Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland führte eine Strafuntersuchung gegen A. wegen zahlreicher Vermögensdelikte. Er wurde am 10. Juli 2024 verhaftet und befindet sich seither in Untersuchungs- respektive Sicherheitshaft. Am 10. Juni 2025 erhob die Staatsanwaltschaft beim Bezirksgericht Winterthur Anklage gegen A.. Sie wirft ihm Betrug, betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (jeweils eventualiter Veruntreuung), arglistige Vermögensschädigung, Urkundenfälschung, Fälschung amtlicher Zeichen, unlauteren Wettbewerb sowie Fälschung von Ausweisen vor.
Instanzenzug
Am 7. Mai 2025 beantragte A. seine Entlassung aus der Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft lehnte dieses Gesuch ab und beantragte gleichzeitig die (erneute) Verlängerung der Haft. Das Zwangsmassnahmengericht des Bezirks Winterthur folgte diesem Antrag und verlängerte die Untersuchungshaft mit Verfügung vom 14. Mai 2025 bis am 20. Juni 2025. Die dagegen geführte Beschwerde wies das Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, mit Beschluss vom 2. Juli 2025 ab.
Weiterzug ans Bundesgericht
Mit Eingabe vom 25. Juli 2025 erhob A. beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und er sei „aus der Untersuchungshaft“ zu entlassen. Weiter sei festzustellen, dass keine Wiederholungsgefahr im Sinne von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO vorliege. In prozessualer Hinsicht beantragt er sodann die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren.
Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz haben auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 7B_682/2025 vom 19. August 2025
Das Bundesgericht äussert sich zunächst wie folgt:
«Nach Art. 221 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie durch Verbrechen oder schwere Vergehen die Sicherheit anderer unmittelbar erheblich gefährdet, nachdem sie bereits früher gleichartige Straftaten verübt hat (Abs. 1 lit. c; sog. Wiederholungsgefahr). An Stelle der Haft sind Ersatzmassnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 ff. StPO). Die Vorinstanz bejaht das Vorliegen sowohl eines dringenden Tatverdachts als auch des besonderen Haftgrunds der Wiederholungsgefahr. Sodann beurteilt sie die Haft als verhältnismässig, da namentlich noch keine Überhaft drohe.» (E.2).
Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht eine Verletzung von Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO. Die Voraussetzungen für die Annahme von Wiederholungsgefahr seien vorliegend nicht erfüllt, da keine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Sicherheit anderer vorliege (E.3).
Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 7B_682/2025 vom 19. August 2025 wie folgt:
«Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts sind Vermögensdelikte zwar unter Umständen in hohem Mass sozialschädlich, betreffen aber grundsätzlich nicht unmittelbar die Sicherheit der Geschädigten. Die Anordnung von Haft wegen Wiederholungsgefahr fällt deshalb einzig in objektiv besonders schweren Fällen ausnahmsweise in Betracht. Die Bejahung der erheblichen Sicherheitsgefährdung bei Vermögensdelikten setzt voraus, dass die Geschädigten besonders hart bzw. ähnlich betroffen sind wie bei einem Gewaltdelikt. Ob ein solch besonders schweres Vermögensdelikt droht, kann nicht abstrakt gesagt werden, sondern ist abhängig von den Umständen des Einzelfalls im Rahmen einer Gesamtwürdigung zu beurteilen (zum Ganzen: BGE 146 IV 136 E. 2.2 und 2.5 mit Hinweisen). Für die erhebliche Sicherheitsgefährdung spricht zunächst, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschuldigte bei künftigen Vermögensdelikten Gewalt anwenden könnte. Zu berücksichtigen ist sodann die Schwere der vom Beschuldigten begangenen Vermögensdelikte. Je gravierender diese sind, desto eher spricht dies für die Sicherheitsgefährdung. Ist der Deliktsbetrag – wie zum Beispiel bei Anlagebetrug – sehr hoch, lässt das befürchten, dass der Beschuldigte auch künftig schwere Vermögensdelikte begehen wird. Rechnung zu tragen ist weiter der persönlichen, namentlich finanziellen Lage der Geschädigten. Zielen die Taten des Beschuldigten beispielsweise insbesondere auf schwache und finanziell in bescheidenen Verhältnissen lebende Geschädigte, braucht es für die Bejahung der Sicherheitsgefährdung weniger und genügt ein geringerer Deliktsbetrag. Von einem Vermögensdelikt besonders schwer betroffen sein können aber auch juristische Personen. Nach der Rechtsprechung gilt dies insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, die vom Täter um notwendiges Kapital gebracht werden, was ihre Existenz bedrohen und zum Verlust von Arbeitsplätzen führen kann (zum Ganzen: BGE 146 IV 136 E. 2.5 und 2.7 mit Hinweisen).» (E.3.1).
