiver Betrachtung besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung vorliegen, welche bei gesamthafter Würdigung eine schwere Verletzung der Amtspflichten darstellen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; 138 IV 142 E. 2.3). Das Ausstandsverfahren dient nicht dazu, den Parteien zu ermöglichen, die Art der Verfahrensführung und namentlich die von der Verfahrensleitung getroffenen Zwischenentscheide anzufechten. Diesbezüglich sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel gegen beanstandete Verfahrenshandlungen auszuschöpfen (BGE 143 IV 69 E. 3.2; Urteil 1B_567/2022 vom 12. Juni 2023 E. 3). Daraus folgt auch, dass es zur Beurteilung der vorliegenden Beschwerde nicht erforderlich ist, wie vom Beschwerdeführer beantragt die Akten des Vorverfahrens beizuziehen. Dies gilt umso mehr, als er die seines Erachtens relevanten Dokumente aus dem Vorverfahren als Beilagen eingereicht hat. Sein entsprechendes Ersuchen ist daher abzuweisen.» (E.4).

Zur Rüge der Verletzung von Art. 56 lit. a StPO

«Der Beschwerdeführer rügt eine Verletzung von Art. 56 lit. a StPO, da der Verfahrensbeteiligte ein persönliches Interesse an der Sache habe. Dieses bestehe darin, dass der Verfahrensbeteiligte durch seine „jahrelange Untätigkeit“ sowohl innerhalb der Staatsanwaltschaft als auch von Seiten der Aufsichtsbehörden unter Druck gekommen sei und sich daher möglichst schnell dem Verfahren durch die Durchführung einer Schlusseinvernahme und die Erhebung von Anklage – die nicht überprüfbar und nicht anfechtbar sei – habe entledigen wollen. Die Kritik entbehrt der Grundlage: Ob bereits deshalb ein persönliches Interesse in der Sache im Sinne von Art. 56 lit. a StPO vorliegen kann, weil die in einer Strafbehörde tätige Person gegenüber der ihr hierarchisch übergeordneten Personen respektive der Aufsichtsbehörde für ihr Verhalten Rechenschaft ablegen muss, scheint fraglich, kann hier aber offenbleiben. Der Beschwerdeführer hält ausdrücklich fest, „zur effektiven internen Rapportierung des vorliegenden Falles [sei] nichts bekannt“, womit sein Vorwurf unbelegt bleibt.» (E.5)

Zur Rüge der Verletzung von Art. 56 lit. f StPO

Der Beschwerdeführer rügt sodann vor Bundesgericht eine Verletzung von Art. 56 lit. f StPO. Der Verfahrensbeteiligte habe sich in der Sache bereits festgelegt, bevor er sich inhaltlich mit dem Fall befasst habe. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass er ihn (den Beschwerdeführer) ohne Kenntnis der Akten zur Schlusseinvernahme vorgeladen habe (E.6).

Das Obergericht hat diesbezüglich zusammengefasst festgehalten, erklärt das Bundesgericht, es treffe zu, dass der Verfahrensbeteiligte den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 28. Oktober 2019 auf den 7. Januar 2020 für eine Einvernahme vorgeladen habe, diese aber mangels genügender Zeit zur Einarbeitung in das Dossier auf den 2. März 2020 habe verschieben müsse. Aus dem Umstand, dass dem Beschwerdeführer anlässlich der Einvernahme vom 2. März 2020 der Sachverhaltsvorwurf im Sinne einer Schlusseinvernahme vorgehalten und ihm die Anklageerhebung angekündigt worden sei, könne jedoch nicht geschlossen werden, dass der Verfahrensbeteiligte dies bereits im Oktober 2019 und somit vor dem Aktenstudium geplant hätte, zumal in der Vorladung nicht die Rede von einer Schlusseinvernahme gewesen sei. Aus dem Zeitpunkt der Ansetzung des Einvernahmetermins ergebe sich somit kein Anschein von Befangenheit.  (E.6.1)

