Sachverhalt
Das Obergericht des Kantons Bern verurteilte A.A. am 10. Januar 2024 zweitinstanzlich wegen einfacher Verkehrsregelverletzung durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit innerorts um 17 km/h zu einer Busse von Fr. 400.–. Es auferlegte ihm die erstinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 1’400.– und die zweitinstanzlichen Verfahrenskosten von Fr. 2’000.–.
Weiterzug ans Bundesgericht
Der A.A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das obergerichtliche Urteil sei aufzuheben und er sei vom Vorwurf der einfachen Verkehrsregelverletzung freizusprechen.
Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 6B_129/2024 vom 22. April 2024
Bildeten wie hier ausschliesslich Übertretungen Gegenstand des erstinstanzlichen Hauptverfahrens, so kann mit Berufung nur geltend gemacht werden, das Urteil sei rechtsfehlerhaft oder die Feststellung des Sachverhalts sei offensichtlich unrichtig oder beruhe auf einer Rechtsverletzung. Neue Behauptungen und Beweise können nicht vorgebracht werden (Art. 398 Abs. 4 StPO), bemerkt das Bundesgericht einleitend (E.1.3).
Der Beschwerdeführer wendet sich vor Bundesgericht gegen den Schuldspruch wegen einfacher Verkehrsregelverletzung durch Überschreiten der signalisierten Höchstgeschwindigkeit (E.2).
Es ist gemäss Bundesgericht unbestritten, dass am 4. Juni 2022 um 16:55 Uhr innerorts auf der Kanderstegstrasse in Kandergrund die signalisierte Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 17 km/h überschritten wurde, und zwar mit einem Maserati, der auf die B.A. AG eingetragen ist. Der Beschwerdeführer ist deren Geschäftsführer. Er bestreitet im Verfahren, den Maserati zu jenem Zeitpunkt gelenkt zu haben, bemerkt das Bundesgericht (E.2.1).
Der Beschwerdeführer stellt sich gemäss Bundesgericht auf den Standpunkt, seine Täterschaft könne mit den Radarfotos nicht bewiesen werden. Er habe entlastende Behauptungen vorgebracht, indem er andere mögliche Lenker genannt habe. Deshalb hätte sein übriges Schweigen nicht als Indiz für seine Täterschaft gewertet werden dürfen. Im Ergebnis würden keine Indizien für seine Täterschaft sprechen, ist die Position des Beschwerdeführers (E.2.2).
Das Bundesgericht nimmt bezüglich Beweiswürdigung sowie Besonderheiten des SVGs im Urteil 6B_129/2024 vom 22. April 2024 wie folgt Stellung:
«Gemäss Art. 113 Abs. 1 StPO muss sich die beschuldigte Person nicht selbst belasten. Sie hat namentlich das Recht, die Aussage und Mitwirkung im Strafverfahren zu verweigern. Sie muss sich aber den gesetzlich vorgesehenen Zwangsmassnahmen unterziehen. Das Recht, zu schweigen und sich nicht selbst zu belasten, gehört zum allgemein anerkannten Standard eines fairen Verfahrens (BGE 147 I 57 E. 5.1; 144 I 242 E. 1.2.1; je mit Hinweis). Gegen das Verbot des Selbstbelastungszwangs verstösst zum Beispiel ein strafbewehrter Befehl an die beschuldigte oder an eine andere aussageverweigerungsberechtigte Person, potenziell belastende Beweisunterlagen herauszugeben oder belastende Aussagen gegen sich oder (im Rahmen des Aussageverweigerungsrechts) eine andere Person zu machen (BGE 142 IV 207 E. 8.3.1 mit Hinweisen). Unzulässig wäre es ferner, das Schweigen der beschuldigten Person als Indiz für ihre Schuld zu werten (BGE 138 IV 47 E. 2.6.1 mit Hinweisen). Demgegenüber ist es nicht ausgeschlossen, das Aussageverhalten der beschuldigten Person in die freie Beweiswürdigung miteinzubeziehen, so insbesondere, wenn sie sich weigert, zu ihrer Entlastung erforderliche Angaben zu machen, oder wenn sie es unterlässt, entlastende Behauptungen näher zu substanziieren, obschon eine Erklärung angesichts der belastenden Beweiselemente vernünftigerweise erwartet werden darf (Urteile 6B_1018/2021 vom 24. August 2022 E. 1.3.1; 6B_1202/2021 vom 11. Februar 2022 E. 1.8.2; 6B_1302/2020 vom 3. Februar 2021 E. 1.4.4, nicht publ. in: BGE 147 IV 176; 6B_289/2020 vom 1. Dezember 2020 E. 7.8.1; je mit weiteren Hinweisen). Das Schweigen der beschuldigten Person darf in Situationen, die nach einer Erklärung rufen, bei der Gewichtung belastender Elemente mitberücksichtigt werden, es sei denn, die beschuldigte Person berufe sich zu Recht auf ein Zeugnisverweigerungsrecht (Urteile 6B_1202/2021 vom 11. Februar 2022 E. 1.8.2; 6B_299/2020 vom 13. November 2020 E. 2.3.3 mit weiteren Hinweisen).» (E.2.3.1).
«Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ergeben sich für Halter und Lenker von Motorfahrzeugen aus ihrer Akzeptanz der Strassenverkehrsgesetzgebung sowie ihrer Fahrberechtigung gewisse Obliegenheiten (BGE 146 IV 88 E. 1.6.3; 145 IV 50 E. 3.6; 144 I 242 E. 1.2; Urteile 6B_439/2010 vom 29. Juni 2010 E. 5.4 und 6B_571/2009 vom 28. Dezember 2009 E. 3.2). Die Haltereigenschaft kann bei einem Strassenverkehrsdelikt, das von einem nicht eindeutig identifizierbaren Lenker begangen wurde, ein Indiz für die Täterschaft sein (Urteile 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_243/2018 vom 6. Juli 2018 E. 1.4.2; 6B_791/2011 vom 4. Juni 2012 E. 1.4.1; 6B_812/2011 vom 19. April 2012 E. 1.5; mit Hinweisen). Das Gericht kann im Rahmen der Beweiswürdigung ohne Verletzung der Unschuldsvermutung zum Schluss gelangen, der Halter habe das Fahrzeug selbst gelenkt, wenn er die Tat bestreitet und sich über den möglichen Lenker ausschweigt (Urteile 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_243/2018 vom 6. Juli 2018 E. 1.4.2; 6B_914/2015 vom 30. Juni 2016 E. 1.2; 6B_812/2011 vom 19. April 2012 E. 1.5; je mit Hinweisen). Nichts anderes kann gelten, wenn der Halter zwar Angaben zum Lenker macht, diese aber unglaubhaft oder gar widerlegt sind (Urteile 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_243/2018 vom 6. Juli 2018 E. 1.4.2; 6B_748/2009 vom 2. November 2009 E. 2.2 e contrario; 1P.641/2000 vom 24. April 2001 E. 4 e contrario). Nur weil die beschuldigte Person sich auf das Aussageverweigerungsrecht beruft oder die Möglichkeit ins Spiel bringt, nicht gefahren zu sein, wird das Gericht nicht daran gehindert, ihre Täterschaft anzunehmen (Urteile 6B_1168/2020 vom 11. Oktober 2022 E. 1.5.1; 6B_1066/2021 vom 27. Januar 2022 E. 2.3.3; 6B_235/2021 vom 29. Juli 2021 E. 2.3.2; 6B_812/2011 vom 19. April 2012 E. 1.5; je mit Hinweisen).» (E.2.3.2).
Die Vorinstanz hält gemäss Bundesgericht zutreffend fest, sie habe nur zu prüfen, ob die Erstinstanz willkürlich angenommen habe, dass der Beschwerdeführer den Maserati gelenkt habe, als die angeklagte Geschwindigkeitsüberschreitung begangen wurde (vgl. Art. 398 Abs. 4 StPO) (E.2.4.1).
Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 6B_129/2024 vom 22. April 2024 alsdann zum Fall wie folgt:
«Entgegen den Vorbringen des Beschwerdeführers ist der Sachverhalt gemäss Urteil 6B_235/2021 vom 29. Juli 2021 durchaus vergleichbar mit dem vorliegenden Fall. Denn auch dort vermochte der Beschwerdeführer nicht überzeugend vorzubringen, dass es sich beim Lenker um einen Angehörigen im Sinne von Art. 168 StPO handelt. Stattdessen gab er pauschal an, seine Familie und Freunde hätten alle die Möglichkeit gehabt, sein Fahrzeug zu benutzen (vgl. dort E. 2.4.4). Im vorliegenden Fall durfte die Vorinstanz willkürfrei zum Schluss gelangen, dass sich der vom Beschwerdeführer konkret genannte mögliche Täterkreis auf seine sechs Angestellten beschränkt. Der Beschwerdeführer brachte im Berufungsverfahren pauschal vor, er pflege zu seinen Angestellten ein gutes Verhältnis, weshalb eine Erklärung zu ihnen als mögliche Lenker unzumutbar sei. Dem hält die Vorinstanz überzeugend entgegen, dass sehr gute, vertraute oder freundschaftliche Beziehungen kein Zeugnisverweigerungsrecht nach Art. 168 f. StPO begründen.» (E.2.4.6).
«Die Vorinstanz schützt die erstinstanzliche Erwägungen, wonach als Schutzbehauptung erscheint, wenn der Beschwerdeführer pauschal vorträgt, der Maserati sei ein Geschäftsfahrzeug, auf das „alle“ Zugriff hätten. Weiter wies die Vorinstanz mit der Erstinstanz darauf hin, dass der Beschwerdeführer an der Hauptverhandlung seinen anfänglichen Aussagen widersprochen habe mit der Aussage, der Maserati werde vor allem von Familienmitgliedern gefahren. Die Vorinstanzen halten auch für unglaubhaft, dass der Beschwerdeführer nicht habe ausfindig machen können, welcher seiner sechs Angestellten den Maserati gelenkt habe. Wie die Vorinstanz sodann zutreffend erwägt, konnte unter den gegebenen Umständen, namentlich angesichts des Radarfotos, vom Beschwerdeführer erwartet werden, Angaben dazu zu machen, wer ausser ihm konkret als Täter in Frage kommt, was er weiterhin nicht tut (vgl. etwa Urteil 6B_1395/2019 vom 3. Juni 2020 E. 1.3).» (E.2.4.7).
«Die Vorinstanz hält zutreffend fest, dass die Erstinstanz von einer schlichten Schutzbehauptung ausgehen durfte, als der Beschwerdeführer zu seiner Entlastung vorbrachte, auch Familienmitglieder und Angestellte hätten Zugang zum Maserati. Darin liegt keine Verletzung der Grundsätze „in dubio pro reo“ und „nemo tenetur se ipsum accusare“. Denn diese Maximen hinderten die Vorinstanzen aufgrund der konkreten Fallumstände nicht daran, die Vorbringen des Beschwerdeführers als schlichte Schutzbehauptung zu würdigen. Darin liegt keine Umkehr der Beweislast und keine Verletzung der Unschuldsvermutung. In dem Masse, wie die beschuldigte Person auf Mitwirkung verzichtet, begibt sie sich der Möglichkeit, auf das Verfahren einzuwirken und ihre Interessen aktiv wahrzunehmen. Dies kann aber die Behörden nicht hindern, ihre gesetzliche Aufgabe wahrzunehmen. Zu prüfen ist in solchen Fällen nur noch, ob die Behörden wirksame Verteidigungsmöglichkeiten gewährt und das Beweismaterial gesetzmässig verwendet haben (vgl. zum Ganzen: Urteil 6B_843/2018 vom 8. Januar 2019 E. 1.4 mit Hinweisen). Dass dies nicht geschehen wäre, behauptet der Beschwerdeführer nicht und ist auch nicht ersichtlich.» (E.2.4.8).
Nach dem Gesagten ist der Schuldspruch wegen einfacher Verkehrsregelverletzung aus der Sicht des Bundesgerichts nicht zu beanstanden (E.2.5).
Das Bundesgericht weist die Beschwerde im Urteil 6B_129/2024 vom 22. April 2024 ab (E.3).