«Die Vorinstanz bezieht sich auf die zitierte Rechtsprechung und erwägt im Wesentlichen, die dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Tatbestände der Urkundenfälschung (Art. 251 StGB), des Betrugs (Art. 146 StGB) und des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage (Art. 147 StGB) beziehungsweise jeweils eventualiter der Veruntreuung (Art. 138 StGB) stellten schwerwiegende Delikte gegen das Vermögen dar; es handle sich um Verbrechen (Art. 10 Abs. 2 StGB). Sodann seien angesichts der Strafdrohung von bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe (vgl. Art. 10 Abs. 3 SIGB) und des Offizialcharakters auch die Tatbestände der Fälschung amtlicher Zeichen (Art. 245 StGB) und der Fälschung von Ausweisen (Art. 252 StGB) im Grundsatz als schwere Vergehen zu qualifizieren. Gleiches gelte für die arglistige Vermögensschädigung nach Art. 151 StGB, obwohl es sich um ein Antragsdelikt handle; dieser Tatbestand könne – je nach konkretem Ausmass – erhebliche, mitunter existenzielle Folgen für die geschädigte Person nach sich ziehen. Bei solchen Delikten komme Präventivhaft mithin prinzipiell in Betracht. Die Vorinstanz verweist weiter auf eine Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts vom 12. Juli 2024. Dieses habe hinsichtlich des Erfordernisses der Sicherheitsgefährdung festgehalten, dass eines der Opfer des Beschwerdeführers nach dessen mutmasslichen Handlungen lediglich noch rund Fr. 10’000.– auf dem Konto gehabt und dadurch ca. 80% seines (Bar-) Vermögens verloren habe – ein Verlust, der „notorischer Weise nicht ohne Weiteres verkraftbar sei“. Zudem sei dem Beschwerdeführer die besondere Verwundbarkeit seines Opfers sowohl in finanzieller als auch in gesundheitlicher Hinsicht bewusst gewesen, weshalb eine erhebliche Tatschwere gegeben sei. Auch hinsichtlich des Vorwurfs der arglistigen Vermögensschädigung würden die mit diesem Delikt einhergehenden Nachteile über jenes Ausmass hinaus gehen, in welchem Vermögensdelikte typischerweise auf Geschädigte einwirken würden. Aufgrund der konkreten Tatumstände sei daher die erforderliche Tatschwere erreicht.» (E.3.2).
«Sowohl diese Erwägungen der Vorinstanz zur „Tatschwere“ der untersuchten Delikte als auch die dagegen gerichteten Rügen des Beschwerdeführers, weder seine ehemalige Arbeitskollegin noch ihr Vater seien „Opfer eines existenzvernichtenden Eingriffs geworden“, zielen teilweise an der Sache vorbei. Ob der Beschwerdeführer bereits früher die Sicherheit anderer erheblich gefährdet hat, ist zwar insofern von Relevanz, als bereits begangene Delikte Indizien dafür sein können, welche Delikte in Zukunft drohen. Es ist indessen nicht von Bedeutung, ob die untersuchten Straftaten tatsächlich zu einer besonderen Betroffenheit im Sinne der vorgenannten Rechtsprechung geführt haben oder ob dies – allenfalls aufgrund glücklicher äusserer Umstände und ohne Zutun des Beschwerdeführers – nicht der Fall war (vgl. zu Art. 221 Abs. 1bis StPO Urteil 7B_1440/2024 vom 5. Februar 2024 E. 4.4, zur Publikation bestimmt, mit Hinweisen). Massgebend ist vielmehr, ob diese Delikte grundsätzlich geeignet waren, eine solche Betroffenheit zu verursachen, und gestützt darauf geschlossen werden muss, dass vom Beschwerdeführer (auch) künftig Delikte drohen, die eine erhebliche Gefährdung für die Sicherheit anderer darstellen (Urteil 1B_445/2022 vom 22. September 2022 E. 3.4.3 mit weiteren Hinweisen). Gemäss Anklageschrift vom 10. Juni 2025 wird dem Beschwerdeführer insbesondere vorgeworfen, eine ehemalige Arbeitskollegin, zu welcher er ein Vertrauensverhältnis aufgebaut habe, unter arglistiger Vorspiegelung falscher Tatsachen (angebliches neues Arbeitsverhältnis) zur Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses gebracht und ihr dadurch arglistig einen Vermögensschaden von Fr. 19’007.25 verursacht zu haben. Weiter habe er den Vater dieser ehemaligen Arbeitskollegin um Fr. 17’730.