Nachdem die Verurteilungszahlen 2020 und 2021 pandemiebedingt stark gesunken waren, nahmen sie 2022 wieder zu, blieben aber dennoch 4% unter dem Niveau von 2019.
Deutlicher Anstieg von Alkohol am Steuer
2022 wurden mehr Urteile aufgrund von Verstössen gemäss Strafgesetzbuch ausgesprochen als im Vorjahr (+3%). Insbesondere Diebstahl (+13%) und Urkundenfälschung (+44%) nahmen zu.
Bei den Urteilen aufgrund von Verstössen gegen das Strassenverkehrsgesetz häuften sich gegenüber dem Vorjahr die Fahrten im fahrunfähigen Zustand (Alkohol, aber auch Drogen und Medikamente am Steuer). Sie legten um 18% zu. Von diesen Straftaten wies das Fahren mit einer zu hohen Alkoholkonzentration im Blut den höchsten Anstieg bei den Verurteilungszahlen aus (+25% zwischen 2021 und 2022). Diese Straftaten waren im Pandemiejahr 2020 stark zurückgegangen, haben mittlerweile aber wieder den Stand von 2019 erreicht. Die groben Verletzungen der Verkehrsregeln (meist Geschwindigkeitsübertretungen) sind hingegen lediglich um 4% gestiegen und liegen damit noch immer 6% unter dem Stand von 2019.
Bei den Verteilungen wegen Betäubungsmittelhandels setzte sich der Abwärtstrend 2022 fort (-13% gegenüber 2021).
Anwendungsrate bei den Landesverweisungen
Im Jahr 2022 wurden 1945 Landesverweisungen ausgesprochen. Davon waren 91% obligatorische Landesverweisungen. Mehr als die Hälfte wurde für eine Dauer von mehr als fünf Jahren verhängt. 34% der betroffenen Personen waren Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union. Bei den Verurteilungen, bei denen das Gesetz eine obligatorische Landesverweisung vorsieht, wurde diese in 58% der Fälle ausgesprochen, was einem Rückgang um 2 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Zunahme der bedingten kurzen Gefängnisstrafen
In den letzten fünf Jahren ist die Zahl der bedingten Gefängnisstrafen unter sechs Monaten gewachsen (+21% zwischen 2021 und 2022). Grund für diesen Anstieg ist ihre Wiedereinführung im Jahr 2018 im Rahmen der erneuten Revision des Strafrechts. Mit der Revision von 2007 waren diese Strafen abgeschafft worden.
Die Anzahl der kurzen unbedingten Gefängnisstrafen ging hingegen zwischen 2021 und 2022 trotz der Revision von 2018, die dieser Sanktion wieder mehr Gewicht geben wollte, um 3% zurück.
Die Revision 2007 hatte den Anwendungsbereich dieser Strafen stark eingeschränkt, sodass sie nur noch in Ausnahmefällen ausgesprochen werden konnten. Die 2007 als Ersatz für die kurze Gefängnisstrafe eingeführte Geldstrafe war 2022 mit 86% aller Verurteilungen nach wie vor deutlich die häufigste Sanktion.
Das BFS hat den Einfluss der beiden Revisionen des Strafgesetzbuches von 2007 und 2018 auf die gerichtliche Praxis in einem «BFS Aktuell» genauer untersucht. Wie sich herausgestellt hat, wurden die Gefängnisse durch die Revision 2007 nicht entlastet, obwohl die kurzen Freiheitsstrafen drastisch zurückgegangen sind, und die Revision 2018 hatte keinen markanten Anstieg der kurzen Freiheitsstrafen zur Folge.
Hier sind weitere Informationen zu finden.