Anwaltshaftung wegen unterlassener Einsprache gegen Strafbescheid der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK)

Im Urteil 4A_55/2025 vom 14. Juli 2025 aus dem Kanton Luzern befasste sich das Bundesgericht mit der Anwaltshaftung bei einer unterlassenen Einsprache gegen den Strafbescheid der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) vor einer Gesetzesänderung mit möglichem «lex mitior» Effekt. Das Bundesgericht schützte die Haftung des Anwalts u.a. wie folgt: «Bei einer Unterlassung bestimmt sich der Kausalzusammenhang danach, ob der Schaden auch bei Vornahme der unterlassenen Handlung eingetreten wäre. Es geht um einen hypothetischen Kausalverlauf, für den nach den Erfahrungen des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen muss.» […]. Es ist nicht notwendig, dass dieser Erfolg regelmässig oder häufig eintritt. Er muss aber in den Bereich des objektiv und vernünftigerweise Voraussehbaren fallen. Die Frage nach der Adäquanz des Kausalzusammenhangs ist rechtlicher Natur und unterliegt der freien Prüfung durch das Bundesgericht […].» (E.2.2). «Der Beschwerdeführer wendet zu Unrecht ein, der Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen BGS aufgrund der Botschaft des Bundesrates vom 21. Oktober 2015 sei für ihn bei Erlass des Strafbescheids vom 25. August 2016 bzw. der nachfolgenden Besprechung mit dem Beschwerdegegner als Grundlage für seine Beratungstätigkeit weder objektiv voraussehbar noch erkennbar gewesen und es habe zudem an der inhaltlichen Voraussehbarkeit gefehlt. Er verkennt insbesondere, dass gemäss dem angefochtenen Urteil, das er in diesem Punkt nicht als bundesrechtswidrig gerügt hat, die Erhebung der Einsprache gegen den fraglichen Strafbescheid bereits unter der damals gültigen Rechtslage und damit unabhängig vom Eintritt einer Rechtsänderung angezeigt war. Die unterlassene Handlung des Beschwerdeführers bestand demnach nicht darin, den Strafbescheid vom 25. August 2016 im Hinblick auf eine noch nicht in Kraft gesetzte Gesetzesänderung anzufechten, sondern unabhängig vom anwendbaren Recht in der unterbliebenen Einsprache gegen diesen Entscheid. Der in der Beschwerde erhobene Einwand, der angefochtene Entscheid „würde letztlich bedeuten, dass jede/-r Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt bei der Beratung der Klientschaft im Ausgangsprozess jederzeit damit rechnen müsste, dass in (allenfalls auch ferner) Zukunft eine Gesetzesänderung in Kraft treten könnte, die zu einer Strafbefreiung oder -milderung führen könnte“, verfängt daher nicht. Unter Berücksichtigung der im angefochtenen Entscheid festgestellten voraussichtlichen Verfahrensdauer bis ins Jahr 2019 und der bevorstehenden Gesetzesänderung (in Form des neuen BGS), die auch dem Beschwerdeführer bekannt war und die Abschaffung der Vorführpflicht samt entsprechender Strafnorm vorsah, erscheint eine letztinstanzliche Beurteilung des Strafbescheids nach neuem Recht und der gestützt auf die „lex mitior“ angenommene Freispruch durchaus im Bereich des objektiv und vernünftigerweise Vorhersehbaren. […]. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, ein Entscheid des Bundesgerichts zu dieser Frage wäre im Jahr 2019 anders ausgefallen oder die erfolgte bundesgerichtliche Klarstellung falle ausserhalb des vernünftigerweise Voraussehbaren. Die Vorinstanz ist aufgrund sämtlicher Umstände (Art. 4 ZGB) zutreffend davon ausgegangen, die erfolgte Schädigung sei billigerweise noch dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Die Rüge, es fehle an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden erweist sich als unbegründet. Eine Verletzung von Art. 398 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OR liegt nicht vor.» (E.2.3).

