Das Gesamtgericht (Vollversammlung der ordentlichen Bundesrichterinnen und Bundesrichter) hat am Montag eine Anpassung des Reglements für das Bundesgericht (BGerR) beschlossen. Die Änderungen bezwecken eine möglichst ausgeglichene Verteilung der Geschäftslast, insbesondere eine Entlastung der besonders stark beanspruchten Strafrechtlichen Abteilung.
Auf den 1. Juli 2023 wird eine zweite strafrechtliche Abteilung geschaffen; sie wird sich wie die bisherige Strafrechtliche Abteilung in Lausanne befinden.
Als Mitglieder der neuen Zweiten strafrechtlichen Abteilung hat das Gesamtgericht Bundesrichter Bernard Abrecht, Bundesrichterin Sonja Koch, Bundesrichter Christoph Hurni und Bundesrichter Christian Kölz gewählt. Das fünfte Mitglied wird zu einem späteren Zeitpunkt gewählt.
Weiter hat das Bundesgericht über die Verteilung der Rechtsgebiete auf die beiden strafrechtlichen Abteilungen entschieden1. Gewisse Verschiebungen bei den zu behandelnden Rechtsgebieten wurden sodann (ebenfalls per 1. Juli 2023) beschlossen bezüglich der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung (Lausanne) und der Vierten öffentlich-rechtlichen Abteilung (Luzern)2 sowie der Dritten und der Vierten öffentlich-rechtlichen Abteilung (beide in Luzern)3.
Auf den 1. Januar 2024 findet sodann eine Verschiebung zwischen den beiden zivilrechtlichen Abteilungen (beide in Lausanne)4 statt. Nachdem die Revision des Bundesgerichtsgesetzes 2020 im Parlament gescheitert war, beschloss das Bundesgericht, der Überlastungssituation im Rahmen des Machbaren mit eigenen Massnahmen entgegenzutreten und eine Neuorganisation seiner Abteilungen an die Hand zu nehmen. Dazu wurde im Frühjahr 2020 die Arbeitsgruppe Reform Bundesgericht ins Leben gerufen. In diesem Rahmen wurde auf Beginn 2023 das Steuer- und Abgaberecht von der Zweiten öffentlich-rechtlichen Abteilung in Lausanne zur Dritten öffentlich-rechtlichen Abteilung in Luzern verschoben. Das Parlament stimmte Ende vergangenen Jahres der vom Bundesgericht beantragten Erhöhung der Richterstellen von 38 auf 40 Stellen zu; die Erhöhung ermöglicht es dem Bundesgericht, das angestrebte Modell von acht Abteilungen zu je fünf Gerichtsmitgliedern zu verwirklichen.
1Erste strafrechtliche Abteilung: „materielles Strafrecht (ohne Straf- und Massnahmenvollzug)“, „Strafprozessrecht (ohne die Beschwerden gegen strafprozessuale Zwischenentscheide)“, „Endentscheide mit Ausnahme der Nichtanhandnahmeverfügungen und Verfahrenseinstellungen“ Zweite strafrechtliche Abteilung: „Entscheide des Straf- und Massnahmenvollzuges“, „Strafprozessrecht, Beschwerden gegen strafprozessuale Zwischenentscheide“ (bisher bei der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung), „Nichtanhandnahmeverfügungen und Verfahrenseinstellungen“
2„Personal im öffentlichen Dienst“ ab 1.7.2023 bei der Ersten öffentlich-rechtlichen Abteilung
3„Ergänzungsleistungen“ ab 1.7.2023 bei der Vierten öffentlich-rechtlichen Abteilung, ebenso wie neue Materie „Überbrückungsleistungen für ältere Arbeitslose“
4„provisorische und definitive Rechtsöffnungen“ ab 1.1.2024 bei der Ersten zivilrechtlichen Abteilung, ebenso wie vollständige Übernahme „nationale Schiedsgerichtsbarkeit“