Der Beschwerdeführer entgegnet dem im Wesentlichen, so das Bundesgericht, die Vorladung stelle eine Zwangsmassnahme im Sinne von Art. 197 StPO dar. Ohne hinreichende Aktenkenntnis sei es indessen gar nicht möglich, festzustellen, ob die Anordnung einer Zwangsmassnahme zulässig sei, insbesondere ob der hierfür erforderliche hinreichende Tatverdacht (Abs. 1 lit. b) vorliege und das Ziel nicht mit milderen Massnahmen erreicht werden könne (Abs. 1 lit. c).  (E.6.2)

«Was den hinreichenden Tatverdacht im Sinne von Art. 197 StPO anbelangt, übersieht der Beschwerdeführer zunächst, dass nicht auf das persönliche Wissen des Verfahrensbeteiligten abzustellen ist. Das Strafverfahren gegen den Beschwerdeführer lief zum streitigen Zeitpunkt – vormals unter der Leitung zweier anderer Staatsanwältinnen – bereits seit mehreren Jahren und es waren bereits zuvor zahlreiche Zwangsmassnahmen angeordnet worden. Unter diesen Umständen durfte ohne Weiteres von einem hinreichenden Tatverdacht für die Anordnung einer Vorladung ausgegangen werden.  Sodann verkennt der Beschwerdeführer, dass die Vorladung zwar eine Zwangsmassnahme im Sinne von Art. 197 StPO darstellt, bei der Beurteilung ihrer Zulässigkeit aber auch ihrer verhältnismässig geringen Eingriffsintensität Rechnung zu tragen ist. Zur Beurteilung der Frage, ob die Vornahme einer Einvernahme als notwendig erscheint, ist die summarische Prüfung des Sachverhalts zwar notwendig, aber auch ausreichend.» (E.6.2.1)

«Der Beschwerdeführer bestreitet weiter nicht, dass seit seiner letzten Einvernahme vom 28. August 2017 nochmals zahlreiche Eingaben, sowohl durch ihn (den Beschwerdeführer) selbst als auch durch die Privatklägerschaft, erfolgt waren. Wenn der Verfahrensbeteiligte – der bis zu diesem Zeitpunkt im Verfahren unbestrittenermassen noch nicht aktiv tätig gewesen war – in der Folge zum Schluss kam, eine erneute und durch ihn persönlich durchzuführende Einvernahme des Beschwerdeführers dränge sich auf, lässt sich daraus nicht schliessen, er habe sich inhaltlich bereits darauf festgelegt, Anklage erheben zu wollen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass der Verfahrensbeteiligte nach erfolgtem Aktenstudium scheinbar zum Schluss gelangt ist, eine (erneute) Einvernahme sei entgegen der ursprünglichen Einschätzung nicht notwendig, und den bereits eingeplanten Einvernahmetermin daher für den Schlussvorhalt benutzt hat. Die diesbezüglichen Feststellungen der Vorinstanz sind nicht zu beanstanden.» (E.6.2.2)

«Soweit der Beschwerdeführer schliesslich in pauschaler Weise die Verfahrensführung unter der Leitung des Verfahrensbeteiligten kritisiert und unter anderem die angeordnete Einvernahme sinngemäss als unnötigen Aktionismus zur „Kaschierung“ seiner bisherigen Untätigkeit bezeichnet, ist er sodann daran zu erinnern, dass das Ausstandsverfahren nicht zur allgemeinen Überprüfung des Vorverfahrens verwendet werden darf (vgl. E. 4 hiervor). Es ist nicht Sache des Bundesgerichts, im Rahmen des Ausstandsverfahrens jede einzelne Verfahrenshandlung des Verfahrensbeteiligten auf ihre Zweckmässigkeit und Effizienz zu überprüfen. Auf die entsprechenden Vorbringen des Beschwerdeführers ist daher nicht weiter einzugehen.» (E.6.2.3)

«Zusammenfassend ist der Vorinstanz zuzustimmen, dass sich aus dem Umstand, dass der Verfahrensbeteiligte den Beschwerdeführer mit Verfügung vom 28. Oktober 2019 zu einer Einvernahme vorgeladen hat, kein Anschein der Befangenheit ergibt.» (E.6.3).