– betrogen und in betrügerischem Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage im Umfang von Fr. 29’704.– geschädigt. Diese dem Beschwerdeführer vorgeworfenen Delikte wiegen nicht leicht, wurde das am meisten betroffene Opfer doch im Betrag von rund Fr. 47’000.– geschädigt und liegt die mutmassliche Gesamtdeliktssumme gemäss Anklage bei rund Fr. 66’000.–. Zugleich ist aber auch zu beachten, dass die untersuchten Delikte sehr spezifischer Natur sind und zumindest hinsichtlich des Vorwurfs der arglistigen Vermögensschädigung anscheinend (noch) keine Erkenntnisse über die Hintergründe der Tat und insbesondere die Motive des Beschwerdeführers vorliegen. Soweit die Vorinstanz einzig gestützt auf die untersuchten Delikte zum Schluss gelangt, dass auch künftig Delikte drohten, die eine erhebliche Gefährdung für die Sicherheit anderer darstellen, und sich daher ausnahmsweise die Anordnung von Haft wegen Wiederholungsgefahr als zulässig erweise, kann ihr nicht gefolgt werden. Der angefochtene Entscheid verletzt Art. 221 Abs. 1 lit. c StPO.» (E.3.3).
«Damit ist indessen nicht gesagt, dass sich die Anordnung von Untersuchungshaft wegen Wiederholungsgefahr gegen den Beschwerdeführer als unzulässig erweist. Dem angefochtenen Entscheid ist zu entnehmen, dass im Strafregisterauszug des Beschwerdeführers zwischen 2006 und 2021 sechs Vorstrafen verzeichnet sind. Diese Verurteilungen, so die Vorinstanz, „umfassen u.a. (teilweise mehrfach) auf Betrug (teilweise gewerbsmässig), einfachen Diebstahl, Urkundenfälschung, Veruntreuung, betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (teilweise gewerbsmässig) und Begünstigung (teilweise mehrfach) “ und hatten anscheinend mehrere jeweils mehrjährige unbedingte Freiheitsstrafen zur Folge. Dabei habe der Beschwerdeführer auch „jüngst bereits kurz nach seiner letzten bedingten Entlassung […] und während laufender Probezeit wiederum mutmasslich delinquiert“. Die Vorinstanz stellt ihm daher eine stark belastete Legalprognose aus und attestiert ihm gar einen „offenbaren Hang“ zur Delinquenz, was vom Beschwerdeführer (zumindest vor Bundesgericht) nicht bestritten wird. Aus prognostischer Warte stellen rechtskräftige Verurteilungen für erst wenige Jahre zurückliegende Delikte die geeignetsten Indikatoren für die unmittelbare Gefahr weiterer Delikte von einer vergleichbaren Schwere dar (vgl. Urteil 7B_1035/2024 vom 19. November 2024 E 2.8.2, zur Publikation bestimmt, mit Hinweisen). Bei der Beurteilung, ob vom Beschwerdeführer künftig Delikte drohen, die eine erhebliche Gefährdung für die Sicherheit anderer darstellen, sind daher vorliegend zwingend auch die Vortaten zu berücksichtigen. Die Vorinstanz wird den Sachverhalt diesbezüglich näher abklären und gewichten müssen.» (E.3.4).
«Nach dem Gesagten ist die Beschwerde teilweise gutzuheissen. Der angefochtene Entscheid ist aufzuheben und die Sache zu neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Vorinstanz zurückzuweisen. Im Übrigen ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.» (E.4).