Sachverhalt

Der B. (Kläger, Beschwerdegegner) wirft seinem ehemaligen Rechtsanwalt A. (Beklagter, Beschwerdeführer) vor, er habe es pflichtwidrig unterlassen, gegen einen Strafbescheid der Eidgenössischen Spielbankenkommission (ESBK) rechtzeitig Einsprache zu erheben, wodurch ihm ein Schaden entstanden sei. Der strittige Strafbescheid vom 25. August 2016 (ESBK Verfahren Nr. 62-2013-095) stützte sich auf das damalige Bundesgesetz vom 18. Dezember 1998 über Glücksspiele und Spielbanken (Spielbankengesetz [SBG], AS 2000 677). Dieses Gesetz wurde mit dem Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes vom 29. September 2017 über Geldspiele (Geldspielgesetz [BGS], SR 935.51) per 1. Januar 2019 aufgehoben. Mit der Gesetzesänderung wurde die altrechtliche Verpflichtung, vor der Inbetriebnahme eines Geldspielautomaten diesen zwecks Qualifikation durch die ESBK und innerhalb eines separaten Verwaltungsverfahrens vorzuführen (sog. Vorführpflicht), samt entsprechender Strafbestimmung abgeschafft. Der Beklagte vertrat den Kläger in zwei Verfahren vor der ESBK, wobei der Kläger von der ESBK mit zwei Strafbescheiden zu erheblichen Bussen und Ersatzforderungen verurteilt wurde (ESBK Verfahren Nr. 62-2013-111 und 62-2013-095). Im einen Verfahren (ESBK Verfahren Nr. 62-2013-111) wurde die Einsprachefrist durch den Beklagten gewahrt und der Kläger in der Folge insbesondere aufgrund der Anwendung der „lex-mitior“-Regel (Art. 2 Abs. 2 StGB [SR 311.0]) von sämtlichen Tatvorwürfen freigesprochen. Im anderen Fall (ESBK Verfahren Nr. 62-2013-095) unterliess der Beklagte die Einsprache gegen den Strafbescheid. Die in diesem Verfahren ausgesprochene Busse von Fr. 17’500.–, die Ersatzforderung von Fr. 242’496.– und die Verfahrenskosten von Fr. 5’728.– erwuchsen in Rechtskraft. Der Kläger machte in der Folge geltend, die unterlassene Einsprache im Verfahren Nr. 62-2013-095 stelle eine anwaltliche Sorgfaltspflichtverletzung des Beklagten dar, die zu einem Vermögensschaden geführt habe.

Instanzenzug

Mit Klage vom 3. Februar 2020 beantragte der Kläger dem Bezirksgericht Luzern, der Beklagte sei zur Zahlung verschiedener Beträge als Schadenersatz aus Vertragsverletzung zu verurteilen.

Mit Urteil vom 18. September 2023 verurteilte das Bezirksgericht Luzern den Beklagten zur Zahlung von Fr. 265’724.– nebst Zins von 5 % seit 15. Dezember 2016. Im Übrigen wies es die Klage ab.

Der Beklagte erhob Berufung, der Kläger Anschlussberufung gegen den bezirksgerichtlichen Entscheid vom 18. September 2023.  Mit Urteil vom 10. Dezember 2024 wies das Kantonsgericht des Kantons Luzern sowohl die Berufung als auch die Anschlussberufung ab und bestätigte das bezirksgerichtliche Urteil vom 18. September 2023 (Dispositiv-Ziffer 1.2). Zudem regelte es die Kosten- und Entschädigungsfolgen (Dispositiv-Ziffer 2).

Weiterzug ans Bundesgericht

Mit Beschwerde in Zivilsachen beantragt der Beklagte dem Bundesgericht, es seien Dispositiv-Ziffern 1.2 und 2 des Urteils des Kantonsgerichts Luzern vom 10. Dezember 2024 aufzuheben und es sei die Klage gegen ihn abzuweisen. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht Luzern zurückzuweisen. Der Beschwerdegegner beantragt, es sei die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Die Vorinstanz hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.

Die Parteien haben repliziert und dupliziert.