Hinsichtlich des Ausstandsgrundes von Art. 56 lit. f StPO beruft sich der Beschwerdeführer vor Bundesgericht weiter auf Äusserungen des Verfahrensbeteiligten, die letzterer im Rahmen von kantonalen Beschwerdeverfahren im Zusammenhang mit dem gegen ihn geführten Strafverfahren getätigt habe. (E.7).

Das Bundesgericht erklärt im Urteil 7B_118/2022 vom 24. August 2023 hierzu:

«Die Vorinstanz hält diesbezüglich fest, der Beschwerdeführer bemängle, dass der Verfahrensbeteiligte ihm die „Schuld“ für die jahrelange Verzögerung des Verfahrens zugewiesen habe. Der Verfahrensbeteiligte habe im Rahmen eines ersten Beschwerdeverfahrens betreffend Rechtsverweigerung respektive Rechtsverzögerung tatsächlich ausgeführt, dass „sich der Gesuchsteller die längere Verfahrensdauer auch – daneben seien auch interne Umteilungen und entsprechende Einarbeitungszeiten verantwortlich – selbst zuzuschreiben habe, da er das Verfahren mit seinen wiederholten weitschweifigen Eingaben in die Länge gezogen habe“. Diese Äusserung sei jedoch sachbezogen erfolgt, da der Verfahrensbeteiligte zum Vorwurf der Verletzung des Beschleunigungsgebot Stellung zu nehmen gehabt habe. Zudem sei aktenkundig, dass sich der Beschwerdeführer im gegen ihn geführten Strafverfahren auch immer wieder selbst – neben seiner Verteidigerin – mit längeren Eingaben habe vernehmen lassen.  Der Verfahrensbeteiligte habe sodann in einer Stellungnahme ausgeführt, der Beschwerdeführer scheine leider „keine Grenzen zu kennen, wenn es darum geht, Störfeuer zu legen, um das gegen ihn am 7. Juli 2021 von mir zur Anklage gebrachte Strafverfahren F-/2016/22635 zu torpedieren“. Diese Äusserung des Verfahrensbeteiligten sei jedoch in seiner Stellung als beschuldigte Person im Beschwerdeverfahren gegen die Nichtanhandnahme der vom Beschwerdeführer gegen ihn erstatteten Strafanzeige wegen Amtsmissbrauchs erfolgt. Auch daraus könne kein Anschein der Befangenheit des Verfahrensbeteiligten abgeleitet werden.» (E.7.1)

«Der Beschwerdeführer beschränkt sich darauf, darzulegen, dass die Verzögerung des Strafverfahrens seiner Ansicht nach nicht auf seine Eingaben, sondern in erster Linie auf die mangelhafte Verfahrensführung des Verfahrensbeteiligten zurückzuführen sei. Darauf wird später noch zurückzukommen sein (vgl. E. 9 hiernach). Mit den überzeugenden Ausführungen der Vorinstanz, weshalb die genannten Aussagen des Verfahrensbeteiligten keinen Anschein der Befangenheit begründen, setzt er sich demgegenüber nicht hinreichend auseinander, womit auf diese Rüge nicht weiter einzugehen ist (siehe Art. 42 BGG).» (E.7.2)

Zur Rüge der Verletzung von Art. 56 lit. f StPO durch Anzeige bei der Aufsichtskommission über Anwältinnen und Anwälte

Offenbar hat der Staatsanwalt den Beschwerdeführer bei der Aufsichtskommission über Anwältinnen und Anwälte angezeigt, das Bundesgericht äussert sich dazu:

«Einen Anschein der Befangenheit des Verfahrensbeteiligten sieht der Beschwerdeführer sodann darin, dass dieser ihn bei der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte angezeigt habe. Dies sei eine Retorsionsmassnahme gegen die Aufsichtsbeschwerde, die er gegen den Verfahrensbeteiligten bei dessen eigener Aufsichtsbehörde eingereicht habe. Daher liege auch insofern ein Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. f StPO vor.» (E.8)

