Sachverhalt
Die Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern führt im Zusammenhang mit einem Vorfall vom 24. Mai 2022 in der Luzerner Psychiatrie eine Strafuntersuchung gegen A. wegen des Verdachts der mehrfachen Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte u.a. zum Nachteil der Polizeibeamtin B.. Am 15. Juni 2022 führte die Polizeibeamtin B. die Einvernahme von A. durch, wobei letztere die Aussage verweigerte. In der Folge erstellte B. den Polizeirapport bzw. die polizeiliche Strafanzeige vom 16. Juni 2022.
Instanzenzug
Mit Eingabe ihres Rechtsanwaltes vom 17. Juni 2022 wies A. die Polizeibeamtin B. darauf hin, dass aufgrund ihrer persönlichen Betroffenheit Ausstandsgründe in Betracht fallen würden. Die Staatsanwaltschaft nahm diese Eingabe sinngemäss als Ausstandsgesuch entgegen und wies dieses mit Entscheid vom 23. Februar 2023 ab.
Weiterzug an das Bundesgericht
Dagegen erhob A. mit Eingabe vom 12. März 2023 beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Sie beantragt, den angefochtenen Entscheid der Staatsanwaltschaft aufzuheben und Frau Gfr B. zu verpflichten, im Verfahren SA1 22 5406 16 in den Ausstand zu treten. Weiter beantragt sie die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren.
Mit Eingabe vom 6. April 2023 reichte die Staatsanwaltschaft eine Vernehmlassung ein, mit der sie beantragt, auf die Beschwerde mangels eines aktuellen Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten, eventualiter sie abzuweisen. Die Polizeibeamtin B. hat sich nicht vernehmen lassen.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 1B_135/2023 vom 9. Mai 2023
Die Vorinstanz erwägt, durch das Bundesgericht zusammengefasst, es seien keine Anhaltspunkte für ein Vorliegen des Ausstandsgrundes nach Art. 56 lit. f StPO ersichtlich, weshalb einzig der Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. a StPO vertieft zu prüfen sei. In Anbetracht der gesamten Umstände sei jedoch festzuhalten, dass keine Anhaltspunkte vorliegen würden, dass die Beschwerdegegnerin in der Sache ein persönliches Interesse habe, zumal sie noch am Tage des Vorfalls auf ihre Stellung als Privatklägerin (schriftlich) verzichtet habe und ihr selbst von der Beschwerdeführerin zugestanden werde, sich jederzeit korrekt und ohne Anzeichen von Befangenheit verhalten zu haben. Die Beschwerdeführerin habe sodann in ihrer Einvernahme die Aussage verweigert; der von der Beschwerdegegnerin verfasste Polizeirapport stütze sich daher einzig auf die eigene Wahrnehmung der beim Vorfall anwesenden Polizeiangehörigen. In ihrer Vernehmlassung weist die Vorinstanz überdies darauf hin, dass die Beschwerdegegnerin als Betroffene der untersuchten Delikte stets ihre Wahrnehmungen darzulegen habe, sei dies in einem Polizeirapport oder als Zeugin gegenüber der Staatsanwaltschaft oder gegenüber einem Gericht, bemerkt das Bundesgericht weiter. (E.2)
Das Bundesgericht führt zum Thema Ausstand im Urteil 1B_135/2023 vom 9. Mai 2023 aus:
«Nach Art. 56 StPO tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person (wozu nach Art. 12 lit. a StPO auch Polizistinnen und Polizisten zählen) unter anderem dann in den Ausstand, wenn sie in der Sache ein persönliches Interesse hat (lit. a) oder aus anderen Gründen befangen sein könnte (lit. f). Die Beschwerdeführerin weist zu Recht darauf hin, es sei nicht erforderlich, dass die abgelehnte Person tatsächlich voreingenommen ist. Vielmehr genügt der objektiv gerechtfertigte Anschein der Befangenheit (statt vieler Urteil 1B_420/2022 vom 9. September 2022 E. 5.3.2, zur amtlichen Publikation bestimmt, mit Hinweisen). Das unbestrittenermassen tadellose Verhalten der Beschwerdegegnerin bedeutet nicht, dass kein solcher vorliegen könnte.
Aus Art. 56 lit. a StPO folgt, dass die in einer Strafbehörde tätige Person weder in eigener Sache ermitteln noch entscheiden darf. Erfasst werden sämtliche direkten und indirekten Interessen, seien sie tatsächlicher, etwa finanzieller, oder ideeller Natur. Soweit nur eine indirekte bzw. mittelbare Betroffenheit vorliegt, muss die Person jedenfalls so intensiv tangiert sein, dass eine ernsthafte Gefahr der Unsachlichkeit besteht. Erforderlich ist eine spürbare persönliche Beziehungsnähe zum Streitgegenstand (vgl. BGE 140 III 221 E. 4.2; Urteil 1B_601/2022 vom 31. Januar 2023 E. 3.2).
Der Beschwerdeführerin ist zuzustimmen, dass eine solche spürbare persönliche Beziehungsnähe vorliegend gegeben ist. Es trifft zwar zu, dass es einer Polizeibeamtin möglich sein muss, in Ausführung ihrer Amtspflicht wahrgenommene Vorfälle zu rapportieren, auch wenn es sich dabei mutmasslich um eine gegen sie begangene Straftat handelt. Die Beschwerdegegnerin hat es indessen nicht bei der blossen Rapportierung ihrer eigenen Wahrnehmungen belassen, sondern mit der Einvernahme der Beschwerdeführerin mehrere Wochen nach dem Vorfall zusätzliche Untersuchungshandlungen im Zusammenhang mit einem Delikt vorgenommen, bei welchem sie selbst als geschädigte Person (vgl. Art. 115 StPO) in Frage kommt. Aufgrund der offensichtlichen Interessenkollision ist dies von vornherein unzulässig, woran auch der Umstand nichts zu ändern vermag, dass sie keinen Strafantrag gestellt hat und damit nicht als Privatklägerin am Verfahren beteiligt ist (ausführlich dazu Urteil 1B_601/2022 vom 31. Januar 2023 E. 3.3 und 3.4 mit Hinweisen). Zusammenfassend darf die Polizeibeamtin, gegen die im Rahmen eines Polizeieinsatzes mutmasslich strafbare Handlungen begangen werden, zwar noch ihre Wahrnehmungen rapportieren. Die weitere Behandlung des sie betreffenden Vorfalls muss in der Folge aber auf eine andere Beamtin oder einen anderen Beamten übertragen werden, was vorliegend in Verletzung von Art. 56 lit. a StPO nicht erfolgt ist.» (E.3.)
Das Bundesgericht heisst die im Urteil 1B_135/2023 vom 9. Mai 2023 die Beschwerde gut (E.4).