Ausführungen des Bundesgerichts im Urteil 4A_55/2025 vom 14. Juli 2025

Das Bundesgericht äussert sich im Urteil 4A_55/2025 vom 14. Juli 2025 einleitend wie folgt:

«Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Dazu gehören sowohl die Feststellungen über den streitgegenständlichen Lebenssachverhalt als auch jene über den Ablauf des vor- und erstinstanzlichen Verfahrens, also die Feststellungen über den Prozesssachverhalt (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht; zudem muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). „Offensichtlich unrichtig“ bedeutet dabei „willkürlich“ (BGE 145 V 188 E. 2; 140 III 115 E. 2; 135 III 397 E. 1.5). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  

Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt ebenfalls das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (BGE 140 III 264 E. 2.3 mit Hinweisen). Die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, muss klar und substanziiert aufzeigen, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen). Wenn sie den Sachverhalt ergänzen will, hat sie zudem mit präzisen Aktenhinweisen darzulegen, dass sie entsprechende rechtsrelevante Tatsachen und taugliche Beweismittel bereits bei den Vorinstanzen prozesskonform eingebracht hat (BGE 140 III 86 E. 2). Genügt die Kritik diesen Anforderungen nicht, können Vorbringen mit Bezug auf einen Sachverhalt, der vom angefochtenen Entscheid abweicht, nicht berücksichtigt werden (BGE 140 III 16 E. 1.3.1).» (E.1.3).

«Der Beschwerdeführer verkennt diese Grundsätze streckenweise. Seine Ausführungen sind teilweise appellatorisch, indem er dem Bundesgericht gestützt auf verschiedene Rechtsschriften des kantonalen Verfahrens seine Sicht der Dinge unterbreitet und damit von den tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Entscheid abweicht oder diese erweitert, ohne eine hinreichende Sachverhaltsrüge zu erheben. Dies trifft etwa zu für seine Ausführungen unter dem Titel „Voraussehbarkeit der ‚lex mitior‘-Regelung nicht gegeben“ zu den angeblichen Vorbringen des Strafverteidigers des Beschwerdegegners, zu den Vorbringen des Beschwerdegegners im erstinstanzlichen Verfahren und zu den Urteilen des Bezirksgerichts Zürich vom 2. Juli 2019 sowie des Obergerichts des Kantons Zürich vom 19. Mai 2020. Zudem kritisiert der Beschwerdeführer die im angefochtenen Entscheid bestätigte Annahme eines natürlichen Kausalzusammenhangs zwischen der Verletzung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht (Unterlassen der Anfechtung des Strafbescheids) und dem eingetretenen Schaden (Busse, Ersatzforderung, Kosten) und stellt den unter Würdigung von Beweisen erfolgten Schluss in Frage, es wäre spätestens vor Bundesgericht zu einem Freispruch des Beschwerdegegners gekommen, ohne jedoch eine hinreichende Sachverhaltsrüge zu erheben.» (E.1.4).

Der Beschwerdeführer rügt vor Bundesgericht, die Vorinstanz habe zu Unrecht einen adäquaten Kausalzusammenhang zwischen seiner Sorgfaltspflichtverletzung (in Form der unterlassenen Anfechtung des Strafbescheids der ESBK vom 25. August 2016 im Verfahren Nr. 61-2013-095) und dem eingetretenen Schaden bejaht, womit ihr eine Verletzung von Art. 398 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OR vorzuwerfen sei (E.2).

Das Bundesgericht stellt den Standpunkt der Vorinstanz im Urteil 4A_55/2025 vom 14. Juli 2025 wie folgt dar:

«Die Vorinstanz ging davon aus, dass die Erhebung der Einsprache bereits unter der damals gültigen Rechtslage – und damit unabhängig vom Eintritt einer Gesetzesänderung – angezeigt war, womit dem Beschwerdeführer eine Sorgfaltspflichtverletzung vorzuwerfen sei. Dagegen erhebt der Beschwerdeführer keine zulässigen Rügen. In Bezug auf die Haftungsvoraussetzung der Kausalität führte die Vorinstanz aus, bei einer Unterlassung bestimme sich der Kausalzusammenhang danach, ob der Schaden auch bei Vornahme der unterlassenen Handlung eingetreten wäre. Es gehe mithin um einen hypothetischen Kausalverlauf. Massgebliche Rechtslage für die Beurteilung des hypothetischen Verfahrensausgangs des (nicht durchgeführten) Erstprozesses im Anwaltshaftungsprozess sei diejenige, die im Zeitpunkt des Ausgangsverfahrens für objektiv richtig gehalten wurde, das heisst die höchstrichterliche Rechtsprechung in ihrer damaligen Ausprägung. Wenn nachträglich eine Gesetzesänderung eintrete, die den hypothetischen Ausgang des Erstprozesses in anderem Licht erscheinen lasse, könne dies berücksichtigt werden, wenn diese Entwicklung im Zeitpunkt der pflichtwidrigen Unterlassung bereits voraussehbar gewesen sei. 