«Die Vorinstanz hat diesbezüglich für das Bundesgericht grundsätzlich verbindlich (siehe Art. 105 BGG) festgehalten, der Verfahrensbeteiligte habe die Anklage der Aufsichtskommission über die Anwältinnen und Anwälte auf deren eigenen Wunsch zukommen lassen. Diese sei überdies ohnehin bereits seit dem Jahr 2016 über die Eröffnung der Strafuntersuchung orientiert gewesen.» (E.8.1)

«Der Beschwerdeführer hält diese Erwägungen zwar für „offenkundig haltlos“, vermag mit seinen überwiegend appellatorischen und auf Mutmassungen basierenden eigenen Vorbringen indessen keine willkürliche oder sonst bundesrechtswidrige Sachverhaltsfeststellung aufzuzeigen. Vielmehr weist er selbst darauf hin, dass auch der Privatkläger die Aufsichtsbehörde bereits im Jahr 2016 – im Rahmen einer Entbindung vom Amtsgeheimnis – über das gegen ihn hängige Strafverfahren informiert habe.» (E.8.2)

«Entsprechend gibt auch dieser Vorwurf des Beschwerdeführers keinen Anlass, von einer Befangenheit des Verfahrensbeteiligten auszugehen.» (E.8.3)

Zur Rüge der Verletzung von Art. 56 lit. f durch behauptete schwere Verfahrensfehler

Der Beschwerdeführer will einen Befangenheitsgrund im Sinne von Art. 56 lit. f StPO sodann vor allem damit belegen, dass der Verfahrensbeteiligte sich zahlreiche (schwere) Verfahrensfehler habe zuschulden kommen lassen. (E.9).

Dazu erklärt das Bundesgericht im Urteil 7B_118/2022 vom 24. August 2023:

«Dabei wendet er sich in seiner knapp 80 Seiten umfassenden weitschweifigen Beschwerdeschrift in erster Linie gegen prozessuale Zwischenentscheide, die als solche weitgehend nicht oder nur beschränkt selbständig anfechtbar sind. Diese Beschränkung kann nicht dadurch umgangen werden, dass die analogen Rügen im Rahmen eines Ausstandsverfahrens erhoben werden. Die Vorinstanz hat die behaupteten Verfahrensmängel teils vertieft geprüft. Auch dies verschafft dem Beschwerdeführer indessen nicht das Recht, dass auch das Bundesgericht auf diese Verfahrensrügen vertieft eingeht (Urteil 1B_181/2017 vom 2. Juni 2017 E. 3.2). Zu entscheiden ist vorliegend einzig, ob ein Ausstandsgrund vorliegt oder nicht, was wie gesehen besonders krasse oder ungewöhnlich häufige Fehlleistungen der Untersuchungsleitung voraussetzt (vgl. bereits E. 4 hiervor).» (E.9.1)

Das Bundesgericht geht dann im Detail auf einzelne Punkte ein (E.9.2 ff.), was hier nicht dargestellt wird und kommt zum Schluss:

«Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die vom Beschwerdeführer gerügten Verfehlungen des Verfahrensbeteiligten – sofern es denn überhaupt welche sind – weder einzeln noch gesamthaft geeignet sind, den Anschein von Befangenheit im Sinne von Art. 56 lit. f StPO zu erwecken. Dabei ist der Beschwerdeführer nochmals darauf hinzuweisen, dass er im vorliegenden Verfahren keinen Anspruch auf umfassende Überprüfung sämtlicher Verfahrenshandlungen des Verfahrensbeteiligten hat. Diese Überprüfung obliegt, soweit erforderlich, dem Sachgericht. Die Beschwerde ist daher auch insoweit unbegründet.» (E.9.6)

Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Urteil 7B_118/2022 vom 24. August 2023 ab (E.10).

 

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