Die Vorinstanz bejahte einen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen der Verletzung der anwaltlichen Sorgfaltspflicht und dem eingetretenen Schaden (Busse, Ersatzforderung, Kosten) gestützt auf die Erwägungen im erstinstanzlichen Entscheid, wonach das Strafverfahren durch die verschiedenen Instanzen geführt worden wäre und dieses bis ins Jahr 2019 und damit bis zum Inkrafttreten des neuen Geldspielgesetzes (BGS) fortgedauert hätte, weshalb gestützt auf das BGS in Anwendung der „lex mitior“-Regel ein Freispruch erfolgt wäre, womit die Busse und die Ersatzforderung hinfällig geworden wären. Bei der vorliegenden Konstellation, in welcher der schlussendliche Freispruch gestützt auf ein neues Gesetz (BGS) erfolgt wäre, das im Zeitpunkt der unterlassenen Einsprache noch nicht gegolten hat, bedürfe es einer zusätzlichen Adäquanzprüfung in dem Sinne, dass zu klären sei, ob der erwiesene natürliche Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden auch als dem Schädiger zurechenbar einzustufen sei. Nach der Adäquanztheorie werde verlangt, dass die Folgen eines Verhaltens objektiv voraussehbar bzw. erkennbar seien. Die Adäquanz sei dann zu bejahen, wenn die Gesetzesänderung bereits im Zeitpunkt der Sorgfaltspflichtverletzung voraussehbar gewesen sei. Die Botschaft des Bundesrates mit dem Entwurf für ein neues Bundesgesetz über Geldspiele (BGS) datiere vom 21. Oktober 2015 und sei im Bundesblatt vom 1. Dezember 2015 publiziert. Im Zeitpunkt des Strafbescheids vom 25. August 2016 sei somit bekannt gewesen, dass das damals geltende Spielbankengesetz (SBG) einer umfassenden Revision unterzogen werden solle, was auch dem Beschwerdeführer habe bekannt sein müssen. Aus der Botschaft sei ersichtlich, dass auch die Strafbestimmungen revidiert würden. Obwohl die meisten Handlungen, die durch das SBG unter Strafe gestellt worden waren, in das neue Gesetz übernommen worden seien, sei die Vorführpflicht gemäss neuem Recht gerade nicht mehr vorgesehen. Bei Abschaffung der Vorführpflicht entfalle auch die Strafnorm gegen die Verletzung dieser Pflicht. Es sei davon auszugehen, dass diese geplante, aber noch nicht beschlossene Gesetzesänderung einem in diesem Rechtsgebiet tätigen und mit einem konkreten Anwendungsfall befassten Strafverteidiger nicht habe entgangen sein können. Unabhängig davon, ob diese Gesetzesänderung bereits als sicher oder als sehr wahrscheinlich feststand, habe damit gerechnet werden müssen, dass diese im Zuge eines Einsprache- und Rechtsmittelverfahrens in Rechtskraft erwachsen und zur Anwendung kommen könne. Nicht neu sei der Grundsatz der Anwendung der „lex mitior“ gemäss Art. 2 Abs. 2 StGB gewesen. Die Adäquanz des Kausalzusammenhangs sei somit gegeben.» (E.2.1).

Alsdann äussert sich das Bundesgericht im Urteil 4A_55/2025 vom 14. Juli 2025 wie folgt:

«Bei einer Unterlassung bestimmt sich der Kausalzusammenhang danach, ob der Schaden auch bei Vornahme der unterlassenen Handlung eingetreten wäre. Es geht um einen hypothetischen Kausalverlauf, für den nach den Erfahrungen des Lebens und dem gewöhnlichen Lauf der Dinge eine überwiegende Wahrscheinlichkeit sprechen muss (BGE 124 III 155 E. 3d). Grundsätzlich unterscheidet die Rechtsprechung auch bei Unterlassungen zwischen natürlichem und adäquatem Kausalzusammenhang. Während bei Handlungen die wertenden Gesichtspunkte erst bei der Beurteilung der Adäquanz zum Tragen kommen, spielen diese Gesichtspunkte bei Unterlassungen in der Regel schon bei der Feststellung des hypothetischen Kausalverlaufs eine Rolle. Es ist daher bei Unterlassungen in der Regel (vgl. zu den Ausnahmen: Urteil des Bundesgerichts 4A_87/2019 vom 2. September 2019 E. 4.4) nicht sinnvoll, den festgestellten oder angenommenen hypothetischen Geschehensablauf auch noch auf seine Adäquanz zu prüfen (BGE 132 III 715 E. 2.3; 115 II 440 E. 5a; je mit Hinweisen; Urteile 4A_506/2024 vom 18. März 2025 E. 8.1.1; 4A_605/2019 vom 27. Mai 2020 E. 5.5.2). Rechtspolitischer Zweck der Adäquanz bildet die Begrenzung der Haftung; es soll aufgrund sämtlicher Umstände im Einzelfall (Art. 4 ZGB) entschieden werden, ob eine Schädigung billigerweise noch dem Haftpflichtigen zugerechnet werden kann (BGE 142 III 433 E. 4.5 mit Hinweisen). Adäquat und damit rechtserheblich ist der natürliche Kausalzusammenhang, wenn die Ursache nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge und der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet ist, einen Erfolg von der Art des eingetretenen herbeizuführen oder ihn jedenfalls zu begünstigen (BGE 143 III 242 E. 3.7, 433 E. 4.5; 123 III 110 E. 3a mit zahlreichen Hinweisen). Es ist nicht notwendig, dass dieser Erfolg regelmässig oder häufig eintritt. Er muss aber in den Bereich des objektiv und vernünftigerweise Voraussehbaren fallen. Die Frage nach der Adäquanz des Kausalzusammenhangs ist rechtlicher Natur und unterliegt der freien Prüfung durch das Bundesgericht (BGE 143 III 242 E. 3.7).» (E.2.2).

«Der Beschwerdeführer wendet zu Unrecht ein, der Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen BGS aufgrund der Botschaft des Bundesrates vom 21. Oktober 2015 sei für ihn bei Erlass des Strafbescheids vom 25. August 2016 bzw. der nachfolgenden Besprechung mit dem Beschwerdegegner als Grundlage für seine Beratungstätigkeit weder objektiv voraussehbar noch erkennbar gewesen und es habe zudem an der inhaltlichen Voraussehbarkeit gefehlt. Er verkennt insbesondere, dass gemäss dem angefochtenen Urteil, das er in diesem Punkt nicht als bundesrechtswidrig gerügt hat, die Erhebung der Einsprache gegen den fraglichen Strafbescheid bereits unter der damals gültigen Rechtslage und damit unabhängig vom Eintritt einer Rechtsänderung angezeigt war. Die unterlassene Handlung des Beschwerdeführers bestand demnach nicht darin, den Strafbescheid vom 25. August 2016 im Hinblick auf eine noch nicht in Kraft gesetzte Gesetzesänderung anzufechten, sondern unabhängig vom anwendbaren Recht in der unterbliebenen Einsprache gegen diesen Entscheid. Der in der Beschwerde erhobene Einwand, der angefochtene Entscheid „würde letztlich bedeuten, dass jede/-r Rechtsanwältin bzw. Rechtsanwalt bei der Beratung der Klientschaft im Ausgangsprozess jederzeit damit rechnen müsste, dass in (allenfalls auch ferner) Zukunft eine Gesetzesänderung in Kraft treten könnte, die zu einer Strafbefreiung oder -milderung führen könnte“, verfängt daher nicht. Unter Berücksichtigung der im angefochtenen Entscheid festgestellten voraussichtlichen Verfahrensdauer bis ins Jahr 2019 und der bevorstehenden Gesetzesänderung (in Form des neuen BGS), die auch dem Beschwerdeführer bekannt war und die Abschaffung der Vorführpflicht samt entsprechender Strafnorm vorsah, erscheint eine letztinstanzliche Beurteilung des Strafbescheids nach neuem Recht und der gestützt auf die „lex mitior“ angenommene Freispruch durchaus im Bereich des objektiv und vernünftigerweise Vorhersehbaren. Der Beschwerdeführer verkennt auch mit seinen Ausführungen zur Voraussehbarkeit der „lex mitior“-Regelung, dass die ihm vorgeworfene Sorgfaltspflichtverletzung gemäss angefochtenem Entscheid nicht darin bestand, im Hinblick auf diese künftige Regelung keine Einsprache gegen den Strafbescheid erhoben zu haben. Die Vorinstanz hat den von ihr angenommenen Freispruch gestützt auf die „lex mitior“ nach dem neuen Geldspielgesetz einzig im Rahmen der Haftungsvoraussetzung der Kausalität berücksichtigt, wobei sie in tatsächlicher Hinsicht darauf abstellte, bei erfolgter Anfechtung des Strafbescheids hätte das Verfahren mehrere Jahre gedauert und es wäre spätestens vor Bundesgericht ein Freispruch des Beschwerdegegners erfolgt. Es ging demnach allein um den Nachweis des Schadens sowie des Kausalzusammenhangs, ohne dass geprüft werden musste, ob ein Freispruch bereits unter dem alten Recht erfolgt wäre. Die vom Beschwerdeführer ins Feld geführten Unsicherheiten im Zusammenhang mit der Einführung der neuen Regelung und deren Anwendung durch die Gerichte ändern nichts daran, dass bei einer Anfechtung objektiv mit einem Freispruch zu rechnen war. Auch der in der Beschwerde erwähnte Umstand, dass eine Klarstellung des Verhältnisses zwischen altrechtlichem SBG und neurechtlichem BGS durch das Bundesgericht erst im Jahr 2021 erfolgte (Urteil 6B_928/2020 vom 6. September 2021), ändert nichts an der Adäquanz des Kausalzusammenhangs, stellt der angefochtene Entscheid doch ausdrücklich darauf ab, der fragliche Strafbescheid wäre, falls nötig, an das Bundesgericht weitergezogen worden. Der Beschwerdeführer macht zu Recht nicht geltend, ein Entscheid des Bundesgerichts zu dieser Frage wäre im Jahr 2019 anders ausgefallen oder die erfolgte bundesgerichtliche Klarstellung falle ausserhalb des vernünftigerweise Voraussehbaren. Die Vorinstanz ist aufgrund sämtlicher Umstände (Art. 4 ZGB) zutreffend davon ausgegangen, die erfolgte Schädigung sei billigerweise noch dem Beschwerdeführer zuzurechnen. Die Rüge, es fehle an einem adäquaten Kausalzusammenhang zwischen der Sorgfaltspflichtverletzung und dem eingetretenen Schaden erweist sich als unbegründet. Eine Verletzung von Art. 398 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 97 Abs. 1 OR liegt nicht vor.» (E.2.3).

«Der Beschwerdeführer beanstandet, er habe vorgebracht, dass im „Falle der (auch nur teilweisen) Gutheissung [der] Klage […] die hypothetischen Aufwendungen [des Klägers] [vom Schaden] in Abzug zu bringen“ wären. Er behauptet unter Hinweis auf seine Berufungsschrift, er habe zur Bezifferung der Höhe der anrechenbaren anwaltlichen Aufwendungen um Edition sämtlicher Honorarrechnungen von Rechtsanwalt C. für seine Tätigkeiten im ESBK Verfahren Nr. 62-2013-11 ersucht. Entgegen seinen Behauptungen lässt sich der in der Beschwerde zitierten Stelle der Berufungsschrift (Rz. 88) jedoch kein entsprechender Beweisantrag entnehmen. Damit zielt der erhobene Vorwurf der Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 53 ZPO und Art. 6 Abs. 1 EMRK) ebenso ins Leere wie derjenige der Verletzung des Rechts auf Beweis (Art. 8 ZGB und Art. 152 ZPO) und der Verhandlungs- und Dispositionsmaxime (Art. 55, Art. 58 und Art. 150 Abs. 1 ZPO). Eine allfällige Missachtung eines Beweisantrags durch die Erstinstanz wäre bereits im vorinstanzlichen Verfahren zu rügen gewesen (zur materiellen Ausschöpfung des Instanzenzugs BGE 150 III 353 E. 4.4.3; 143 III 290 E. 1.1 mit Hinweisen).» (E.3).

Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es auf sie eintritt (E.3).

 

 

 

 

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